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Ethans Herzschlag donnerte gegen mein Ohr und hallte in meinem ganzen Körper wider.
Ich fühlte mich ausgelaugt und leer. "Wieso... sitzt er im Rollstuhl?"
Ethans Griff um mich wurde für eine Sekunde unerträglich fest, bevor er antwortete: "Er hat versucht wegzulaufen, also habe ich ihm in beide Beine geschossen."
Gequält schlug ich die Augen nieder.
Ich hielt sie geschlossen, bis Ethan mich sanft auf eine weiche Unterlage bettete.
Das Konstrukt ein Bett zu nennen wäre untertrieben. Die Matratze war in den Boden eingelassen und über uns war ein großer Baldachin aufgehängt worden, dessen samtige Schwarz an den Nachthimmel erinnerte. Und um uns herum... Wasser. Der Raum bestand quasi aus einem riesigen Pool, in dessen Boden kleine Lampen angebracht waren, so dass, selbst wenn die bodentiefen Fenster verdunkelt waren, ein sanftes Licht den mammutartigen Raum erhellte.
"Gefällt es dir?" Ethan beugte sich über mich, seine Ellenbogen links und rechts von meinem Kopf abgestützt.
Müde, so unendlich müde, streckte ich die Hand nach ihm aus. Ich weiß nicht wieso oder woher der plötzliche Drang kam, aber bevor ich es verhindern konnte, fragte ich ihn: "Was hast du getan?"
In meiner Stimme schwangen Unglaube und eine stumme Bitte mit.
Jedes Mädchen träumte von ihrem Prinzen auf einem weißen Pferd oder einem Ritter in glänzender Rüstung, aber bevor man realisierte, dass auch etwas... Normales einen mehr als zufrieden stellen könnte, war es bereits zu spät.
Ethans Lächeln war maliziös. "Ich habe mir die Welt geholt." Er beugte sich zu mir herab und küsste mich. Und obwohl mir Tränen die Wangen hinunterliefen, war es das schönste Gefühl, das ich mir vorstellen konnte.
Ich griff in sein Haar, fuhr seinen Rücken entlang und ließ meine Finger an seinem Hosenbund ruhen.
Ethan hielt mich auf, noch weiter vorzudringen. "Du bist erschöpft", wisperte er an meinen Lippen und fing im nächsten Moment eine neue Träne mit seiner Zunge auf.
Mein Atem kam schneller. "Wieso?", krächzte ich.
Keine Ahnung, was ich mit der Frage eigentlich meinte. Denn sie war eine auf so vieles, unendlich vieles.
Ethans Mund arbeitete sich weiter nach unten, an meinem Hals entlang, zu meinem Schlüsselbein.
"Erinnerst du dich noch an unsere erste Nacht?"
Durch immer schwerer werdenden Lider beobachtete ich ihn dabei, wie er eine Haarsträhne von mir um seinen Finger wickelte. Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte, nickte jedoch.
"Du warst eine Ablenkung gewesen, interessant und so... leidenschaftlich. Du hast eine Vase nach mir geworfen", gluckste er. "Du hast mich mit deinem Gebrüll um den Verstand gebracht und ich habe damals beschlossen, dich umzubringen, nachdem ich mit dir fertig war."
Inzwischen kämpfte mein Körper so sehr gegen die Erregung, die er in mir auslöste, und die Müdigkeit an, dass mein Geist nicht mal mehr im Stande war, geschockt zu sein.
"Aber ich habe es gesehen, weißt du. Wie sehr du dich auch sträubst, du hast es genossen. Das Kratzen, das Schreien und auch meine Neandertaler-Vorgehensweise. Und egal, wie sehr man dich auch bricht, das nächste Mal, wenn ich dir begegne, hast du wieder dieses dumme, zuversichtliche Lächeln im Gesicht."
Er bettete seinen Kopf auf meinen Bauch und sah mich unter seinen wunderschönen langen, dichten und schwarzen Wimpern hindurch an. "Da habe ich mich zum ersten Mal gefragt, ob es nicht etwas gäbe, was dich komplett und unwiderruflich kaputt machen würde."
Meine Mundwinkel zuckten. "In dem du mich mit dem Teufel höchstpersönlich verheiratet hast", murmelte ich und unterdrückte dabei ein Gähnen.
Ethans Hand griff nach meiner und er verschränkte unsere Finger miteinander. "Indem ich beschlossen habe, dich erst wieder loszulassen, wenn du tot bist... Und selbst dann würde dein Körper noch mir gehören." Er drückte einen Kuss auf meinen Handrücken und noch während die Vorstellung meines toten Körpers in seinen Händen mir eine Gänsehaut nach der nächsten verpasste, glitt ich ins Nichts hinüber, welches mir inzwischen so vertraut geworden war.
***
Verloren. Das Gefühl der absoluten Niederlage. Sein Blick hing an dem alten, rauschenden Röhrengerät, die einzig zuverlässige Medienquelle in dem Bunker.
Seit vor sechs Wochen Ethan Lockhearts endgültiger Vormarsch auf die Welt begonnen hatte, war ihnen keine andere Wahl geblieben, als das hier.
"Die EU-Bank gab heute bekannt, dass durch die riesige Inflationswelle und den daraus resultierenden ausstehenden Krediten so gut wie kein Cent mehr von Wert ist. Das gleiche sendete heute die Bank of America. Nach tagelangen Protesten und ausstehenden Löhnen meldeten sich nun auch die Gewerkschaften, die sich seit der Welle an Massenarbeitslosigkeit, welche vor vier Wochen ihren Anfang nahm, dass das gesammelte Geld für die Familien der Arbeiter ebenfalls ausstehen würde. Im Gegensatz dazu steigt der Pfund immer mehr in die Höhe und gewinnt an astronomischen Wert. Dies verdanken die Engländer der Lockheart Corporation-"
Der Bild der Reporterin verschwand und Rauch stieg von dem alten Kasten auf.
Es knackte und dann hörte selbst das Rauschen auf. Seufzend vergrub er sein Gesicht in seine Hände. Er war einer der tödlichsten Waffen, welche je von Menschenhand geschaffen wurde. Aber er konnte im Moment nichts weiter tun, als auf dem kalten Boden des Bunkers zu sitzen und dem leisen Schluchzen seiner Schwestern zuzuhören.
Gabriel hatte früher immer gescherzt, dass die Gorgonenschwestern wirklich aus Stein waren, da sie selbst bei einem doppeltenKnochenbruch nicht eine Träne vergossen hatten.
Gabriel. Der Kontakt zum Spion, der ihn und Mia hätte befreien sollen, war längst abgebrochen und er vermutete, dass er längst tot war.
Das... war schlimmer als jede Apokalypse. Denn nun lag die Welt in den Händen eines Psychopathen.
B
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