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Quälend langsam richtete er sich auf. Sein Schädel pochte, aber der Schmerz war erträglichim Vergleich zu dem, der sich gerade in seiner Brustgegend sammelte.

Egal wie viele Illusionen, Trugbilder und Bilder er auch von ihr gesehen hatte, wie oft er auch von ihr geträumt hatte, ihre Berührungen auf seiner Haut gespürt hatte, die gar nicht da waren, bei keiner einziger Fata Morgana von ihr hatte sie auch ein einziges Mal geweint.

Seine wunderschöne, sture und temperamentvolle Frau war stark. Andere an ihrer Stelle wären längst zusammengebrochen und hätten sich eine Kugel durch den Schädel gejagt, aber Mia nicht. Sie reckte trotzig das Kinn in die Höhe und funkelte ihn jedes Mal kampfeslustig an.

Bis auf jetzt. Dicke Tränen liefen ihr über die eingefallenen Wangen und der absolute Schmerz,  in ihren Augen, während sie immer wieder von dieser Frau zu mir sah, fraß mich innerlich auf.

Dabei hatte er mit niemanden während ihrer Abwesenheit geschlafen. Mit keiner von denen. Sein Wachpersonal vergnügte sich mit ihnen und er war die meiste Zeit so abgelenkt, entweder von Drogen oder seiner Arbeit, dass er niemanden um sich herum noch wahrnahm. Die restliche Zeit, die wenige Zeit, die er sich frei nahm, verbrachte er bei ihr.

Er blinzelte heftig, erwartete, dass das Bild seiner Frau vor ihm jeden Moment verschwinden würde.

Aber es blieb. Kraftlos, erschöpft und... verletzt. "Mia", krächzte er. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass er ihren Namen in den Mund nahm.

In der ersten Woche hatte er es zwar geleugnet, jeden Verdacht von Gefühlen von sich geschoben, aber inzwischen wusste er schmerzlichst genau, dass diese Frau, seine Frau, keine Investition, kein Geschäft und kein Partner für ihn war.

Ihre Abwesenheit hatte etwas in ihm zerstört. Er hatte etwas geträumt, sich etwas gewünscht, was ihm vorher nie auch nur in den Sinn gekommen wäre. " Die Kugel... hätte mich treffen sollen..." Seine Stimme war rau und gebrochen. Er hatte sein Leben immer über das von allen anderen gestellt. Kein Lebewesen war ihm wichtig genug gewesen, dass es hätte anders sein können.

Er hatte sich hundert, tausendmal gefragt, wieso ausgerechnet sie.

Aber es gab keinen Grund. Er tat es einfach. Fühlte es einfach. Und das war sein Untergang. Ein Untergang, den er mit offenen Armen begrüßte. Denn in der Zeit, in der sie ihn angeschwiegen hatte, hatte er erkannt, dass er unwiderruflich und absolut besessen von ihr war.

"Mia", er flüsterte ihren Namen, als wäre er das Amen seines Gebets und er erschauderte bei der Vorstellung, sie in ihren goldenen Käfig zu sperren und sie nur für sich allein zu besitzen.

Aber Mias Aufmerksamkeit lag nicht mehr auf ihm, sondern auf etwas hinter ihm, was ihn mit dem drängenden Wunsch erfüllte, nach seiner Waffe zu greifen und alles zu eliminieren, was sie von ihm wegführte.

Als er jedoch sah, was ihre wunderschönen Augen angezogen hatte, erkannte er seine Chance.
"Du bist echt", murmelte er noch einmal zu sich selbst, wie, um sich ein letzten Mal davon zu überzeugen, bevor er langsam nach ihr griff und seine Hand tatsächlich nicht durch sie hindurchfuhr.

Das Kokain pulsierte immer noch durch sein Blut und sein Glied wurde sofort steinhart, als seine Hand ihren delikaten Hals entlangfuhr. "Ich habe ihn geheilt", flüsterte er erregter, als beiden gut tun würde. Heute Nacht würde er sie nicht gehen lassen. Heute Nacht konnte er sie nicht gehen lassen. Er würde sie überhaupt nie wieder gehen lassen.

"Ich habe ihn geheilt", flüsterte er erneut, seine Lippen an ihr Ohr gepresst.
Gierige auf eine Reaktion von ihr.

*****

Mein Herz fühlte sich an wie eine Tonne voller Sprengstoff. Jeden Moment bereit, mit einem großen KAWUMM in die Luft zu fliegen.

Direkt mir gegenüber stand Hades. Oder derjenige, von dem ich glaubte er sei Hades. Sein abgemagerter Körper saß in einem Rollstuhl und der Verband verdeckte immer noch den Großteil seines Gesichts. Aber die Augen, diese warmen, braunen Augen, bohrten sich direkt in ihre.

Sie hätte hier und jetzt laut verkünden können, dass das nicht Hades war, aber... sie konnte nicht.
Denn sie kannte diese Augen. Aus ihren Träumen. Aus ihrer Kindheit.

"Hier bin ich aufgewachsen", hörte ich Moms weit, weit entfernte Stimme sagen, während wir in die Einfahrt eines großen Anwesens abbogen, von dem mein kleines Ich fest überzeugt gewesen war, dass es sich um Versaille handelte.

Aber... wie war das möglich. Wie... von allen Orten...

Mein Kopf fuhr Achterbahn, meine Gefühlsbahnen standen Kopf, nicht zuletzt, weil Ethans Nähe mein Geschlecht in ein pulsierendes, triefendes Etwas verwandelte. Und mein Herz tat in seiner Nähe Dinge, von denen ich nicht mal ahnte, dass es das tun konnte.

"Ich habe ihn geheilt", flüsterte mir Ethan ins Ohr und löste eine Welle an übersprudelnden Hormonen in mir aus.

"M..ia...", die brüchige Stimme verpasste mir einen verbalen Schlag und lenkte all meine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann im Rollstuhl. "Du lebst", flüsterte ich, beschämt, dass ich in all der Zeit nicht ein einziges Mal an ihn gedacht hatte. Von meinen Flashbacks aus der Vergangenheit mal abgesehen.

Ich war so in Trance, dass ich es zuließ, dass Ethan mich hochhob und an seine Brust drückte. Ein Blick in sein Gesicht verriet mir, dass ich jetzt besser den Mund halten sollte. Er sah seinen männlichen Mitmenschen auf die Art und Weise an, wie er es sonst nur mit seinen Opfern tat.

War er... war er eifersüchtig? Wenn ja, wusste ich ehrlich nicht, ob mir diese neue, gefährliche Seite an ihm gefiel. "Du bist müde", sagte er knapp, "du hast auch morgen noch Zeit, um mit ihm zu reden."

Mit diesen Worten drehte er sich abrupt um und trug mich ins Innere des Palastes. Ich wagte noch einen letzten Blick über seine Schulter, aber der Fremde sah längst nicht mehr in meine Richtung. 

B

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