30
Der Moment verflog so schnell wie er gekommen war und bereits einen Wimpernschlag später, hatte ich wieder Ethan Lockheart, den Schwarzen König vor mir. Der Tod hatte zwar nie wirklich seine Augen verlassen, aber die Intensität, mit der ich erneut das nur mühsam gezügelte Raubtier in ihm erkennen konnte...
Es war ein plötzlicher Impuls, als ich meine Hand ausstreckte und sie an seine Wange legte. Als wollte ich die Schärfe damit glätten, die ihn scheinbar überallhin verfolgte. "Willst du mich nicht langsam unseren Gästen vorstellen?", versuchte ich mein eigenes Verhalten, hauptsächlich für mich, zu überspielen. Natürlich liebte ich ihn und solche Gesten zwischen uns waren zwar noch rar, aber längst nichts neues mehr. Aber ihn so anzufassen, mit Duponts Worten in meinem Kopf und meinen eigenen Plänen immernoch vor Augen, fühlte sich falsch an. Ganz zu schweigen davon, dass wir normalerweise kein Publikum hatten, welches nicht aus unseren eigenen Reihen stammte.
Ethan pflückte beinahe sofort meine Hand von seinem Gesicht, ließ sie aber nicht los, sondern legte sie in seine Armbeuge, was seine übereilte Geste ein wenig abmilderte. "Natürlich, Darling", war alles, was er sagte und sich anschließend, ganz der König, ohne einen weiteren Blick von seinen Untertanen wegdrehte.
Ich hatte beschlossen, dass jetzt nicht der Richtige Zeitpunkt für Duponts Auftritt war, aber ein kurzer Blick in Jaswindas Richtung reichte, damit sie auf den erstarrten, großäugigen Bankier zuging und an der Schulter anfasste.
Das war alles, was ich noch sah, bevor wir das kurze Stück zu den pompösen Türen zum Esszimmer erreicht hatte und uns die Türen geöffnet wurden.
Die Schallisolation in diesem Gebäude war wirklich außergewöhnlich, denn, kaum dass wir den Raum betreten hatten, schlug mir eine Ansammlung von Stimmen, Musik und Gelächter entgegen, die von draußen lediglich das Volumen von prasselnden Regel gehabt hatten.
Alles war zu grell, zu laut und die Gerüche von Essen, gemischt mit denen von Parfüm- ich wollte auf dem Absatz umdrehen und fliehen.
Im nächsten Moment jedoch, legte sich eine Art Stille über den großen Saal. Als meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, fand ich mich einer Meute von Personen gegenüber, welche alle... starrten. Höflicher ließ es sich nicht ausdrücken.
Es waren viel mehr, als ich erwartet hatte. Sie saßen auf großen Kissen um niedrige Tische herum, standen an den offenen Durchgängnen, die in einen prächtigen Garten hinaus führten, den ich bisher nur von oben gesehen hatte, oder hatten sich um die Säulen verteilt, welche die weite, mit Bögen ausgelegte Decke trugen, und von denen einige teilweise zu Auqarien umgestaltet worden waren. Es war beeindruckend, aber dank dem letzen Jahr an Ethans Seite, kannte ich beeindruckenderes.
Ich war stolz, dass mein Lächeln nicht für eine Sekunde verrustchte, selbst, als die Musik, welche von einem kleinen Streichquarett auf einer leicht höhergesetzten Empore gespielt wurde, verstummte. Niemand hatte wohl mit einem so abrupten Eintreten gerechnet.
Ich lächelte auch weiter, als die neugierigen Blicke, sich in pure Gier verwandelten, die förmlich an Ethan und an mir zu kleben kamen. Diese Menschen hatten längst Begriffen, dass sie im Spiel um Macht verloren hatten und dass Ethan wohl ihr einziges Rückfahrticket war. Und meine Mundwinkel blieben weiterhin stur oben, obwohl ich die hungrigen Ausdrücke so gut wie jeder Frau, und ein oder zwei Männern, klar und deutlich sehen konnte, welche allein meinem Mann galten.
Es stand außer Frage, dass Ethan alles sah, was ich sah und dass er in diesen Eindrücken förmlich badete. Er war stehen geblieben, ließ die Anderen starren und nutzte seine vorhin unterdrückte Aggressivität, um sie jetzt wie ein Paar gefallener Flügel um uns herum auszubreiten. Manchmal sah ich den schwarzen König schmerzhafter vor mir, als mir lieb war. Um fair zu bleiben, Gabriels weißer Mantel war, was das anging, bestimmt ebenfalls übersäht mit Blut. Oder ich würde zumindest bald erfahren, wie sehr er rot gefärbt war.
******
Es war ein Genuss. Erstklassiger, als jeder noch so gute Scotch und es reichte, die Wut auf das ungleiche Paar draußen in der Eingangshalle etwas zu dämmen. Sie alle sahen zu ihr, als wäre sie bereits ihre Königin, ohne, dass er offiziell den Thron dieser Welt bestiegen hätte.
Die Gier, die von ihnen abstrahlte, nur um ein Stück von Mias Licht abzubekommen, war berauschend. Nur, dass er dieses Licht natürlich niemals teilen würde. Mit niemanden. Es gehörte ihm, ihm allein. Und sollte es tatsächlich jemals jemanden gelingen, Mias Aufmerksamkeit soweit zu erlangen, um auch nur einen Splitter Helligkeit von ihr zu bekommen, so würde er oder sie schneller in einem Graben landen, als dass seine Frau sich noch an ihre Gesichter erinnern könnte.
Ihr Dienstmädchen schien bis jetzt noch kein Problem darzustellen, auch, wenn Mia einen Ausflug mit ihr unternehmen wollte. Und der kleine Mann in dem schäbigen Anzug, an dem Mia offensichtlich interessiert war, war kaum der Rede wert, auch wenn er Allistar bereits mit einem Hintergrundcheck beauftragt hatte. Der Einzige, der ihm je wirklich Sorgen gemacht hatte, war Hades- kurz brodelte die Wut in ihm erneut hoch, drohte über die Stränge zu schlagen. Es reichte schon, wenn er diesen Namen dachte und ein roter Sprühnebel legte sich über seine Augen!
Ein kleiner, umbemerkbarer Stubs und die Wärme seiner Frau an seiner Seite reichten jedoch, um ihn ins Hier und Jetzt zu holen. Hades war nicht hier und seitdem er ihr Gabriels vermummte Gestallt präsentiert hatte, hatte sie ihn auch nicht mehr erwähnt.
Alles war so, wie es sein sollte. Er schenkte ihr ein dunkles Lächeln, vor dem die Meisten zurückgeschreckt wären, aber nicht so seine Frau. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie für den kommenden Ansturm bereit war (die leichte Blässe ihre Nase bereiete ihm etwas Sorgen), wendete er sich erneut ihrem Publikum zu.
"Meine Damen und Herren", eröffnete er dem Pack Hyänen, welche sich als die Elite der Welt bezeichneten. Elite! Sollte es jemals eine Gesellschaft geben, die nobel genug wäre, sich als die Elite zu bezeichnen, so würde er den Grundstein für sie legen und nicht diese sogenannten Politiker, Geschäftsmänner und Adeligen. "Es freut mich ihnen diese wunderschöne Frau an meiner Seite offiziell vorzustellen. Lady Mia Lockheart."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top