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Frieden? Wusste dieser Mann denn nicht, dass Ethan wohl der letzte Mensch auf Erden war, den man mit diesem Wort in Verbindung gebracht werden konnte. Wusste er denn nicht, dass Ethan den Tod und die Gewalt liebte. Konnte ein Mensch überhaupt so naive sein? Abgesehen von mir, die ihn, trotz jeder noch so kleinen gewaltsamen Zelle, bodenlos liebte.

Eine Chance? Ich hatte das beunruhigende Bedürfnis, bitter aufzulachen. Der Mann schien genau zu sehen, was ich von seinen Worten hielt, denn er wurde plötzlich Tomatenrot und seine Hände fingen verdächtig an zu glänzen. Hastig wischte er sie sich an den Hosenbeinen ab. "I..i...ich weiß wie...wie das kling", stotterte er, den Blick auf den Boden senkend. "...sie scheinen ihn... ich meine Monsieur...Mr...Lord Lockheart gut zu kennen?" Kennen war gut und ich konnte aus den Augenwinkel erkennen, wie Jaswinda bereits den Mund aufmachte, um ihm wohl klar zu machen, wie gut ich Ethan Lockheart kannte, stoppte aber sofort, als ich sacht den Kopf schüttelte.

Ich wusste, dass es wahrscheinlich nicht mehr als heiße Luft sein konnte, Ethan und Frieden waren nun einmal nicht unter einen Hut zu bringen, dennoch wollte ich hören, was dieser Mann zu sagen hatte. Noch war ich ihm kein Begriff, unbedeutend genug, so dass er frei reden konnte. Die Bedingungen waren zwar nicht Ideal, die Bediensteten hatten Ohren und Augen wie jeder andere Mensch auch und uns blieben maximal vielleicht Minuten, bevor Ethan jemanden nach mir schickte, aber ich wollte wirklich den Frieden sehen, denn dieser desillusionierte Mann sich vorstellte.

"Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass Frieden kein Begriff ist, den man leichtfertig mit ihm in Verbindung bringt", antwortete ich ihm ausweichend. "Aber bitte, korrigieren sie mich, wenn ich damit falsch liegen sollte." Ich stützte meine Worte mit einem aufmunterndem Lächeln, was ihm eine unerklärliche neue Röte ins Gesicht trieb. Jaswinda stieß ein leises Schnauben aus, woraufhin der Mann zusammen zuckte. "Ver...Ich meine..." Zwischen seinen Augenbrauen erschien eine steife Falte, bevor er sich einmal ordentlich räusperte und gerader aufrichtete. er reichte mir gerademals bis zum Kinn, die Absätze meiner Schuhe miteinbezogen.

"Frieden, Mademoiselle, ist ein weitreichender Begriff. Seit Lord Lockheart die Finanzmärkte, und gewisse andere Märkte", er hüstelte leicht, "übernommen hat, fehlen vielen Terroristengruppen beispielsweise die nötigen Mittel, weitere Anschläge zu verüben. Das gleiche gilt für die Amerikanischen Gruppen in Syrien, die natürlich ohne eine Terrororganisation wenig zu tun haben." Der Mann warf mir einen nervösen Blick zu und schien einige Sekunden zu zögern, bevor er weiter sprach. "Es ist außerdem nicht nur, dass den Terrorzellen die Mittel abgeschnitten worden sind, Mr. Lockheart scheint ebenfalls aktiv Jagd auf sie zu machen, angeblich, wegen einem Ereignis, welches seine Frau betrifft. Wenn er seine Mittel also weiterhin so einsetzten würde... ich meine....ich hätte sogar einen Plan..." Sein überraschender flüssiger Redefluss gerät auf einmal ins stocken, bis seine Stimme schließlich ganz versiegt und er mich nur aus Kugelrunden Augen ansehen kann.

"My Lady", flüsterte Jaswinda in die plötzlich eingetretene Stille besorgt. Meine Hand hebt sich und ich fing einer der Tränen auf, die wie aus dem Nichts in meine Augen getreten waren. Der kleine Mann stolperte zurück, als hätte ich ihn geschlagen."Ich...verzeihen sie mir, ich hätte solche Angelegenheiten nicht in Gegenwart einer Dame-"

"Nein", fiel ich ihm sanft ins Wort, immer noch meine nassen Finger betrachtend. "Ich muss mich entschuldigen. Und bedanken, dass sie ihre Theorie mit mir geteilt haben." Ich war nicht überzeugt, nicht mal ansatzweise. Aber, die Tatsache, dass Ethan im Begriff war, eine Fäulnis in dieser Welt zu bereinigen, ohne eine erkennbaren Vorteil daraus ziehen zu können.... Räuspernd ließ ich mir von Jaswinda ein Stofftaschentuch reichen und tupfte mir damit vorsichtig über die Wangen. Ich wurde immerhin immer noch auf einer Dinner Party erwartet.

Auf einer Party, auf der Ethan diesen Gentleman ihn in Stücke reißen würde. Mein Ehemann verabscheute es, wenn ihn jemand etwas vorschreiben wollte, erst recht, wenn gewisse Jemande nicht in seinen Kreisen florierten. "Zeit das zu ändern", murmelte ich mir selbst zu, aber anscheinend nicht leise genug, als dass der Bankier mich nicht verstanden hätte. "Pardon?", fragte er unsicher.

Bevor ich ihm antworten, oder ihn viel eher darauf drillen konnte, Ethan bloß nicht unvorbereitet unter die Augen zu treten, fiel hinter uns eine Tür ins Schloss und schnelle Schritte, ein Paar männlich, dass andere Paar unverkennbar weiblich, näherten sich uns. "Dass darf doch nicht wahr sein. Verdammt, Dupont! Was machen sie hier!?" Der kurz lauter werdenden Musik nach zu urteilen, kamen die Personen eindeutig aus dem großen Esszimmer und dem leicht französischen Akzent nach war der Sprecher entweder aus Frankreich oder ebenfalls aus Belgien.

Kanada schloss ich aus, mein Instinkt sagte mir, dass ich da ganz falsch suchen würde. Kaum eine Sekunde später und weiteren Farbnuancen auf Duponts Gesicht weniger, versuchte mich ein großer, dünner Mann, ungefähr in seinen Fünfzigern, und eine feine Dame, ungefähr in meinem Alter, vielleicht etwas jünger, nicht gerade schicklich wegzudrängen und sich so vor dem nun zitternden Bankier aufzubauen. Beide wirkten bis in die einzelnen, braunen Haarspitzen hin absolut arrogant.

Jaswinda hatte sich zwischen uns gedrängt, bevor sie mich auch nur hätten streifen können und war ungefähr so beweglich wie ein Berg. Der Mann, fuhr empört zu ihr herum, als sie ihm keinen Platz machte. "Ich darf doch sehr bitten!", rief er erbost aus, wurde aber von seiner weiblichen Begleitung herrisch am Ärmel seines perfekt sitzenden Smokings gezogen. "Papa! Wir verpassen noch alles, du hast versprochen dich zu beeilen!" Sie warf einen fast schon sehnsüchtigen Blick zum Esszimmer.

"Monsieur Lambert", kam es jetzt auch piepsig von meinem ungeladenen Gast, während sein Blick wie die Flügel eines Kanarienvogels zwischen mir und dem älteren Herrn hin und her schoss. Er sah aus, als hätte er gerade diese Begegnung vermeiden wollen. Mit einem letzten, abschätzenden Blick auf uns, richtete der Ältere schnaubend seine gesamte Konzentration auf den, ihm zwei Köpfe kleineren, jüngeren Mann vor ihm.

"Ich habe ihnen verboten, hier her zu kommen! Wie in Gottes nahmen, haben sie es überhaupt bis hier hin geschafft!", sagte er auf Französisch, was mein Ring sofort für mich übersetzte. "Sie sind eine Schande, für uns alle! Und kommen sie mir nicht mit ihren lächerlichen Ideen, was wir jetzt brauchen, ist eine feste Allianz mit den Lockhearts." Er nickte kurz in Richtung seiner Tochter. "Rosalie wird als zukünftige enge Freundin von Lady Lockheart jede Menge Wege für uns öffnen können!"

"Dass heißt, wenn sie sich bequemen würde, aufzutauchen", flötete Rosalie, was ihr Vater mit einem strengen Blick quittierte, bevor er sich wieder zu dem scheinbar schrumpfenden Bankier drehte. "Ich werde jedenfalls nicht zulassen, dass sie unser ganzes Land mit ihrer bloßen Anwesenheit blamieren!" Wohl am Gipfel seines Ausbruchs, scgoss die Hand des Mannes vor und ich... handelte wieder ohne nachzudenken.

Ich war nun mal längst nicht mehr die Person, die einfach kommentarlos am Rand stehen blieb. In einer flüssigen Bewegung stellte ich mich zwischen sie und fing den kräftigen Stoß ab, der Dupont auf den allerwertesten befördert hätte. Jaswinda hatte glücklicherweise schnell geschaltet und blitzschnell nach meinem Ellenbogen gegriffen, um mich vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Ihr düsterer Blick sprach Bände. Dupont quietschte irgendwo hinter mir.

Mein Magen hob sich und meine Sicht teilte sich schon wieder, aber die Wut in mir hielt mich aufrecht. Wieso mussten jedes Mal die schwächeren daran glauben?! Das Lächeln, welches ich meinen offiziellen Gästen zuwarf, passte zu der dunklen Farbe meines Lippenstiftes.

"Verzeihung", gurrte ich mit einer Stimme, die ich so noch nie von mir gehört hatte. "Aber wenn sie sich nicht zu benehmen wissen, befürchte ich, dass sie diejenigen sein werden, die uns verlassen müssen." Ich schien beide mit meinem schnellen Handeln kalt erwischt zu haben, aber das Mädchen erholte sich überraschend schnell und trat aufgebracht einen Schritt vor. Verschwunden war das süßliche Lächeln. "Unser Haus ist eines der Angesehensten Häuser Europas, wer sind sie, solche Äußerungen von sich zu geben!", fauchte sie mich an und ihr verletzter Stolz ließ ihre Stimme wie einen Peitschenhieb klingen.

Aber meine Peitsche besaß Dornen. "Jemand der es nicht leiden kann, wenn auf Schwächeren herumgetrampelt wird", sagte ich kalt, ohne, dass mein Lächeln auch nur einen Millimeter verrutschte, und versuchte dabei krampfhaft nicht an Ethans Verhalten zu denken. Ich wusste nur zu gut, dass das eine falsche Schlange aus mir machte und es ließ mein Herz bluten.

Frieden, hörte ich Duponts Stimme in meinem Kopf nachhallen und meine Wut auf Vater und Tochter vor mir verzehnfachte sich. Sie ließ mich, trotz meines Schwindels, aufrechter stehen und hätte ich in jetzt einen Spiegel zur Hand, würde mir das maliziöse Lächeln auf meinem Gesicht wohl selbst Schauer über den Rücken jagen lassen.

Die erlösende Erkenntnis, traf den Alten Mann eine Sekunde zu spät. In dem Moment, in dem er hilflos nach seiner Tochter greifen wollte, welche zwar verunsichert, aber dumm genug war, ihrem verletzten Stolz weiter die Oberhand gewähren zu lassen, klickte es. Und zwar nicht nur aus einer Richtung. Plötzlich hatte jeder der, scheinbar harmlosen, Bediensteten eine Waffe in der Hand.

Und sie alle zielten auf die junge Lady.

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