17
Ethan.
Ich kannte keine andere Person, die sich so schnell bewegen konnte, wie er. Oder die sofort da wäre, wenn ich sie brauchte. Er hatte ein Händchen für solche Situationen. Und, wie üblich, übernahm mein Körper und mein Herz die Oberhand, wenn sie glaubten, sich in seiner unmittelbaren Nähe zu befinden.
Doch, als ich mich mit einem strahlenden Lächeln umdrehte, war es nicht Ethan, der vor mir stand.
Alistairs massive Gestalt ragte über mir auf, beinahe schon wie ein dunkler Schutzengel. Ich hatte ihm nie besonders Beachtung geschenkt, vielleicht, weil ich ihm außer dem einem Mal nicht mehr begegnet war und ich mich dabei nur an das Blut erinnern konnte, welches von oben bis unten an ihm geklebt hatte. Aber als er mich in diesem Moment mit seinen sturmgrauen Augen anstarrte, als wäre ich sein derzeitiges Zielobjekt, erfor es innerlich in mir. Soweit ich eines richtig mitbekommen hatte, gehörte Alistair Ethans innerem Kreis an. Und das hieß für mich, dass diese Augen bereits viel zu viele Tote gesehen hatte, als gut für irgendjemanden war.
Dennoch... jetzt einfach aufhören zu lächeln erschien mir unhöflich. Schließlich hatte er mir geholfen. "Alistair, richtig?", fragte ich mit einer Stimme, die von mehr Standfestigkeit zeugte, als ich im Moment besaß.
Der Mann nickte nur stumm und hielt mir anschließend die Tür auf. Als ich, aus reinem Überlebensinstinkt, zögerte, seiner Geste zu folgen, taten seine Mundwinkel etwas, das auf die verkehrteste Art und Weise einem Lächeln ähnelte. Jetzt musste ich wirklich lachen. Es sah wirklich grotesk aus. "Wenn du jeden deiner Feinde so entgegentrittst, musst du deine Waffe bestimmt nicht mehr ziehen."
Allistars Mundwinkel sackten augenblicklich nach unten. "Ihr seid nicht mein Feind."
Beinahe hätte ich mich an meinem eigenen Lachen verschluckt. Für einen Mann seiner Größe und seiner beruflichen Stellung im Lebenh ätte ich nicht erwartet, dass seine Stimme eine solche natürliche Wärme ausstrahlte. Sie war tief und erdig, gleichzeitg jedoch angenehm und einladend. Ich schüttelte leicht dem Kopf, um ihren Nachklang aus meinen Ohren zu bekommen. "Du solltest mal über einen Beruf als Sänger nachdenken", rutschte es mir heraus und ich hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen.
Aber als ich den ehrlich verwirrten Ausdruck auf seinem Gesicht sah, musste ich schon wieder mit dem Lachen kämpfen. Ich räusperte mich und schluckte im gleichen Atemzug das Kichern hinunter, welches partout ausbrechen wollte. " Ist mein Mann zu sprechen?", lenkte ich das Thema auf mein eigentliches Vorhaben zurück, womit er sichtlich besser umzugehen schien, als meine Zukunftsperspektiven für ihn. "My Lord ist zu einer Inspektion bei der zweiten Armee. Es dürfte allerdings nicht mehr lange dauern."
Perfekt. Das verschaffte mir etwas Zeit.
"Dann werde ich so lange auf ihn warten." Ich nickte dem Hünen zu und schlüpfte an ihm vorbei in Ethans Reich. Viel war es nicht. Abgesehen von den Bücherregalen, welche meinen Mann scheinbar überallhin begleiteten, gab es nur noch zwei Ledersofas, die sich gegenüberstanden, einen kleinen Tisch mit allerhand Alkohol und einen gigantischen Schreibtisch, auf dem sich außer seinem Laptop nichts weiteres befand.
Die Tür hinter mir schloss sich mit einem Llicken und ich fuhr zusammen, als ein Schatten über mich fiel. Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte mir, dass Alistair mir gefolgt war.
Wenn ich so darüber nachdachte, war es klar gewesen, dass man mich hier nicht alleine lassen würde. Immerhin hatte ich schon einmal etwas aus seinem Büro gestohlen. Aber... konnte Alistair davon wissen?
Als er meinen Blick auf sich spürte, wand er sich darunter, als würden Laser aus meinen Augen schießen. Er guckte überall hin, nur nicht zu mir. Ich könnte versuchen ihn rauszuschicken, wenn er nichts von dem einem Mal wusste, dann würde er vielleicht wirklich gehen. Aber irgendetwas an seinem Verhalten hielt mich davon ab, mein inneres Miststück raushängen zu lassen.
Also Plan B, der mir just in dieser Sekunde einfiel und von dem ich ehrlich gesagt nicht sonderlich überzeugt war. "Alistair, wenn es nicht zu viele Umstände macht, würde ich dich bitten, die beiden Herren vor der Tür zu der nächsten Krankenstation zu bringen", falls es so etwas an diesem Gewalt beladenen Ort gibt, ergänzte ich in Gedanken.
Wie zu erwarten, zuckte es in Allistars Gesicht und es war ihm deutlich anzusehen, dass er den Männern draußen lieber noch ein paar Knochen brechen wollte, anstatt sie irgendwo hinzubringen. "Sie haben My Lady beleidigt, My Lady sollte sich keine Gedanken um diese Insekten machen." Ich kämpfte darum, meine Gesichtszüge an Ort und Stelle zu halten. Dieser Kerl klang fast schon wie mein persönlicher Bodyguard, dabei konnte er mir auch nicht mehr als ein, vielleicht zwei Mal über den Weg gelaufen sein.
"Sie sollten trotzdem behandelt werden, Menschen verdienen eine zweite Chance." Ich versuchte mich an meinem besten "bitte bitte"-Lächeln, das ich sonst nur bei Ethan zum Einsatz brachte. Aber Alistairs Augen blieben hart. Ich sah mich schon verlieren und überlegte fieberhaft, was ich als Nächstes sagen könnte, als er einmal tief Luft holte und todernst fragte: "Ist das ein Befehl?"
Ein Befehl? Dabei hatte ich doch versucht, nett zu bleiben. Ich kratzte mich am Kopf- meine Kopfhaut juckte bei dem Gedanken, ihm auf irgendeine Art befehlshaberisch gegenüber zu treten- und seufzte. "Mir wäre es lieber, wenn nicht", druckste ich herum. Alistairs Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. "Also... kein Befehl?"
Ich zuckte angesichts seines fast schon kindlichen Erstaunens hilflos die Schultern.
"Vielmehr eine Bitte, schätze ich."
Wir starrten uns eine geschlagene Minute stumm an, wobei eher Alistair das Starren übernahm und ich ihn nur alle paar Sekunden richtig ansehen konnte. Die Intensität seiner Augen reichten fast schon an Ethans, wobei niemand meinem Mann hinsichtlich bodenlos schönen Augen Konkurrenz machen konnte. Ich konnte Ethan stundenlang in die Augen sehen.
Zu meiner Überraschung, und Erleichterung, nickte Allistar schlussendlich und wandte seinen Blick ab. "Dann... eine Bitte also. Solange ich jedoch weg bin, verlast nicht diesen Raum. Dies ist eine... Bitte meinerseits."
Mein Mund verzog sich zu einem dankbaren Lächeln. "Alles klar, ich werde einfach weiter hier auf Ethan warten." Allistars Augen zuckten noch einmal kurz zu mir, bevor er das Zimmer verließ und die Tür wieder leise hinter sich zuzog. Ich wartete genau zehn Sekunden, bevor ich zum Schreibtisch lief und mich vor den Laptop setzte. Keine Ahnung, von welcher Marke diese Ding war, aber es ähnelte von in vorne eher einem Gerät aus einem Science-Fiction-Universum, als aus unserem.
Es bestand komplett aus schwarzem Glas, das nahtlos ineinander überging. Keine Tastatur, kein Touchpad, nichts. Auch an den Seiten konnte ich keine Anschlüsse oder Knöpfe finden. Wie machte man das Ding dann an? Als ich mit den Finger kurz über die untere Fläche glitt, erwachte das Ding jedoch plötzlich zum Leben. Beinahe wäre ich vom Stuhl gefallen, als die schwarze Fläche 3D-Projektionen von einer Tastatur projiziert und die obere Hälfte eine Seite lud, die, als sie fertig geladen hatte, ebenfalls als 3D-Projektion angezeigt wurde. Meine linker Zeigefinger drückte vorsichtig auf die Leertaste und tatsächlich spürte ich einen Widerstand! Das war ja der Wahnsinn! So ein Teil wollte ich auch haben. Vielleicht könnte ich ja Ethan fragen, ob er mir auch so eines holte.
Was dann aber hieße, dass ich zugeben müsste, heimlich an seinen Laptop gegangen zu sein. Was wiederum bedeuten würde- Sein Laptop! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte mit einer dreifachen Verschlüsselung gerechnet und nicht, dass man einfach über eine schwarze Oberfläche wischen konnte. Er musste es wirklich eilig gehabt haben, denn ich kannte keinen vorsichtigeren Menschen als Ethan. Besonders dann nicht, wenn es um seine Geschäfte ging.
Meine Finger zitterten. Wenn er in Eile gegangen war, würde er vielleicht auch in Eile wieder zurückkommen. Das Gleiche galt für Allistar.
Nach der Seite zu urteilen war Ich ihn Ethans E-Mail-Account. Es ging um eine Waffenlieferung, aus der ich nur herausnehmen konnte, dass es sich um eine sehr große Menge Waffen handelte. Es war eine große Datei angehängt worden, die aufzurufen, mir jedoch das Passwort und die Sicherheitsfreigabe für fehlte. Ich klickte nach einigem Suchen auf seinen Posteingang und ignorierte strickt die aufgelisteten Mails, dessen Adressen eiskalte Schauer in mir auslösten. Ich nahm an, dass es sich dabei um die echten Größen handelten und keine einfachen Scherzadressen. Die neuste Mail... war anscheinend von der Privatadresse des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Zugegeben, mir juckte es in den Fingern, sie mir durchzulesen, aber das würde Etahn wohl sofort merken. Er hatte sie sich noch nicht angeguckt. Also klickte ich lediglich auf das Suchfeld und gab Paris ein. Es dauerte keine zwei Sekunden und eine Reihe von Mails erschien. Die oberste war von gestern. Ich tippte sie an und musste augenblicklich grinsen. Bingo.
Ich öffnete die Mail in einer zweiten Seite und öffnete in der ersten erneut die ursprüngliche Nachricht vom Waffenhandel.
Etwas hilflos drehte ich anschließend an dem weißen Ring herum. Das Ding konnte Wunden heilen, vielleicht konnte es dann ja auch eine Art Gedächtnisfoto von den Urzeiten, den Orten und den Positionen der Wachen machen, die sorgfältig in einer Tabelle eingetragen worden waren. Denn egal wie sehr ich mich auch verrenkte, es war weit und breit kein Stift oder Blatt Papier zu sehen. Der Schreibtisch besaß auch keine Schubladen und-
Die Klinke zum Arbeitszimmer wurde heruntergedrückt und versetzte mein Herz für einen Sekundenbruchteil in Stillstand. Ich war immer noch mit einem Gewaltverbrecher verheiratet und auf diesem technischen Wunderwerk befanden sich all seine Geschäfte, die, wenn sie jemals an die Öffentlichkeit gelangen sollten, Al Capone wie einen Heiligen aussehen lassen würden.
B
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