24
"Ein Glas von ihrem besten Scotch."
Sein Herz hämmerte, sein Blut kochte und seine Augen flogen immer wieder zu der Person ihm gegenüber zurück.
Er war ihr gefolgt, obwohl er sonst nicht frühstückte. Die frühen Morgenstunden eigneten sich am besten für den dreckigen Teil seiner Geschäfte. Entgegen aller Erwartungen war es in der früh auf den Straßen leer und niemand würde einen Mord in einer Lagerhalle vermuten oder eine Leiche mehr die vergraben wurde.
In Rekordzeit hatte er sich angezogen und war ihr verdammt noch mal gefolgt.
Seine Augen fokussierten sich wieder auf Mia.
Einzelne Sonnenstrahlen tanzten auf ihrem Gesicht, welches sie zum großen Panoramafenster gerichtet hielt.
Ihre dunklen Augen huschten immer wieder vom wolkenlosen, strahlendblauen Himmel zu der Stadt, die sich wie ein Teppich unter ihnen ausbreitete.
Sie war eine attraktive junge Frau. Fast noch ein Mädchen, obwohl er selbst nur ein paar Jahre älter als sie war. Attraktiv war sie schon von Anfang an gewesen. Ihr ungezügeltes Temperament auf eine düstere Weise erotisch.
Aber wann sie für ihn wunderschön geworden war, konnte er sich nicht erinnern. Ihr Gesicht war das selbe, ihre Art war die selbe (mit ein paar kleinen Änderung, ihr Temperament war, wenn möglich, noch größer geworden) und trotzdem, sie war wunderschön. Wie eine Blut getränkte Klinge nach einem erbitterten Kampf.
Ob sie Waffen genauso mochte wie er? Mit ein bisschen Übung würde aus ihr eine wunderbare Attentäterin werden.
Beinah automatisch verzog er das Gesicht. Und wenn ihr dabei etwas zustoßen sollte? Wenn jemand sie verletzte? Menschen waren so leicht zu töten, dass es schon beinahe lachhaft war.
Ein einzelner gut platzierter Schnitt, ein einzelner Schuss, ein kleiner Tropfen einer giftigen Flüssigkeit.
"Vanillekuchen mit Schokoladenpuddingfüllung."
Ihre Worte trafen ihn so unerwartet, dass er überrascht aufsah. Seit sie ihn angelächelt hatte, das erste Mal seit ihrer Bekanntschaft wirklich, ehrlich angelächelt, hatte sie kein Wort mehr an ihn gerichtet.
Sie war seinen Blicken ausgewichen, was ihn zur weißglut getrieben, ihm jedoch nicht den Drang gegeben hatte, sie zu bestrafen.
"Wie bitte?"
Ein schämisches Lächeln zupfte an ihren Lippen. "Du warst in Gedanken, und zwar nicht gerade guten. Meine Mom sagte immer, man solle seinem Gegenüber dann einfach das an den Kopf werfen, was einem als erstes einfällt."
Ein Schatten huschte über ihr Gesicht und ihr leises Lächeln wackelte, bis es schließlich kippte. Als hätte sie sich an was unschönes erinnert.
Ihre Mutter war Tod, fiel es ihm ein. Vielleicht sah sie das als Anlass zur Trauer?
Er feierte den Todestag seines Erzeugers jedes Jahr mit einem edlem Tropfen. Und des seiner Erzeugerin mit einem luxuriösen Essen.
Aber vielleicht... sah Mia das ja anders. Er stand auf. "Wo willst du hin?"
Das Glas in der Hand hielt sie auf halbem Weg zum Mund inne. Es schwebte vor ihr wie eine unausgesprochene Frage, die er nicht imstande war zu beantworten. Er drehte sich um und ging.
*******
Der Anblick seines breiten, muskulösen Rücken hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.
Was hatte ich auch erwartet? Das Ethan Lockheart plötzlich zu so etwas wie... Menschlichkeit fähig sein würde. Kopfschüttelnd sah ich wieder aus dem Fenster. Die Stadt lag wie ein bunter Teppich unter mir ausgebreitet.
Zugegeben, es war ein tolles, beinahe schwereloses Gefühl.
Es kam dem Gefühl am nächsten, welches ich, manchmal, in Ethans Nähe empfand. "Verschrobener Idiot", murmelte ich und fuhr über den Ring, den er mir aufgezwungen hatte.
Er war an jenem Abend tatsächlich gekommen, um mir zu helfen. Sein wilder Anblick hätte mich beinahe umgehauen, trotz der totalen Verwüstung, die um uns herum geherrscht hatte.
Ethan verwirrte mich, wie kein anderer Mensch zuvor. Mal glaubte ich, ihn endlich zu durchschauen, wenn auch nur ein bisschen, dann war er jedoch wieder in der Rolle des Grausamen Königs.
Falsch, es war nicht eine Rolle. Er war der grausame König. Er war nie jemand anderes gewesen.
Damals beim Ball, auf dem er mich als eine Hure beschimpft hatte, bis heute, hatte sich der harte, düstere Ausdruck in seinen kein Stück verändert. Er war derselbe. Ich war diejenige, die immer mehr in den Abgrund rutschte.
Dabei hatte ich viel wichtigere Dinge, über die ich nachdenken musste. Zum Beispiel über den Mann, der zehn Stockwerke über diesem in einem Zimmer lag und angeblich Hades war. Nur sagte, schrie, mein Bauchgefühl mich geradezu an, dass etwas sehr, sehr falsch daran war.
Ich seufzte. Ich war zu Jung für diesen Scheiß.
Eine vertraute, arabische Stimme riss mich ins Hier und Jetzt zurück und verpasste mir eine geballte Welle Übelkeit.
Der Scheich, diesmal mit Entourage, betrat den Speisesaal. Drei weitere Männer hatten sich zu ihm gesellt und hinter ihnen zwei wunderschöne Frauen, die demütig den Kopf gesenkt hielten. Die Männer standen dem Scheich in Fülle und bösartig verkniffenen Gesichtern in nichts nach, während sie die Frauen achtlos hinter sich her schleiften.
Das war es wohl mit dem Frühstück. Da ich in meiner jetzigen Stimmung keine Lust auf eine erneute Auseinandersetzung hatte, stand ich so unauffällig wie möglich auf und hielt mich in ihrem toten Winkel.
Ihr dröhnendes Lachen legte sich wie ein verschwitzter Mantel um mich und ich versuchte nicht darauf zu achten, wie sie die Frauen achtlos auf einen anderen Tisch zu schubsten. Die eine stolperte und wäre beinahe hingeflogen. Als wären sie es nicht wert, am gleichen Tisch wie sie zu sitzen.
Schaudernd drehte ich ihnen den Rücken zu. Das heißt, bis ein wütendes Poltern und ein lauter Aufschrei mich an Ort und Stelle erstarren ließ. Auch die wenig anderen Anwesenden hielten inne, denn das leise geklapper von Porzellan verstummte augenblicklich.
"Frau! Bist du etwa nun schon zu dumm einen einfachen Tee zu bringen!"
Mein Arabischübersetzter schaltete sich beinahe zeitgleich mit den gebrüllte Worten ein. Und ließ mich buchstäblich rot sehen.
Ich drehte mich gerade auf den Absatz Um, als die Hand des Mannes bereits die Wange der Kellnerin traf. Sie war sogar noch ein ganzes Stück kleiner als ich und erzitterte regelrecht unter dem Schlag.
Meine Augen schossen durch den Raum. Sicher würde jemand dem Einhalt Gebieten. Nur das sich die Anwesenden nach ein paar Sekunden des Schocks wieder ihrem Essen widmeten.
Die Kellnerin weinte inzwischen und entschuldigte sich unter einer Kaskade aus Tränen. Der Mann verzog das Gesicht zu einem schäbigen Lächeln.
Gerade machte ich einen Schritt auf die kleine Gruppe Zu, als sich ein anderer Mann einmischte, der aus dem Nichts zu kommen schien.
Er trug ähnliche Klamotten wie der Scheich, war aber um die dreißig Jahre älter und schien sich nur mühevoll auf den Beinen halten zu können. Schützen drängte er sich vor die Frau. "Schämst du dich Nicht, die Hand gegenüber einer Frau zu erheben!" Er sprach so heiser und leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen.
Trotz seines neuen gegenübers nahm die agressive Haltung des Freund des Scheichs nicht ab. "Misch dich da nicht Ein, Alter Mann!" Wütend versuchte den Alten beiseite zu schieben. Er wird doch wohl nicht etwa...!
Doch, als der Alte sich weigerte, schubste er ihn einfach. Dabei legte er das ganze Gewicht seiner massigen Füllen hinzu.
Wut schoss wie heiße Lava durch mich hindurch. Bevor ich es mir überlegen konnte, hatte mein Körper sich bereits in Bewegung gesetzt. Ich Griff im gehen nach einer der Vasen, die als Deko auf manchen Tischen drapiert worden waren, nahm Anlauf und zog sie diesem Mistkerl über den Kopf.
Glas flog mir entgegen und Wasser spritzte mir ins Gesicht. Das seltsame Gestrüpp in der Vase platschte auf die Kopfbedeckung des Mannes und hingen dort wie lange, nassen Strähnen.
Es dauerte einen Moment, bis alle Beteiligten registriert hatten, was geschehen war, aber als der Mann gefährlich ins Wanken geriet sprangen seine Freunde auf und eilten erzürnt zum ihm.
Zitternd vor Wut wendeten sie sich mir zu, ihre Gesichter in allen Schatierungen von Rot zu dunkel Violett.
Ich funkelte wütend zurück. "Hey, ihr Arschlöcher! Hat eurer Mama euch keine Manieren beigebracht!" Die zwei Freunde des Scheiches schnappten empört nach Luft, was dem angeschlagenen zu Ungunsten seines Gleichgewichtes kam. Er wankte, stützte sich mehr auf den Scheich und zischte mich wie eine tollwütige Schlange an.
"Frau! Kennst du deinen Stand nicht!" Er sagte es halb Englisch und halb in Arabisch, nachdem seine Zunge das Englische Wort für du nicht hatte ausspucken wollen.
"Oh, ich kenne meinen Stand gut, anscheinend habt ihr den euren jedoch vergessen. Vielleicht solltet ihr mal draußen im Dreck nachsehen." Keine Ahnung ob die das verstanden haben, aber den zu Schlitzen verengten Augen nach, höhst wahrscheinlich schon.
Dann geschah alles auf einmal. Jemand packte mich von hinten an den Haaren und zog schreiend an ihnen. Eine der Frauen hatten sich an mich herangschlichen und verschaffte den Männer die perfekte Möglichkeit, auszuholen und mir eine zu verpassen.
Ich trat nach hinten aus, stieß meinen Ellebogen in ihre Magengrube, duckte mich und wich so dem nächsten Schlag aus, den der Scheich mir hatte verpassen wollen. Man sollte wirklich meinen, das Männer von ihrem Rang sich nicht zu einer Prügellei herablassen würden.
Anderseits schlugen sie auch Personal und alte Männer am helllichten Tag.
Der unverletzte Freund des Scheichs stürzte sich jetzt auf mich und erwischte mich wieder an den Haaren. Ich unterdrückte einen Schrei, schlug nach hinten aus, doch er trat einfach einen Schritt zur Seite. Zog mich an den Haaren mit sich.
Der alte Mann war wieder aufgestanden und versuchte die Aufmerksamkeit des Scheichs auf sich zu ziehen. Der Scheich schubste ihn zur Seite und holte aus. "Bastard", fauchte ich auf Arabisch, griff nach hinten und zerkratzte jedes freie Stück Haut, was ich erreichen konnte. Der Mann schrie auf, der Scheich erstarrte.
Plötzlich huschte so etwas wie Erkenntnis über sein Gesicht, aber was immer er als nächstes hatte tun wollen, es war zu spät. Jedes bisschen Farbe wich aus seinem Gesicht, als er auf etwas hinter uns starrte.
Über den Saal hatte sich eine tödliche Stille gesenkt.
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