Twenty-Seven ~ Leader conversation
Konzentriert blätterte ich die Akte über die Leo's durch, die mir Alex gebracht hatte und überflog die Texte nach wichtigen Informationen, einen Stift zwischen die Zähne geklemmt.
Jake, der am Schreibtisch neben meinem vor einem Rechner saß, fokussierte den großen Bildschirm, während seine Finger federleicht über die Tasten flogen. Dylan saß neben ihm auf einem Drehstuhl, vor ihm Bücher über Schachfigurenpositionen aufgeschlagen.
Die beiden bestanden darauf, dass wir langsam die Schachzüge lernten, um uns besser zu kommunizieren. Auch wenn ich so gut wie keine Ahnung über das Schachspielen hatte, war ich einverstanden.
Das letzte Mal, dass ich Schach gespielt hatte, war, bevor mein Dad starb. Danach hatte ich kein Schachbrett mehr angerührt. Weil es mich an ihm erinnerte, oder weil Schach allgemein nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte, wusste ich nicht. Wahrscheinlich sogar beides.
Alex saß am anderen Ende des Raums vor einem PC und recherchierte, wie ich ihn gebeten hatte, im Internet nach Informationen über die Leo's und druckte sie für mich aus.
Meine Augen taten schon vom Lesen weh. Es gab nicht vieles über die Gang, sie verwischten all ihre Spuren im Netz professionell. Aber Alex war sich mehr als sicher, dass sie etwas übersehen haben mussten. Und ich glaubte teilweise auch daran. Niemand konnte perfekt alles verstecken. Es gab immer kleine Sachen, die übersehen wurden. Es mussten welche geben.
Als ich das vermutlich siebzigste Blatt, auf dem dasselbe stand wie auf den anderen Papieren, nur anderes formuliert, durchlas, seufzte ich frustriert auf und lehnte mich im Sitz nach hinten.
„Alex, da gibt's gar nichts. Wirklich nichts. Ich lese immer wieder nur die gleichen Informationen, die ich bereits von euch weiß", knurrte ich und schloss erschöpft die Augen. „Wir werden ganz sicher bald etwas Nützliches finden, also lies einfach", beharrte der Blonde, ohne mich anzusehen und klickte auf einen neuen Tap.
„Also WIR kommen weiter. Diese Schachzüge sind aber schwerer als ich dachte. Wir haben uns einiges darüber notiert", warf Jake zufrieden ein. Skeptisch drehte ich den Kopf in seine Richtung.
„Ich bin nicht sicher, ob diese Schachzüge uns helfen würden. Wie lange würden wir brauchen, bis wir die alle überhaupt können?", fragte ich und hob eine Augenbraue, während der Grünäugige konzentriert das Display anstarrte und einen Beitrag überflog.
„Was wollen wir überhaupt tun, nachdem wir die Whites gefasst haben?", fragte Dylan plötzlich. Verwirrt löste Jake den Blick zum ersten Mal seit Stunden vom Rechner und sah seinen besten Freund an. Auch ich war etwas verdutzt anhand des schnellen Themawechsels.
„Ich meine ja nur. Wir arbeiten so hart dran Informationen über die Leo's herauszufinden, um die Whites zu kriegen. Wenn wir die haben, dann müssen doch einen festen Plan haben und nicht einfach planlos da stehen", zuckte Dylan mit den Schultern, nahm sich ein Buch vom Stapel vor sich und blätterte rein.
„Gute Frage, Sherlock", nickte Jake und sah abwartend zu mir. Nervös knabberte ich an meine Unterlippe und schwieg kurz. Über diese Sache hatte ich schon nachgedacht und kam zu einem schlauen Entschluss. Ich wusste es nicht.
Hilflos erwiderte ich Jakes Blick und hob abwehrend die Hände. „Sie zu einem Tee einladen wie Briten es tun, um ganz in Ruhe miteinander zu reden?"
Jake runzelte die Stirn. „Erstens mag ich keinen Tee und zweitens sind wir hier in Amerika und nicht in Britannien." Dylan und ich sahen uns an und warfen ihm einen nicht-dein-ernst-Blick.
„Aber nein, im Ernst, ich habe ehrlich noch keine Ahnung. Ihr beide – die Blacks und Whites – seid zwei Teams aber eine Mafia. Ihr solltet zusammenarbeiten und die Bande wieder in Gang setzen. Ansonsten geht das nicht. Ihr könnt nicht einzeln arbeiten", sagte ich und lehnte mich im Stuhl seufzend nach hinten.
„Und das Mädel sagt auch noch, sie sei nicht als Anführerin geeignet", schmunzelte Jake, während Dylan anhand meiner Rede zustimmend nickte. „Ich bin's auch nicht, Jaki", erwiderte ich, konnte jedoch ein winziges Lächeln nicht unterdrücken.
„Genug emotionale Reden und verliebtes Getuschel, ich habe etwas gefunden", ertönte Alex triumphierte Stimme vom anderen Ende des Raums und Sekunden später tauchte er zwischen mir und Jake und klatschte ein Blatt vor uns auf dem Schreibtisch.
Dylan gestellte sich zu uns und wir beugten uns alle neugierig über das ausgedruckt Blatt. Doch statt wie erwartet lange Sätze zu erblicken, sahen wir nur Satzzeichen und Zahlen. „Ach ja und wie bringen uns diese ungeordneten Zahlen weiterbringen?", fragte ich verwirrt.
„Honey, das sind keine ungeordneten Zahlen, das ist ein Code", erwiderte Alex selbstverständlich, doch damit hatte er das Fragezeichen in meinem Kopf nicht aufgelöst, sondern bloß verdoppelt.
Im Gegensatz zu mir schien Jake ein wenig mehr Gehirnzellen zu haben und zu checken, worüber Alex gerade sprach. „Hast du ihn entschlüsselt?", fragte er den Blonden neugierig.
„Sure." Ein stolzes Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er ein anderes Papierstück auf dem Codeblatt klatschte. Es waren wieder Zahlen, jedoch sah sie nicht mehr chaotisch aus und es sah aus wie eine –
„Ist das eine Telefonnummer, oder irre ich mich?", fragte ich verwirrt und sah hoch zum Blonden. „Moment, sag jetzt nicht, dass das die Nummer der Leo's ist", fragte Jake leicht ungläubig.
„Doch, wenn wir diese zehn Zahlen in das Telefon eintippen, müssten wir die Leo's erreichen", grinste Alex und der Stolz funkelte in seine blauen Augen. „Du bist ein Genius!", lachte ich und sprang ihm um den Hals.
„Ich weiß, Babe, ich weiß", tätschelte er mich den Rücken. „Nächster Schritt wäre?", fragte Jake amüsiert und ich löste mich von dem Blonden. Kurz holte ich tief Luft und sah die Nummer an.
„Der nächste Schritt wäre ein Anruf, würde ich sagen", meinte ich bestimmt.
~~~
Nervös blickte ich das schwarze Telefon mit der eingetippten Nummer in meiner Hand an und trommelte mit den Fingern der anderen Hand auf dem Tisch vor mir.
Die Jungs hatten sich unbeteiligt in der Küche verteilt. Alex' Kopf steckte in dem Kühlschrank, Jake gegenüber mir stapelte beinah schon desinteressiert die frischgewaschenen Gläser und Dylan saß auf meiner anderen Seite und kritzelte irgendwas auf dem Block vor sich.
„Willst du heute den Anrufknopf drücken?", fragte Jake ungeduldig und holte noch mehr Gläser aus dem Schrank, um sie auf seinem selbstgebauten Turm zu häufeln.
„Erstens wird dich Mira umbringen, wenn die Gläser kaputtgehen und zweitens gib mir eine Minute. Ich muss mich mental vorbereiten", erwiderte ich und knabberte nervös an meine Unterlippe.
„Das hast du doch vor dreißig Minuten auch gesagt", stöhnte Dylan und kritzelte auf dem Blatt weiter, den Kopf nach vorne gebeugt. „Ich werde gleich mit einem Gangleader der wahrscheinlich gefährlichsten Mafia reden, habt ein bisschen Mitleid", atmete ich augenrollend aus.
„Naja, falls die Nummer, die dir Alex gegeben hat, überhaupt existiert", konterte Jake und kehrte mit fünf Gläser zum Tisch zurück. Skeptisch beäugte ich die aufgestapelten Gläser. Ich könnte drauf wetten, dass meine Nervosität größtenteils wegen die Gläser kam, die jeden Moment auf mich stürzen konnten.
„Ich habe immer recht. Außerdem ist nicht von GLEICH die Rede. Du wirst dich bestimmt erst in zehn Jahren trauen auf dem grünen Knopf zu drücken", sagte Alex und holte aus dem Gefrierschrank eine gekühlte Pizza, um sie in der Mikrowelle zu stellen. Die drei waren mir echt eine große Hilfe.
Ich wollte das Telefon loslassen, die Sache abblasen und morgen wieder starten, doch Dylan schien nichts davon zu halten. Ungeduldig drückte er einfach auf dem grünen Knopf des Telefons in meiner Hand.
Erschrocken und zugleich vorwurfsvoll sah ich den Schwarzhaarigen an. „Sag mal, bist du bekloppt?", zischte ich panisch, doch er hatte keine Zeit etwas darauf zu erwidern, denn gleich nach dem zweiten Klingeln hob jemand auf.
„Wer ist da?", fragte eine tiefe angsteinflößende Stimme. Leicht zitterig hielt ich mir das Handy ans Ohr, zählte bis drei und antwortete leicht unsicher: „spreche ich hier mit ...", doppelte Scheiße, wie hieß der Mann überhaupt?!, „ ...mit dem Boss der Leo's?"
Super Bella. Gekillt hast du's. Ich würde Dylan für seine Aktion später umbringen.
„Ich habe gefragt, wer ist da?", knurrte die Stimme am anderen Ende der Leitung und nun konnte ich sogar ein wenig Unsicherheit heraushören. Kurz räusperte ich mich. „Campbell hier. Anführerin der Blacks und Whites", antwortete ich und ließ meine Stimme etwas selbstbewusster und ausdrucksloser wirken. Wieso hörte sich ‚Anführerin' in meinen Ohren so bescheuert und falsch an?
Die tiefe Stimme lachte höhnisch auf. „Mädchen, ich habe bessere Streiche gesehen. Wenn du so schlau wärst, wüsstest du, dass die Schach Mafia seit Jahren ausgestorben ist und es keine Frauen gab."
Die Verachtung, die er in das Wort ‚Frauen' legte, ließ Wut in mich aufflammen. Nur weil er ein Mann war hielt er sich für etwas Besseres. Als ich den Kiefer zusammenpresste, sah Jake etwas besorgt auf, während Alex beschwerdelos seine Pizza aus der Mikrowelle rausholte und das Teller auf seinem Arm balancierte.
„Und wenn Sie so schlau wären, dann wüssten Sie, dass Campbell nur eine Tochter hatte, der er vor seinem Tod die Gang übergab", erwiderte ich kalt und knirschte mit den Zähnen. Schweigen.
Plötzlich wurde die Verbindung unterbrochen. Ungläubig ließ ich das Telefon sinken und wollte das Ding vor Frustration am liebsten gegen die Wand klatschen. „Der Bastard hat einfach aufgelegt. Er hat AUFGELEGT", zischte ich, als mich drei Augenpaare verwirrt anstarrten.
Schlagartig vibrierte das Telefon in meiner Hand. Unüberlegt nahm ich den Anruf an, legte das Festnetztelefon ans Ohr und fragte barsch: „was?"
Bestimmt dachte der Anrufer, ich hätte Aggressionsprobleme, doch das war mich im Moment nicht wichtig. „Johnson hier. Was wollen Sie, Campbell?", fragte dieselbe tiefe Stimme von vorhin ausdruckslos.
Etwas verdutzt schwieg ich. Aha, er hatte wahrscheinliche schnelle Recherchen angestellt. „Mr. Johnson, ich würde gerne wissen, ob die Whites in letzter Zeit mit Ihnen verhandelt haben", sagte ich monoton.
Während ich ungeduldig auf seine Antwort wartete, erhöhte sich mein Puls vor Aufregung und Nervosität und mein Herz fing an schneller zu schlagen. Um mich abzulenken sah ich zu Alex, der sein Essen auf dem Platz neben mir platzierte und unauffällig ein Glas aus Jakes Häufchen nahm, um direkt danach zum Spülbecken zu laufen und es zu füllen.
Der Grünäugige bemerkte dies jedoch nicht, da er damit beschäftigt war, das mittlerweile 50 cm lange Turm aufrecht zu halten. Plötzlich hörte ich aus dem Ende der Leitung ein Knirschen. Das Thema schien Johnson nicht zu gefallen.
„Ich darf nicht mit Ihnen über meine Geschäfte reden, Miss. Schweigepflicht. Das sollten Sie als Anführerin doch sicher wissen." Ich ignorierte die Missbilligung in seiner Stimme. Dieser frauenfeindliche Schwein war meine Nerven nicht wert.
Seine Antwort jedoch hatte ich erwartet und zum Teil war es auch verständlich. „Nun, ich fürchte, in diesem Fall müssten Sie das tun. Sie kennen den Vertag, das wir abgeschlossen haben. Ohne die Einverständnis des Anführers dürften die Whites wortwörtlich keine Geschäfte mit Ihnen schließen. Und wie Sie es vorhin indirekt zugegeben hatten, gab es offensichtlich zwischen euch etwas."
Ich wusste nicht mal, ob es so ein Vertrag gab, aber was soll's. Ich konnte im Moment nur darauf beten, dass Johnsons keine Ahnung davon hatte, oder dass ich tatsächlich recht besaß und diese Abmachung existierte.
Innerlich zerriss langsam mein Geduldsfaden. Ich wollte hier kein Talk mit diesem seltsamen Mann, das Einzige, was ich wollte war zu wissen, wo diese verdammten Whites steckten.
Mein Blick huschte zu Alex, der mit einem Glas Wasser zurückkehrte. Als er an Jake abwesend vorbeilief, stellte der Grünäugige ihm ein Bein hin, den sein bester Freund jedoch nicht bemerkte.
Der Blonde stieß einen erschrockenen Laut, als er stolperte, konnte sein Gleichgewicht nicht halten und landete auf dem Boden. Das Wasserglas flog ihm aus der Hand und landete auf Dylan, der gespannt neben mir am Tisch saß und zuhörte.
Die durchsichtige Flüssigkeit ergoss sich über Dylans T-Shirt und teilweise in seinem Haar, während das Glas klirrend auf dem Boden aufkam und in Scherben zerbrach.
Erschrocken sprang der Schwarzhaarige auf und sah entsetzt an sich herunter. Jake, der mit dem Ganzen offensichtlich nicht gerechnet hatte, biss sich in die Faust, um ein Lachen zu unterdrücken und seine Schultern fingen an heftig zu beben.
Etwas überfordert mit der ganzen Situation schritt ich vom Tatort zurück. Die Jungs könnten sich glücklich schätzen, dass Mira einkaufen war und die Sauerei noch nicht sah. NOCH nicht.
„Es geht nicht. Nicht durchs Telefon", erwiderte Johnson knapp. Seine Stimme war nicht mehr ganz ausdruckslos und ich konnte sogar ein wenig Nervosität heraushören.
„Schön, wo dann?", konterte ich genervt und bereute es sofort. Jake hatte mir gesagt, ich sollte mich so gut es ging professional verhalten und keine Emotionen zeigen. Nun, so viel dazu.
Etwas besorgt sah ich zu den Jungs. Jake lachte sich innerlich tot, während Dylan Alex böse anfunkelte. Der Blonde wiederum rappelte sich auf und stieß UNBEABSICHTIGT, vollkommen unwissend natürlich, Jakes Gläserturm um.
Die Gläser trafen alle scheppernd auf dem Boden, jedoch zerbrachen glücklicherweise nur wenige. Die Amüsant verschwand aus Jakes Augen und wurde durch Entsetzen ersetzt.
Der Grünäugige fiel vor dem Haufen in die Knie und blickte böse zu Alex auf. Der Blonde ergriff alarmiert die Flucht, als Jake mit Lippen ‚Krieg' formte. Gott, bitte, wo war ich gelandet?!
„Johnson's Fitnessstudio, Los Angeles", sagte der Mann schnell und legte auf. Verwirrt und verblüfft nahm ich das Telefon von meinem Ohr und starrte es an.
Plötzlich ertönte die Türklingel und die Eingangstür wurde geöffnet. Jake und Dylan realisierten, dass es Mira sein musste und machten sich schnell aus dem Staub.
Hilflos stand ich mitten Im Chaos, als Alex Oma die Küche betrat. „WAS ZUR HÖLLE -", fragte sie ungläubig und ich sagte das erste, was mir in den Sinn einfiel: „Ähm ...happy birthday?"
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