Nine ~ the trail

Ich könnte sterben. Nein, ich wollte sterben.

Nachdem wir gestern einen Film Dylans Wahl angeschaut hatten, war der Abend angebrochen. Mira hatte für uns, wie versprochen, gekocht und ich verstand Alex jetzt, als er gemeint hatte, ihr Essen vermisst zu haben, denn alles was sie kochte schmeckte göttlich.

Nachts schien es nötig zu haben, uns die ganze Nacht wach zu halten, weil er nicht schlafen konnte, da sein Kopf wegen der Verletzung höllisch zu schmerzen schien.

Doch nun stand ich am nächsten Tag vor dem Probesaal zum Vorsingen und wünschte mir den Tod. Ich konnte durch die Tür hören, wie Josh mit dem Roadie Kaden an die Bühnenlichter arbeitete.

„Was machst du hier?"

Ertappt zuckte ich zusammen und wirbelte erschrocken herum. „Willst du mich verarschen? Schleich dich nicht so an, ich habe beinah einen Herzinfarkt gekriegt", sagte ich vorwurfsvoll und legte mir eine Hand aufs Herz.

„Ich habe dich von der Treppe aus gerufen, aber du hast mich nicht gehört", meinte Jake und vergrub verlegen die Hände in die Hosentaschen. Sein Haar war nicht gestylt und wie ich es mochte wuschelig. 

Er trug wie üblich ein Pulli und ich nahm an, dass er in der Küche naschen wollte, da er sich nicht mal die Mühe gemacht hatte, seine Schlafjogginghose gegen eine Jeans zu wechseln.

„Auf dem Weg zur Küche?", fragte ich deshalb grinsend. „Sicher doch. Solche Tage, in denen Mira ausschläft, müssen einfach ausgenutzt werden", zwinkerte Jake. „Musst du jetzt vorsingen?"

„Ja und ehrlich, ich will sterben. Nein warte, ich sterbe gerade", stöhnte ich und lief nervös auf und ab. „Glaub mir, an meinem ersten Tag hier war ich noch nervöser als du, aber keine Sorge, sobald du auf der Bühne bist, verschwindet die Nervosität."

„Vielleicht bei DIR. Ich weiß nicht mal, ob ich es zur Bühne schaffe, ohne ohnmächtig zu werden. Josh ist ...richtig streng", sagte ich und spielte mit dem Saum meines schwarzen Pullis, das mir bis zum Knie reichte.

Drunter trug ich Leggins und lange Boots. Meine Haare war zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Dazu war ich dezent geschminkt, nicht zu auffällig. 

Alex hatte mir gestern gesagt, dass ich mir einfach irgendwas anziehen konnte, da Josh nicht auf streng ordentliche Leute stand, weshalb ich mein Lieblingsoutfit ausgesucht hatte.

„Mach dir um den keine Sorgen. Er ist normalerweise sehr nett, weißt du. Aber du musst ihm davon überzeugen, dass du gut bist", erklärte Jake. 

„Wusstest du, dass er mit vollem Namen Joshua Edward Oscar Oliver Wright heißt?", wechselte er schnell das Thema, als er sah, dass ich immer noch verkrampft war.

Unwillkürlich musste ich grinsen. „Warte, was? Waren seine Eltern betrunken, als sie ihm diesen Namen gegeben haben, oder wie?"

„Das ist bis jetzt die realistischste Theorie. Alex behauptet, dass die beiden vielleicht im eiskalten Winter Thunfische fangen wollten und seine Mutter ihn auf dem Boot gebar, weshalb er ihr und ihrem Mann den Urlaub versaut hatte und sie Josh deshalb mit diesem Namen das Leben versauen wollen."

Ungewollt brach ich in Gelächter aus und ich könnte schwören, das war die schlimmste Entscheidung, die ich in meinem Leben je getroffen hatte, denn Josh musste uns gehört haben, weshalb er die Tür aufriss.

Erschrocken taumelte ich zurück und starrte zum zweiten Mal heute ertappt. „Da bist du ja Bella! Wir warten seit einer viertel Stunde auf dich!", meinte Josh und sein Blick huschte zu Jake.

„Jake, mein Junge! Gut, dass du da bist! Gabriel braucht dich, er will die neuen Out-fits an dir und die anderen probieren!", erklärte er und Jake stöhnte genervt auf. „Wir sind doch erst gerade gekommen. Müssen uns alle gleich mit unsinnigem Kram stressen?"

„Hast du deshalb seine Nachrichten ignoriert? Er hat sich vorhin drüber beschwert", sagte Josh amüsiert. „Oh, diese Nachrichten waren von ihm? Ich habe sie aus Versehen, vollkommen unschuldig und unbeabsichtigt, gelöscht. Ganz ohne Absicht, glaub mir."

„Jaja, das kannst du ihm schön selbst erklären. Bella, komm mit, deine Probe fängt gleich an." Die Nervosität kehrte langsam zurück, als Josh wieder durch die Tür verschwand und zögerlich wollte ich ihm folgen.

„Viel Glück, Elfe", sagte Jake aufmunternd und ich stoppte abrupt. „Warte, du kommst nicht mit?", fragte ich und blinzelte kurz. „Nope, ich muss mir was zu Ess- ich muss zu Gabriel. Aber du schaffst es ganz sicher."

Nein, Idiot, ganz sicher nicht, hätte ich am liebsten zurückgeschossen, doch ich hielt die Klappe, nickte zögerlich und folgte Josh in der Konzerthalle.

Auf der Bühne waren überall Kabel und Anlage Boxen verstreut. Ein Mann – vermutlich Kaden, der Roadie – saß an der Musikanlage, große Kopfhörer saßen um seinen Hals und drehte an den Knöpfen.

Als ich den Raum betrat, hob er den Blick und lächelte mich freundlich an. „Du musst Bella sein. Ich bin Kaden", stellte er sich vor und hielt mir die Hand hin. „Ich weiß, Sie sind der Roadie." Nervös schüttelte ich ihm die Hand.

„So, welchen Song wirst du uns vorsingen?", fragte Josh und setzte sich in der ersten Reihe. „‚bloody inside' von ChessBless", antwortete ich und nahm das Mikrofon entgegen, das mir Kaden zuhielt.

„Sehr schöner Song. Von Jake persönlich geschrieben. Kaden, bist du bereit?" Josh sah den Roadie abwartend an. Dieser setzte die Kopfhörer auf und zeigte mit dem Daumen nach oben.

Ich hatte keine Zeit drüber nachzudenken, ob Jake wirklich diesen Song geschrieben hatte.

Ich holte tief Luft und wartete auf Joshs Signal.

~~~

„Bella! Komm endlich da raus!", brüllte Alex.

„Fick dich, Alex! Lass mich in Ruhe!", schrie ich zurück, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen und zu einer Kugel im Hochbett von Dylan gerollt.

„Komm schon, das war bestimmt gar nicht schlecht!", rief Jake. Ich wirbelte herum und stürzte mich auf die Kante des Betts.

„Doch das war's und alles wegen dir!", funkelte ich ihn an. Okay, das war falsch. Denn dank dem Gespräch mit ihm vor der Probe, fühlte ich mich besser, doch ich brauchte jetzt einen Schuldigen.

„Bella, ich schwöre, wenn du jetzt nicht runterkommst, hole ich dich persönlich da runter", drohte Jake und sah mich herausfordernd an. Ich rollte mich zurück in meine Ecke in Dylans Bett und legte das Kinn auf die Knie.

„Habt ihr versucht, hochzuklettern?", hörte ich Jake stöhnen. „Ja man, selbst wir sind nicht so dämlich, um nicht auf die Idee zu kommen, aber sie hat uns mit meinen Sachen beworfen", antwortete Dylan.

Niemand erwiderte etwas. Plötzlich hörte ich ein Quietschen, das vom Bett verursacht wurde und riss die Augen auf. „Jake wehe!", kreischte ich, doch seine Schritte auf der Treppe des Betts wurden lauter.

Panisch sah ich mich nach einem Kissen im Bett um, doch ich hatte alles auf Dylan und Alex geworfen, sodass nichts mehr übriggeblieben war.

Während ich hilflos nach etwas suchte, mit dem ich ihn bewerfen konnte, war er angekommen. Ich kreischte, als er mich wortlos an die Taille packte und über die Schulter warf.

„LASS MICH LOS!", schrie ich und begann gegen sein Rücken zu hämmern, doch er schien es nicht mal zu bemerken. „Jake, ich meins ernst. LASS. MICH. RUNTER!"

Erst, als er unten angekommen war, reagierte er auf mein Gekreische. „Wenn ich dich jetzt runterlasse, dann kletterst du nicht wieder hoch?", fragte er. „Erwartest du ernsthaft, dass ich auf dich höre?", motzte ich zurück.

„Nein, und deshalb lasse ich dich nicht runter." Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie er spöttisch grinste. „Ich tue es nicht. Versprochen", seufzte ich ergeben.

Er ließ mich endlich runter. Wütend funkelte ich ihn an und wollte schon losschimpfen, als jedoch die Wohnungstür aufgeschlossen wurde und Josh in Alex und Dylans Zimmer spaziert kam.

„Hey, Jungs. Oder muss ich in Zukunft sagen: Jungs + Bella?", grinste er. „Wäre besser, wenn du die drei in eine andere Spezies zuordnen würdest, aber das geht auch", erwiderte ich trocken.

Doch dann verarbeitete ich seine Worte und in mein Gesicht spiegelte sich Unglauben. „Heißt das, ich bin in der Band?"

„Richtig erraten. Ich wusste nicht, ob ich das jemals für möglich halten würde, aber tatsächlich hat etwas in der Band gefehlt. Deine Stimme ergänzt sich die von Jake perfekt, jedoch musst du dran arbeiten, die Tonhöhen zu treffen. Aber das kriegen wir mit Übung sicher hin", zwinkerte er.

Meine Gefühle explodierten. Ich kreischte glücklich auf und fiel Jake in dem Arm. Mein Adrenalin traf ihn vollkommen unvorbereitet, dass er zurücktaumelte.

Ein winziges stolzes Lächeln zierte seine Lippen.

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