Forteen ~ escape
„Mist, sie kommen zu uns", fluchte Alex und sah alarmiert zu Jake. Dieser überlegte fieberhaft und ballte die Hände zu Fäusten.
Plötzlich trat ein entschlossener Ausdruck auf seinem Gesicht und mir wurde augenblicklich schlecht. Das konnte nichts Gutes heißen.
„Schnell, klettert durch den hinteren Balkon in mein Zimmer runter. Ihr werdet direkt am Hintereingang landen. Nimmt irgendein Auto und verschwindet aus der Stadt", erklärte er schnell und riss die Tür von seinem Zimmer auf.
„Bist du sicher, dass sie überhaupt hinter uns her sind? Vielleicht ist das nur ein dummer Zufall", sagte ich hoffnungsvoll und sah ihn verzweifelt an.
Jake schüttelte den Kopf. „Die haben uns längst unter Verdacht. Einmal wollten sie uns sogar festnehmen, aber wir sind durch falsche Alibis entkommen. Ich glaube, heute haben wir das Glück nicht. Sie scheinen es ernst zu meinen."
„Und du?", fragte ihn Alex und mir fiel auch auf, dass er in der ‚ihr' und nicht ‚wir'-Form sprach. „Ich komme später nach. Und jetzt schnell. Verschwindet", zischte Jake zu Alex, der ohne Zögern nickt. Anscheinend waren sie an sowas gewöhnt.
Schwere Schritte ertönten von der Treppe durch die offene Tür zu uns. Dylan und Alex hechteten zu Jakes Zimmer, doch ich konnte mich nicht bewegen. Die Polizei war hier. Ein Teil von mir wollte sofort zu ihnen rennen, doch ein anderer Teil befahl mir auf Jake zu hören.
Jake bemerkte, dass ich mich nicht bewegte, doch ehe er etwas sagen konnte, wurde die Wohnungstür lautstark aufgerissen und Polizisten in Uniformen stürmten rein.
„Hände hoch, alle beide und wagen Sie es ja nicht, sich zu bewegen! Sie sind wegen Verdacht auf acht Morde verhaftet!", bellte ein Polizist und richtete seine Pistole auf mich. Die Mündung der Waffe seines Kollegs zeigte auf Jake neben mir.
Meine Augen weiteten sich vor Schreck und ich tat wie geheißen. Jake tat es mir gleich, doch sein Gesichtsausdruck war beinah genervt. Bewaffnete Polizisten betraten die Wohnung und durchsuchten alles.
„Haben Sie überhaupt das Recht in die Wohnung reinzuplatzen? Ich meine, stellen Sie sich vor, wir hätten Sex gehabt und Sie platzen einfach so rein. Wäre das nicht Privatsphäre Verletzung?", fragte Jake stirnrunzelnd.
Mir fielen beinah die Augen vom Kopf. Hatte er das ernsthaft gesagt? So verlockend die Vorstellung mit ihm zu schlafen auch sein mag, er konnte doch unmöglich so locker bleiben!
Erst später realisierte ich, was ich da dachte und hätte mich am liebsten umgebracht, Shit, mein Gehirn war am Arsch, die Situation war mir wahrscheinlich eine Nummer zu groß.
Der Polizist errötete leicht und sah Jake etwas verwirrt an. „Ich sage ja nur. Hätte doch sein können und ich glaube echt, dass Sie auf den Anblick verzichten würden", zuckte dieser unschuldig mit den Schultern.
Entweder war er tatsächlich irre oder ihm macht es nichts aus, dass die Polizei ihn gerade festnehmen wollte. Ich musterte den Cop und mein Blick fiel auf seine Marke. Ein Hauptkommissar. Großartig.
Langsam fasste sich der Kommissar wieder. „Wo sind eure zwei Komplizen?", brüllte er, seine Waffe zeigte auf mich und sein Blick fixierte Jake. Zwei andere Cops kamen auf uns zu und holten Handschellen raus.
Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken runter und mein Blick huschte ängstlich zu Jake, der gelassen den Kommissar ansah. „Am Arsch der Welt und warten auf mich."
Der Hauptkommissar befeuchtete die Lippen und sah zu mir. „Jensen, sehen Sie mal nach, ob das Mädchen auch eine Schachfigur tätowiert hat. Bei Jake weiß ich es." Einer der Polizisten nickte und kam auf mich zu.
Reflexartig wich ich zurück. „Warten Sie mal, sie hat mit den Morden nichts zu tun", sagte Jake ruhig und sah dem Polizisten warnend an, der mich packen wollte. Unter Jakes Blick stoppte er mitten in der Bewegung.
Unsicher sah er zum Kommissar. Doch der Officer ließ sich nicht beirren, er nickte seinem Kollegen zu, der mich dann grob am Arm packte und ihn so umdrehte, dass mein Tattoo perfekt zur Schau gebracht wurde.
Wie durch einen Stromschlag fand ich meine Stimme wieder. „Fassen Sie mich nicht an!", fauchte ich und entriss ihm meinen Arm.
Doch der Kommissar hatte das Tattoo bereits gesehen. Plötzlich kam ein Cop aus dem Badezimmer und rief: „Sir, wir haben Mr. Jones Leiche blutertränkt im Bad gefunden. Kein Puls, aber sein Körper ist noch warm. Er muss vor Kurzem erst umgebracht worden sein."
Ein boshaftes Grinsen umspielte die Lippen des Kommissars. „Verhaften Sie den Jungen. Und das Mädchen auch wegen dem Tattoo", fügte er hinzu.
Fassungslos starrte ich ihn an. Das war nicht sein Ernst, oder? Jake wurde wegen einem oder mehrere Morde verhaftet, aber ich werde wegen einem Tattoo verhaftet? Soll das ein Witz sein? Wo bleibt die Gerechtigkeit?
Plötzlich spannte sich Jake an und seine Augen wurden zu Schlitzen. „Okay, Dumbo, das geht zu weit. Ich dachte, wir könnten es in Ruhe erklären, aber Sie scheinen es nicht anderes zu wollen."
Ehe ich mich versah, hatte er dem Polizisten, der ihn verhaften wollte, den Ellenbogen ins Gesicht gerammt. Ich hielt erschrocken den Atem an, als dieser ein Schmerzensschrei ausstieß und nach hinten taumelte.
Doch Jake war noch nicht fertig. Er kickte die Beine des Mannes weg und entnahm ihm schnell seine Pistole. Als ein anderer Cop auf ihm zusteuerte, landete Jakes Faust in seinem Magen, doch der Polizist zuckte nur kurz zusammen. Schneller, als ich seine Bewegungen mit den Augen folgen konnte, stand Jake hinter dem Cop und drückte dessen Arm nach hinten. Ein Knacken ertönte und ich hätte mir am besten die Ohren zugehalten.
Plötzlich wurde eine Zimmertür aufgerissen und Alex erschien kampfbereit am Türrahmen. Als sein Blick von den ausgeschalteten Polizisten zu Jake huschte, verzog er enttäuscht das Gesicht. „Ey, du hast ohne mich angefangen!"
„Alex, 4D Rückzug", erwiderte Jake, ohne auf seinen Kommentar einzugehen und stand augenblicklich vor mir mit der Pistole auf dem Hauptkommissar gerichtet. Eine Hand schlang sich um mein Handgelenk und zog mich nach hinten.
„Verschwindet! Nimmt irgendein Auto und haut ab!", zischte Jake, sodass nur Alex und ich ihn hören konnten. „Und du?", fragte ich zurück, doch er schüttelte den Kopf und warf Alex einen beinah flehenden Blick. Alex handelte schnell und zog mich am Handgelenk hinter sich.
„Keine Bewegung!", rief der Kommissar, doch Alex hatte mich bereits in Jakes Zimmer geschleift und die Tür hinter uns zugeschlossen. „Bist du bekloppt? Jake ist ganz allein da!", sagte ich fassungslos, doch Alex stürzte sich auf dem Balkon und machte eine ungeduldige Geste.
„Bella, komm schon, für Jake!", sagte er und Verzweiflung spiegelte sich in seinen eisblauen Augen. Es fiel ihm offensichtlich auch nicht leicht, Jake zurückzulassen, aber die Cops schienen es ernst zu meinen.
Er sah kurz um sich und sprang. Er sprang. Wortwörtlich. Sofort stürzte ich mich auf dem Geländer. „Willst du dich umbringen? Wir sind in der dritten Etage!", kreischte ich und schlug entsetzt die Hand vor dem Mund.
Doch glücklicherweise war unter der Wohnung ein Balkon. Alex sah nach oben und winkte mich ungeduldig zu sich. „Komm schnell!"
Erst, als mein Kleid beinah komplett durchnässt war, bemerkte ich, dass es immer noch in Strömen goss. Ich leckte mir kurz über die Lippen und sah nach oben. Der Mond schimmerte voll in der dunklen Nacht und beruhigte mich seltsamerweise.
Langsam glitt mein Blick nach unten und ich schluckte. Es waren kaum mehr als ein Meter bis zum nächsten Balkon, doch mich überkam ein Schwindelgefühl. Scheiß Höhenangst. „Schnell!", drängte Alex und ich rief mir in Erinnerung, dass wir gerade auf der Flucht waren. Wow, Sherlock, Bestleistung, auch schon begriffen.
Das Adrenalin rauschte durch mein Blut und betäubte all meine Gefühle. Schnell presste ich die Lippen zusammen und sprang über dem Geländer. Unsanft landete ich auf einem Betonboden und musste kurz mein Gleichgewicht finden. Alex beging nicht den gleichen Fehler wie vorhin und wartete darauf, dass ich sprang, ehe er es tat.
„Scheiße, ich kann nicht!", sagte ich leise und sah nach unten. Knappe zwei Meter trennten uns vom Boden. Die Polizeisirenen wurden lauter. Panisch sah ich zu Alex, der mich flehentlich ansah. „Bitte! Schließ die Augen, wenn das hilft. Und falls du doch stirbst, dann werden wir uns an dein heldenhaftes Verhalten und Mut stets erinnern. Aber SPRING MÄDEL!"
Ein Schuss ertönte von oben und wir zuckten zusammen. Meine Kehle schnürte sich, als ich daran dachte, dass Jake allein mit den Bullen war. Auch Alex wurde unruhig, als er das Geräusch hörte.
„Ich fange dich auch auf! Versprochen!", rief Dylans Stimme von unten leise. Ich wollte gar nicht erst wissen, woher er kam. Ohne lange zu überlegen – weil ich genau wusste, dass wenn ich länger drüber nachdachte, weiter zögern werde – presste ich die Augen zusammen und sprang. Sanft landete in schwere Arme. Respekt. Dylan hatte mich tatsächlich aufgefangen.
Er ließ mich vorsichtig auf dem Boden ab, als Alex auch runtersprang. „Wo finden wir ein Scheißauto? Jake hat sie doch nicht mehr alle! Auch wenn wir eins finden, haben wir keine Schlüssel! Wir sitzen sowas von in der Falle, verdammt", fluchte Alex leise und sah sich um.
Ein Hupen hinter uns in der Gasse ertönte und mein Herz setzte für einen kurzen Augenblick aus. Wir wirbelten herum und ich erwartete eine Menge von Waffen, die auf uns gerichtet waren, doch stattdessen entdeckten wir ein schwarzes kleines Auto.
Ein Kopf streckte sich aus dem Fahrerfenster und eine weibliche Stimme rief: „kommt schon! Wollt ihr euch den Arsch abfrieren und warten bis die euch finden, oder was?" Die Stimme kannte ich doch. Das war –
Ungläubig riss ich die Augen auf. Mira?! „Beeilt euch und hört auf, dumm zu glotzen!" Schnell eilten wir zu ihrem Auto und Alex riss die Tür der Hintersitze auf. Er setzte sich neben dem Fenster, ich kletterte auf dem Sitz in der Mitte und Dylan quetschte sich auf meiner anderen Seite.
Kaum hatte er die Tür hinter uns zugeschlossen, als Mira voll Gas gab und wir in hohe Geschwindigkeit davonrasten. „Nonna? Was machst du hier?", fragte Alex neben mir ungläubig und zugleich verwirrt. Moment – Nonna? „Sie ist deine Oma?", fragte ich verwirrt und sah von Mira zu Alex und zurück. „Hast du es ihr noch nicht erzählt?", fragte Mira und hob eine Augenbraue.
„Lenk nicht vom Thema ab, was machst du hier?", fragte Alex barsch. Kurz darauf huschte ein reuevoller Ausdruck über sein Gesicht. „Tut mir leid, Nonna, aber du weißt echt nicht in was für scheiße wir stecken und ich will dich da nicht mit reinziehen", seufzte er, doch Mira verdrehte nur die Augen.
„Alex, ich weiß viel mehr, als du denkst. Dein Großvater hat mir von der Gang erzählt. Ich war ihm so dicht auf die Pelle gerückt, bis er mir verriet, was er immer tat. Ich war nicht blöd und habe ihm abgekauft, dass er in einer Computerfirma arbeitete. Er konnte die Dinger nicht mal anmachen."
Alex, Dylan und ich wechselten einen leicht amüsierten Blick. „Du weißt ja nicht, wie viel ich von euren Abenteuern mitbekomme. Und auch wenn ich es für nicht richtig halte, was ihr tut, habe ich euch keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn ihr wisst, was ihr tut", sagte sie, den Blick auf die Straße gerichtet.
Verwirrt sah ich Dylan und Alex an. „Aber die Bande existiert seit acht Jahren nicht mehr. Wovon redet sie?" Die beiden seufzten und sahen sich an. „Das erklären wir dir, wenn Jake da ist", meinte Alex abwesend.
Jakes Name traf mich wie ein Schlag. Beinah hatte ich ihn komplett vergessen. „Wo ist er überhaupt?", fragte Mira stirnrunzelnd. „Er hat die Polizei abgelenkt, damit wir fliehen konnten", antwortete Dylan leise.
Draußen nieselte es unaufhörlich weiter. „Wo ist er jetzt? Wie weiß er, wo wir sind? Er könnte sich verirren! Oder er wurde schon von der Polizei geschnappt!", sagte ich panisch.
„Keine Sorge, Jake ist der cleverste von uns. So leicht lässt er sich nicht festnehmen. Man bräuchte mehr als nur ein paar Polizisten, um ihn in eine Gefängniszelle zu sperren", konterte Alex.
„Trotzdem! Woher willst du wissen, dass ihm nichts passiert ist?" Ein Kloß bildete sich in meinem Hals bei dem Gedanken, Jake könnte etwas passiert sein. Ich kannte ihn – sowie Alex, Mira und Dylan – kaum, doch alle waren mir ins Herz gewachsen und ich konnte mir nicht vorstellen, wie es mir gehen würde, wenn einer von ihnen verletzt wird. Auch wenn sie anscheinend doch nicht so normal waren, wie sie sich vorgaben.
„Keine Sorge, Bella, er wird zu uns finden. Ruht euch kurz aus, ihr seht fertig aus", sagte Mira sanft und ich merkte erst, wie mühsam meine Bewegungen waren.
Alex rechts neben mir lehnte die Stirn gegen die Fensterscheibe und schloss kurz die Augen. Seine Kleidung waren verdreckt und durchnässt, ebenso wie sein Haar. Auch Dylan wirkte nicht mehr so frisch wie vorhin. Seine Krawatte hatte sich gelöst und sein Gesicht war leichenblass.
Ich wollte erst gar nicht wissen, wie ich mit meinem verschmierten Make-up und nassen Kleid aussah. Müde sah lehnte ich mich nach hinten und schloss die Augen.
Es tat ein bissle weh, Jake zurückzulassen *seufz
Denkt ihr, es ist richtig der Band noch zu vertrauen?
Und noch die Frage, die meine Schwester mir gestellt hat: wieso sind die Polizisten ausgerechnet da gekommen? Wieso nicht früher oder später?
Tja, liebe Sis, DAS ist eine gute Frage ...
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