Kapitel 19: Anhänglichkeit (2.407)
Jeongin:
Als ich nun auf seinem Schoß sitze und wir unseren durchaus gefühlvollen Kuss lösen, vergräbt Hyunjin sein Gesicht augenblicklich wieder in meinem Oberteil und scheint, ebenso wie ich zuvor, meinen Duft tief einzuatmen und schließt dabei seine Augen. Ich lehne meinen Kopf wieder leicht an den Seinen, so fern unsere Sitzposition dies ermöglicht.
Mit der Zeit spüre ich, wie Hyunjin sich tatsächlich wieder beruhigt und entspannt, was mich mehr als nur glücklich macht.
„Ich will sie nicht verlieren." murmelt er plötzlich in die Stille, weshalb ich einen Blick in sein Gesicht werfe und dabei feststellen kann, dass er seine Augen mittlerweile wieder geöffnet und seinen Blick zu seinen im Koma liegenden Eltern gerichtet hat.
Ich verstehe ihn. Es sind schließlich seine Eltern, die gerade dort unbeweglich liegen und fast schon tot wirken, auch wenn sie eigentlich nur schlafen, aber dennoch muss er doch bitte auch an sich denken.
„Deine Eltern sind stark, Hyunjin. Du musst nur mit ihnen reden, damit sie deine Stimme hören. Du bist ihr Grund zu kämpfen. So einfach und früh werden sie dich nicht alleine lassen. Sie werden das überstehen und du wirst sie bald wieder in deine Arme schließen können. Dann ist das Einzige, das ihnen wirklich gefährlich werden kann, der Druck deiner Umarmung." versuche ich ihn zu beruhigen, während ich durch seine Haare streiche und noch immer etwas nach unten in sein Gesicht schaue.
Ein kurzes Lachen meine ich vom Älteren zu hören, woraufhin er seinen Kopf nun leicht in seinen Nacken legt, um auch mir in mein Gesicht sehen zu können. Ein leichtes Lächeln hat sich auf seine Lippen geschlichen, welches ich augenblicklich erwidere.
„Womöglich hast du Recht." stimmt er mir dann leise zu, was ich nur abnicke. „Und nun musst du dich bitte auch um dich kümmern." bitte ich ihn dann, woraufhin er seinen Kopf jedoch einfach wieder zu seinen Eltern dreht. „Ich kann sie nicht alleine lassen, Jeongin." „Doch, das kannst du. Und das musst du auch, Hyunjin. Deinen Eltern würde es nicht gefallen, wenn sie wieder aufwachen und dann erfahren müssen, dass du dich total hast gehen lassen. Sie würden sich selbst die Schuld geben. Bitte tu dir, mir und vor allem ihnen den Gefallen und ruh dich etwas aus." bitte ich ihn, als ich meinen Kopf wieder seufzend an seinen lehne und dabei nun ich es bin, der seine Augen schließt, fest in dem Versuch, nicht schon wieder los zu weinen.
Nach einer Weile spüre ich dann, wie der Ältere langsam nickt, weshalb ich meinen Kopf wieder von dem seinen entferne und ihn ansehe. „Aber bitte bleib bei mir. Auch wenn ich vorhin noch was anderes gesagt habe, so will ich nicht alleine sein." nuschelt er dann leise. Seine Worte zaubern mir ein schmales Lächeln auf die Lippen, ehe ich auf seine Bitte antworte: „Ich weiß, dass du das vorhin nicht so gemeint hast. Und selbstverständlich bleibe ich bei dir. Ich sagte dir doch bereits, dass ich dich in dieser Situation ganz bestimmt nicht alleine lassen werde."
Auch Hyunjin sieht mir nun wieder in mein Gesicht, worauf sich ebenso ein leichtes Lächeln geschlichen hat.
So gehe ich dann von seinem Schoß runter und reiche ihm mit einem „Komm." meine Hand, welche er auch kurz darauf ergreift und sich von mir auf seine Beine ziehen lässt. Als der Größere dann steht, verschränke ich seine Hand mit meiner und ziehe ihn langsam mit mir zur Tür des Krankenzimmers.
„Warte." bittet er mich dann jedoch, weshalb ich fragend in sein Gesicht sehe. Augenblicklich sehe ich dann seine Unsicherheit in diesem. Er weiß noch immer nicht, ob er sie wirklich alleine lassen sollte. „Hyunjin, bitte. Wir kommen wieder hierher, sobald du dich ein bisschen ausgeruht hast. Ich flehe dich an." versuche ich es erneut, wobei ich nichts dagegen tun kann, dass sich wiederholt Tränen in meinen Augen sammeln.
Er soll sich bitte endlich um sich kümmern.
Nach meiner Bitte, sieht er mir in mein Gesicht und kurzzeitig glaube ich Sorge in seinem Blick gesehen zu haben. Sorge um mich, weil ich mal wieder kurz davor bin, zu weinen. „Bitte." flehe ich ein weiteres Mal, wobei ich nun nichts dagegen tun kann, dass eine kleine Träne aus meinem Auge kommt. Augenblicklich legt Hyunjin seine Hand an meine Wange, wischt die Träne mit seinem Daumen weg und nickt, als er seine Stirn an meine lehnt. Ich habe meine Augen dabei geschlossen und spüre nur kurz darauf, wie Hyunjin mir einen weiteren kurzen Kuss gibt, welchen ich auch wieder ohne zu zögern erwidere.
Als wir diesen dann lösen, geht Hyunjin endlich kampflos mit mir vor die Tür, wo Minho und Seungmin sich auf Stühle gesetzt und scheinbar auf uns gewartet haben. Als sie uns sehen stehen sie auf und umarmen Hyunjin einzeln. Zuerst Minho, wessen Umarmung Hyunjin genau so schnell erwidert, wie die von Seungmin danach.
„Jeongin." spricht Minho zu mir, während sich Seungmin und Hyunjin noch immer in den Armen liegen. „Versuch Hyunjin klar zu machen, dass es gar nicht schlecht um seine Eltern steht. Doktor Kim hat gemeint, dass Hyunjin scheinbar nur gehört hat, dass sie im Koma liegen. Wenn es heute und in der folgenden Nacht keine Komplikationen gibt, sind sie über den Berg. Er meinte, dass sie heute vielleicht sogar aufwachen könnten." „Das sind gute Nachrichten. Danke, Hyung. Bleiben du und Seungmin bei Hyunjin's Eltern?" frage ich den Ältesten, welcher nur nickt und dann noch sagt: „Wir werden auch Jisung, Chan, Felix und Changbin darüber informieren, dass es Hyunjin gut geht." Das nicke nun ich ab, woraufhin Hyunjin und Seungmin ihre Umarmung lösen und ich mit meinem Freund nun endlich dieses Krankenhaus verlassen kann.
Ich führe ihn an meiner Hand durch die Gänge des Krankenhauses und zur nächstgelegenen Straßenbahn-Haltestelle, mit welcher wir dann auf schnellstem Wege zu Hyunjin nachhause können.
Die ganze Fahrt über ist der Schwarzhaarige in sich gekehrt, was so gar nicht normal für ihn, aber dennoch sehr verständlich ist.
Bei seiner Wohnung angekommen, bitte ich ihn darum, mir seine Schlüssel zu geben, was er auch tatsächlich macht. So schließe ich die Wohnung auf und ziehe den Älteren direkt in sein Zimmer. Dort lasse ich erstmals seine Hand los, um in seinem Kleiderschrank nach Sachen zu kramen, die ich ihm dann reiche und dabei sage: „Hier. Du solltest dich zuerst einmal duschen, Jinnie. Ich mache dir so lange etwas zu Essen. Okay?" Langsam nickt der Ältere, ehe er langsam die Badtür ansteuert und hinter dieser verschwindet. Doch zu meiner Überraschung schließt er die Tür nicht, sondern lässt sie sogar eher sperrangelweit auf.
„Was wird das, Jinnie?" frage ich deshalb verwirrt, da ich von meinem Standpunkt aus nun genau in den Raum schauen kann. „Ich will sicher sein, dass du nicht auch plötzlich verschwindest." murmelt er leise, womit er dafür sorgt, dass ich kurzzeitig irritiert bin, es dann jedoch klick macht und ich deshalb einfach nur nicke, ehe ich dann in die Küche gehe und nach etwas essbarem schauen will.
Seine Eltern lagen plötzlich im Koma. Sie sind für ihn quasi von einem Tag auf den nächsten verschwunden und jetzt hat mein Freund Angst, dass auch ich plötzlich verschwinde, während er duscht. Deshalb will er die Tür offen lassen, damit er jedes noch so kleine Geräusch, das ich bei der Vorbereitung des Essens mache, auch hören kann und somit die Bestätigung hat, dass ich noch immer da bin.
Und das macht mir echt Sorgen.
Vermutlich wird der Größere, sobald er mit dem Duschen fertig ist, sehr anhänglich sein. Zwar freue ich mich immer, die Nähe des Älteren zu genießen, aber es wäre mir definitiv lieber, wenn es aus seinem eigenen Antrieb wäre und nicht weil diese Umstände es ihm nicht anders ermöglichten.
Ich seufze kurz, ehe ich nun anfange, etwas recht simples zu kochen, da ich echt nicht gut in sowas bin. Aber Hyunjin muss wirklich was essen und ich habe gerade einfach kein Geld, um irgendwas bestellen zu können. Und meinen Freund möchte ich jetzt nun auch nicht um jenes bitten.
Aber Ramen bekommt ja wohl jeder hin und diesen hat auch so gut wie jeder südkoreanische Bürger im Schrank stehen. Also wird das für mich hoffentlich genau so wenig ein Problem sein.
Als das Wasser dann endlich kocht und ich die Nudeln sowie das Geschmackspulver hinein gemacht habe und jetzt nur noch umrühren muss, spüre ich plötzlich, wie sich zwei Arme von hinten um mich schlingen und ich deshalb kurz zusammen zucke, da ich echt nicht damit gerechnet hätte, dass Hyunjin so schnell mit Duschen fertig ist.
Doch schnell entspanne ich mich wieder und lasse ihn einfach machen, wobei ich nicht verhindern kann, dass sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen schleicht.
Der Ältere drückt sich von hinten fest an mich, vergräbt seine Nase leicht in meiner Halsbeuge und verteilt federleichte Küsse in diese. Augenblicklich bildet sich eine Gänsehaut auf meinem Körper, weshalb ich erst den Herd aus mache, den Topf von diesem schiebe und mich rasch in seiner Umarmung umdrehe, bevor ich hier noch Probleme bekomme.
So blicke ich dem Größeren also wieder in seine Augen und schlinge meine Arme um seinen Nacken. Kaum habe ich mich umgedreht, drückt der Ältere auch schon seine Lippen auf meine, was ich sofort erwidere.
Zwar bin ich noch immer etwas verwundert über Hyunjin's schnellen Stimmungswandel — schließlich war er bis vorhin noch so unglaublich abweisend — aber dennoch bin ich auch froh darüber, dass ihn allein meine Anwesenheit scheinbar auf andere Gedanken bringt.
„Hyunjin." versuche ich in dem kurzen Moment, den ich zwischen den beiden Küssen, die Hyunjin mit mir teilte, hatte, meine Stimme zu erheben, doch komme nicht weiter, da mir mein Freund direkt den nächsten Kuss aufgedrückt hat. „Hyunjin." versuche ich es erneut und lege meine Hände dabei nun an seine Wangen, um ihn von einer weiteren Stimulation meiner Lippen abzuhalten.
„Lass uns was essen, ja?" bitte ich also, was mein Freund abnickt, nicht aber ohne mir noch einen weiteren, kurzen Kuss aufzudrücken. So will ich nun also den Tisch decken, damit der Ältere endlich mal wieder etwas Nahrung zu sich nimmt, als dieser mich jedoch an meiner Hand daran hindert und sie mit der Seinen verschränkt.
Fragend sehe ich ihn an, doch hat er seinen Blick einfach auf unsere Hände gerichtet und übt noch etwas Druck auf diese aus, so als würde er nochmal sicher gehen wollen, dass ich wirklich bei ihm bin. Ich quittiere das einfach mit einem besorgten Blick, doch sage nichts dazu, sondern hole stattdessen mit dem Größeren an meiner Hand die benötigten Utensilien, wobei ich ihn mit mir ziehe, wenn ich von dem einen zum anderen Schrank gehen will.
Als ich letztendlich alles zusammen habe, drücke ich den Älteren auf einen der Stühle und ziehe mir mit meiner freien Hand einen anderen etwas näher zu Hyunjin, da dieser noch immer nicht meine Hand los gelassen hat.
„Iss was, Hyunjin, ja? Ich werde die ganze Zeit bei dir bleiben. Versprochen." bitte ich ihn, woraufhin er mir nochmal einen kurzen, unsicheren Blick zu wirft, welchem ich mit einem zuversichtlichen Lächeln begegne. Daraufhin beginnt er nun zögerlich die Stäbchen in seine freie Hand zu nehmen und zu essen, wobei er jedoch meine Hand nochmal eine Spur fester drückt, sodass sie auch schon leicht zu schmerzen beginnt. Ich versuche diesen Schmerz einfach zu ignorieren, da ich weiß, wie sehr Hyunjin diese Nähe jetzt braucht. Und würde ich ihm meine Hand jetzt einfach entreißen, so würde er sich bestimmt einsam und verlassen fühlen, obwohl ich noch immer direkt neben ihm sitzen würde.
Naja, so ist das halt. Jeder Mensch bewältigt solche Schicksalsschläge eben auf unterschiedlichen Wegen.
Während andere sowas besser alleine und für sich verarbeiten können, brauchen Menschen wie Hyunjin eben die Nähe zu Leuten, denen sie vertrauen können.
„Hyunjin." beginne ich leise, woraufhin er mich ansieht, wodurch mir jetzt erst die Träne auffällt, die über seine Wange kullert. Schnell wische ich sie mithilfe meines Daumens weg, lächle ihn etwas unsicher an und sage dann: „Deine Eltern haben Glück gehabt. Ihre Verletzungen sind nicht so schlimm. Doktor Kim hat Minho erzählt, dass sie heute vielleicht wieder aufwachen, also mach dir nicht so viele Sorgen, sondern denke lieber positiv, okay?"
Langsam nickt der Ältere, ehe er die Stäbchen beiseite legt und dann seinen Kopf an meine Schulter lehnt und seine Augen schließt. Etwas unschlüssig, was ich jetzt am besten tun soll, beginne ich einfach zögerlich durch seine Haare zu streichen, wobei er sein Gesicht etwas mehr in meinem Oberteil vergräbt.
„Ich möchte mich hinlegen, Innie." nuschelt er in dieses, was ich nur abnicke und dann sage: „Das ist eine gute Idee. Komm. Lass mich dich in dein Zimmer bringen." So steht der Ältere also — noch immer an meiner Hand — auf, sodass ich mit ihm zusammen in sein Zimmer gehen kann. Dort lässt er erstmals meine Hand los und schlüpft bereits unter seine Decke. Ich decke ihn ordentlich zu, ehe ich mir noch schnell ältere Sachen von Hyunjin klaue, die ich anziehen und mich, als dies erledigt ist, zu ihm kuscheln kann.
Gerade als ich dachte, er würde sich an mich kuscheln wollen, zieht er jedoch mich plötzlich halb auf seine Brust, sodass ich etwas erschrocken meinen einen Arm um seine Taille lege und sein schnell schlagendes Herz genau hören kann.
„Ich fühl mich immer so, als würde mir nichts und niemand etwas anhaben können, so lange ich meinen größten Schatz nur in meinen Armen halten kann." murmelt er leise in die entstanden Stille und ich meine ein kleines Lächeln aus seiner Stimme herausgehört zu haben, weshalb auch ich nicht anders kann, als kurz zu lächeln, ehe dieses jedoch auch schon wieder verblasst.
„Warum hast du dann nicht reagiert, als wir dich angerufen und angeschrieben haben? Weißt du eigentlich, wie viele Sorgen ich und die anderen uns um dich gemacht haben? Ich dachte, dir wäre irgendwas passiert. Und als Minho mir dann heute früh noch gesagt hat, du würdest im Krankenhaus sein, hatte ich das Gefühl meine Welt würde zusammen brechen. Ich habe mir die schlimmsten Situationen ausgemalt. Tu mir das bitte nie wieder an." entgegne ich, während ich mich kurzzeitig etwas fester in sein Oberteil kralle, meinen Kopf tiefer in seiner Brust vergrabe und die ersten Tränen nun auch aus meinen Augen kommen.
„Es tut mir leid, Innie." entschuldigt sich Hyunjin ein weiteres Mal und haucht einen kleinen Kuss auf meinen Haarschopf, ehe er mir über meinen Rücken streichelt und wiederholt Stille zwischen uns eingekehrt ist und ich tatsächlich langsam in einen Schlaf drifte.
Wissend, dass es meiner Liebe gut geht und sie wohlbehalten neben mir liegt.
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01.04.2023
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