Chapter 60

Ho Ho Ho ihr Lieben, ich wünsche euch frohe Weihnachten mit diesem extra langen Kapitel. Ich hoffe sehr, dass es euch gefällt und das ihr ein wundervolles Weihnachtsfest habt. Ich bin jetzt erstmal wieder als Skilehrerin in Österreich, daher muss ich mal schauen ob ich die Zeit zum weiterschreiben finde, aber ich werde mich bemühen ^^

LG, Sarazena <33 

„Hab einen schönen Tag.", ich lächelte Maria an, mit der ich gerade im Foyer des Stark Towers angekommen war. Heute hatte sie hier einiges zu erledigen, weshalb sie in einem dieser schwarzen Business Kleidern vor mir stand. „Du auch.", erwiderte ich das ganze und lehnte mich vor um noch einen Abschiedskuss zu bekommen. Kurz darauf spürte ich schon Marias sanfte Lippen auf meinen. „Okay. Wir sehen uns dann morgen Abend, oder?", wollte sie noch wissen bevor sie sich auf den Weg machte. „Du hast gesagt, dass du heute Abend keine Zeit hast, also morgen.", bestätige ich ihre Frage mit einem Nicken. „Stimmt... Sind James und Shane da?" „Ich glaube nicht... Shane wollte mit ein paar Kommilitonen in einen Club gehen und James begleitet sie. Ich schätze sie verbringen die Nacht heute ausnahmsweise im Wohnheim.", Maria schenkte mir ein knappes nicken. „Gut... Also wenn etwas ist kannst du mich anrufen." „Aber du bist doch bei SHIELD?" „Trotzdem darfst du mich immer anrufen wenn etwas sein sollte.", sie gab mir noch einen letzten Kuss, ehe sie sich endgültig von mir entfernte. „Also bis morgen." „Bis morgen, Scarlett.", sie schenket mir noch ein umwerfendes Lächeln bevor sie in den hinteren Gebäudeteil lief.

„Guten Morgen Scarlett." „Hey Happy.", begrüßte ich den Sicherheitschef, der wirkte als hätte er nur auf seinen Auftritt gewartet. „Hast du Tony heute schon gesehen?", wollte ich direkt von ihm wissen. Ich hatte ein Treffen mit Tony geplant. Durch das Sokovia Abkommen überschlugen sich auch die Termine in seinem Kalender und wir hatten geplant ein bisschen Ordnung da rein zu bringen, damit sein Tagesablauf etwas entspannter wurde, doch Happy schüttelte nur den Kopf. „Ich bin gerade erst gekommen.", erklärte er und deutete kurz auf den Ausgang. Mit ihm an meiner Seite lief ich zu den Aufzügen hinüber. „Du bist heute mit Maria gekommen?", wollte er nun wissen. „Genau. Sie hat heute bei mir übernachtet, wir haben uns die letzten zwei Tage nicht gesehen.", informierte ich ihn. Seit dem Anschlag auf die UN waren ein paar Tage ins Land gegangen, doch anstatt das Gras über die Sache wuchs, schien es nur noch mehr zu eskalieren. Die Nachrichten brachten fast alle dreißig Minuten irgendetwas neues über diverse Zwischenfälle der Avengers und schienen sich regelrecht über die herzumachen, die sich weigerten das Abkommen zu unterzeichnen. Es war grauenvoll. Vor dem Tower standen regelmäßig Unmengen an Paparazzi, die Happy mit seinem Team verscheuchen musste, nur weil sie hofften Tony über den Weg zu laufen und ihn über Steve Rogers auszuquetschen.

Mit dem Sicherheitschef war ich endlich in der richtigen Etage angekommen. Zusammen liefen wir den Gang zu meinem Büro entlang. „Ich werde kurz nachsehen, ob Tony schon auf mich wartet, ich komme gleich zu Pepper rüber.", versprach ich, ehe ich in mein Büro trat. Es war immer noch merkwürdig, dass es mittlerweile ganz allein mir gehörte. Natürlich war ich relativ selten alleine dort. Manchmal saß Tony bei mir, hin und wieder leisteten auch Pepper, Rhodey oder Happy mir Gesellschaft, doch die Tatsache, dass es früher das Büro von Natasha und mir war schmerzte immer noch... Was wäre nur passiert, wenn sie nicht gekündigt hätte? Wären wir zusammengekommen? Wären wir glücklich miteinander? Wär sie weiterhin bei Stark Industries geblieben anstatt zurück zu SHIELD zu gehen? So viel hätte geschehen können... Gedankenverloren hängte ich meinen Mantel weg und stellte meine Tasche an ihren üblichen Platz. Tony war offensichtlich nicht anwesend. Kurz seufzte ich, ehe ich wieder umdrehte um zu Pepper rüber zu gehen. Vielleicht war er ja bei ihr. Nachdem ich herein gebeten wurde trat ich auch schon ein.

„Hey Pepper. Hast du Tony gesehen?", wollte ich nun von meiner Chefin wissen. Die Stirn zog sie in Falten und schüttelte den Kopf. „Seit gestern Abend nicht mehr.", erklärte sie und seufzte. „Ich glaube die Sache mit dem Abkommen und mit Steve macht ihm ziemlich zu schaffen.", versuchte sie ihn zu erklären. „Ich weiß... Ich wollte mit ihm seinen Terminplan etwas entzerren, damit es ihm nicht so an die Nieren geht. Wir waren eigentlich verabredet.", Pepper nickte und ließ ihren Blick kurz über die verschiedenen Papierstapel auf ihrem Schreibtisch wandern. „Vielleicht meldet er sich ja noch...", murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Soll ich uns was zu trinken holen? Kaffee? Kakao?", wollte Happy nun wissen und sprang aus dem Sessel auf. „Gerne, Happy.", dankend lächelte Pepper ihn an. Ich nickte zustimmend und schon war er verschwunden. „Gut... Wenn Tony noch nicht da ist... Lass uns mal deine Zettel hier durchgehen.", schlug ich vor und deutete auf die Papierberge vor meiner Chefin. „Das ist eine ausgezeichnete Idee, Scarlett.", sie lächelte breit und sofort machten wir uns an die Arbeit.

Wir kamen gut voran, schnell hatten wir die Zettel kategorisiert und begannen sie abzuheften. Erst das Klingeln von Peppers Handy riss uns aus der gemütlichen Arbeitsatmosphäre. Entschuldigend sah sie mich an, ehe sie den Anruf entgegen nahm. „Tony?", kam es überrascht von ihr, als sie die Stimme am anderen Ende erkannte. Fragend blickte ich nun auf. „Ja... Ja sie ist hier... Warte ich stell dich auf laut.", schon lag das Telefon in der Mitte des Tisches und gemeinsam beugten wir uns darüber. „Hi Scarlett, tut mir leid, dass ich heute morgen nicht da war... Ich musste Amerikas Captain in den Arsch treten..." „Schon okay... Wir können das ganze auch gerne Morgen erledigen?", schlage ich vor. „Ich glaub das wird nichts.", Tonys Stimme klang angestrengt. „Es gibt einige Probleme..." „Tony wo bist du gerade?", wollte Pepper nun wissen. „Wir sitzen gerade im Jet... Auf dem Rückweg aus Leipzig." „Leipzig?" „Ja... Lange Geschichte... Rhodey... Er...", Tony wurde kurz stumm, man konnte einige Stimmen im Hintergrund raushören. „Was ist mit ihm?", wollte ich nun wissen und sah Pepper an, die ebenso besorgt schien wie ich. „Ach wir haben mit Cap gekämpft und Vision hat dabei die Energiequelle von Rhodeys Anzug zerstört... Er befindet sich noch in Behandlung aber... Es sieht nicht gut aus.", erklärte Tony bedrückt. „Wird er es schaffen?", wollte ich nervös wissen. „Ja... Das schon, aber er wird bleibende Schäden davon tragen... Mehr kann man gerade noch nicht sagen." „Wie konnte das passieren?", Pepper warf die Arme in die Luft und schüttelte mit den Kopf.

Ich war zugegeben nicht so besorgt um Rhodey wie ich es vermutlich sein sollte, doch ich glaubte Tonys Worten. Auch dafür würden wir eine Lösung finden, so viel war klar. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass wir noch nicht die ganze Geschichte gehört hatten. „Naja es gibt da noch was.", kurz seufzte Tony angestrengt. Ich konnte vor meinem inneren Auge fast schon sehen wie er sich über das Gesicht fuhr und nach Worten suchte. „Natasha... Sie wollte das Abkommen unterzeichnen, doch sie hat sich gegen uns gestellt und Cap zur Flucht verholfen... Wir konnten sie durch den Unfall mit Rhodey nicht mehr erwischen, doch ich schätze Ross wird sie zur Staatsfeindin erklären.", es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Natasha Romanoff als Staatsfeindin?! „Aber sie hat dieses Land tausendmal gerettet! Das ist doch Schwachsinn!", protestiere ich. „Sehe ich genauso, allerdings stellt sie sich gegen das Abkommen und somit gegen unsere Regierung. Sie beschützt die Abtrünnigen. Es ist eine ungünstige Situation und da die anderen sich gestellt haben wird nun nach ihr gesucht... Sie kommt da auf keinen Fall so schnell wieder raus.", prophezeite Tony uns nun. Kurz warf ich einen Blick zu Pepper. Sie nickte Konzentriert. „Wann bist du wieder hier?", wollte sie nun wissen. „Weiß ich noch nicht... Ich muss ein paar Leute treffen... Anrufe machen... Diskutieren... Und versuchen Natasha in ein besseres Licht zu rücken.", er seufzte. „Danke Tony...", murmelte ich leise. „Ach keine Ursache... Aber wenn du sie siehst, sag ihr, dass sie sich bei mir zu bedanken hat.", brummte er nun. „Mach ich...", so wie seine Erzählung klang würde allerdings vermutlich niemand so schnell Natasha wieder zu Gesicht bekommen.

Tony musste allerdings schon wieder auflegen, weil er noch eine Videokonferenz mit Ross hatte in der er die Situation in Leipzig erklären sollte. Der Arme musste gerade ziemlich den Kopf hinhalten. Mit Pepper versuchte ich weiterhin Ordnung in das kleine Chaos zu bringen, dass sich in den letzten Tagen auch bei uns im Büro angestaut hatte, allerdings glitten meine Gedanken immer wieder zu Natasha. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Staatsfeindin... Dabei hatte ich mich noch so gefreut, dass sie sich wegen des Abkommens einsichtig zeigte und unterschreiben wollte... Was ging ihr nur wieder durch den Kopf? Es war wirklich anstrengend seine Exfreundin zu vergessen, wenn sie immer wieder in den Nachrichten auftauchte und dabei teilweise kritische Schlagzeilen schrieb. Hoffentlich würde ich die ganze Sache bald klären.

Die Sonne ging bereits unter als ich auf dem Heimweg war. Es tat gut endlich wieder mehr Sonnenstunden am Tag zu haben, das Aufstehen fiel mir viel leichter als noch in dem dunklen Winter. Zuhause angekommen zog ich mir zuerst ein paar kuschelige Sachen an, ehe ich mich in die Küche stellte, um mir einen leckeren Salat zu machen. Zufrieden summte ich leise zur Musik mit, mein Teewasser köchelte vor sich hin und ich mischte ein leckeres Joghurtdressing, als es plötzlich an der Tür klingelte. Verwirrt blickte ich auf die Uhr. Shane und James waren sicherlich noch nicht zurück von der Party, dafür war es noch viel zu früh, zudem hatte Shane einen eigenen Schlüssel bekommen, wodurch beide jederzeit von selbst reinkommen konnten. Schnell trocknete ich meine Hände an einem Geschirrtuch ab und rannte zur Wohnungstür hinüber. Ich drückte den Knopf für die Sprechanlage, doch ich hörte niemanden. Irritiert blickte ich die Anlage an. Funktionierte das wirklich?

Da klopfte es aufeinmal rhythmisch gegen die Tür. Überrascht stellte ich mich auf die Zehenspitzen. Durch den Spion konnte ich nichts erkennen, jemand hielt seine Hand davor! Mir wurde übel. Wer war das? Wie hatte die Person es in das Gebäude geschafft? Warum hielt sie den Spion zu? Nervös blickte ich mich um. Sollte ich Maria anrufen? Vielleicht war es meine Nachbarin gegenüber! Oder Shane und James erlaubten sich einen schlechten Scherz. Woher kam diese Unsicherheit in mir. Es war noch nie etwas dramatisches passiert, wenn ich eine Wohnungstür geöffnet hatte.

Mit neuem Mut griff ich nach der Türklinke und zog sie einen Spalt auf. Sofort klappte meine Kinnlade runter. „Natasha?!", rief ich überrascht. „Sag meinen Namen bitte noch lauter.", sie rollte mit den Augen und hob einen Karton vom Boden an, ehe sie sich an mir vorbei in die Wohnung drängte. „Bist du allein?", wollte sie wissen und sah sich kurz um. „Ich denke schon?", stirnrunzelnd beobachtete ich sie, wie sie einen Blick in das Zimmer von James und mir warf. „Natasha was machst du hier? Du wirst gesucht!", versuche ich sie daran zu erinnern. „Tut mir leid, Scarlett.", sie schüttelt kurz den Kopf, ehe sie mit dem Karton in mein Zimmer läuft. Verwirrt folge ich ihr. „Lass das Licht aus.", weist sie mich an. Zögerlich nicke ich und schließe die Tür, während ich mich an diese lehne. Ich beobachte wie Natasha einen Stuhl vor meinen geöffneten Kleiderschrank schiebt und dann versucht den Karton auf der hintersten und höchsten Ebene zu verstecken. „Natasha was tust du da? Was tust du hier? Bei mir?", möchte ich nun von ihr wissen. Sie schiebt einen Stapel Handtücher vor den Karton und hebt kurz ihre beiden Brauen, als sie den Karton entdeckt in dem praktisch unsere gesamte Beziehung verstaut ist. Mit gerümpfter Nase schiebt sie diesen nochmal etwas weiter nach hinten in den Schrank. Ich rolle die Augen. „Natasha rede mit mir!", fordere ich sie nun auf.

Die Russin seufzt und Klettert von dem Stuhl, während sie meinen Schrank wieder zuzieht. Ich verschränke unsicher die Arme vor der Brust. Diese ganze Situation gefällt mir absolut nicht. Was machte sie hier? Was wollte sie von mir? Es missfiel mir definitiv Natasha wieder in mein Leben zu lassen, zum einen hüpfte mein Herz vor Freude sie zu sehen, zum anderen wurde mir unwohl. Die letzten Male wenn sie in mein Leben getreten war waren nie gut ausgegangen und auch unsere neuste Begegnung am ersten Januar steckte mir noch immer in den Knochen. Sie sah besser aus als damals... Gesünder. Nicht mehr so mager. Nun setzte sie sich auf meine Bettkante und blickte mich angestrengt an, bevor sie die Augen senkte. „Ich nehme an du weißt schon von Stark, dass ich gesucht werde, oder?", wollte sie nun wissen. Ich nicke langsam und ziehe mir den Stuhl heran um mich ihr gegenüber zu setzen. „Ich muss untertauchen... Das Land verlassen. Weg aus Amerika. Weg von SHIELD und weg von den Avengers.", erklärt sie nun und fährt sich durch die offenen Haare. Sie trägt einen Pullover und darüber eine schwarze Lederjacke, dazu eine dunkelgraue Jeans und hohe Lederstiefel. Vermutlich hatte sie versucht sich unauffällig zu kleiden, damit man sie auf der Straße nicht erkannte, doch ich erkannte alle Veränderungen ihrer Gesichtszüge sogar in meinem halb dunklen Zimmer das nur von den Lichtern New Yorks erhellt wurde.

„Und was soll die Kiste?", wollte ich nun wissen und nicke zu dem Schrank. Natasha sah mir endlich wieder in die Augen. „Darin sind ein paar Sachen von mir bei denen ich nicht möchte, dass Ross darin herum schnüffelt. Du hast gesagt, dass du für mich da bist falls irgendwas sein sollte...", kurz zog sie einen Mundwinkel nach oben und deutete ein Lächeln an. „Das habe ich gesagt, aber damit meinte ich nicht, dass ich auf irgendwelche Waffen von dir aufpassen werde.", gebe ich zu. „Mach dir keinen Kopf. Es sind nur ein paar persönliche Gegenstände.", die Russin seufzte und griff nach meinen Händen. Schnell zuckte ich zurück und sah sie an. „Tut mir leid, Scarlett.", Natasha ließ den Kopf hängen, als sie realisierte, dass sie ins leere gegriffen hatte. „Ich hab dir in den letzten Jahren so viel zugemutet und so viele schreckliche Dinge angetan... Das hätte ich nicht tuen dürfen, entschuldige.", zaghaft blickte sie mir nun direkt in die Augen.

Kurz setzt mein Herz ein paar Schläge aus. „Du musst mir nicht vergeben... Das erwarte ich nicht von dir, besonders nicht nachdem ich so auftauche und dich überrumple. Aber wenn ich zurückkomme- und das werde ich... Wäre es schön wenn wir von vorne anfangen können.", überrascht hebe ich beide brauen. Eine ehrliche Entschuldigung von Natasha? Ein Neuanfang? Wie meinte sie das? „Als Freunde... Ich denke ich habe die Chance verpasst dich richtig kennenzulernen und von Anfang an mit offenen Karten zu spielen. Du gehst mir nicht aus dem Kopf Scarlett. Ich weiß, dass du mit Maria glücklich bist und ich wünsche euch alles Glück der Welt, aber ich würde gerne dieses Problem zwischen uns aus dem Weg räumen...", nun greife ich vorsichtig nach ihren Händen. Natasha lächelt mich milde an. „Natasha was ist dein Plan? Wo willst du hin? Was willst du machen? Wann kommst du zurück?", wollte ich besorgt wissen und fuhr leicht mit den Daumen über ihren Handrücken. Sie brauchte das. Ich spürte es. Ihre Worte waren ehrlich. In diesen wunderschönen grünen Augen erkannte ich die Sorge und tatsächlich einen kleinen Funken Angst. Natasha Romanoff wurde gejagt von dem Land das sie mit offenen Armen empfangen und aufgenommen hatte.

„Das kann ich dir nicht sagen. Es ist besser, wenn es niemand weiß...", murmelte sie nun. „Bitte pass auf meine Sachen auf und schau nicht rein, ja? Irgendwann komme ich wieder und hole es ab. Ich werde dich finden, egal wo du bist." „Ich weiß.", kurz schmunzelte ich und legte den Kopf auf die Seite. „Ich fände es schön, wenn wir einen Neustart machen könnten.", gebe ich nun zu und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Es stimmte. Ich hatte Natasha schon nach Silvester vergeben. Ich verstand warum sie mich verlassen hatte, ich verstand warum sie an Bruce interessiert gewesen war so wie ich an Maria. Ich verstand warum sie nun hier war. Sie wollte mit einem reinen Gewissen das Land verlassen und mich nicht erneut zurückweisen indem sie ohne ein Wort ging. Sie versprach mir zurück zu kommen und ich glaubte ihr. „Danke.", nun war ein ehrliches Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen. „Warte! Ich hab was für dich.", nun ging ich erneut an meinen Schrank und kletterte auf den Stuhl. Auf der Kiste die Natasha mit spitzen Fingern noch weiter in den Schrank hinein geschoben hatte lag der Pullover den sie mir gegeben hatte, bevor sie auf eine Mission gegangen war. Ich hatte ihn immer noch. „Ehrlicherweise habe ich ihn lange nicht mehr gewaschen... Aber ich glaube du brauchst etwas warmes zum anziehen.", meinte ich nun und reichte ihr den alten ausgewaschenen Pulli. Kurz wurden ihre Augen groß, als sie das Kleidungsstück erkannte.

„Du hast ihn behalten?", ich nicke leicht. „Ich hab es nicht übers Herz gebracht irgendwas davon weg zu schmeißen. Das alles gehört zu meiner Vergangenheit. Selbst wenn es schmerzt sollte man es nicht vergessen, denn all das hat mich zu dem Menschen gemacht der ich heute bin.", gab ich zu. Schnell nahm sie den Pullover an sich und roch kurz daran. „Es ist garnicht so schlecht, dass er nach dir riecht.", gab sie nun zu und lächelte sanft. Sie stand auf, sodass sie nur wenige Zentimeter von mir entfernt war. Unsere Blicke trafen sich. Kurz huschten Natashas Augen hinunter zu meinen Lippen und wieder nach oben in meine, doch bevor sie etwas unüberlegtes tat, nahm sie mich feste in den Arm. „Ich werde dich vermissen." „Ich dich auch.", nuschelte ich in ihre Lederjacke. Ich spürte, wie die Russin mir einen leichten Kuss auf den Scheitel gab, ehe wir uns wieder voneinander lösten. „Viel Glück mit Maria. Ich hoffe sie ist das was du in mir nie finden konntest.", sprach sie nun. Zögerlich suchte ich Natashas Mimik nach der Ehrlichkeit ihrer Worte ab. „Danke.", flüsterte ich. „Ich werde jetzt gehen. Wir sehen uns, Scarlett." „Pass auf dich auf.", bat ich die Russin. Natasha nickte, dann verschwand sie auch schon aus meiner Zimmertür. Schnell machte ich ein paar große Schritte, doch die Wohnungstür war schon geschlossen.

Wie paralysiert starrte ich die Türklinke an. War das gerade wirklich passiert? Natasha... Sie war weg... Wann würde ich sie wiedersehen? Würden wir eine neue Chance bekommen? Was war in dieser verdammten Kiste? Ich riss mich zusammen. Sie hatte mich gebeten nicht hinein zu sehen, also würde ich es auch nicht tun. Schnell versuchte ich meine Gedanken zu sortieren. Was hatte ich gemacht bevor sie hier rein geplatzt war? Ach ja. der Salat. Mit strukturierten Handgriffen erledigte ich die Zubereitung meines Abendessens. Das Teewasser war nur noch lauwarm. Das Essen schmeckte Fad. Den Abwasch machte ich langsamer als sonst und die Küche brauchte ewig bis sie wieder aufgeräumt war. Meiner Routine folgend fand ich mich wenig später unter der Dusche wieder.

Das warme Wasser tropfte auf meine Schultern, meine Haare hingen mir nass vor den Augen und angestrengt starrte ich die weißen Fliesen vor mir an. Natasha. Natasha. Natasha. Sie war da. Sie sagte ich bedeutete ihr etwas. Maria... Ich war mit Maria zusammen. Ich sollte nicht so besorgt um Natasha sein, ich sollte in meinen Gedanken nicht so sehr bei ihr hängen. Alles in mir krampfte sich zusammen. Es brachte nichts. Die Beziehung mit Maria war toll, doch mein Herz wollte noch immer Natasha. Diese roten Haare, die wundervollen grünen Augen, dieser elegante Körperbau, ihr Lächeln, ihre Stimme... Ich wollte sie bei mir, wollte sie in Sicherheit wissen... Wieso konnte sie mich nicht mitnehmen? Ich sollte all das nicht fühlen, all das nicht denken und trotzdem tat ich es. Warum war es so schön wenn Natasha in mein Leben tat und warum tat es so weh wenn sie ging?

Ich begann zu blinzeln und lehnte meine Stirn gegen die kalten Fliesen. Mein Körper zuckte. Die ersten Tränen vermischten sich mit dem Wasser. Angestrengt begann ich über meine Oberarme zu rubbeln. Immer mehr Tränen flossen über meine Wangen, ich schluchzte laut auf. Dieser Schmerz sollte aufhören! Immer mehr schrubbte ich über meine Arme, dieser Schmerz, das Bedürfnis Natasha bei mir zu haben, es ging nicht weg. Ich konnte diesen Schmerz nicht abwaschen, ich konnte meine Gefühle nicht abwaschen. Nichtmal nach über zwei Jahren hatte ich es geschafft sie aus meinem Herzen zu verbannen, ich würde sie niemals los werden. Sie würde immer präsent sein. Ein frustrierter Schrei entkam meiner Kehle, während die Tränen schon fast in strömen über mein Gesicht liefen. Wieso konnte das alles nicht einfacher sein? Wieso musste es so schmerzhaft sein jemanden zu lieben? Warum konnte ich diese Emotionen nicht einfach so los werden? Warum konnte ich nicht über meine eigenen Gefühle bestimmen? Weinend sackte ich unter dem warmen Wasser der Dusche zusammen. Es brachte alles nichts. Natasha würde niemals aus meinem Herz verschwinden. 

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