Chapter 33
Mit einem unguten Gefühl sehe ich dem näher kommenden Boden entgegen. Die graue Landebahn rückt Sekunde für Sekunde näher. Mit jeder Sekunde kommt auch der Abschied von Natasha näher. Die letzte Nacht war atemberaubend. Auch als ich heute aufgewacht bin war diese Harmonie noch da. Wir hatten länger als geplant noch im Bett gelegen, immer wieder sanfte Küsse ausgetauscht und uns gegenseitig in die Augen gesehen.
Immer mal wieder hatte ich mich gefragt, ob sie das nur tat um mich nicht zu verletzen. Ob sie mich so sehr durchschaut hatte, dass sie wusste wie sehr ich ihre Nähe brauchte. Doch im Endeffekt wollte ich das einfach nur genießen. Ganz egal welche Beweggründe sie hatte.
Doch irgendwann hatten wir aufstehen müssen, unsere Sachen zusammengesucht und mussten zum Flughafen. Mit einem leichten Schmunzeln hatte die Rothaarige einen ihrer Pullover in meinen Koffer gelegt. Es war keiner dieser Business Pullover die sie für die Arbeit trug, er war weit, bequem, leicht ausgewaschen in einem oliven Farbton und roch himmlisch nach ihr. Die Geste hatte ich zu schätzen gewusst.
Natürlich war ihr mittlerweile klar, dass ich mehr fühlte als ich zugab. Und es tat gut, dass sie mich nicht verurteilte, dass sie mir sogar entgegen kam und mir das Gefühl gab das ganze zu erwidern. Doch die bittere Erkenntnis, dass sie mich irgendwann verletzen würde schlug mir immer wieder vor den Kopf.
Wenn sie meine Gefühle erwiderte hätte sie es ganz bestimmt gesagt. Umso näher der Boden kam, umso mehr hoffte ich, dass sie nicht gehen würde. Das sie die Mission ablehnte. Doch bereits den ganzen Flug über hatte sie an irgendwelchen Akten mit ihrer neuen Identität gesessen, während ich an ihrer Seite vor mich hin gedöst hatte, wirklich viel Schlaf hatte sie mir die Nacht über nicht gelassen. Nicht, dass ich es bereuen würde.
Erst als das Flugzeug zum Stillstand kam erhob Rhodey sich und reichte mir meine Tasche von der Gepäckablage hinunter, ehe er seine eigene nahm. „Danke.", murmelte ich geistesabwesend und richtete meine Aufmerksamkeit auf Natasha, die nun ebenfalls ihren Koffer Richtung Ausgang trug. Hinter ihr und Tony verließ ich mit Rhodes das Flugzeug und stieg die Treppe hinab aufs Rollfeld. „Scarlett!", erstaunt hob ich den Kopf. Breit strahlend stand James nur wenige Meter von mir entfernt. Es tat unglaublich gut ihn zu sehen. Begeistert lies ich meine Tasche stehen und rannte auf ihn zu um ihn zu begrüßen. Fast schon etwas klischeehaft.
Fest drückte der Schwarzhaarige mich an sich und hob mich leicht an, während ich mich an ihn klammerte und seinen Duft einsog. Ja es tat wirklich gut ihn wieder zu sehen, besonders jetzt, wo es gleich schwer werden würde Natasha gehen zu lassen. Erst als James mich wieder auf dem Boden absetzte bemerkte ich, dass sie twas näher gekommen war und mit verschränkten Armen, aber ihrem typischen Schmunzeln das Szenario beobachtet hatte.
Kurz tauschten James und sie ein Nicken zur Begrüßung aus. Kurz darauf kamen auch Rhodey, Pepper, Tony und Happy heran um ihm die Hand zu reichen. Rhodey stellte sich auch kurz vor, James tat es ihm gleich. „So Romanoff. Viel Glück auf deiner Mission.", Tony klopfte der Russin kurz mit einem breiten Grinsen auf die Schulter. „Grins nicht so.", mahnend sah Pepper ihn an. „Lass ihn nur, ich freu mich auch ihn für ein paar Tage los zu sein.", wank Natasha schmunzelnd ab, schloss dafür aber meine Chefin kurz in die Arme. Eine sehr seltene Geste, die aber zeigte, dass sie nunmal nicht immer die emotionslose Agentin war, die sie vorgab zu sein.
Auch die Neckereien zwischen Tony und ihr schienen nur noch Routine zu sein. Ich konnte es zwar nur vermuten, aber die zwei schienen bessere Freunde zu sein als man dachte. Happy und Rhodey bekamen einen Handschlag und auch von James verabschiedete sie sich kurz. Ihr war vermutlich absolut klar, dass er über alles bescheid wusste, doch sie schien es mir nicht sonderlich übel zu nehmen, als sie leicht einen Arm um mich legte und mit zwei drei Schritten von der Gruppe zur Seite nahm.
Diese schien das nicht groß zu stören sodass wir ein wenig Ruhe hatten. „Pass gut auf dich auf.", gab ich leise von mir. „Natürlich. Ich bin bald wieder da.", damit nahm sie mich in den Arm. Während meine Hände sich um ihre Hüfte schlangen, vergrub sie eine ihrer Hände an meinem Hinterkopf und drückte mich sanft an sich. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns aus dieser Position lösten. Sie griff nach einer meiner Hände und lehnte ihre Stirn sanft an meine. „Ich freu mich schon dich wieder zu sehen.", schmunzelte sie leicht. Kurz genoss ich das Gefühl. Gerne hätte ich sie einfach zu mir gezogen und geküsst, doch ich wusste, dass sie es vermutlich nicht so gerne im nüchternen Zustand in der Öffentlichkeit akzeptieren würde.
„Meld dich bei mir, wenn du wieder da bist.", bat ich sie und löste mich vorsichtig von ihr, um ihr in die Augen zu sehen. „Mach ich.", gab sie als Antwort und löste ihre Hand aus meiner. Die Wärme blieb noch einen Moment. Und auch etwas anderes. Etwas papierartiges in meiner Hand. Doch so ganz wagte ich es noch nicht mir das kleine Quadrat das sie mir zugesteckt hatte anzusehen. Vorerst versuchte ich mir ihr Gesicht einzuprägen. Jede einzige Kontur.
Sie schenkte mir ein letztes herzliches Lächeln, ehe sie sich endgültig von mir abwandte. Zum Abschied an die Gruppe hob sie nochmal kurz die Hand, die anderen wanken ihr zu, riefen noch etwas hinterher, dann beobachteten wir die Russin kurz, wie sie ohne sich umzudrehen ihre Tasche griff, diese Schulterte und zielstrebig zu einem Jet marschierte vor dem bereits ein Anzugträger stand, der sie freundschaftlich zu begrüßen schien und ihr in den Jet folgte. Es dauerte nur wenige Sekunden da erhob sich das hochmoderne Beförderungsmittel in den Himmel und verschwand aus meinem Blickfeld. Mit ihm Natasha Romanoff. Die Frau, der ich viel zu schnell mehr als nur mein Herz geschenkt hatte.
„Scarlett?", James stand neben mir. Meine Tasche in der Hand. „Komm wir gehen.", meinte er leise. Erst jetzt bemerkte ich, wie sich der Rest der Gruppe langsam zum Flughafengebäude begab. Ein letzter Blick in die Richtung in die sie verschwunden war, dann folgte ich ihm. Mein Daumen strich immer wieder über das Papier in meiner Hand. Ich hatte Angst zu sehen was es war. Es konnte alles mögliche sein. Und ich wusste nicht, ob ich wirklich wissen wollte um was es sich handelte.
Auch die Fahrt im Auto über hielt ich mit der einen Hand die von James, die andere wagte ich nicht zu öffnen.
Mir zu liebe blieb der Schwarzhaarige still. Stellte keine Fragen und ließ mich einfach nur gedankenverloren und bei dem leisen Summen des Autoradios aus dem Fenster schauen. Es tat gut, dass er immer wusste was ich brauchte. Das er immer da war. Wirklich immer.
Erst als wir daheim waren und er mich mit meiner Tasche im Flur stehen ließ konnte ich ausatmen. Ich war daheim. Ich war bei James. Eigentlich war alles gut, aber auch absolut nicht. Wollte ich weinen? War ich traurig? Verletzt? Ich wusste es nicht. Irgendwas schmerzte. Irgendwas war anders und verletzend. Wie in Zeitlupe zog ich meine Schuhe aus und hängte die Jacke zur Seite. Da wir nur geflogen waren, trug ich eine recht bequeme Jeans und dazu einen Pullover mit einem Vintage Aufdruck. Kurz strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. Als ich wieder aufsah stand James vor mir mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und zwei Tassen in der Hand.
„Komm mal mit.", damit nickte er zu seinem Zimmer hinüber. Die eine Hand noch immer geschlossen, folgte ich ihm. In seinem Zimmer war es leicht abgedunkelt. Mehrere Lichterketten funkelten, er hatte den Fernseher angeschaltet und eine Auswahl unserer Feel-Good Filme lag auf der Matratze ausgebreitet. Zudem war da ein großer Teller mit selbst gebackenen Schokokeksen und der Inhalt der Tassen stellte sich als heiße Schokolade mit kleinen Marshmallows heraus. „Weißt du eigentlich, dass du der beste bist?", fragte ich leise, als ich eintrat. „Natürlich bin ich das.", damit gab er mir einen Kuss auf die Wange und begann schnell sich gemütlichere Kleidung anzuziehen, ehe er mir eine seiner Jogginghose zuwarf.
Noch immer traute ich mich nicht die Hand zu öffnen und den Inhalt zu begutachten, weshalb es mir schwerer fiel meine Hose zu wechseln, doch schlussendlich war der erste Film eingelegt, ich lag zwischen James Beinen, seine Arme waren um meinen Bauch geschlungen und mein Kopf ruhte zufrieden auf meiner Brust. Die ersten paar Szenen des Films waren bereits verstrichen, die ersten Kekse gegessen und auch die Getränke waren schon zur Hälfte leer. Es tat einfach unheimlich gut.
Vorsichtig richtete ich meine Hand so aus, dass wir sie beide sehen konnten und öffnete sie vorsichtig. Mit dem Daumen hielt ich das Papier fest. Es war falsch herum. Unsicher drehte ich es um und zum Vorschein kam Fotopapier. Darauf gedruckt war das Bild das Tony gemacht hatte. Am Strand. Von Natasha und mir gemeinsam in den Wellen. Wie ein Pärchen... „Ich glaub ich liebe sie.", meine Stimme brach, genauso wie meine Gefühle. Noch kurz lag mein Blick auf dem Bild, bis die ersten Tränen sich den Weg meine Wange hinunter bahnten.
Zitternd wurden es immer mehr glänzende Perlen, die mein Gesicht hinab rollten, sofort zog James mich noch mehr an sich, während ich mich auf ihm zusammenrollte. Er versuchte nicht mich zu beruhigen. Das einzige was er tat war mich zu halten, da zu sein und meinen Schmerz zu verstehen. Er wollte ihn mir nicht nehmen, er wollte das ich ihn mir endlich von der Seele waschen konnte. Das ich ihn nicht mehr verdrängte und nicht mehr unterdrückte. Es wurden immer mehr Tränen. Sie durchnässten James Shirt, unbarmherzig schluchzte ich vor mich hin, mein Körper zuckte und immer mehr drückte er mich an sich, bis ich irgendwann erschöpft vom Weinen in einen unruhigen Schlaf fiel in dem mir James immer noch nicht von der Seite weichen wollte.
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