Kapitel 3
Gesagt getan. Endlich sitzen wir im Taxi, auf dem Weg zu dem Haus meiner Eltern. Ich rede die Fahrt über nichts und lehne meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe. Im Augenwinkel sehe ich, wie Irina mich aufmerksam mustert. Der Taxifahrer versucht Gott sei Dank keinen Smalltalk mit uns zu führen und wechselt nur ab und zu die Musik. Endlich fahren wir in die riesige Einfahrt. Irina staunt nicht schlecht, verkneift sich jedoch jeglichen Kommentar. Ich danke dem Fahrer und gebe ordentlich Trinkgeld. Ich sehe dem gelben Taxi hinterher, bis es schließlich verschwunden ist. Dann drehe ich um und marschiere auf unser Haus zu. Noch bevor ich klingeln kann geht die Tür auf und zwei Polizeibeamte treten heraus. Überrascht blinzle ich. Ich wusste ja gar nicht, dass die Polizei darin verwickelt ist. Direkt hinter ihnen mache ich meinen Vater aus. Er sieht schrecklich aus. Seine Augen sind blutunterlaufen und seine sonst gepflegten Haare wirken grauer und strähnig. "Das ist meine Tochter, Lexa." sagt er müde und die Polizisten nicken und machen mir Platz. Ich trete ein. "Also wir werden sie über weitere Entwicklungen auf dem laufenden halten. Bis dahin, alles Gute." sagt der eine Polizist und sie nicken uns zum Abschied zu. "Lexa." sagt mein Dad und nimmt mich in den Arm. Überfordert und unbeholfen, lege ich meine Arme um ihn. Er riecht nach Rauch. "Wie geht es ihr?" frage ich. Meine Stimme ist rau. "Nicht gut, sie ist ins Koma gefallen, während ihr im Flieger wart." erzählt mein Dad und schluckt schwer. Ich merke wie meine Augen verräterisch brennen, jedoch lasse ich mir nichts anmerken und schlucke den aufkommenden Kloß an Gefühlen zurück zu den anderen, die ich seit Jahren in mir gestaut habe. "Dad, das ist Irina. Eine Freundin von mir." stelle ich die beiden vor. Mein Dad ergreift ihre Hand und schüttelt sie zwei mal. "Freut mich. Ich wünschte wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt." Sie nickt und spricht ihre Anteilnahme aus. "Kann ich zu ihr?" frage ich und mein Dad nickt. "Irina möchten sie in der Zeit etwas trinken?" fragt er und die junge Russin nickt dankbar. "Wenn etwas ist, ruf mich einfach." sagt sie und drückt im vorbeigehen meine Hand. Ich höre sie schon gar nicht mehr richtig. Mein Fokus liegt bei der Treppe, die hoch zum momentanen Krankzimmer meiner Mutter führt. Meine Beine zittern bei jedem Schritt. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, bis ich endlich oben bin. Eine Frau in weißem Kittel kommt mir entgegen gewuselt. "Oh, sie müssen Lexa sein. Ich habe schon sehr viel von ihnen gehört. Ich bin Schwester Jolanda." sagt sie und ich ergreife geistesabwesend ihre Hand. "Freut mich." sage ich kurz angebunden "Wo ist meine Mutter?" "Folgen sie mir." Gemeinsam gehen wir den Gang entlang. Schwester Jolanda plappert ohne Punkt und Komma und ich antworte ihr einsilbig oder gar nicht. Endlich stehen wir vor dem Zimmer und sie lässt mich alleine. Die Ruhe ist eine Wohltat für meine Ohren. Ich klopfe an und komme mir sofort dumm vor. Sie kann mich nicht herein bitten. Ich drücke die Klinke herunter. Meine Hand schwitzt und ich fühle mich, als müsste ich mich gleich übergeben. Endlich schwingt die Tür auf und gibt die Sicht auf ein weißes Krankenhausbett frei. Ich trete näher heran. Meine Mutter ist fast so weiß wie die Einrichtung. Ihr Gesicht ist eingefallen und ihre Augen liegen tief in ihren Höhlen. Ich muss mit den Tränen kämpfen. Das hier ist definitiv nicht die starke, stolze Katharina, die hier vor mir liegt. Neben dem Bett ist ein Monitor der in regelmäßigen Abständen piept. Die Schläuche führen direkt in den Handrücken meiner Mutter. Ich ergreife ihre Hand und hätte sie fast wieder los gelassen. Sie ist eiskalt. "Hey Mum." sage ich und komme mir etwas blöd dabei vor mit ihr zu reden. Aber ich habe mal gehört, dass Patienten ihre Umgebung, trotz Komas noch wahrnehmen können. Also erzähle ich ihr von Moskau. Von Irina und Vladi. Nur die Geschichte mit der Mafia lasse ich außen vor. Je länger ich mit ihr rede, desto mehr bilde ich mir ein, dass sich ihre Lippen kräuseln oder sie eine Augenbraue hebt, so wie sie es früher öfter gemacht hat. Es tut so gut, mal wieder mit jemanden reden zu können, ohne direkt eine Antwort zu erhalten. Man kann einfach das was man fühlt erzählen, ohne dass das Gegenüber komisch reagiert. Und genau deshalb erzähle ich ihr auch von Clarke.
Dass ich sie mit jedem Atemzug vermisse und ich jede Sekunde ohne sie hasse. Dass ich nicht aufhören kann, an sie zu denken und von meinen Träumen. Ich merke nicht einmal, dass ich angefangen habe zu weinen, bis eine Träne auf ihre Hand tropft.
Mein Kopf tut weh, aber ich fühle mich befreit.
Es ist bereits dunkel, als ich zu Irina und meinem Dad stoße. Irina sieht meine roten Augen, sagt jedoch nichts. Genauso wie mein Vater. "Wo wollt ihr heute Abend schlafen?" fragt mein Dad. Ich will auf keinen Fall hier schlafen. Ich fühle mich so unwohl hier und es ist schon lange kein Zuhause mehr für mich. "Wir gehen zu meinem alten Haus." sage ich. Mein Dad druckst herum. "Was ist?" frage ich fast schon genervt. "Naja, nach der ganzen Sache mit der Hochzeit...." mein Herz sticht bei der Erinnerung daran ".... Haben wir Clarke angeboten in dein Haus zu ziehen, als Entschädigung....." er bricht ab und mir wird schwindelig. Clarke ist bei mir Zuhause??
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