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Das gute an Boston ist, dass mich diese Stadt nie lange genug in Ruhe lässt, sodass ich meinen Gedanken nachgehen kann. Wie auch? So wie die meisten in dieser Gegend muss ich mit harter Arbeit dafür sorgen ein Dach über dem Kopf zu haben. Was nichts anderes heißt als, dass ich noch am selben Tag meine Schicht im CC antrete. Nach den Vorfällen heute Mittag bin ich eine Weile spazieren gegangen und habe die Ereignisse wieder und immer wieder in meinem Kopf abgespielt. Mein Fazit lautet: natürlich ist ER an allem schuld!
Hätte er mich nicht zwei Wochen lang angeschrieben und mir somit auch nur einen Funken Hoffnung gemacht, hätte ich bestimmt nicht seinen Namen im Internet gesucht, während Riley immer höher die Kletterwand hochkletterte und schließlich herunterfiel.
Was mich aber am aller meisten aufregt ist, dass sogar sein Fahrer mir sagt, dass ich nicht zu ihm passe. Wenn sogar er bemerkt, dass sein Boss sich in letzter Zeit mit Leuten abgibt, die nicht in sein Beuteschema passen, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Aber irgendwie kann ich ihm auch Recht geben. Ich mein, wer weiß was er sonst für Models neben seinem Boss sieht. Wahrscheinlich wollte er nur sein Image schützen.
»Was für eine verdammt Scheiße!«, nuschele ich vor mich hin. »Baby, hast du was gesagt?«, fragt mich Zack über die Lautstärke hinweg. »Nein, ich rede nur mit mir selber. Achte nicht auf mich.« Er stellt das Glas weg, das er in der Hand hatte und beugt sich näher zu mir runter.
»Was ist los? Du bist heute schon die ganze Zeit so schlecht gelaunt.« Ich gebe dem Mädchen vor mir ihr Getränk, bevor ich mich zu ihm umdrehe. »Heute ist nicht mein Tag.«, seufze ich. »Riley hat sich den Arm gebrochen, während ich auf ihn aufgepasst habe und Marlen redet jetzt kein Wort mit mir.«, sage ich ohne dabei Dorian und seine Abweisung zu erwähnen. »Verdammt, geht es dem Kleinen jetzt gut?«, möchte er sofort wissen. Zack und Marlen kennen sich jetzt schon seit einigen Monaten, weil mich meine Freundin ab und zu hier im CC besucht hat.
»Ja, es geht im gut. Er hat einen Gips bekommen und durfte danach gleich wieder nach Hause.« Bevor er mir eine Antwort geben kann, kommen neue Gäste an die Bar, um ihre Bestellungen aufzugeben. »Wir reden später weiter.«, sagt Zack schnell noch und ich nicke ihm zu.
Es ist ein normaler Arbeitstag. Laut, überfüllt und nach Zigaretten stinkend, als Dasiy zu mir an die Bar kommt. »Ich gehe für zwanzig Minuten in die Pause. Übernimmst du die erste Etage?«, fragt sie mich.
»Ist in Ordnung.«, sage ich, bevor ich hinauf gehe. Dort angekommen merke ich sofort, dass Racer wieder hier ist. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich noch nicht einmal bemerkt habe, dass er gekommen ist. Schnell gehe ich auf ihn zu und begrüße ihn mit einer Umarmung.
»Setzt dich doch zu uns.«, sagt er sofort. Ich weiß nicht ob er bis jetzt überhaupt mitbekommen hat, dass das hier meine Arbeitsstelle ist, aber er sagt mir das jedes Mal. »Ich arbeite.«, sage ich deswegen meinen Standardsatz grinsend.
»Und wann hast du Pause?«, fragt er. »Wenn meine Kollegin von ihrer Pause zurück kommt. In zwanzig Minuten?« Racer setzt sich wieder hin. »Okay, ich warte auf dich.«, kommt es nun ebenfalls grinsend von ihm zurück. Ich schüttele lächelnd meinen Kopf und arbeite weiter.
Als mich schließlich Dasiy wieder ablöst, gehe ich direkt zu Racer. Er sieht mich schon von weitem kommen und macht neben sich Platz, was der schwarzhaarigen Barbie neben ihm missfällt. Trotzdem setzte ich mich direkt neben ihn, ohne sie dabei zu beachten.
»Möchtest du was trinken?«, fragt Racer. »Ich arbeite.«, antworte ich belustigt. »Schon gut, ich wollte nur höflich sein.« Er nimmt sein Glas vom Tisch und führt es sich zum Mund. »Nun ja, ich arbeite aber nicht, deswegen.«, sagt er und trinkt weiter. »Sollte man als Sportler nicht weniger trinken«, frag ich interessiert. Soweit ich weiß, trinkt er immer wenn er hier her kommt.
»Alkohol hat mich noch nie beeinträchtigt, Schätzchen. Aber nun zu dir. Ich hab dich eine Weile beobachtet und du sahst nicht glücklich aus. Liegt es daran, dass du endlich eingesehen hast, dass du viel zu gut für diesen Job bist oder ist jemand anderer daran schuld?«
Im ersten Moment weiß ich nicht, ob ich ihm ehrlich antworten soll. Schließlich sind wir nicht so gute Freunde. Plötzlich fällt mir allerdings ein, dass er Dorian ja kennt. Vielleicht kann er mir mehr über ihn sagen. Es ist nicht so, dass ich mir in irgendeiner Art und Weise noch Hoffnung machen würde. Nein, dafür war er schonungslos ehrlich gewesen. Aber ich möchte wissen, was hinter seiner geheimnisvollen Art steckt. Deswegen entscheide ich mich ihm alles zu erzählen.
»Das ist besser so.«, sagt er nun ernst, nachdem er mir zugehört hat und ich starre ihn mit offenem Mund an. Er auch? Er sieht in welche Richtung meine Gedanken gehen und fügt schnell hinzu: »Nicht so wie du jetzt denkst, Adria. Damit meine ich, dass er gefährlich ist. Ich kenne ihn selber nicht so gut und habe ihn nur auf... einigen meiner Kämpfe gesehen und habe sofort gemerkt, dass das keiner ist mit dem man sich anlegt. Genauso wie sein Umkreis.«
Er nimmt noch einen Schluck. »Sie leben nach ihren eigenen Regeln, verstehst du?« Nein, möchte ich am liebst antworten. Ich meine, natürlich ist mir aufgefallen, dass er was Gefährliches an sich hat, aber wie tief das reicht, kann ich mir nicht vorstellen.
»Ist er sowas wie ein Fan vor dir, weil du sagtest, dass er zu deinen Kämpfen kommt.« Racer wirft seinen Kopf nach hinten und lacht. Laut und stark. »Scheiße, Adria.«, sagt er während er sich eine Lachträne wegwischt. »Der war gut. Nein, Typen die zu meinen Kämpfen kommen, wollen einfach nur echte, harte Kämpfe sehen.« Seine Aussage verwirrt mich. Geht es nicht bei jedem Boxkampf darum?
»Wie meinst du das?«, frage ich deswegen nach. Racer wird wieder ernst und starrt mir für einige Sekunden in die Augen und ich merke ganz genau, dass er nachdenkt, ob er mir vertrauen kann. »Ich nehme manchmal an illegalen Kämpfen teil, sogenannte Undergroundkämpfe.«
Vor Schock steht mir der Mund offen. Er tut was? »Wieso? Du hast doch sowas gar nicht nötig. Du bist der Champ und hast doch viel mehr erreicht, als so manch ein anderer träumen kann.« Wieder grinst er mich an. »Du schmeichelst mir, aber mal im Ernst. Die Kämpfe die ich für die Öffentlichkeit austrage sind klasse. Der Ruhm, das Geld, einfach alles ist klasse. Aber nach einer Zeit gibt es dir nicht mehr den Kick den du gerne hättest. Die Undergroundkämpfe sind anders. Ohne Regel und brutal. Manchmal braucht auch ein Champ so etwas.«
Ich kann seine Gedankengänge nicht nachvollziehen und muss es auch gar nicht. Schließlich ist das sein Leben und er weiß, was er tut. Trotzdem bin ich etwas benommen, als ich eine weitere Frage habe. »Und was ist mit ... Dorian? Ist er auch Kämpfer?«, frage ich deswegen. »Nein, er kämpft nicht! Er ist Zuschauer.«
»Oh.» Also schaut er sich gerne brutale Kämpfe an. Ich bin mit einem Fuß auf der Straße aufgewachsen und habe schon vieles gesehen, aber einen Undergroundkampf noch nie. Wieso es Leuten gefällt sich so etwas Blutiges anzuschauen, werde ich wohl nie verstehen und trotzdem habe ich eine innere Neugier.
Dorian weiß wo ich arbeite und wo ich wohne. Er kennt mittlerweile jetzt auch schon die zwei wichtigsten Personen in meinem Leben. Wie cool wäre es seinen Gesichtsausdruck zu sehen, wenn ich plötzlich in seinem Umfeld auftauche. Das würde bestimmt Mister Dominant ganz und gar nicht gefallen und ich würde ihn, auch wenn es nur ganz wenig wäre, aus seinem strengen Konzept bringen. Je mehr ich über diese absurde Idee nachdenke, desto logischer erscheint es mir. Ich werde ihm zeigen, dass ich ihn genauso gut überraschen kann und mich seine Worte nicht beeindruckt haben.
»Kann dort jeder hin?«, frage ich deswegen Racer. Er hält mitten in seiner Bewegung inne und starrt mich an. »Vergiss es!« Um seine Worte zu unterstreichen, schüttelt er seinen Kopf. »Ach, komm schon! Ich will mir einen Kampf von dir anschauen.« Wieder schüttelt er seinen Kopf. »Ich weiß ganz genau wieso du kommen möchtest, Püppchen. Du willst Dorian sehen.«
»Natürlich will ich ihn sehen! Er soll merken, dass mir seine Worte nichts anhaben können. Und er soll merken, dass ich auch in seine Welt hineinmarschieren kann, wenn ich es möchte.« Ich falte meine Hände vor mir, bevor ich weiter rede. »Bitte, Racer!« »Scheiße, nein. Das ist kein Ort für dich. Weißt du was für Kerle sich da herumtreiben?«, fragt er.
»Ja, Kerle wie Dorian.«, antworte ich zurück. »Ich verspreche es dir. Ich werde mit niemandem reden und auch nicht auffallen. Ich werde mich nur blicken lassen und dann wieder brav verschwinden. Das ist alles.« Racer ist immer noch unentschlossen.
Er atmet einmal tief aus, bevor er mir antwortet. »Dieses eine Mal, Adria. Du wirst mit niemandem reden, dich kurz blicken lassen und dann sofort wieder verschwinden, hast du verstanden?« Grinsend nicke ich ihm zu. »Versprich es mir!«, fordert er. »Ich verspreche es. Sobald Dorian mich sieht, ziehe ich mich sofort zurück.« Er füllt sein Glas wieder nach und trinkt es aus.
"Das ist so eine beschissene Idee!", höre ich ihn noch murmeln, bevor ich wieder aufstehe und meine Arbeit mache. Na warte Dorian. In zwei Tagen werde ich dir zeigen, dass du nicht so geheimnisvoll bist, wie du denkst!
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