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Seit der Begegnung mit IHM versuche ich ihn konsequent zu ignorieren. Ich bin ein Wrack. Ein nervöses Wrack auf zwei Beinen. Obwohl ich zugeben muss, dass ich sehr stolz auf mich bin, da ich es erstens, geschafft habe nicht in seine Richtung zu schauen, obwohl ich seine Blicke ständig auf mir spüre, egal was ich mache. Und es zweitens, geschafft habe keine Drinks auf irgendwelche Gäste zu verschütten. Geht doch!

Daysi und ich haben uns die erste Etage in zwei Hälften aufgeteilt, wobei sie natürlich die Seite bekommen hat, wo auch ER mit seinen Freunden beziehungsweise Cousin sitzt. Apropos Cousin. Ihn hatte ich nicht mehr gesehen. Es schien wohl, als hätte er zumindestens diesen Bereich verlassen. Ich wollte mir keine Gedanken darüber machen, wieso sein Cousin plötzlich nicht mehr hier war. Von mir aus konnte er gestohlen bleiben.

Eine Gruppe von sechs Männern und zwei Frauen kommen gerade in die erste Etage. Ich erkenne sie sofort wieder. Sie sind öfters hier oben. Racer Spancer ist ein professioneller Kickboxer und ist öfters im CC, um mit seinen Freunden zu feiern. Lächelnd gehe ich auf ihn zu. Er ist einer der wenigen, die es geschafft haben trotz des ganzen Geldes nicht überheblich zu sein. »Das ist ja meine Lieblingskellnerin!«, ruft er, als ich an seinem Tisch ankomme. Ich muss zugeben, dass ich ihn schon immer etwas attraktiv fand, aber mehr war da nie gewesen.

»Hey, wie gehts dir? Wie ich sehe, hast du den Kampf gewonnen. So wie du lächelst.«, sage ich ihm. Er sieht mich bestürzt an.

»Hattest du jemals Zweifel daran?« Ich lache. »Nein, natürlich nicht.« Wir umarmen uns und er setzt sich wieder hin. Die Frau in dem roten Minikleid, die neben ihm sitzt, sieht mich giftig an. Ich ignoriere sie. Er hat ständig Frauen bei sich und ich sehe sie nie ein zweites Mal neben ihm.

»Also was darf es sein?«, frage ich in die Runde. Ich nehme die Bestellungen auf und will wieder runter zur Theke gehen, als mein Blick IHN streift. Er hat sich zurückgelehnt und beobachtet mich. Mein Herz fängt wieder an schneller zu klopften. Scheiße! Wieso habe ich zu ihm geschaut?

Rasch gehe ich zu Zack und sage ihm die Bestellung. Er drückt mir die Getränke in die Hand und lehnt sich über die Theke zu mir nach vorne. »Soll ich dich wieder mitnehmen?«, schreit er über die Lautstärke hinweg. »Nein, danke.«, sage ich schnell und drehe mich um, damit er mir keine Fragen stellen kann.

Normalerweise fährt mich Zack immer nach Hause, wenn unsere Schicht beendet ist. Aber heute? Ich weiß auch nicht. Vielleicht würde ich ja das Angebot von IHM annehmen und mich zu ihm setzen.

Ich gehe wieder hinauf und steuere auf Racer und seine Freunde zu. Nachdem ich die Getränke abgestellt habe, fragt mich Racer: »Wenn du Feierabend hast, dann setz dich zu uns. Wir haben uns schon lange nicht mehr unterhalten.«

Ich sehe über meine Schulter zu meinem Beobachter. Racer entgeht mein Blick nicht. »Ich habe schon was vor.«, antworte ich ihm. Er zieht seine Augenbrauen nach oben.

»Mit ihm?«, fragt er mich in seine Richtung schauend. Ich nicke, weil es mir irgendwie peinlich ist. »Kennst du ihn?«, fragt er mich erneut.

»Wir sind uns ein paar Mal über den Weg gelaufen.« Racer nickt. »Verstehe. Sei aber vorsichtig.«, sagt er wie ein großer Bruder. Ich lächle ihn an. »Werde ich.«

*****

Die Zeit vergeht und es ist kurz vor zwei Uhr. Ich sitze auf einem der Barhocker im Erdgeschoss und schaue Zack bei der Arbeit zu. Allmählich bin ich am Ende meiner Kräfte, obwohl ich diesen Stress gewohnt sein sollte. Es ist nicht gerade ein Zuckerschlecken, wenn man mehreren Jobs hinterher rennt. Ich schaue auf meine Uhr. Fünf Minuten noch. Eigentlich habe ich nichts mehr zu tun und könnte hinauf zu IHM gehen, bin aber zu aufgeregt. Normalerweise mache ich eine riesen Runde um Typen die wie er sind. Machtvoll. Reich. Einschüchternd. Aber er zieht mich einfach an. Nervös wippe ich mit dem rechten Bein. »Gib mir noch einen.«, sage ich zu Zeck. Er lächelt mich an und füllt mein leeres Glas wieder auf.

»Was ist los? Willst du dich volllaufen lassen?«, fragte er. Ich nicke ihm nur zu, da ich bereits das Glas an meinen Mund geführt habe.

Nachdem mein zweites Glas bereits leer und es fünfzehn Minuten nach zwei Uhr ist, gehe ich langsam hinauf in die erste Etage. Meine Augen finden ihn sofort. Und auch er sieht mich sofort an. Ich gehe zu ihm und bleibe vor ihm stehen, nicht wissend, was ich machen soll. Ich schaue auf den Platz neben ihm. Soll ich mich einfach zu ihm hinsetzten?

Noch bevor ich eine Entscheidung fällen kann, steht er auf und sagt: »Komm mit. Lass uns wo hingehen, wo wir alleine sind.« Er nimmt meine Hand und wir gehen in eine Ecke die etwas abseits liegt und ruhig ist. Wir setzten uns dort auf die Couch und er legt seinen Arm um die Lehne hinter mir.

»Ist das nicht unhöflich, dass wir deine Freunde einfach alleine gelassen haben?«, frage ich ihn. Irgendwie würde ich mich sicherer fühlen, wenn auch andere in unserer Nähe wären. »Nein.«, kommt es von ihm.

Nervös schaue ich in eine andere Richtung, als plötzlich seine Hand mein Kinn packt und mich zu sich dreht. »Stehst du auf diesen Kerl?«, möchte er von mir wissen. Dabei sieht er mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Was? Woher kam das denn? »Welchen Kerl?«, frage ich ehrlich verwirrt. Meint er etwa Zack? Ich meine, ja er flirtet gerne, aber das ist so seine Art. »Racer Spancer.«, klärt er mich auf. Mit geweiteten Augen sehe ich ihn an. »Nein.«, sage ich. »Wir sind nur Freunde.« Wieder hebt er eine Augenbraue. Wie macht er das nur?

»Freunde?«, fragt er nach. »Nein, also nicht wirklich. Er ist öfters hier und wir reden ab und zu miteinander.« 

»Nur reden?« Was soll das? Er hat kein Recht mich so etwas zu fragen. »Ja.«, sage ich deswegen genervt zurück. Er scheint mit meiner Antwort trotzdem nicht ganz zufrieden zu sein, lässt aber mein Kinn nach einigen Sekunden los.

Scheiße! Ich weiß nicht ob es am Alkohol liegt oder an ihm, aber langsam fängt sich mein Kopf an zu drehen. Ich beobachte sein Gesicht. Er hat einen Dreitagebart, hohe Wangenknochen und eine gerade Nase. Und einen wunderschönen Mund! Schön voll. Am liebsten würde ich mit meinen Fingern drüber streichen. Wahrscheinlich ist das die einzige Stelle, die weich an ihm ist. »Wenn du mich noch weiter so anstarrst, dann vergesse ich wo wir sind und vernasche dich gleich hier auf dieser Couch.«, holt mich seine Stimme aus meinen Gedanken zurück.

Normalerweise müsste ich jetzt das Weite suchen, da ich bis jetzt, auf Grund meiner Erlebnisse, männlichen Kontakt vermieden habe. Immer! Aber jetzt kann ich nicht aufhören mir vorzustellen, wie er mich hier vor allen vernascht. Mutig vom Alkohol lächle ich ihn an. »Zuerst musst du mir verraten wie du heißt. Ich fange mit Typen nichts an, deren Namen ich nicht kenne.«, kommt ein Blödsinn über meine Lippen. »Einen hohen Anspruch scheinst du nicht gerade zu haben.«, sagt er etwas wütend.

»Wie heißt duuu?«, frage ich ihn noch einmal. Ich muss es jetzt endlich wissen. Er kommt näher und flüstert mir ins Ohr: "Dorian." Ich bekomme eine Gänsehaut, weil ich seinen Atem auf mir spüre.

»Dorian.«, flüstere ich ihm nach. »Mir gefällt der Name. Irgendwie passt er zu dir.« Interessiert sieht er mich an. »Und wieso passt der Name zu mir?« Weil er gefährlich klingt, denke ich mir. »Einfach so.«, sage ich und meine Augen bleiben wieder an seinen Lippen hängen. Berauscht vom Alkohol streiche ich mit meinen Fingern über seine Lippen.

»Sie sind ja wirklich weich.«, sage ich zu mir selbst. Dorian packt meine Hand. »Pass auf was du machst, Adria. Sonst gibt es kein Zurück mehr.«, sagt er mit tiefer Stimme. »Vielleicht will ich auch gar nicht zurück.«, antworte ich ihm. Nur einmal in meinem Leben will ich loslassen. Nur einmal nicht denken und mich nicht fürchten. Nur einmal. Und das mit ihm, Dorian.

Er sieht mir noch eine Weile tief in die Augen, die sich wie Stunden für mich anfühlen und verringert langsam die Distanz zwischen uns, bevor seine Lippen auf meine treffen.

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