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Adrenalin gemischt mit ungezügelter Wut treiben mich an. Eine Gefühlslage, die mir nur allzu vertraut ist. Ich drücke ihr Kinn, der zwischen meinen Fingern eingeklammert ist, etwas fester, während ich mein Gesicht drohend näher bringe. Die Tränen, die ihre Augen verlassen, besänftigen mich keines Wegs. Obwohl es generell gegen meine Natur ist Frauen Leid zuzufügen, scheue ich nicht davor zurück Gewalt anzuwenden, wenn es nötig ist. Viele Frauen können genauso bösartig sein wie Männer. Sie sind zu furchtbarem imstande, nur dass die meisten dabei unschuldig mit den Augen klimpern und sich verletzlich geben, um nicht als Täterinnen aufzufliegen.

Marie hat Glück. Ich weiß, dass sie nicht so tief gesunken ist, wie die Menschen die sich sonst in meinem Umfeld befinden. Trotzdem ist sie eine Schlampe, die es zu weit getrieben hat. Gerade macht sie den Mund auf, um etwas zu sagen, doch ich scheide ihr das Wort ab.

»Sei still! Wenn ich noch einmal mitbekomme, wie du Adria zu nahe kommt, ihr Flausen in den Kopf setzt und sie verunsicherst, wirst du dir wünschen mich niemals kennengelernt zu haben. Dann wird dich selbst Logan nicht aus meinen Fänger befreien können!«

Sie sieht mich weiterhin mit großen weinenden Augen an, doch sie kann mich nicht täuschen. Marie ist weder unschuldig noch verletzlich. Ganz im Gegenteil. Sie ist gerissen wie ein Fuchs und weiß, wie sie auf der Schwachstelle von Leuten herumstochern kann. Bis jetzt hat mich diese Eigenschaft nicht gestört. Das war bevor sie Adria verunsichert hat.

»E-es tut mir leid! Wirklich!«, jammert sie. »Ich war nur neben der Spur. Als sie vor meinen Augen anfing über euch zu reden, konnte ich einfach nicht anders.«

Mit einem Ruck lasse ich sie los. »Wie wäre es, wenn du dich von deiner Traumwelt wieder in die Realität begibst, Marie? Wie kannst du dass was ich mit Adria habe mit einem einfachen Fick, wie mit dir vergleichen?«

Schockiert über meine Wortwahl reißt sie die Augen auf. Dieses Mal kann ich Bestürzung in ihrem Gesicht erkennen. Aber es rührt mich nicht im Mindesten, denn ich habe heute echten Schmerz in Adrias Augen gesehen. Ich werde nicht zulassen, dass sie Zweifel bezüglich unserer Beziehung bekommt.

»Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Schon gar nicht dir, Marie. Und auf so ein Kindergarten wie heute in meinem Büro habe ich erst recht keine Lust!«

»Es wird nicht noch einmal vorkommen. Ich verspreche es!«, sagt sie devot wie immer, sobald ich mit diesem Ton mit ihr spreche.

Angeekelt starre ich sie von meinem Standpunkt an. Ich habe sie in ihrem Apartment mit meinem Besuch überrascht und sie trägt einen knappen Pyjama, der so weit ausgeschnitten ist, dass ihre Brüste gleich herausfallen. Sie macht sich allerdings nicht die Mühe ihre Blöße zu bedecken.

»Du hast recht. Es wird nicht noch einmal vorkommen! Du kannst dir ab heute einen anderen Investor für dein Modegeschäft suchen. SkyClass Industries wird dich nicht mehr unterstützen.«

Damit lasse ich sie in ihrem Wohnzimmer stehen, verlasse ihre Wohnung und gehe zu den Aufzügen, als ich einen Anruf von Adria bekomme.

»Ich dachte, du bist heute nur mit Riley beschäftigt, Beauty.«

Im ersten Moment bekomme ich keine Antwort von ihr. Alles was ich hören kann, sind abgehackte Atemgeräusche. So als ob sie gerade rennen würde.

»Dorian!«

Mein Name. Mehr brauche ich nicht zu hören. Adrias Stimme klingt so panisch, dass ich in meiner Bewegung innehalte und meine Nackenhaare sich aufstellen.

»Dorian?«, wiederholt sie.

»Was ist passiert?«, möchte ich sofort wissen.

»Viktor! Er hat mich gefunden! Ich bin draußen und ich will nicht nach Hause. Was ist, wenn er mir folgt?«, möchte sie weinend wissen. »Dann weiß er, wo ich wohne. U-und R-riley ist auch dort. I-ich weiß nicht wohin!«

»Wo ist Diego?«, frage ich sie gepresst, während ich wiederholt auf den Aufzugsknopf drücke.

»Er ist schon weg!«

Es läuft mir kalt den Rücken runter. Es ist ein Gefühl, dass ich schon seit meiner Kindheit nicht mehr hatte. Wer Angst hat, macht Fehler. Und ich konnte mir schon sehr früh keine Fehler erlauben. Unbesiegbar. Undurchschaubar. Gefühlslos. Anders kann man in meiner Welt nicht überleben. Doch jetzt merke ich, wie mir seit langer Zeit wieder die Hände zittern. Ich bin Dorian Carter und ich zittere nicht. Nicht vor meinem größenwahnsinnigen Vater. Nicht vor meinen brutalen Geschäftspartnern. Niemals!

»Adria, ich möchte, dass du jetzt ganz genau das machst, was ich dir sage! Lauf die Hauptstraße zurück zur deiner Wohnung. Diego wird dir dort mit zwei weiteren Männern von mir entgegenkommen.«

»Okay!«

Die gottverdammten Aufzugstüren öffnen sich endlich und ich steige ein, während Marie gleichzeitig den Flur gerannt kommt und meinen Namen ruft. Ich beachte sie nicht weiter und fahre herunter.

»Diego!«, brülle ich in den Hörer hinein.

»Sir?«

»Nimm deine Männer und fahr die Hauptstraße entlang. Adria wird euch entgegenkommen! Wenn ihr sie nicht rechtzeitig erwischt, werde ich euch eigenhändig die Haut abziehen!«

Ich meine es ernst. Ich werde sie eigenhändig umbringen. Diese nutzlosen Bastarde!

Sobald die Aufzugstüren sich öffnen, stürme ich heraus und verlasse das Gebäude. Caleb, mein bester Mann, erwartet mich bereits mit meinem Auto. Ich nehme ihm, ohne etwas zu sagen die Autoschlüssel ab und setzte mich selber ans Steuer. Caleb setzt sich auf den Beifahrersitz. Mit mörderischem Tempo rase ich durch die Innenstadt und die Häuser fliegen nahezu an uns vorbei. Doch es ist mir egal. Alles, an was ich denken kann ist Adria.

»Viktor hat Adria gefunden.«, presse ich wütend heraus.

»Verdammt! Er hat es auf sie abgesehen.«, sagt Caleb.

»Nein, er hat es auf mich abgesehen.«

Ich glaube nicht an Zufälle. Schon gar nicht, wenn es dabei um die Bruderschaft geht.

»Ruf deine Männer an. Jemand soll Marlen im Stripclub abholen und nach Hause zu ihrem Sohn bringen. Sorg dafür, dass sie geschützt sind.«

Caleb setzt meine Befehle um, während ich einige Minuten später in der Hauptstraße vor Adrias heruntergekommenem Viertel ankomme. Ich könnte dieses verdammte Loch in Brand setzten und würde eine Auszeichnung der Behörde bezüglich meines ausordentlichen Dienstes für diese Stadt erhalten. So miserabel ist diese Gegend.

Mit quietschenden Reifen bleibe ich vor Diego und den zwei Männern stehen, die die Straße patrouillieren.

»Wo ist sie?«, möchte ich wissen.

»Im Auto.«

Ich öffne die Autotür und Adria springt mir weinend in die Arme.

»Dorian! Ich hatte so Angst.«

»Shh.. Lass mich dich ansehen! Hat er dich angefasst?«, möchte ich auf der Stelle wissen.

Ich drücke sie von mir weg und scanne ihren Körper ab.

»Nein, er hat mir nichts getan. Nur Angst eingejagt.«

Erleichtert atme ich aus, denn ich habe mir auf der Fahrt hierher auf tausend Arten vorgestellt, wie Viktor Adria zum Schreien bringt.

»Wie hat er dich gefunden?«, möchte ich als Nächstes von ihr wissen.

»Im Stripclub von Marlen.«, antwortet Adria kleinlaut.

»Du warst im Stripclub?«, frage ich sie drohend. Ich muss mich verhört haben.

»R-riley.. Ich meine M-marlen hat vergessen Riley die Hausschlüssel zu geben und er brauchte seine Hausaufgaben.«, antwortet sie stotternd. »Ich wusste nicht, dass Diego noch da ist, deswegen habe ich den Hinterausgang genommen, um keinen Umweg zu machen. Dort ist mir dann Viktor über den Weg gelaufen.«

»Herrgott! Du willst mich doch verarschen oder Adria?«, fahre ich sie an.

Sie zuckt zusammen und möchte Abstand zwischen uns bringen, doch ich lasse es nicht zu, indem ich ihren Arm noch fester umklammere.

»Hausaufgaben? Du gehst wegen Hausaufgaben nachts raus in ein Stripclub, dessen Besitzer ich erst neulich deinetwegen die Nase gebrochen habe? Wegen verschissenen Hausaufgaben eines Kleinkindes? Wie unglaublich dumm muss man sein!«

Je mehr ich rede, desto mehr weint sie, doch ihre Tränen können mich nicht besänftigen. Mein Puls ist auf hundertachtzig und ich sehe rot. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich möchte Blut fließen sehen. Ich möchte sehen, wie jemand leidet. Wie Viktor leidet. Denn es gibt einen Grund, wieso Viktor ihr über den Weg gelaufen ist. Einen Grund, für den Adria zu naiv ist.

Ich reiße Adria mit mir und führe sie zum Beifahrersitz meines Autos.

»Aber, Riley...«

Unsanft stoße ich sie in das Auto. »Ich habe Marlen bereits abholen lassen.«

Ohne auf ihre Antwort zu warten, schmeiße ich die Autotür zu und gehe zu meinen nutzlosen Männern, bis ich nur noch Millimeter vor Diego stehen bleibe. Sein erbärmliches Verhalten hätte heute zu weitaus schlimmerem führen können. Je mehr ich darüber nachdenke, desto schwerer fühlt sie die Pistole, die ich unter meinem Mantel mit mir trage, an.

»Denk ja nicht, dass ich dir dieses Versagen durchgehen lassen werde.«

Er nickt mir nur zu, denn er weiß selber, dass er bis in den Knien in Scheiße steckt.

Ich gehe zurück zu meinem Auto und steige ein. Adria sitzt zusammengekauert auf ihrem Sitz und vermeidet jeglichen Augenkontakt.

»Schnall dich an!«, fahre ich sie an.

Ich drücke das Gaspedal durch und rase erneut durch die Straßen von Boston. Dieses Mal allerdings nicht getrieben von Angst, sondern von Wut. Meine Wut ist zügellos und mir nur zu gut vertraut. Eine Tatsache mit der ich umgehen kann, obwohl es meistens nicht so gut für die Leute in meiner Nähe endet.

»Erzähl mir alles von Anfang an. Was hat er dir gesagt? Lass nichts aus!«

»Marlen hat mir die Hausschlüssel gebracht und mich mit meinem Namen gerufen, als plötzlich Viktor hinter mir stand.« Mit jedem Wort, das sie redet, wird ihre Stimme leiser.

»Rede lauter!«, brülle ich sie an.

Adria fängt an hysterisch zu schluchzen und schlägt sich die Hand vor den Mund.

»Ich höre dich nicht!«

Ich habe kein Erbarmen. Sie nimmt ihre Hand wieder runter und antwortet.

»Er hat mich gefragt, ob ich nicht Raven heiße. Dann hat er mich gefragt, ob ich noch mit Racer zusammen bin. Ich habe ihn angelogen und gesagt, dass ich noch mit ihm zusammen bin und Raven mein Spitzname ist. Er hat gemeint, dass er überrascht war mich dort zu sehen und nur kurz hallo sagen wollte.«

Ich schweige und höre ihr zu, während sie wie ein Wasserfall redet.

»Danach hat er mich gefragt, ob ich mich nicht zu ihm an den Tisch setzten möchte. Er sagte, dass... d-dass dein Cousin auch da sei.«

Ich fange an zu lachen. Natürlich! Dieser verdammter Bastard!

Ich drücke noch mehr auf das Gaspedal, denn ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich sonst meine Wut freien Lauf lassen sollt. Der Tachometer zeigt hundertsechzig.

Adria verspannt sich neben mir und hält sich am Türgriff fest.

»Hat er dich angefasst?«, möchte ich wissen.

»Ja, an den Haaren.«

Hundertsiebzig.

»Ich habe ihm gesagt, dass ich hier nicht arbeite und jetzt gehen werde. Und er meinte nur, dass es nett war mich wieder gesehen zu haben und wir uns bestimmt wieder über den Weg laufen werden. Als ich dann draußen war, habe ich zwar niemanden gesehen, aber ich hatte das Gefühl, als würde mich jemand verfolgen. Und ich wollte ihn nicht direkt zu mir nach Hause führen.«

»Verdammte Scheiße, Adria! Er weiß schon längst wo du wohnst. Sonst würde er nicht mit meinem verschissenem Cousin im Stripclub deiner Freundin auftauchen!«

Adria sagt nichts darauf und auch ich falle meinen eigenen Gedanken nach, bis wir im Parkhaus meines Penthauses ankommen. Schweigend steigen wir beide aus und steigen in den Lift, das uns direkt zu mir in die Wohnung führt. Sobald wir in meinem Wohnzimmer sind, gehe ich zu der Minibar und schenke mir ein großzügiges Glas Scotch ein, dass ich mit einem Ruck leere. Ich fülle es wieder nach und leere auch dies mit einem Schluck. Die Lichter des Wohnzimmers sind immer noch ausgeschaltet und ich weiß, dass mich Adria von der anderen Seite aus beobachtet. Sie hat sich seit dem wir das Apartment betreten haben nicht bewegt.

»Geh schlafen Adria.«

»Was ist mir dir?«, möchte sie wissen, doch ich antworte ihr nicht. An Schlaf ist nicht zu denken.

Sie bleibt noch einige Minuten unentschlossen stehen, bis sie schließlich mit leisen Schritten in Richtung meines Schlafzimmers tapst.

Ich schmeiße das leere Glas auf die Theke und nehme mir die Scotchflasche, um auf die Terrasse zu gehen.

Viktor und Phillip! Ich hätte es schon wissen müssen, als mein Cousin heute im SkyClass Industries aufgetaucht ist, als auch Adria da war. Es ist eine Kampfansage. Eine Machtdemonstration in der Brüderschaft. Denn obwohl wir gemeinsam Geschäfte machen, traut niemand niemandem. Sonst hätte mein Vater nicht von mir verlangt Viktor zur Strecke zu bringen und sein Rivir zu übernehmen. Ein Gedanke, dass mir nun nicht mehr allzu falsch erscheint. In meiner Welt sind Menschen wie Adria Nebenfiguren eins größeren Spieles. Und ich hatte bis jetzt keine Schwachstelle. Bis ich Adria in mein Leben gelassen habe. Ich nehme einen großen Schluck vom Scotch als sich zwei zierliche Hände von hinten um meine Taille schließen. Sie lehnt ihren Kopf gegen meinen Rücken und umarmt mich.

»Rede mit mir.«, flüstert sie in die kühle Nachtluft.

»Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert.«

»Ich weiß. Du wirst mich beschützten.«, sagt Adria.

Wir bleiben einige Zeit so stehen, bis es Adria zu kalt wird und sie fröstelt. Ich drehe mich um und sehe, dass sie nur ein großes T-Shirt von mir als Pyjama an hat.

»Komm mit mir schlafen. Ich habe Angst alleine.«

Ich weiß, dass sie mir das vor allem sagt, weil sie mich zum Gehen bringen will. Durcheinander wie ich bin, fasse ich sie am Nacken an.

»Spiel nicht mit mir Adria.«

»Das tu ich nicht. Ich habe wirklich Angst.«

Ich weiß, dass sie das hat. Aber Herrgott sie macht mich zur ihrer Marionette. Mit einem Kopfnicken deute ich ihr vorzugehen und folge ihr anschließend. In meinem Schlafzimmer legt sich Adria sofort auf die rechte Seite des Bettes, so wie sie es auch gestern getan hat, sodass ich auf der linken Seite und somit näher zur Tür liege. Sie schaut mir schweigend zu wie ich mich vor ihr ausziehe und mit nichts weiter als Boxershorts zu ihr ins Bett lege.

Wir liegen einen Moment schweigend da, bis Adria sich langsam auf meiner Seite schiebt und nach mir greift. Ich halte ihre Hände auf bevor sie mich wirklich berühren kann und schiebe sie weg.

»Schlaf jetzt.«, ist das einzige was ich sage. Sie zieht sofort ihre Hände weg und dreht mir den Rücken zu.

Ich weiß, dass ich ihr gerade das Herz breche, aber ihre Berührungen sind mir zu viel. Ich halte ihre Nähe kaum aus, so groß sind meine Schuldgefühle. Die Brüderschaft weiß von ihr und sie werden mich mit ihr erpressen, sobald sie Adria in die Finger bekommen. Keiner wird Mitleid mit ihr haben. Es wird sie nicht interessieren was für Wünsche oder Träume sie hat. Sie werden sie vernichten und das alles nur, weil ich egoistisch genug war, sie in mein Leben aufzunehmen. Es war ein Fehler mich ihr zu näheren. 

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Hallöchen ihr Lieben! 

Hier wieder ein Kapitel aus der Sicht von Dorian. Seid bitte nicht zu streng mit ihm. Der Arme hat es schließlich auch nicht leicht. 😋

Außerdem wollte ich mich bei jedem einzelnen von euch bedanken, der meine Geschichte liest, abstimmt und kommentiert. Ihr könnt euch sicher sein, dass jede Benachrichtigung ein Lächeln auf mein Gesicht zaubert! 🥰

XOXO

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