kapitel 39

Kuchen wird aus Teig geformt,
meine Liebe mit meinem Herzen,
meinen Schmerz formen deine Hände,
meine Freude das Glück der anderen.

Ich schaffe es gerade so, den Cheesecake fertig zu dekorieren, als Brexon mir schreibt, dass er und Page da sind und dass ich die Tür aufmachen soll. Zufrieden mit dem Ergebnis wasche ich mir einmal mehr die Hände, bevor ich die beiden hereinlasse.

Kaum habe ich das getan, fällt mir Page schon in die Arme. „Oh Gott, Audrey, ich habe dich so vermisst!", sagt sie, während sie mich beinahe zerquetscht. Ein Lachen entschlüpft mir, während ich sie genauso fest umarme. Das ist definitiv das, was ich gerade gebraucht habe.

„Du siehst endlich aus wie eine Erwachsene", kommentiert Brexon, als er mich ebenfalls in die Arme schließt. Die Tür hat er hinter sich schon zugemacht.

„Du aber auch", kommentiere ich und wuschle ihm durch die Haare. Er hat meiner Meinung nach immer etwas Jungenhaftes gehabt, aber jetzt, wo er mit Page verheiratet ist, benimmt er sich tatsächlich ein wenig wie ein Mann und nicht wie ein kleiner Junge. Auch wenn er diese Seite von sich vermutlich niemals verlieren wird. Er macht sie nur nicht mehr zu seiner einzigen Charaktereigenschaft.

„Danke, Schwesterchen", kommentiert er und drückt mich noch etwas fester. „Alles Gute zum Geburtstag", fügt er hinzu. Ich seufze, weil mich das an Romeres Worte erinnert. An Romeres Erscheinung. An etwas, woran ich jetzt nicht denken möchte.

„Freust du dich etwa nicht, dass du Geburtstag hast, Aud? Habe ich das gerade richtig interpretiert?", fragt mein Bruder überrascht und schiebt mich ein wenig von sich weg, während er mich besorgt mustert. Ich seufze wieder.

„Doch. Aber Geburtstag zu haben, bedeutet älter zu werden. Und ich würde gerne jung bleiben."

Page grinst mich verschmitzt an, während sie mir ein kleines Packet hinhält.

„Geburtstag zu haben bedeutet aber auch, Geschenke zu kriegen. Außerdem ist es doch keine schlechte Sache, älter zu werden. Weiser zu werden. Es bedeutet einfach, dass du mehr Erfahrung hast und dass du in deinem Leben einen weiteren Abschnitt gemeistert und viele neue Dinge gelernt hast."

„Was, wenn ich den Abschnitt gar nicht gemeistert habe?", will ich wissen, während ich mir auf die Hände starre. Ich hasse es, dass ich gerade die Stimmung verderbe, aber ich kann nicht anders, weil ich sonst von diesen Gedanken verfolgt oder gefressen würde. Denn mich verlässt die Überlegung etwas falsch gemacht zu haben einfach nicht. Ich verstehe nicht, wieso bei mir immer so viel falschlaufen muss. Natürlich bin ich nicht die einzige Person mit Problemen, aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich nicht mehr weiß, wie viel ich ertragen kann. Erst meine erste Liebe, welche sich dann in einen Stalker verwandelt hat, sodass ich dann einige Jahre in Angst gelebt habe und dann die Geschichte mit Pages Cousin und dann Romere, welche sich in die Geschichte der großen Liebe und der noch viel größeren Unsicherheit verwandelt hat. Obwohl es nicht einmal unbedingt Unsicherheit im Sinne der Selbstkritik ist, sondern viel eher Ungewissheit. Und diese Ungewissheit bringt mich beinahe um den Verstand.

„Audrey", beginnt Brexon ein wenig überrascht, „gibt es vielleicht etwas, was du uns erzählen musst? Denn das klingt echt danach, als würde es Dinge geben, die du uns erzählen solltest."

Die Besorgnis in seinem Gesicht bricht mir beinahe das Herz, weil ich nicht vorhatte, die Stimmung so zu verderben und eigentlich nur einen schönen Tag mit den beiden verbringen wollte. Aber anscheinend muss ich da zuerst ein paar andere Sachen klären, ehe wir den Tag genießen können. Wahrscheinlich ist das ohnehin besser so. Ich weiß nicht, wie lange ich etwas vorspielen kann und schon gar nicht wie gut. Page wäre bestimmt schon nach kurzer Zeit darauf gekommen und mein Bruder spätestens erst, wenn sie es ihm gesagt hätte.

„Ich...ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll", gestehe ich. Und dann erzähle ich ihnen eben die ganze Geschichte von mir und Romere von Anfang an, obwohl sie den Anfang eigentlich schon kennen. Die beiden scheinen sich anfangs sogar richtig gefreut zu haben, dass ich jemanden gefunden habe – natürlich habe ich da die intimen Details weggelassen – aber ich merke, wie die Stimmung kippt, als ich zu dem Teil mit Romeres Tochter komme...wobei ich noch das Detail auslasse, unter welchen Umständen dieses Kind gezeugt worden ist. Das hätte die Situation tatsächlich nicht verbessert und das ist so offensichtlich, dass ich gar nicht wage, daran zu denken. Irgendwann werde ich ihnen dieses Detail schon auch verraten. Aber ich muss sie ja nicht gleich mit Informationen überladen.

„Das klingt echt...schlimm, Aud." Brexon streicht mir über den Rücken und sieht dabei hilfesuchend zu Page, weil er wohl nicht weiß, was er sonst machen kann, um irgendwie zu helfen. Dabei weine ich nicht einmal. Diese Geschichte erschöpft mich momentan nur sehr. Es ist nämlich der Moment gekommen, in welchem ich realisiert habe, dass es für mich nichts mehr zu machen oder gar zu retten gibt und dass ich mein Bestes versucht habe, um Romeres und meine Beziehung leben zu lassen, aber dass ich eben einfach nicht über diesen Fakt hinwegsehen kann. Und ich bin im Moment so verletzt, dass ich auch nichts daran ändern möchte. Ich denke einfach, dass ich Zeit brauche, um zu heilen. Ich muss die Wunde abklingen lassen, ehe ich mir überlege, was ich machen möchte oder was gemacht werden muss.

„Ja", gebe ich zu. Page schließt mich wortlos in ihre Arme. Ich schätze es, dass sie nicht versucht, mir mit Floskeln Komfort zu bieten, weil sie vermutlich weiß, dass keine Worte der Welt rückgängig machen können, was geschehen ist oder heilen können, was in mir kaputt gegangen ist. Das mag vielleicht dramatisch klingen, aber so ist es. Es gibt Tatsachen und das ist eine davon. Sie ist einfach für mich da, weil sie einsieht, dass ich das brauche. Sie umarmt mich, weil sie versteht, dass Nähe und Vertrautheit momentan die einzigen Dinge sind, die mich irgendwie erreichen, weil das genau die Dinge sind, die ich von Romere hatte...bis ich sie eben nicht mehr gehabt habe.

„Oh Audrey", seufzt sie. Brexon steht auf und distanziert sich ein wenig, während er in die Küche geht, womöglich um uns ein wenig Freiraum zu geben, was in meiner kleinen Wohnung tendenziell schwierig ist.

„Es tut mir so unendlich leid, dass sich die Dinge so entwickelt haben. Das ist echt hart."

Ich nicke, weil ich nicht weiß, was ich sonst hätte sagen sollen.

„Ich wünschte, dass ich für dich hätte da sein können."

Ich schüttle sanft den Kopf, während ich nach den richtigen Worten suche.

„Du bist für mich da, Page. Aber es gibt nichts, was du daran hättest ändern können oder wie du mir hättest helfen können. Die Dinge haben sich leider nicht so entwickelt, wie ich es gerne hätte und das ist echt schade, aber das ist vielleicht mein Schicksal. Vielleicht musste es aus irgendeinem verkorksten Grund eben so kommen, wie es nun passiert ist."

Page schluckt schwer, während sie mich mit einem strengen Blick begutachtet.

„Audrey, rede dir bitte nicht ein, dass du das verdient hast. Dem ist nämlich nicht so. Du hast nichts davon verdient. Du verdienst es einfach, glücklich zu sein. All diese...unglücklichen Ereignisse hast du nicht verdient, ja?"

Ich nicke, auch wenn ich nicht wirklich davon überzeugt bin. Ich war glücklich. Nur hatte dieses Glück vielleicht einen Preis.

„Aud, sag mal hast du vielleicht irgendeinen Orangensaft da?", möchte Brexon aus der Küche wissen. Er sieht nicht so aus, als hätte er zugehört oder als würde er nun etwas zu meinem Gespräch mit Page sagen wollen.

„Ja, im Kühlschrank. Page, wenn du möchtest, habe ich dir sogar noch deinen Lieblingsdrink da. An mehr konnte ich leider nicht mehr denken-..."

„Oh das ist nett von dir, Audrey!" Pages Augen leuchten auf, während Brexon sich räuspert.

„Ist da Alkohol drin?"

„Ja, ich meine natürlich ist da Alkohol drin. Es ist immer noch dasselbe Getränk, Brex. Was ist das für eine Frage?"

„Oh", meint Page nur, womit das Leuchten in ihren Augen von einer Sekunde auf die nächste schwindet. Ich runzle verwirrt die Stirn.

„Ist das ein Problem? Oder hast du die alkoholfreie Variante lieber?"

„Nein, das ist es nicht, es ist nur...ich-ich bin schwanger!", verkündet Page. In ihren Augen leuchtet so viel Freude und Glück, dass sie mich damit sofort ansteckt.

„Oh Gott, ehrlich? Wir konnte ich das nur nicht merken?"

Ich umarme sie, während mich auch ein wenig das schlechte Gewissen befällt. Ich habe die ganze Zeit nur über mich gesprochen, sodass ich gar nicht darauf geachtet habe, dass die beiden vielleicht auch Nachriten für mich haben. Vielleicht sind sie deshalb sogar extra hergekommen, zumindest unter anderem. Vielleicht wollten sie mir es lieber persönlich sagen, aber ich habe sie einfach komplett vergessen und stattdessen nur auf mich selbst geachtet.

„Das ist großartig! Ihr habt das absolut verdient!", sage ich trotzdem, statt zu äußern, wie schlecht ich mich tatsächlich fühle. Ich erlaube mir, meine Gefühle für eine Weile an zweite Stelle zu platzieren und mich einfach für die beiden zu freuen. Und das gelingt mir auch, denn in denn nachdem ich das gesagt habe, sprechen wir über das Kind, welches sie erwarten und zum ersten Mal seit das mit Romere ans Licht gekommen ist, schaffe ich es, mich zu freuen und tatsächlich einfach auf etwas anderes als ihn zu konzentrieren.

Ahhh da sehen wir Page und Brex endlich wieder 😍 und sie erwarten ein Kind 😩😩

Wie hat euch das Kapitel gefallen?

Geniesst das Wochenende, wir lesen uns bald wieder 🥰

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