Kapitel 33

Nienná POV

Gilthiel blinzelte. „Geh, mein Kind", hauchte ich und wischte eine Träne von meiner Wange. „Meine Liebe zu dir wird niemals vergehen." Meine Tochter nickte und trottete zu Gandalf hinüber, der ihr eine Hand entgegenstreckte. Zärtlichkeit trat in seinen Blick, als er sie anschaute. Das versetzte mir einen Stich. Normalerweise schenkte er mir genau den gleichen Blick. „Du hast, was du wolltest", erklärte ich. Meine Stimme zitterte immer noch. „Es besteht also kein Grund für einen Kampf." Die Worte hatten kaum meinen Mund verlassen, als der Zauberer schon den Kopf hob. „Frieden wird es erst dann geben, wenn Ihr gerichtet worden seid für Eure Taten", erklärte er. „Elbereth, steh mir bei", hauchte ich. Ich konnte ihn nicht davon überzeugen, dass nicht getan hatte, was auch immer er mir vorwarf. Wie hatte er nur so weit kommen können? Gandalf zu bekämpfen ... Das würde mir im Traum nicht einfallen. Ihn zu verletzen, hieß mich zu verletzen. „Seht mich an, Nienná", befahl er mir. „Wendet den Blick nicht von mir ab. Lasst mich sehen wie das Licht in Euren Augen erlischt!" Wie Dolche schnitten seine Worte in mein Fleisch. „Nein, ich weigere mich gegen dich zu kämpfen", widersprach ich und wich etwas zurück. Gandalf machte im Gegenzug einen Schritt auf mich zu und hob seinen Stab. „Ihr habt keine Wahl! Aus freien Stücken werdet Ihr wohl kaum in den Schatten zurückkehren, Dienerin der Flamme von Udun." Flamme von Udun. So hatte er den Balrog genannt, als er ihn in Moria bekämpft hatte. Die ganze Situation war so falsch. Nichts stimmte mehr. Ein Druck legte sich um meine Kehle. „Wehrt Euch gefälligst", knurrte der weiße Zauberer. „Man spricht nicht von einem Kampf, wenn der Gegner nicht einmal ansatzweise Gegenwehr zeigt." Da begriff ich, was ich tun musste. So sehr es mir auch widerstrebte, es gab keinen anderen Weg. „Na, gut", dachte ich und konzentrierte mich. Meine linke Hand vollführte einen Schlenker und Gandalf zog es von den Füßen. Augenblicklich verschwand der Druck und ich holte tief Luft. „Sehr gut", gratulierte er. „Viel besser, Nienná. Endlich zeigt Ihr Euer wahres Gesicht." Auf einmal lagen ein Bogen mit Köcher neben mir. Mit zitternden Händen hob ich die Waffen auf und befestigte einen Pfeil an der Sehne des Köchers. Gandalf grinste hämisch, während ich den Bogen spannte. „Bildet Euch nicht ein, gewinnen zu können. Ihr seid eine schwache Waldelbin, während ich ein Diener des geheimen Feuers, Gebieter über die Flamme von Anor bin." Meine Kehle fühlte sich wund an. Das Schlucken schmerzte. Gandalf schwang seinen Zauberstab, doch ich sprang rechtzeitig zurück, so dass mich das Feuer verfehlte. Er hatte keine Geheimnisse vor mir. In Lórien hatten wir oft zusammen trainiert, auch wenn ich den Nahkampf nie besonders gut gemeistert hatte. Mein Pfeil peitschte durch die Luft und erwischte die Hand des Zauberers, in der er seinen Stab festhielt. Reflexartig ließ dieser seine Waffe fallen. „Verzeih mir", hauchte ich und schickte den nächsten Pfeil hinterher. Gandalfs Augen wurden groß, doch er konnte nicht ausweichen. Die Spitze des Pfeils bohrte sich in sein Herz. Wie ein Stein fiel er zu Boden und ich sackte in mir zusammen. Schluchzend sank ich auf die Knie und warf den Bogen weg. Was war das hier für eine Prüfung? „Wieso werde ich gezwungen meinen Mann zu töten?", schrie ich. „Valar, was habe ich falsch gemacht?" „Du hast dich deiner größten Angst gestellt, Nienná", verkündete meine Stimme. „Damit ist der Weg zu der Schriftrolle nicht mehr weit." Das tröstete mich nicht wirklich.


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