Kapitel 30
Nienná POV
Meine Tochter lachte und zog an meinem Haar. „Was ist denn?", erkundigte ich mich und drehte mich um. Meine Freude verschwand so schnell wie sie gekommen war. Einer der Nazgûl stand dort, in Gestalt eines schwarzen Reiters. „Gib mir das Elbenmädchen!", befahl er. „Niemals", zischte ich und schob Gilthiel hinter mich. Ein heißeres Lachen entwich meinem Gegenüber. „Mutig, aber das wird dich nicht retten, kleine Hexe. Du kannst mich nicht töten!" „Falsch! Es heißt, dass keines lebenden Mannes Hand dich vernichten könne, doch ich bin kein Mann", korrigierte ich ihn. Der schwarze Reiter neigte leicht den Kopf nach links. „Wie willst du mich töten, wenn du keine Waffe bei dir trägst?", spottete er. „Ich brauche keine Waffe, um dich in den Abgrund zu befördern", knurrte ich und murmelte wenige Worte in der elbischen Sprache. Schon hielt ich einen Feuerball in der rechten Hand. „Beeindruckend. Es mag dich freuen, dass ich nicht hier bin, um dich zu töten, Elbenhexe." „Ach, nein?", höhnte ich und beugte mich leicht vor. „Es mag dir schwer fallen, mir zu glauben, aber ich bin nicht dein Feind hier. Dein wahrer Feind kommt gerade." Die Worte waren kaum verklungen, als sich Gandalf dazu gesellte. Seine Augen waren auf mich gerichtet. Er bleckte leicht die Zähne. „Dachtet Ihr wirklich, Ihr könntet mich so einfach an der Nase herumführen?", grollte er. „Lange Zeit habt Ihr Euer falsches Spiel getrieben, aber nun habe ich endlich die Wahrheit erkannt, Nienná." Er spuckte meinen Namen geradezu aus. Nein. Das hier konnte nicht wahr sein. Ein Schluchzen schüttelte meinen Körper. „Gandalf, Geliebter, wovon redest du?", weinte ich. „Geliebter?", wiederholte er verächtlich. „Ihr habt mich nie geliebt, Nienná. Das alles war nur ein einziges abgekartetes Spiel, damit ich länger in Mittelerde verweile und jetzt gegen Animara kämpfen muss, die mich verschlingen will, um unsterblich zu werden." Tränen flossen wie Sturzbäche meine Wangen hinunter. „Das ist eine Lüge!", versicherte ich ihm. „Warum sollte ich dich zu etwas zwingen, das du nicht möchtest?" „Das ist wirklich eine ausgezeichnete Frage, Nienná!", stellte der Zauberer klar und hob seinen Stab. Ein Druck legte sich um meine Kehle. Das Atmen fiel mir schwer. „Lass mich los", stieß ich hervor. Gandalf gab keine Antwort. Der Ringgeist schritt zu mir hinüber. Eine kalte Hand schloss sich um meine Schultern. „Dein so allseits geschätzter Gandalf schert sich in Wahrheit nicht um diejenigen, die er vorgibt zu lieben", offenbarte er mir. „Er erfreut sich sogar an deren Tod." Da senkte Gandalf seinen Stab. Japsend holte ich tief Luft. „Ihr werdet mir Gilthiel überlassen. Ein so reizendes Kind wie sie hat es nicht verdient, dass ein durchtriebenes Miststück wie Ihr sich seine Mutter schimpft", forderte er. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Er wollte mir meine Tochter rauben. Unsere Tochter. „Das hier bist nicht du. Du würdest so etwas niemals tun und ich weiß, dass deine Worte nicht der Wahrheit entsprechen. Du liebst mich bedingungslos, ebenso wie ich dich. Ein Leben ohne dich ist das verlorenste von allen und wenn du stirbst, möchte ich auch sterben. Ohne dich bin ich nichts, Gandalf", wisperte ich. „Auf Eure Lügen falle ich nicht herein!", erwiderte der Zauberer. „So schön sie sich auch anhören mögen. Jetzt möchte ich meine Tochter haben. Gebt sie mir!" „Niemals", entgegnete ich und schluckte. „Nun, gut, wie Ihr wollt. Dann werdet Ihr mit mir darum kämpfen müssen", entschied Gandalf. Wie bitte? Mein Herz verkrampfte sich. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Noch hatte ich die Wahl. Noch konnte ich wählen. Meine Entscheidung stand. Langsam setzte ich Gilthiel auf dem Boden ab.
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