POV Yuji
Ich weiß nicht, womit ich anfangen soll. Es gibt so viele Dinge, über die ich reden, nachdenken und die ich herausfinden muss.
Allem voran, wohin diese Missgeburten Satoru und Y/N hingebracht haben.
»Wie?«, fragt Megumi leise und steigt über eine Leiche. »Wie sind dieser Penner an den Code für die Türen gekommen.«
Ich mache ebenfalls einen großen Schritt über den Körper und verziehe das Gesicht, als ich in eine Lache Blut trete. Der metallische Geruch im Haus war einfach ekelhaft. »Keine Ahnung, Bro. Echt. Ich kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wer das ausplaudern könnte. Ich meine, selbst diejenigen, die von dem Ort hier wissen, kennen die Zugangscodes nicht und können nur rein, wenn wir sie hereinlassen wollen. Mein verdammter Algorithmus ändert die Kombination regelmäßig und nur du, Satoru und ich bekommen die Daten.«
»Irgendetwas muss ja aber schiefgelaufen sein, oder? Kaitos Männer haben wohl kaum die Zahlen und Buchstaben erraten. An jedem verfickten Eingang. Inklusive dem, den nur wir drei kennen.«
Ich starre mürrisch auf seinen Rücken. »Willst du damit andeuten, dass ich etwas falsch gemacht habe?«
Ich sehe und höre, wie er schnaubt. »Nein, aber dein System.«
Kurz denke ich darüber nach, ihn über die nächste Leiche zu schubsen, lass es dann aber. »Das ist dasselbe, Arschloch. Mein Algorithmus ist zuverlässig. Daran lag es nicht.«
»Würdest du drauf wetten?«
Diesmal schnaube ich. »Jeden verdammten Betrag, Megumi. Sogar mein eigenes Leben würde ich darauf setzen.«
Er wendet sich mir zu, die Haare verwuschelt und verschwitzt. Mit den Fingern will er das Chaos auf seinem Kopf richten, lässt es dann aber. »Was ich meine ist,-«
»Scheiße«, unterbreche ich ihn und gehe an ihm vorbei. Mein Blick ist an ihm abgeschweift und was ich sehe, gefällt mir kein bisschen. »So eine verdammte Scheiße.«
Als wir vorhin im Panik Room angekommen waren und auf Satoru und Y/N gewartet hatten, hatte ich eilig die Kameras und die Systeme der darin installierten Computer hochgefahren. Da aus Sicherheitsgründen, jeder Rechner für jede Cam im Haus einzeln vernetzt ist, hat es etwas gedauert und ich hatte aufgehört, als ich die eine Hälfte des Flurs im Blick hatte, in dem wir jetzt stehen. Megumi und ich hatten hilflos zugesehen, wie drei Mistkerle Y/N und Satoru mitgenommen hatten. Unser Bro bewusstlos und Y/N völlig unter Schock stehend. Sie hatten sie durch den Geheimgang aus dem Safehouse geschleppt, also hatte ich es vorhin nicht für nötig, die anderen Cams im Haus noch einzuschalten. Denn unserer Rechnung nach, waren alle von Kaitos Männern entweder mit ihnen weg, oder tot.
»Verdammte Scheiße«, flüstere ich wieder. Der eigentliche Plan war es gewesen, wenn wir alle in Sicherheit waren, das gesamte Safehouse durch das Belüftungssystem mit einem Nervengift zu füllen und die Angreifer so auszuschalten. Doch das ging natürlich nur, wenn wir alle dort waren. Was ja dummerweise letztlich nie passiert war.
Jetzt kommen Megumi und ich jedenfalls aus der Richtung des Flurs, die die Kamera nur zur Hälfte gezeigt hatte, und mir entkommt bei jedem Schritt ein neuer, leiser Fluch.
Ich gehe in die Knie und als nun auch Megumi zu mir kommt und sieht, warum ich mich so benehme, wird er ganz still.
So still, dass ich zu ihm hochsehe.
Ich kenne diese Art von Schweigen. Diese kalte, berechnende Ruhe und auch weiß ich, was der Blick meines Freundes bedeutet. Er ist mitgenommen. Irgendwie zumindest.
»Oh shit, du hast die kleine Kratzbürste also wirklich gevögelt, oder?« Megumi antwortet nicht, aber das muss er auch nicht. Ich wende mich ab, drehe Triss lebloses Gesicht zu mir und frage: »Hat sie dir etwas bedeutet, oder war das nur so eine, Hass wird zu einem Fick Geschichte?«
»Ich ... weiß nicht. Ich ... Fuck, keine Ahnung. Sie hat mir nichts bedeutet, wenn du das meinst.«
Ich sehe ihm in die Augen. »Hätte sich das ändern können?«
Sein Blick ruht auf dem toten Mädchen mit dem Loch im Kopf. »Möglich.«
Oh, shit, das ist hart. »Geht es dir gut?«, will ich wissen und kneife die Augen leicht zusammen, um eine mögliche Lüge zu erkennen.
Es dauert einen Augenblick, aber Megumi antwortet heißer. »Ja.«
Schlicht und doch aussagekräftig genug, um mir zu sagen, dass es nicht ganz die Wahrheit ist. Dennoch belasse ich es dabei. Ich drehe mich um, sehe mir die toten Augen an und seufze laut. »Wir haben dir gesagt, du sollst bei uns bleiben, du störrisches Weib. Hättest du nur einfach zugehört.« Ich betrachte Y/N Freundin und schließe mit einer Hand ihre Lieder. »Das hast du jetzt davon.« Ich stehe auf und reibe mir über das Gesicht. Dann gehe ich über sie hinweg, Richtung Computerraum.
»Was jetzt?«, höre ich meinen Bro fragen und als ich über die Schulter sehen, hebt er den schlaffen Körper gerade auf. Triss Arme und ihr Kopf wackeln hin und her, als Megumi zu mir aufschließt. Ich frage mich, was er mit der Leiche vorhat und als lese er meine Gedanken, erklärt er: »Wir können sie schlecht hier liegen lassen, oder?«
Dass wir das sehr wohl können und sollten, lasse ich ungesagt und zucke mit der Schulter. »Mach, was du willst, Bro. Aber sie ordnungsgemäß zu entsorgen hat jetzt keine Priorität, Mann.« Er knurrt und ich hebe die Hände. »Du weißt genau, was ich meine. Wir müssen zuerst wissen, was mit Satoru und Y/N passiert ist, bevor wir das mit Triss klären.«
Schweigend laufen wir weiter und als wir ankommen, legt er die Tote auf den Boden. Viel zu vorsichtig, als dass er es sonst getan hätte. Scheiße, denke ich und frage mich, was ich machen kann, um ihm zu helfen. Ich glaube Megumi zwar, wenn er sagt, dass er nichts für Triss fühlt, oder verliebt ist, oder so einen Mist, aber dennoch ist ihm ihr Tod nicht egal.
Später, ermahne ich mich und schwinge mich in den Drehstuhl. Später. Jetzt muss ich Dinge klären. Viele, viele Dinge.
Ich schaue auf den Bildschirm, auf dem immer noch Fortnite läuft, und schalte das Teil wortlos aus. Dann haue ich in die Tasten und lasse sämtliche Mittel durchs Netz jagen, die mir einfallen, um einen Weg zu finden, die Bewegungen der Männer zurückzuverfolgen. Legale sowie illegale. Jedes Programm für Gesichtserkennung, jede Wahrscheinlichkeits-Berechnung für Wege, die sie gegangen sind und noch gehen können, nutze ich. Immer und immer wieder aufs Neue. Aber wie ich es auch mache, drehe und wende, egal, wie oft ich mich in Systeme hacke und nachschaue und forsche, Kaitos Männer haben ihre Spuren zu gut verwischt. Sie haben wohl selbst jemanden an der Angel, der ihre Spuren nahezu vollständig beseitigt hat, und das direkt während sie in Bewegung waren – oder noch sind.
»Fuck!«, rufe ich aus und schlage die Tastatur beiseite. »Das ist doch so was von zum Kotzen, Mann. Diese beschissenen Hurensöhne!«
Alles, was ich nach einer Stunde extrem hacken habe, ist eine Videoaufnahme von einem der Männer, wie er sich seelenruhig einen verdammten Burger in einem billigen Mc Donalds holt. Mehr nicht.
»Was machen wir jetzt?« Megumi beugt sich hinter mir über den Stuhl und ragt über meiner Schulter auf. Seine Miene ist beschissen angespannt und blass, wodurch die Blutspritzer in seinem Gesicht fast scharlachrot wirken. Ich schalte den PC aus und erkenne, dass auch mein Gesicht mit Blut und wahrscheinlich auch Hirnmasse besudelt ist.
Ich hebe mein Shirt an und wische mir den Scheiß aus der Visage. »Jetzt, mein Lieber, machen wir etwas, worauf weder du noch ich Lust haben.«
Er sieht auf mich herab und ich versuche zu grinsen, als er schlussfolgert: »Du willst zu ihr, oder?«
»Jap.«
»Fuck.«
»Jap. Aber unsere liebe Mama im Geiste, ist die Einzige, die uns jetzt weiterhelfen kann. Wenn überhaupt.«
»Und wenn sie das nicht kann? Oder will?«
»Dann sitzen wir richtig in der Scheiße und die Chance, unseren Bro und sein Häschen zu finden, sinken in einen Bereich, der im Prinzip ihr Todesurteil wäre.« Megumi ist still, sieht zu Triss auf dem Boden, erhebt sich und dehnt seinen Nacken. »Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kaito einen der beiden in den nächsten vierundzwanzig Stunden abknallt?«
Ich zucke mit der Schulter. »So, wie ich es sehe, eher gering. Ich nehme an, der Motherfucker will erst mal seine Rache genießen. Ich zumindest würde es an seiner Stelle wollen. Warum fragst du?«
Er geht wieder zu Triss und wirft sich nach einem langen Blick auf sie, ihren Körper wie einen Sack über die Schulter. »Hol eine Schaufel, Yuji.«
»Bro, wir-«.
»Hol. Eine. Schaufel.«
Ich sehe ihm nach, als er aus dem Zimmer geht, und schüttle den Kopf. Megumi mag immer so tun, als sei ihm alles egal und er der perfekte Killer, aber in Wirklichkeit, ist er wohl der sensibelste von uns allen. Der mit dem Herz aus Stein, in dem ein goldener Kern glüht.
Ich atme tief ein und hoffe, Satoru vergibt mir die Stunden, die uns das kostet. Und auch hoffe ich, dass Megumi sie sich vergeben wird, wenn wir wegen des unnötigen Verscharrens der Tussi, zu späte kommen und einer verletzt wird. Oder schlimmer noch.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top