POV Y/N
Diese blöden Bastarde haben mir tatsächlich Regeln auferlegt, wie ich mit meinem eigenen, verdammten Handy umzugehen habe.
»Scheißkerle«, nuschle ich und tippe meinen Code ein. »Blöde, bescheuerte Scheißkerle.«
In Gedanken gehe ich diese dummen Regeln durch und schnaube.
Nummer eins: Keine Anrufe.
Nummer zwei: Keine Nachrichten.
Nummer drei: Generell keinerlei Kontakt zu irgendwem.
Das sind die Bedingungen dafür, dass ich mein eigenes Zeug wiederbekommen habe. Vorsichtig, um ja keinen Lärm zu machen, tappe ich Barfuß und endlich wieder in meinem Schlafanzug, durch das Luxushaus in die Wohnküche – die ungefähr so groß ist, wie meine gesamte Wohnung. Es ist Dunkel, aber der Mond scheint hell, sodass ich alles ganz gut sehen kann und kein Licht brauche. Ich ziehe behutsam ich die Tür des Kühlschranks auf und angle dann die Milch aus einem Fach. Dabei lass ich mich meinen Blick auf die Köstlichkeiten gleiten, die dort verteilt liegen. Mein Magen knurrt, aber ich ignoriere es und mache den Kasten zu.
Ich war vorhin zitternd aus einem Albtraum aufgewacht und hatte dann fluchtartig das Zimmer verlassen – denn neben mir im Bett, hatte Satoru gelegen. Oben ohne, scheinbar vollkommen zufrieden und tief und fest schlafend. Die gleichmäßige Atmung und das Heben und Senken, des Verbandes an seinem Bauch, hatte ich mir genau so lange angesehen, bis ich das Bedürfnis verspürt hatte, ihm über seine Wunde zu streichen. Sie wegzuwischen und ihm seine Schmerzen zu nehmen. Auch wenn er mir und wahrscheinlich sich selbst nicht eingesteht, dass er überhaupt welche hat.
Jedenfalls habe ich da gemerkt, dass ich sofort weg von ihm musste. Zärtlichkeiten mit dem Mann auszutauschen, der voller Zufriedenheit damit leben kann, für Geld, Menschen zu töten, steht ganz unten auf meiner Liste an Dingen, die ich unternehmen will.
Sex? Ja. Gefühle? Definitiv ein großes Nein.
Ich lege mein geliebtes Smartphone kurz auf den Tresen, schüttle das Bild von seinem Körper ab und fülle mir ein Glas ein, bevor ich es wieder nehme, auf den Balkon gehe und mich auf die extravagante Sofalandschaft setzte. Ich nehme einen Schluck, stelle die Milch ab und betrachte den Regen, der Prasselns auf die Überdachung fällt, die das Mobiliar schützt.
»Ich bin eingesperrt. In einem Haus mit drei Killern und das, weil mich irgendein Kerl in die Hände bekommen will, den ich nicht kenne«, flüstere ich mir selbst zu. »Schöne Scheiße, Y/N. Und jetzt?«
Mein Blick huscht von der Überdachung zu meinem Smartphone, – das ich vor lauter Erschöpfung, vor dem Schlafen nicht hatte in die Hände genommen – und nach kurzer Überlegung, grinse ich verschlagen. Ich öffne meine Kontakte und plane also demnach, ihre bescheuerten Regeln direkt mal zu brechen, kurz nachdem die herrischen Kerle mir sie auferlegt haben.
Was macht schon ein kurzes Telefonat?
Immerhin muss ich zumindest meiner besten Freundin Bescheid geben, dass ich okay bin. Ich werde ihr einfach nicht sagen, wo ich bin, aber sehr wohl, dass es mir gut geht und sie sich keine Sorgen machen braucht. Und damit ist dann alles wunderbar. Oder? Was sollte da schief gehen? Sie hatte ja weder was mit Satoru, Megumi und Yuji zu schaffen, noch mit diesem Kaito. Er weiß ja nicht, dass ich und Triss befreundet sind.
Als ich in die App gehe, klappt mir allerdings der Mund auf, und ich richte mich ruckartig in eine sitzende Position. Ich blinzle, wechsle in die nächste App, dann die nächste und als ich alle geöffnet habe, fluche ich durch zusammengebissene Zähne. »Arschlöcher!«
Diese blöden Schweine habe wirklich jeden einzelnen Kontakt aus meiner Liste gelöscht. Alle, bis auf sich selbst, die sie wohl eingespeichert haben. Und nicht nur das, sie haben das verdammte Gerät auf Werkseinstellungen zurückgesetzt und einen Blocker dafür eingerichtet, dass ich Apps für soziale Medien herunterladen, beziehungsweise, mich mit meinen Accounts anmelden kann. Kein Instagram, kein Facebook, kein Twitter und oder Snapchat ... kein gar nicht. Egal, was ich auch mache, ich komme nicht rein und die Anmeldung scheitert.
Ich versuche es mehrmals, aber immer wenn ich auf den Button für den Download oder die Anmeldung drücke, erscheint ein dummer Emoji, der den Kopf schüttelt und mir dann den Mittelfinger zeigt.
Ich fluche genervt. Es ist echt nicht lustig, das Yuji scheinbar ein verdammt guter Hacker ist. Und auch nicht, dass sich der Penner scheinbar für besonders witzig hält.
Einige Minuten sehe ich auf mein nutzloses Handy. Ich starre das Ding emotionsgeladen nieder und dann ...
»Oh, Y/N, du bist wirklich die dümmste Person der Welt!«, sage ich etwas zu laut, und hebe mir den Mund zu. Doch eine kleines Lachen, kann ich nicht zurückhalten. »Also echt. Wie wenig Verstand kann man haben?«
Woran diese ach so tollen, gebieterischen Männer wohl nicht gedacht haben, ist, dass ich meine Kontakte gar nicht brauche. Zumindest nicht die meiner besten Freundin. Triss Nummer kannte ich nämlich auswendig, und so steuere ich direkt in den Messenger.
Hey, tippe ich, weil ich nicht so genau, wie ich anfangen soll. Was sagt man auch zu seiner Freundin, wenn man einfach so verschwunden ist.
Es dauert auch um diese Uhrzeit nicht lange und eine Antwort trudelt ein.
Wer ist da? Woher hast du meine Nummer?
Ich runzle die Stirn und dann kommt mir der Gedanke, dass meine Kerkermeister nicht nur das ganze Gerät zurückgesetzt, sondern eventuell auch meine Nummer geändert haben.
Ich schüttle den Kopf und antworte: Ich bin es ... Y/N.
Y/N?!
Deine beste Freundin. Erinnerst du dich? Ich versuche, gleich etwas Witz in die Konversation zu bringen, denn ich kann mir nur zu gut denken, wie Triss drauf ist. Und wie zu erwarten, liest sich ihre Antwort nicht unbedingt erfreut.
Sag mal, verarschst du mich?
Nein. Ich bin's.
Ey, gehts noch? Warum hast du eine neue Nummer? Und viel wichtiger? WO ZUM TEUFEL BIST DU?
Bevor ich antworten kann, klingelt das Telefon und ich fluche. Blitzschnell schalte ich auf stumm, drücke den Anruf weg und sehe mich um. Zu meinem Glück hat scheinbar niemand etwas mitbekommen. Doch auch die anderen beiden Anrufe von Triss lehne ich ab.
Stattdessen texte ich: Ich kann gerade nicht telefonieren, Triss. Hier schlafen alle.
WAS? Ey geht's noch? Wer sind denn bitte alle?
Lass es mich erklären.
Das ist ja wohl auch das Mindeste, Y/N? Du bist zeit Tagen verschwunden! VERSCHWUNDEN!!! SPURLOS!!! Weißt du, was für sorgen ich mir gemacht habe? Wir alle?
Ich seufze. Ich kann es mir vorstellen, Aber mir geht es gut.
Erklärung. Jetzt.
Ich setzte an, doch plötzlich weiß ich nicht recht, was ich sagen, oder wie ich das erklären kann. Immerhin kann ich die Wahrheit nicht ausplaudern. Ich bin nicht dumm und habe die Schießerei sicher nicht vergessen. Was hier abgeht, ist gefährlich, so viel steht ganz sicher fest. Was Satoru mir alles gesagt hat, glaube ich ihm tatsächlich. Und ob es mir gefällt oder nicht, Triss zu sagen, wo ich gerade war und was los ist, scheint keine gute Idee zu sein. Zumal ich keine Ahnung habe, wo ich genau bin.
Ich runzle die Stirn und nur, um zu sehen, ob es geht, versuche ich den Standort mit dem Handy zu bestimmen.
»War ja klar«, murre ich und verdrehe die Augen, weil es nicht funktioniert. »Wäre ja auch zu schön gewesen.«
Dennoch muss ich meiner Freundin zumindest eine Erklärung liefern, die ihr die Sorge etwas nimmt. Ein Schnauben entkommt mir, als mir letztlich klar wird, dass ich meine beste Freundin anlügen muss. Das ist etwas, das ich nur sehr ungern tue und in unsere Freundschaft nur ungefähr drei Mal passiert ist.
Ich bin mit Satoru und zwei seiner Freunde weg.
Bitte was?! Du meinst, die, die auch damals im Diamantraum waren? Mit denen bist du weg?
Bevor du dich unnötig aufregst, lass mich dir bitte sagen, dass es nicht so ist, wie es sich anhört?
Na dann bin ich doch mal gespannt. Für mich hört es sich nämlich so an, als seist du ohne ein verdammtest Wort zu sagen, an dem Tag nach deinem letzten Kunden angehauen, um ... ja was? Ein romantisches Wochenende voller Vögelei mit Mr. Unbekannt und seinen Boys zu verbringen.
Sie ist einfach unverbesserlich. Aber ... Ohne es zu wollen, hat Triss mir gerade eine wunderbare Ausrede geliefert. Und obwohl ich es nicht gerne mache, beschließe ich, die Freundinnen-Karte auszuspielen.
Du hast gesagt, du verurteilst mich nicht mehr, wenn es um Satoru geht. Schon vergessen, Triss? Es kommt keine Antwort, also tippe ich noch eine Nachricht: Hör zu, Satoru und einer seine dämlichen Freunde, haben mich nach der Schicht vor einem aufdringlichen Kerl gerettet. Und ... sie haben mir angeboten, einen kleinen Kurztrip zu unternehmen. Ganz spontan.
Und da hast du einfach Mel gedacht: Hey, warum eigentlich nicht?
Ja, ich habe zugesagt. Ganz impulsiv und vor allem, ohne großartig nachzudenken.
Wie mir scheint, fordert dieser Badboy deine Spontanität ganz schön raus.
Ist das schlimm, frage ich sie und erwarte eigentlich, dass sie nicht darauf antwortet. Ich habe recht.
Warum bist du mit?
Wie gesagt, es war eine ungeplante Entscheidung. Aber im Nachhinein denke ich, dass mir ein Urlaub ganz guttut. Außerdem will ich herausfinden, was das mit Satoru ist. Ich will ... ihn kennenlernen, okay? Kannst du das bitte akzeptieren, ohne Vorurteile zu haben.
Nein. Aber .... Die nächste Nachricht lässt auf sich warten. Dann erscheint simpel: Aber ich versuche es.
Danke, schreibe ich und meine es Ernst. Es ist schön, dass du mich verstehst.
So weit würde ich nicht gehen, Y/N. Verständnis werde ich das nicht. Mann, das hört sich wie der Anfang eines Horrorfilms. Findest du nicht? Junges Mädchen wird von sexy Typen eingeladen und dann vergewaltigt, gefoltert und im Wald vergraben.
Wir sind tatsächlich in einem Wald, erkläre ich und sende einen lachenden Emoji hinterher. Ne ziemlich angeberische Hütte. Mit Kino und Pool und so.
Oh ... das ist ja total romantisch und gar nicht besorgniserregend. Shit Y/N, was du da machst, ist schon ein bisschen krank.
»Wenn du wüsstest«, raune ich, reibe mir das Gesicht und antworte: Ach was. Halb so wild.
Hast du denn weniges Spaß?
Ich grinse, weil ich weiß, dass sie sich alle Mühe gibt, mir nicht ihre echte Meinung zu sagen. Schon irgendwie.
Wow, das hört sich ja euphorisch an. Ist der Kerl so schlecht im Bett? Oder bist du dabei, gleich alle drei ranzulassen?
Geht's noch? Dezente Erinnerungen an meinen Traum flammen auf und ich blinzle. Für was für ein Flittchen hältst du mich eigentlich?
Hey, die sind schon heiß, das streite ich nicht ab. Ich an deine Stelle – wenn ich jemals so dumm wäre, einen Ausflug mit drei Fremden zu machen – würde mich durchprobieren. Kann doch sein das die anderen beiden Hübschen, auch was drauf haben?
Wer ist jetzt das Flittchen?
Es kommen erst mehrere lachende Smiley und ein Mittelfinger an, bevor der Text ankommt. Aber diesen Satoru hat du endlich rangelassen, wie ich annehme? Oder begnügt sich der Kerl weiter damit, dir die Pussy zu lecken und dich zu fingern?
Nein, das tut er nicht, schreibe ich und schlucke bei dem Gedanken. Und nur fürs Protokoll, er ist ...
Bombastisch im Bett? Kann phänomenal mit seinem Schwanz und seinen Fingern umgehen? Weiß wie man welterschütternden Sex hat?
Satoru ist echt ganz gut, tippe ich und atme tief aus.
Gott, ganz gut ist die Untertreibung des Jahrhunderts! Mit Satoru zu schlafen, war Wahnsinn gewesen und obwohl ich immer noch an meinem geistigen Zustand zweifle, weiß ich, dass es mich abhängig machen würde, wenn es immer so gut ist.
Plötzlich spüre ich Satoru wieder. Seine Hände, seine Zunge, seinen Schwanz, ganz tief in mir. Ich merkte, wie meine Wange heiß wird und sich ein verräterisches Pochen zwischen meinen Schenkeln ankündigt, als ich diesen Moment noch mal im Geiste erlebe.
Mist, allein der Gedanke daran, macht mich so geil, dass ich am liebsten jetzt sofort ins Bett krabbeln, und ihn anbetteln will, dass er mich wieder so fickt. Genau so. Aber ich tue es nicht und atme mehrmals ruhig ein und aus.
Sie sendet mir ein Emoji, dass die Augen verdreht. Ganz gut? Wenn er im Bett nichts taugt, dann komm zurück. Oder probier halt doch den dunkelhaarigen Leckerbissen aus.
Nein, zu beidem. Ich will noch bleiben und ganz sicher werde ich weder mit Megumi, noch mit Yuji ins Bett steigen, Triss.
Wie du willst, Y/N. Und wie lange bist du noch weg?
Diesmal bin ich ehrlich und sage: Ich habe ich keine Ahnung.
Shit, Y/N. Wie hast du dir das denn vorgestellt. Was ist mit dem Club? Du hast eine Arbeit. Was soll ich denn dem Chef sagen, warum du nicht kommst?
Augenblicklich versteife ich mich und Angst setzt sich fest. So genau habe ich darüber gar nicht nachgedacht. »Shit. Shit. Shit.«
»Erwischt«, sagt jemand links von mir. »Wer ist denn da ein unartiges Mädchen?«
Ich erschrecke so sehr, dass ich einmal schrill aufschreie. Und drehe mich ruckartig herum. Das Handy fällt mir aus der Hand und ich zische einen Fluch, als das Ding auf den Steinboden des Balkons fällt. Yuji sieht mir zu, wie ich es schnell wie eine Natter aufhebe und dann, betrachtet er mich, wie ich ihn anstarre.
Er grinst wie ein Raubtierlächeln und flüstert: »Du kannst deiner Freundin sagen, dass das mit deinem Boss geklärt ist.«
»Woher ...«
»Woher ich weiß, was du schreibst?«
Ich nicke automatisch und Yuji, der dümmlich grinst, hebt ein Handy hoch. Er wackelt das Gerät in den Händen, doch ich kann sehen, dass dort ein Chatverlauf zu sehen ist. »Alles, was du damit machst«, erklärt er locker und lehnt sich an den Türrahmen, »sehe ich hier.« Wieder wackelt das Smartphone in seiner Tasche.
Totales Entsetzen packt mich und mir klappt der Mund auf. Dann kommt wie Empörung. »Du spinnst doch, du Penner. Das geht echt zu weit.«
Seine Braue hebt sich amüsiert. »Weiter als die Kamera in der Dusche?« Mir klappt der Mund auf, aber er hebt bei meinem Gesichtsausdruck abwehrend sie Hände. »Kleiner Scherz. Aber mal ernsthaft. Süße. Du hast dein Handy keine zwei Stunden, und schon brichst du die Regeln?«
»Regel, die ihr aufgestellt habt.«
»Regeln«, wiederholt er und ist mit einem Mal ganz ernst. »Die uns den Arsch retten.«
Ich schnaube und starre ihn an. »Wie viel hast du gelesen?«
Yuji kommt näher, und zaubert im Gehen eine Schachtel Zigaretten aus seiner Hose. »Alles natürlich.«
Ich schnaube und sehe auf die Packung, die er mir hin hebt. Erst zögere ich, doch dann greife ich zu. Ich rauche selten, bis gar nicht, aber irgendwie ... Scheint mir das ein guter Moment zu sein.
Er grinst und beugt sich vor, um mir mit dem Feuerzeug die Kippe zu entzünden. »Hätte dich nicht für einen Raucher gehalten.«
»Und ich dich nicht für einen Wichser, der mein Handy kontrolliert.«
Yuji lacht, hebt die Hand mit der Zigarette und deutet mit dem Kopf Richtung Haus. »Hunger?«
»Es ist mitten in der Nacht.«
»Und?«
Mein Magen knurrt, noch ehe ich verneinen und ihm sagen kann, dass er abhauen soll. Sein Lachen quittiere ich mit einem bösen Blick. Dann stehe ich auf und laufe an dem Rotschopf – der auch deutlich größer ist als ich – vorbei. Dabei ziehe ich an der Kippe und blase ihm den Rauch ins Gesicht. »Du kochst.«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top