POV Y/N

»Hey Y/N«, ruft jemand und ich drehe mich um. Nicht mal seinen verdammten Feierabend kann man in Ruhe genießen. Ich seufze und trinke das Glas Wasser leer, das vor mir steht.Mein Blick huscht hilfesuchend zu James, doch der blonde Muskelberg von Barkeeper poliert nur weiter seine Cocktailgläser und zwinkert mir zu.

Mir entkommt noch mal ein Seufzen, doch er schüttelt nur den Kopf und verweigerte mir weiter die Hilfe. »Sie ist deine Freundin, nicht meine.«

»Beste Freundin«, verbessere ich ihn und er lehnt sich zu mir vor.

»Noch ein Grund mehr, warum sie dein Problem ist.«

Ich sehe zu Triss, die mich zu sich winkt und mir mehr als deutlich gestikuliert, das ich meinen Arsch zu ihr schwingen soll. »Man sollte doch meinen, dass ein Mann wie du, Ende dreißig und gebaut wie ein Stier, keine Angst vor einer Frau haben sollte.« Ich drehe mich wieder zu ihm, nachdem ich Triss mit einer Geste versichert habe, dass ich sofort bei ihr bin.

James lacht und winkt gelassen ab. »Ich bin zwar stark und kann einiges wegstecken, aber Lebensmüde bin ich nicht, Y/N. Triss ist die Art Frau, mit der sich nur ein Schwachkopf anlegt. Die zerreißt mich in der Luft, wenn ich ihr dumm kommen würde.« Der Bär kichert über seinen eigenen Witz und schüttelt dann den Kopf. »Und die macht mich auch fertig, wenn ich dich länger hier am Tresen festhalte. Also mach schon und rette mich, indem du jetzt verschwindest.«

»Nett«, sage ich murmelnd und deute auf den Tequila. »Schenk mir einen ein und ich hau ab.«James sieht erst mich fragend an und dann die LED-Wanduhr. Er schein zu rechnen, nickt aber dann und schenkt mir einen Shot ein. Es ist süß, dass er sich um mich kümmert. Um uns alle. Denn die Regeln sind eindeutig: kein Alkohol für die Tänzerinnen, während der Schicht.Diese Regel ist eine von vielen aber mitunter die Wichtigste, denn um diesen Job hier sicher zu erledigen und gut abzuliefern, ist ein klarer Kopf zwingend notwendig. Immerhin waren wir hier im ›Halleluja‹ und nicht in einem dieser Schuppen, wo die Stripper genauso voll sind, wie die Besucher.

»Y/N!«, ruft Triss wieder und stemmt die Hände in die üppigen Polster ihrer Hüfte. Ihr metallisch glänzender BH und der passende String mitsamt Strapse und High Heels blenden mich fast schon, selbst aus der Entfernung. »Jetzt komm endlich her!«

Der Tequila brennt mir im Hals, doch ich stehe auf und schüttle den Kopf. »Auf in den Kampf.«James wünscht mir viel Glück und ich tappe durch den Laden, direkt auf meine beste Freundin zu.Dabei sehe ich mich kurz um.Es ist nur wenig los und gerade mal an zwei Tischen sitzen Kunden. Diese starrten jedoch begierig auf die Bühne, auf der gerade Selina die Stange hinabrutschte und die Beine in die Luft schwang. Sie zwinkert mir zu, als ich vorbeilaufe, und streicht sich über die bereits nackten Brüste. Einer der Männer pfeift und im vorbeigehen sehe ich, wie seine Hose sich ausbeult. Ich grinse und nickte Selina zu, die daraufhin genüsslich und angespornt von der Reaktion des Mannes in ihren Nippel kneift. Ich verkneife mir ein Kichern, als der Kunde aufstöhnt und mehrere Scheine auf die Bühne wirft.

»Wow, Baby! Du bist der Hammer. Los, zieh dein Höschen für mich aus und zeig mir deine Muschi.«

Ich laufe weiter und erreiche Triss, die mit verzogenen Lippen ebenfalls zur Bühne schaut.»Was?«, frage ich, als ich bei ihr ankomme und sie mustere. Es ist deutlich zu sehen, dass ihr etwas gegen den Strich geht.

Sie wendet den Blick nicht ab, als sie mir antwortet. »Warum haben die sich nur heute alle einen Narren an der Butch gefressen?«

Ich schaue sie belustigt an und sehe dann kurz zu Selina, die gerade auf der Bühne krabbelt und sich das Geld in den Slip steckt. »Haben sie das?«Triss schnaubt und sie wendet sich wieder mir zu. Ihre Brüste wackeln dabei und ich weiß sehr genau, dass sie sicher genauso viel Trinkgeld bekommen hat, wie Selina. Wenn nicht sogar mehr. Dennoch necke ich sie. »Eifersüchtig?«

Triss wirft ihre langen, gewellten blonden Haare zurück und schnalzt mit der Zunge. »Auf die dumme Kuh? Niemals.«

Ich verkneife mir ein Kommentar darüber, dass Selina eine sehr nette Kollegin ist, die einen guten Job macht, um damit ihre zweijährigen Zwillinge zu ernähren. Da ich aber weiß, dass ich gegen eine Wand renne, wenn ich ihr das versuche zu erklären, bleibe ich still.»Was gibts denn?«, frage ich stattdessen und lenke ihren missmutigen Blick auf mich. »Ich habe Feierabend, Triss. Was es also auch ist, kann das nicht bis morgen warten?«

Ihre braunen Augen richten sich auf mich und wie immer funkeln sie, als sie mich ansieht. Von oben bis unten.

»Da ist jemand in der Leitung«, erklärt sie, als sie meine Musterung abgehakt hat. »Es geht um einen Termin morgen.«

»Ein bisschen genauer bitte?«

»Irgendwas wegen einer Buchung, die du letzte Woche abgesagt hattest. Der Typ hängt noch in der Leitung, also ...«Ich weite die Augen und werfe die Hände hoch. »Und da lässt du ihn drin, statt ihm zu sagen, dass ich zurückrufe? Herrgott, Triss«, fauche ich sie an und laufe bereits Richtung Büro im hinteren Bereich des Ladens. »Was macht das denn für einen Eindruck?«

»Hey«, verteidigt sie sich und macht Anstalten mitzukommen. »Der hat drauf bestanden zu warten und mit dem Manager zu sprechen.«

Ich schnaube und sehe sie böse an, als sie mir weiter folgen möchte. Mit der Hand zeige ich auf die Show im Tanzbereich. »Selina ist gleich fertig. Mach dich breit, Triss. Du bist heute der Abschlussakt.«Damit lasse ich sie stehen und gehe los.Ich nehme den Hörer und atme einmal tief durch. Die Leitung zu schmeißen, ist nicht immer einfach und fordert wie jetzt auch, oft noch einige Stunden nach Schichtende meine Aufmerksamkeit. Denn ich war nicht nur Tänzerin hier, sondern leitete auch im Auftrag von Billy das ›Halleluja‹.Und ich liebte es.Mein Blick gleitet kurz in den Spiegel und ich betrachte mein Gesicht. Ich war müde und so sah ich auch aus. Mein sexy Outfit hatte ich vorhin schon gegen eine gemütliche Jeans und ein Tanktop getauscht. Mein dunkelbraunes Haar war zu einem Dutt hochgesteckt, doch obwohl ich komplett abgeschickt bin, finde ich noch Glitter zwischen den Strähnen. Ich grinste. Das Zeug bleibt echt überall hängen, gehört aber einfach zum Job dazu.Mich auf den Drehstuhl setzend, drücke ich den Knopf und Hebe den Hörer an mein Ohr.»Y/N am Apparat, wie kann ich Ihnen Hefen?«

Die Leitung knackt kurz, doch dann sagt jemand: »Ich möchte den Manager sprechen.«

»Ich bin der Manager«, erkläre ich und rolle die Augen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kunden zuerst davon ausgehen, es muss ein Mann sein, der das ›Halleluja‹ schmiss. »Mit wem habe ich das Vergnügen?«

»Es geht um den Termin morgen Abend«, spricht die tiefe Stimme am Ender der Leitung einfach weiter, ohne mir zu antworten. Auch das ist normal. Vielen muss ich erst klarmachen, dass das ›Halleluja‹ kein billiger Club ist, bei dem man unter falschen Namen Shows buchen kann.

»Das wurde mir schon zugetragen-«, erwiderte ich ruhig und professionell. »Aber ich kann Ihnen leider nicht helfen, wenn ich ihren Namen nicht kenne. Als Alternative, würde auch die Buchungsnummer genügen, die sie mit der Bestätigungsmail bekommen haben.«Stille. Dann höre ich jemanden ausatmen und es kommt mir so vor, als würde ich ein Grinsen heraushören. »729 G 77.«

Ich rolle mit den Augen, klappe den Laptop auf und tippe die Nummer ein. Dabei lasse ich mir extra viel Zeit. »Aha, da haben wir sie ja. Also Mr. Fushigoru«, betone ich seinen Namen und bin mir jetzt absolut sicher, ein Lachen zu hören. »Was stimmt denn mit der Buchung nicht.«

»Sie wurde abgesagt und mir wurden Ausweichtermine angeboten.«

»So ist es«, sage ich und sehe mir die Daten sowie die Mail an, die ich ihm gesendet hatte. »Haben Sie sich für einen Neuen entscheiden?«

»Nein«, antwortet er knapp und ich höre eine Autotür zuknallen. »Nein, es muss morgen sein.«

»Leider wird das nicht machbar sein, Mr. Fushigoru.« Mit ruhiger Stimme erkläre ich dem Mann noch mal, was ich in der Mail bereits geschrieben hatte. »Die Tänzerin, die sie gebucht hatten, Missy, ist leider krank.«

»Dann nehmen wir eben eine andere.«

Ich atme tief ein, denn auch warum das nicht geht, habe ich dem Kerl schon in der Mail erklärt. »Leider sind alle meine Mädchen ausgebucht. Ich kann Ihnen keine Dame für eine Privatshow anbieten. Was ich aber tun kann«, versuche ich ihm anzubieten, »ist, Ihnen einen Tisch für drei Personen im Klubbereich zu reservieren. Dort können sie die Mädchen sehr gut tanzen sehen und es besteht die Möglichkeit-«

»Das ist keine Option«, unterbricht mich der Kunde und ich höre die Unzufriedenheit deutlich heraus. »Ich will, was ich gebucht habe. Und das ist eine private Show für drei Personen im Diamantseparee. Und das zu dem Zeitpunkt, den ich gebucht habe.«»Ich-«

»Es ist mir scheißegal, wie sie das machen, nur tun sie es.«

Die Leitung tutet, ich nehme den Hörer vom Ohr und blinzle das Teil an. Hat der Penner aufgelegt? Echt jetzt? »Arschloch«, maule ich und donner den Hörer auf das Gerät. »Was glaubt der Mistkerl eigentlich, wer er ist?«Flink suche ich in der Mail die Nummer, um dem Drecksack zu sagen, das er und seine zwei Freunde gar nicht erst kommen brauchen, aber dann fällt mein Blick auf den Betrag, der er überwiesen hat. Meine Augen weiten sich, als mir angezeigt wird, dass er just in dem Moment eine neue Summe gesendet hat. Es ist das doppelte von dem, was er schon bezahlt hat. Nach hinten sackend betrachte ich den Betrag und seufze.»Ich hasse diese reichen Jungs, die denken, dass sie mit genug Kohle die Welt kaufen können«, rede ich mit mir selbst weiß jedoch bereits, dass sich das ›Halleluja‹ eine Absage nicht mehr leisten kann. Um ehrlich zu sein, kann ich es mir auch nicht erlauben. Denn ich weiß, sehr genau, dass reiche Männer meistens gutes Trinkgeld geben. Und ich wäre dumm, diese Bereitwilligkeit Geld auszugeben, nicht auszunutzen. Selbst wenn es mich meinen freien Tag kostet.

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