26. Die Liebe findet immer einen Weg

🔹🔸🔷🔸🔹

"Mama, ich bin in Naruto verliebt.
Und ich glaube, ich habe es ruiniert."

Sasuke weint einen Fluss aus Tränen.
Und es ist peinlich, es ist erbärmlich, schämt sich zutiefst für seinen Liebeskummer.
Aber er kann die ungeschönte Wahrheit nicht mehr zurückhalten, die in einem unkontrollierten Schwall, verzweifelter Tränen, aus seinem Mund fällt, als er seine sanftmütige Mutter sieht und wie sie ihn voller Mitgefühl hält.

Und es ist auch das erste Mal, dass er es ausspricht.
Das erste Mal, dass er es einer anderen Person gesteht.
Aber sobald die Worte frei sind, rutscht eine riesige Bergkette von seinen Schultern und in Sekundenschnelle ist er nichts weiter,
als ein ganz normaler Teenager,
der spätabends, an die Brust seiner liebenden Mutter weint, ohne Ahnung wie er das wieder richten soll.

Entfernt bemerkt er, wie sie, mitfühlend über seinen Kopf streicht und dann genau das letzte sagt, was er erwartet hat, als sie mit ihrer sanften Stimme antwortet:
"Ich denke, das wusste ich schon.
Und ich bin froh, dass du es mir endlich anvertraut hast."

Sasukes Kopf hebt sich, Tränen hängen an seinen Wimpern und er schnieft klein:
"Dads ich es ruiniert habe?"

"Nein, mein kleiner Liebling...", lacht sie mild und streicht ihm die vielen Tränen aus dem Gesicht.
"Dass du in Naruto verliebt bist."

"Aber woher...", fragt er nass und reibt sich über die roten Augen, um wieder eine klare Sicht zu bekommen, damit er ihr vom dunklen Flur in die verlassene Küche folgen kann.
Sie macht das Licht über dem Herd an und lässt den Rest aus, worüber Sasuke froh ist. Es gibt ihm eine gewisse Geborgenheit, nicht von der grellen Deckenleuchte angestrahlt zu werden, wie in einem Verhör.
Die Abzugshaube reicht völlig aus, dass sie aneinander sehen können, während sie sich am Tisch gegenüber sitzen.

Seine Mutter macht ein super nachsichtiges Gesicht. Das Gesicht, was sie früher immer aufsetzte, als er noch klein und tapsig war.
"Ich bin deine Mutter, mein Spatz.
Ich kenne dich, seit der Minute, als du schmollend und schreiend in diese Welt kamst.
Und deswegen wusste ich auch...", spricht sie mit unheimlich viel Wärme in der Stimme.
"Dass dich in letzter Zeit etwas beschäftigt hat.
Und es war nicht die Idee, dass Naruto mal wieder in irgendetwas besser sein könnte,
als du."

"So kann man nicht rausfinden, dass man verliebt ist", murmelt Sasuke, während er seine laufende Nase, an seinem Ärmel abschmiert.

Sie lacht.
"Natürlich hat auch geholfen, dass ich deine Bettwäsche wasche, mein Spatz.
Dein Bruder hatte wenigstens noch die Weitsicht, seine benutzen Sachen selbst zu waschen."

"Du weißt auch... davon?"
Von... von..."
Und ignoriert den peinlichen Umstand, das sie vielleicht in einen Cocktail aus Gleitgeld und Körperflüssigkeiten, gefasst haben könnte, als sie sein Bett abzog. Von Naruto und ihm.

"...Shisui?", beendet seine Mutter den Satz für ihn und verrät amüsiert:
"Ihr seid eben nicht so subtil, wie ihr immer denkt. Und dabei möchte ich noch nicht einmal die plötzliche Beliebtheit unserer Waschküche erwähnen."

Scheiße.
Die Frau weiß einfach das ganze verdammte Ding!
Beschämt blickt Sasuke weg und murmelt:
"Wie auch immer. Naruto geht wahrscheinlich jetzt sowieso lieber mit Hinata aus. Also hat Niisan die Waschküche wieder für sich."

Mikoto schmunzelt ein wenig.
Sie greift hinüber und drückt liebend seine Hand, die auf dem Tisch liegt, während sie voller mütterlicher Hingabe sagt:
"Ich weiß nicht genau, was auf dem Festival passiert ist. Itachi hat mir nichts erzählt.
Aber bei einem bin ich mir sicher.
Wenn du der Liebe ehrlich und aufrichtig begegnest, wird sie den richtigen Weg einschlagen."

"Und kann sie mir zufälligerweise auch verraten, wie ich den finde?", fragt Sasuke hoffnungsvoll und blickt in ihr sanftes Gesicht.
"Ein paar Hinweisschilder wären vielleicht ganz nett, weil... bisher bin ich anscheinend immer nur falsch abgebogen."

"Dass mein Spatz, musst du leider selbst herausfinden." Ihr Lächeln ist traurig, aber ehrlich.
"Alle beide."

Na großartig.
Wie unhilfreich.
Derweil ist die Antwort so einfach, wie simpel:
Er muss einfach nur mit jedem einzelnen Reden und alle Missverständnisse aus dem Weg räumen.
Mit Sakura, mit Izumi, Itachi, sogar Shisui und erst dann kann er sich bei Naruto entschuldigen.
Kann sich voll und ganz auf ihn einlassen.
Mit Haut und Haar.
Einen Neuanfang wagen.
Und wenn die Liebe das dann immernoch nicht checkt. Ja, dann ist sie eben dumm.
Punkt.
_______________________________

Aber leider ist das alles leichter gesagt, als getan, merkt Sasuke Tage später,
als er erneut unter Sakuras Fenster steht und nach oben blickt.
Auch bei Izumi, weiß er nicht, was er sagen soll, weil es einfach nicht in seiner Natur liegt, sich zu entschuldigen.
Er einfach keine Ahnung hat, wie man die richtigen Worte findet, um reuevoll zu klingen.
Schon gar nicht bei Leuten, die nicht Naruto sind.
Also lässt er es.
Vorerst.

Und am späten Abend entdeckt er seinen Bruder am heimischen Wohnzimmertisch sitzen, der unkonzentriert in eines seiner Lehrbücher starrt.
Sasuke bleibt unbemerkt im Türrahmen stehen und überlegt, ob er ihn ansprechen soll?
Überlegt, ihn zu fragen, ob es ihm gut geht?
Itachi blättert niedergeschlagen eine Seite um und reibt sich nebenbei über sein Gesicht.
Es ist offensichtlich, dass er völlig übermüdet ist und jemanden brauchen würde, der ihm das Buch wegnimmt und ihn ins Bett schickt.
Aber dieser jemand, ist nicht Sasuke.
Nicht seitdem Itachi ihn einfach für Shisui ausgetauscht hat.
Soll der sich doch um ihn kümmern.
Fertig.

Er geht wieder und seufzt frustriert.
Läuft ja grandios bis jetzt.

Apropos sein Cousin.
Vielleicht ist es jetzt mal an der Zeit, wenigstens dessen Unterhemd zurückzubringen.
Oder zumindest das, was noch davon übrig ist, überlegt er vorsichtig, als er den Fetzen unter seinem Bett hervorholt und kritisch beäugt, der mehr einem Lumpen ähnelt, mit dem man höchstens noch das Klo putzen kann, als wie einem Kleidungsstück.

Egal.

Also läuft er damit, am nächsten Tag direkt zu dessen Haus und will schon anklopfen, als jemand ihn von hinten anseufzt und dramatisch jammert:
"Hey Sasu-kun! Sag ja nicht dass du dich jetzt um Shisuis Nahkampfstachel kümmerst und ich bei der brütenden Hitze völlig umsonst hierher gelatscht bin!"

Sasuke schreckt herum, starrt den Kerl an und wiederholt verstört:
"Äh...Nah...kampf...stachel?"
Und hofft, dass es nicht das ist, was er denkt, dass es ist. Schwanz.

Obito fährt sich theatralisch durch die kurzen Haare und seufzt erneut:
"Ja.... Eigentlich macht das ja dein Bruder immer. Aber sie haben sich wohl gezofft und jetzt fällt die unliebsame Aufgabe auf mich.
Ich sag dir, beim letzten Mal bin ich von seiner Stachelgurke fast aufgespießt worden!
Kannst du dir das Vorstellen?"

Ehrlich gesagt möchte Sasuke lieber nicht aussprechen, was er sich gerade vorstellt und fragt deswegen vorsichtig, um sicherzugehen:
"Ist das... ist das, ein Codewort für irgendwas Perverses?"

Verständnislos starrt Obito ihn an, bis er anfängt zu lachen und antwortet:
"Nein! Ich meinte damit Shisuis Kaktus!
Zum Teufel, was hast du für eine dreckige Fantasie, Kleiner."

"Sprechen wir lieber nicht drüber", murmelt Sasuke verlegen, alles nur noch zweideutig zu verstehen und fragt dann, als er sich wieder erholt hat:
"Okay, und wann kommt er wieder?"

"Hat Itachi es dir nicht gesagt?
Shisui ist auf Mission, irgendwo im Grenzgebiet, ohne ihn. Für länger.
Oder wie mein Mann immer liebevoll-genervt zu sagen pflegt; Drama-Rama", lacht Obito, der, wie alle wissen, die zweitgrößte Dramaqueen in ihrem Clan ist.

Überrascht blickt Sasuke ihn an.
Das erklärt jetzt auch, warum Itachi in den letzten Tagen nur noch Zuhause rumhing und immer so traurig wirkte.
Shisui hat ihn also wirklich sitzen lassen.
Und jetzt ist sein Bruder ganz allein.
Naja, Sasuke würde lügen, wenn er nicht ein wenig schadenfroh wäre.
Jetzt sieht der mal wie das ist, wenn man niemanden mehr hat, der einem zuhört.
Sasuke hätte in den letzten Wochen auch gut jemanden gebrauchen können.
Der ihm zuhört.
Wenigstens einmal.

Sie verabschieden sich.
Obito geht Mister Stecher gießen und Sasuke läuft unverrichteter Dinge zurück nach Hause.
Irgendwie will das alles nicht so klappen, wie er sich das vorgestellt hat.
Irgendwie hat er das Gefühl, ständig in eine Sackgasse zu laufen.
Wahrscheinlich ist die Liebe einfach wirklich dumm.

Und dann sieht er ihn.
Sieht Naruto, wie er am Tor zum Uchiha Viertel steht.
Sasuke stoppt. Sein Herz klopft.
Vielleicht will er zu ihm?
Vielleicht vermisst er ihn auch so sehr wie Sasuke.
Und als der Dobe lächelt, wunderschön, wie die Sonne selbst, trifft es ihn wieder mitten ins Herz.
Sasuke überlegt, zu ihm hinüber zu laufen.
Nein. Hinüber zu rennen.
Um ihn in seine Arme zu ziehen, um ihn zu küssen, auch wenn es völlig sasukisch-untypischt ist.
Scheiß auf die Coolness.
Naruto ist die einzige Person, die ihn jetzt interessiert.
Die er will.

Aber dann...

Kommt Hinata an seiner Seite zum Vorschein und seine ganze Euphorie zerplatzt wie ein Luftballon.
Narutos Lächeln war also gar nicht für ihn?
Sondern für die Hyuuga Prinzessin.
Sasuke versteckt sich an einer Häuserecke und starrt die beiden fassungslos an.
Wie sie lachen und scherzen, und genauso wie bei Itachi und Shisui in ihrem Garten, hat er jetzt das Gefühl, sie lachen über ihn.

Er weiß, wahrscheinlich ist es nur sein eifersüchtiges Herz, dass ein zu schnelles Urteil fällt, aber verdammt nochmal!
Sasuke liebt Naruto mehr, als alles andere auf der Welt, so kitschig es auch klingen mag.
Er hat so lange gebraucht das zu erkennen.
Hat so hart daran gearbeitet, über seinen Schatten zu springen und Gefühle zuzulassen.
Und doch...
Hat er es ihm nie gesagt; Ich liebe dich.

Hinata fällt es bestimmt leichter.

Dann blickt Naruto zufällig in seine Richtung.
Dessen Gesicht überstrahlt auf einmal alles und der Idiot ruft:
"Sas! Sasuke! Warte, lauf nicht wieder weg.
Ich muss dir etwas sagen!
Bitte bleib stehen!"

"Geh weg! Ich will es nicht hören!", knurrt Sasuke mit schnellen Schritten, weg von dem vermeintlichen Liebespaar.

Naruto holt ihn aber ein und reißt ihn scharf herum:
"Es ist wirklich wichtig..."

"Was! Dass du jetzt mit Hinata zusammen bist?!
Dass du sie gegen mich eingetauscht hast!?
Ist es das, was du mir sagen willst!?"

"N-Nein...", blinzelt Naruto, völlig vor den Kopf gestoßen.
"Sie und ich... egal. Ich wollte sagen..."

"Ach komm. Weißt du was. Erspar mir die Blamage schlichtweg. Werd glücklich mit ihr und lass mich in Ruhe!", zieht Sasuke seine eigene Konsequenz, aus seinem kindischen Verhalten und reißt sich los, damit er endlich davon stürmen kann.
Es ist einfach zu demütigend.

"Sasuke! Ich werd auf eine Mission geschickt!" ruft Naruto ihm verzweifelt nach. Wagt aber nicht mehr Sasuke zu folgen.
"Ins Grenzgebiet! Hörst du!
Und ich...! Ich wollte nicht gehen, ohne dass du es weißt!"

Grenzgebiet? Wie Shisui? Wieso?
Kurz verspürt Sasuke den dringenden Impuls nachzugeben und stehenzubleiben, weil ihn auf einmal eine entsetzliche Vorahnung quält.
Aber wenn er sich umdreht, würde er nur wieder Naruto sehen und wie er Hinata anlächelt, obwohl er weiß, dass es übertrieben ist.
Trotzdem kann er nicht zurück.
Wieder mal ist ihm sein Stolz im Weg.
Wieder mal hat die Liebe ihren Weg nicht gefunden.
Und wieder mal, ist er falsch abgebogen ist...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top