Ich wollte das alles nie. Ich wollte nur leben. Doch dieser Wunsch wurde mein Verhängnis.

Nun saßen wir hier, in der Küche und sahen uns stillschweigend an. Nur das Atmen war zu hören. Während der Mann uns gleichzeitig grimmig und abwesend ansah, tauschten Ayric und Yuki verwirrte Blicke aus. Ich hingehen war einfach mit dieser Situation überfordert.
Bevor wir in die Küche gingen, mussten wir alle seine Hand schütteln. Diese kleine Geste ist nicht das Problem, sondern wie er dies Aussprache. "Muss eure Hände schütteln", war seine nüchtere Aussage. Wir taten dies. Es fühlte sich dabei allerdings seltsam an. Normalerweise merkt man, wie jemand die Hand schüttelt. Ob der Händedruck leicht oder fest war. Doch dieses Mal konnte ich dies gar nicht einschätzen. Dieses Mal bekam ich sogar ein wenig Angst. Dieser Händedruck symbolisierte Macht und Kraft und war gleichzeitig extrem einschüchternd.
"Wer von euch naiven Gören soll den Drachen erben?", brach der Mann das Schweigen und sah uns dabei nacheinander an. Sein Blick war ernst, das konnte man deutlich an seinen Gesuchszügen sehen. Yuki erhob ihre Hand. "Warum du, Mädchen?"
"Ich... Der Clanoberhaupt meinte, dass ich ihn kontrollieren könne, weil ich zu den Besten gehöre", Yuki zögerte kurz, suchte nach den passenden Worte und doch war ihre Zuversicht nicht mehr da. Sie wirkte wie ein verängstiges kleines Kind, welches mutig wirken wollte.
"Wer weiß noch davon?"
"Warum willst du das wissen?"
"Gut, dann Frage ich anders. Was will mein idiotischer Bruder mit dem Drachen?"
"Wieso soll ich dir das sagen?", forderte meine beste Freundin den Mann nun heraus. Offensichtlich hatte sie ihren Mut doch wieder gefunden. Dieser Mann grinste nur breit.
"Ich kenne meinen Bruder. Er will Macht. Er kam nur in euer Clan, um eine mächtige Position zu werden und siehe da, nun ist er Oberhaupt. Wen hat er dafür gevögelt, hm?", der Drachenmann sprach dies mit voller Verachtung aus. Irgendwas muss in dieser Familie vorgefallen sein.
Aber es stimmt. Der Oberhaupt kam von der Oberfläche und heiratete in die jetzige Oberhauptsfamilie ein. Das ist allerdings schon einige Jahre her. Da war ich ein kleines Kind.
"Du scheinst deinen Bruder nicht sonderlich zu mögen. Woran liegt das?", räumte Ayric ein, der den Mann mit einer ruhigen Miene ansah. Der Mann seufzte schwer.
"Die Kurzfassung. Zwischen uns ist ein Altersunterschied zwischen neunundzwanzig Jahre. Der Drache wird seit drei Generationen innerhalb unserer Familie weitergegeben. Yosuke wollte den Drachen immer schon haben, war aber nicht sehr kompatibel mit ihm, weshalb mein Vater ihn mir vererbte. Seitdem mag er mich nicht", der Mann sah uns gelangweilt an, kratzte sich am Kinn und faltete danach seine Hände zusammen. Unsere fragende Gesichter waren wohl deutlich zu sehen, denn er sprach. "Wenn einer von euch den Drachen hat, werde ich nicht gleich sterben. Ich bin aber schon alt. Deswegen muss ich den Drachen weiter geben. Es wäre schlecht, wenn der Besitzer sterben würde. Sehr wahrscheinlich wird er wohl ausbrechen müssen, wenn das Siegel bricht und dann beginnt die Jagt."
"Warum sollte man einen Drachen jagen?", stellte Ayric in den Raum. Entgeistert sah der Mann ihn an.
"Oh, wie naiv du doch bist, junger Mann. Warum jagt man denn die Bijuus? Sicherlich nicht, um mit ihnen Tee zu trinken. Das gleiche Prinzip wäre mit dem Drachen. Nur mit dem Unterschied, dass der Drachen sich im Körper ruhig verhält und seine Kraft für sich behält. Bei den Bijuus ist das anders. Sie wollen raus. Ich kenne die Beweggründe von Yosuke nicht. Doch falls er Macht will, hat er Pech. Soweit ich weiß, hatte niemand die Kraft des Drachen benutzen dürfen und eigentlich müsste er es wissen."
Ist der Drache dann feige, wenn er sich seit einigen Generationen in einem Menschen versteckt? Weshalb flieht er? Wovor hat er Angst? Das sind Beweggründe, die ich nie erfahren werde. Vielleicht findet Yuki es heraus oder der Drachen nimmt das alles mit, bis er selbst irgendwann stirbt. Allerdings frage ich mich wirklich,  warum der Oberhaupt dieses Wesen haben will. Wobei haben in diesem Fall relativ ist. Der wälzt die Aufgabe an Yuki ab.
"Ach noch etwas. Du bist nicht kompatibel für den Drachen", knallhart sprach der Mann diese Worte aus. Yuki verlor sämtlich Farbe im Gesicht, sodass es nun schneeweiß wirkte. Sie schluckte schwer und sah den Mann an. Obwohl der Mann viel älter war als Yosuke, sah man ihm das Alter nicht an. Ein gequältes "warum" war vom Yuki zu hören. Dabei hatte ich Angst, dass sie vom Stuhl kippte, da ihre Augen sich mehrfach verdrehten. Zittrig klammerte sie sich an der Tischdecke fest. Ihr stand die Angst buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
"Sowohl du, als auch der junge Mann, habt ein Chakra, dass sehr ähnlich konstruiert ist. Yusuke meinte, dass ihr Gakishis keine Justus verwenden könnt, sondern euer Chakra anderweitig verwendet", erklärte der alte Mann ruhig. Yuki sah daraufhin trotzdem nicht besser aus. Sie könnte sich in den Schnee legen und man würde sie wahrscheinlich nicht mehr richtig erkennen.
"Ja, wir können kaum Jutsus anwenden. Mit Mühe und Not können wir einen armseligen, kleinen vertrauten Geist beschwören, können an Wänden und über das Wasser laufen. Deswegen haben Generationen vor uns eine Technik entwickelt, wie wir trotz unseres Chakra gegen einen Shinobi kämpfen können. Wir verteilen unser Chakra über den ganzen Körper, ohne den Prozess zu unterbrechen und erhalten nach circa sieben Jahre übermenschliche Stärke und Geschwindigkeit", erklärte Ayric dem alten Mann. Ayric war dabei sehr stolz. Der Körper erhält eine Musterung, sobald man die Fähigkeit aktiviert. Von Menschen zu Menschen sieht sie auch unterschiedlich aus. Doch das trainieren mit dieser Fähigkeit ist sehr anstrengend und belastet den Körper stark. Yuki wartet ständig darauf, dass ich meine Fähigkeit aktiviere, doch ich arbeite nicht zu dieser Fähigkeit hin, da mein Chakrafluss zwei Mal unterbrochen wurde. Ich habe genug andere Fähigkeiten, die ausgebessert werden müssen. Da will ich beim besten Willen nicht noch eine zusätzliche Fähigkeit haben, die nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun hat. Ich konnte es nur nicht Yuki sagen. Sie wäre enttäuscht von mir. Doch irgendwann muss ich es ihr wohl sagen.
"Yosuke wird mich umbringen. Wie soll ich ihm das beichten? Ich bin tot", fing auf einmal Yuki an zu flüsterte. Sie vergrub ihre Hände in die Haare und krallte sich darin fest. Völlig entsetzt sah ich zu meiner besten Freundin, legte meine Hand auf ihre Schulter, doch sie reagierte nicht. Sie war völlig fertig und jenseits dieser Welt. Dann sah ich wieder zu diesem Mann, der diese Reaktion offensichtlich erwartet hatte. Etwas beschämt und leicht traurig sah er das schwarzhaarige Mädel an, bevor er fassungslos mit dem Kopf schüttelt.
"Wie geht es jetzt weiter?", besorgt stellte Ayric diese Frage in den Raum. Daraufhin schien Yuki zu reagieren, den ihre Stimme brach kein Ton heraus. Stattdessen sah sie den Mann mit leeren, hoffnungslosen Augen an.
Der Mann seufzte schwer, bevor er sprach:" Ich sagte, dass ihr beide es nicht könnt, aber sie könnte es. Sie ist keine Gakishi."
"Ich?", völlig entsetzt blickte ich durch die Runde. Jeder sah mich an. Ayric war so wie ich entsetzt, Yukis Augen zeigten etwas Hoffnung und der Mann sah mich mit einer ruhigen Miene an. "Was soll das bedeuten, ich sei keine Gakishi. Mein Leben lang lebte ich dort und bin dort auch aufgewachsen. Ich gehöre zu ihnen! Beweisen sie das!", Ich schlug mit den Händen auf den Tisch und stand dabei auf. Herausfordernd sah ich den Mann an. Wir und Zorn brodeln gerade in mir. Wie könnte er es wagen, meine Identität und somit meine Heimat in Frage zu stellen.
"Ich bin der einzige in meiner Familie, der anhand eines Händedruck feststellen kann, welches Chakra diese Person hat. Ein Chakra von einem Uchiha unterscheidet sich von dem eines Uzumakis. Zwar unterscheiden die sich untereinander und trotzdem ist die, sagen wir mal Grundstruktur, ähnlich. Ich habe schon viele Menschen mit unterschiedlichen Herkunft gesehen und gespürt. Klar, manches vergisst man oder hat man nicht mehr so auf dem Schirm und dennoch könnte ich sie jederzeit wieder einordnen, wenn ich die Hand berühre. Dein Charka ist ziemlich wirr und chaotisch und doch zeigt es die ähnliche Grundstruktur mit einem jungen Burschen, dem ich damals begegnet bin. Er hatte blondes Haar und blaue Augen."
Ungläubig sah ich den Mann an. Hätte ich Erde oder Stein unter meinen Füßen, hätte ich feststellen können, ob er lügt oder nicht. Leider war Holz mein Endgegner und machte es unmöglich für mich.
"Und das soll ich jetzt glauben? Das soll der Beweis sein? Ich glaube dir nicht. Beweise es mir anders!", forderte ich ihn heraus.
"Gut, ich weiß nicht, welche Fähigkeiten du hast, aber vielleicht ist dir aufgefallen, dass sich deine Fähigkeiten mit denen von deinen Freunden unterscheidet. Aber das alleine ist natürlich kein Beweis. Also beantworte mir folgende Frage. Welche Augenfarben haben deine Eltern und vielleicht auch deine Geschwister?", seine Stimme war ruhig und sachlich. Hin und wieder sah zwischen uns dreien hin und her. Mir wurde ganz unwohl dabei.
"Rot und lila. Sowohl meine Eltern als auch meine Schwestern."
Bissig gab ich ihm diese Antwort, während in mir ein Vulkan brodelte, der jeden Moment ausbrechen könnte. Alles in mir staute sich. Es herrschte ein unglaublicher Druck. Ayric war unnormal ruhig, während Yuki alles stillschweigend anhörte und sich bei all dem Hoffnung um ihr Leben machte.
"Eine Pigmentstörung kann dafür Sorgen, dass ein Mensch zwei unterschiedliche Augenfarben hat. In deinem Fall triff dies zu. Allerdings müsste mindestens eins deiner Augen lila oder rot sein. Stattdessen ist dein rechtes Auge blau und dein linkes grün. Deine Eltern sind nicht deine Eltern. Wenn du mir das nicht glaubst, dann Frage einen Arzt oder lese das in einem Buch nach. Das ist wissenschaftlich bestätigt. Haut- und Haarfarbe können Generationen überspringen, bevor sie sich zeigen, Augenfarben allerdings nicht", mit diesen Worten besiegte mich der alte Mann. Fassungslos ließ ich mich wieder auf den Stuhl fallen.
Vor mir saß ein Mann, der mich nicht kennt. Warum sollte er lügen? Warum sollten mir meine Eltern lügen? Welchen Sinn soll das haben. Wir sind doch eigentlich nur hier damit Yuki diesen blöden Drachen bekommt. Jetzt bangt sie um ihr Leben, weil sie ihn nicht bekommen kann. Stattdessen geriet ich in den Fokus, weil ich... Wer bin ich dann überhaupt? Ich atmete tief ein und wieder aus, sperrte all meine Gefühle, Zweifeln und Bedürfnisse in einem tiefen Keller ein. Außer eins, welches ich brauchte um Yuki zu beschützen.
"Ich werde diesen Drachen übernehmen!", sprach ich fest aus und nickte kurz zu meiner besten Freundin.