11. Es reicht jetzt

Wir kämpfen alle.
Wir erfahren Schmerz.
Und trotzdem stehen wir auf...
...irgendwie

Sunagakure war riesig im Vergleich zu dem kleinen Dörfchen. Es lagen einfach Welten dazwischen. Teilweise wunderte es mich schon, wie so ein großes Dorf in der Wüste überleben konnte. Aber auf der anderen Seite waren die Menschen hier die Hitze gewohnt. Sie kennen da sicher den einen und anderen Überlebenstrick. Alleine bin ich allerdings nicht gereist. Den Weg hätte ich niemals gefunden. Taki begleitete mich hin und quasselte mir mein Ohr blutig. Auch wenn ich ihn die meiste Zeit ignorierte. Außerdem mussten mir uns in Sunagakure eine Unterkunft teilen, aber jeder hatte sein eigenes Zimmer. Dafür war ich dankbar.
Ich machte mir viel Gedanken, wie ich dieses kleine Dörfchen nach Sunagakure verfrachten soll. Shota zeigte mir vor zwei Tagen den Tatort. Der Ort war ein gutes Stück weg vom Dörfchen. Die Ressourcen waren hier auch sehr mager. Diese Menschen kämpften wahrlich um das Überleben. Der Tatort war sehr verwüstet. Alles lag in Trümmern. Dort konnte ich nichts verdächtiges finden. Allerdings bei den Leichen. Einer der Männer hatte seine linke Faust fest verschlossen. Der Arzt, der die Männer untersucht hatte meinte, da wäre nichts. Er war ebenfalls müde und schlief schon beim stehen halb ein. Deswegen schlich ich mich in der Nacht rein und erhitze die Faust, bis ich sie öffnen konnte. Der Mann hielt ein kleines Stück Stoff mit einem halb abgerissen Skorpion. Es war nicht viel. Aber vielleicht half es mir weiter. Wenn einer dieser anderen Dörfer daran beteiligt war, müsste mindestens eines davon lügen.
Nun war ich auf dem Weg zum Kageturm. Eingewickelt in einem sandfarbenes Gewand. Darunter trug ich eine kurze schwarze Hose und ein schwarzes Top. Denn in Gegensatz zu dem Schal, hielt das Gewand die Hitze nicht ab. Mir wurde warm. Die Sandalen an meinen Füßen regten mich ebenfalls auf, weil ständig Sand zwischen meinen Zehen steckte und es einfach nur unnötig unangenehm war. Ich wusste nicht was momentan schlimmer war. Wahrscheinlich ist das die Kombination von beiden. Hoffentlich ist es in diesem Versammlungsraum kühler.
A

ls ich den Turm betrat, sah ich mich fragend um. Ich hatte absolut keine Ahnung wo ich hin musste. Ein junger Mann mit stacheligen, weißen Haaren winkte mich her. Er lächelte freundlich. Zögerlich ging ich zu ihm.
"Wie kann ich einer solch hübschen junge Dame helfen?", fragte er übertriebenes freundlich, während ich ihn ausdruckslos ansah. Davon ließ er sich aber nicht abschrecken und lächelte einfach weiter.
Ich wusste nicht, wie ich ihn einschätzen sollte oder in welche Kategorie ich ihn stecken sollte. Wahrscheinlich wollte er nur freundlich sein und ich reagiere über, weil ich meine letzten Tagen zu viel Zeit mit Taki verbrachte. Zumal er freundlich zu den Menschen sein sollte.
"Ich muss zu der großen Dorfversammlung", meinte ich ausdruckslos.
"Die Dorfversammlung, verstehe. Wie dein Name?"
"Sara Kuroyuri", antwortete ich und es fühlte sich so seltsam an diesen Namen auszusprechen. Auch der Klang dieses Namens kribbelte unangenehm unter der Haut.
"Ah ja, da stehst du. Du läufst da hinten die Treppe hoch zum zweiten Stock. Die erste Tür links nimmst du dann", wieder lächelte er mich an, während ich ihn kühl an. "Ach übrigens. Du hast so ein hübsches Gesicht. Mit einem Lächeln würdest du noch viel hübscher aussehen", meinte der Stachelkopf. Dabei wirkte er aufrichtig. Kein falsches Lächeln oder eine übertriebene Stimmlage. Im Gegensatz zu ihm musste ich wie eine verbitterte Hexe aussehen, die gerade alles und jeden hasst. Wobei diese Beschreibung wahrscheinlich auf mich zutrifft.
"Ich werde vielleicht mal irgendwann daran denken."
Mit diesen leblosen Worten kehrte ich ihm den Rücken zu und folgte seiner Anweisung. Als ich in dem großen Raum ankam sah ich mich flüchtig um. In der Mitte stand ein großer Tisch in Hufeisenform. Um den Tisch standen zwölf Stühle. Am unteren Enden standen zwei Stühle und an den Seiten jeweils fünf. Drei Menschen saßen bereits schon an der Fensterseite und sahen mich prüfend an. Ich ignorierte sie und saß mich auf die andere Seite hin. Zwei weitere Stühle waren jeweils zwischen mir. Ich konnte aus dem Fenster sehen. Mit der Zeit füllte sich der Raum. Neben mir saßen zwei ältere Männer, bei denen ich mich fragte, wie sie überhaupt her kamen. Direkt vor mir saß ein grimmig aussehender, bärtiger Mann mit Glatze. Links von ihm saß eine Frau mittleren Alters und gebräunter Haut und rechts von ihm ein junger Mann mit glatten Haaren. An den Ecken saßen saßen zwei ältere Männer mit Kopftücher. Auf meiner Seite war noch ein Mann mit grauen Haaren und eine Frau mit einer langen Narbe über das Gesicht. Nachdem alle da waren, kam durch eine Seitentür zwei Männer in weißen Gewänder. Der eine hatte rote Haare mit türkise, pupillenlosen Augen und auffälligen Augenringe und der andere hatte eine schwarze Kapuze über den Kopf und eine Gesichtsbemalung in lila. Beide sahen noch Recht jung aus. Sie sahen uns alle kurz an.
"Ich begrüße sie alle zur heutigen Versammlung. Wir haben uns hier versammelt, um die aktuellen Lage der Ressourcendörfer zu besprechen. Bevor wir damit anfangen, möchte noch jemand was anderes erwähnen?", eröffnete er rothaarige mit einer tiefen Stimme die Runde. Bei genaueren Hinsehen konnte ich an der linken Seite seiner Stirn eine Narbe feststellen. Es war ein Schriftzeichen. Wenn ich es richtig gelesen hatte, bedeutet es Liebe.
"Ja, ich möchte etwas bemerken. Ich kenne jeden hier. Bis auf dieses grimmig dreinschauende Mädel."
Mein Blick huschte schnell zu dem Mann, der gegenüber von mir saß. Mit schmalen Augen musterte ich ihn, während er mich misstrauisch ansah und kurz seinen Bart kratzte.
"Grimmig würde auch super zu ihnen passen", konterte ich kühl. Währenddessen formten sich seine Augen zu schlitzen. "Ein bisschen mehr Respekt wenn ich bitten darf. Solche unnötige Bemerkungen kosten nur unnötig Zeit und Zeit ist kostbar. Mein Name ist Sara Kuroyuri", fügte ich scharf hinzu. Die Blicke, die wir austauschten, waren extrem tötlich. Ihm passte meine Anwesenheit absolut nicht und dies ließ er sich deutlich ansehen. Eins wusste ich jetzt schon. Freunde werden wir heute definitiv nicht und in naher Zukunft werden wir das auch nicht werden. Ich werde ihn in Augen behalten. Er wirkt verdächtig.
"Oh, wusste gar nicht, dass der gute Shota geheiratet hatte", stichelte er und sah mich mit einem giftigen Blick an.
"Hat er nicht. Bin seine Nichte", während des Sprechen musste ich gähnen, da ich einfach nur müde war. Mein Schlafrhythmus ist total im Keller, da ich den Schlaf mied. Natürlich kam dies bei meinem Gegenüber nicht gut an. Doch bevor er etwas darauf erwidern konnte, Schritt der rothaarige ein.
"Es reicht", scharf und befehlend war die Tonlage. Der bärtige Mann schwieg, während ich nochmal gähnte. Die Frau neben dem bärtigen Mann kicherte leise und kassierte einen bösen Blick von ihm. Sie schien sich davon aber nicht zu stören und grinste.
Die Besprechung nahm ihren Lauf. Vereinzelt berichteten die anderen Teilnehmer über ihre Lage. Bei denen, die etwas sagten, lief alles gut. Soweit ich es verstanden hatten, waren dies Dörfer, die in der Nähe von Grenzen lagen und durch diversen Abkommen handeln durften. Nachdem die Grenzdörfer gesprochen hatten, wurde es ziemlich schnell ruhig. Offensichtlich hatten die anderen Dörfer ebenfalls mit etwas zu kämpfen. Keiner wollte mit der Sprache herausrücken. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die Lage meines Dorfes preisgeben sollte, doch wie mussten sich die anderen Dörfer fühlen? Die Grenzdörfer waren zu viert und jeder von ihnen saß an der Ecke.
"Bei uns läuft es mittelmäßig. Riesige Scorpionen treiben momentan wieder verstärkt ihr Unwesen in unserer Nähe. Man kann sie noch so oft töten, es kommen immer wieder neue", berichtete der alte Mann rechts von mir.
"Tja, Nobosuke, das kommt davon, wenn man sich in der Nähe eines Gebietes niederlässt, welches bekannt ist für diese riesigen Skorpionen", stichelte der bärtige Mann. Dieser schien sich davon nicht abzuschrecken.
"Dafür haben wir im Normalfall immer reichlich Ressourcen. Nun liegt unsere Priorität wieder der Vernichtung dieser Viecher und danach läuft alles wie gewohnt. Wie läuft es bei dir, Hitoshi?", dieser Nobosuke sprach mit solch einer Gelassenheit. Da wirkte er nicht mehr ganz so alt. Allerdings sprach er der Wahrheit. Trotzdem fragte ich mich, wie ich diese Information von unserem Tatort aus den Leuten kitzeln sollte. Nobusukes Dorf wurde von echten Skorpionen angegriffen und dies schien keine Seltenheit zu sein. Am verdächtigsten finde ich diesen Hitoshi. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er sich sehr seltsam verhält und mir schlichtweg unsympathisch ist.
"Bei uns läuft alles wie immer. Wir haben reichlich Ressourcen und können uns nicht beklagen", sprach dieser selbstbewusst. Doch dieses Selbstbewusstsein war nur eine Masche. Denn hinter diesem Worte steckte die Lüge. Es läuft bei ihnen nicht alles gut.
"Wirklich? Meines Wissens nach läuft es bei dir nicht so gut. Genauso bei den Dörfern von Nagi, Akihiro und Shota", sprach der alte Mann weiter. Währenddessen lief es mir eiskalt über den Rücken. Mein Körper verkrampfte sich und alle Alarmglocken aktivierten sich. Diese Situation wurde jetzt gefährlich. Es würde mich nicht wundern, wenn dieser Hitoshi uns angegriffen hätte, um seine Ressourcen aufzustocken.
Auch der Mann neben Hitoshi spannte sich an und der Mann links neben mir schnaufte tief ein.
"Vor dir kann man eben nichts verheimlichen", sprach einer der Männer aus der Ecke.
"Natürlich nicht. Neben der jagt kümmern wir uns auch um die Verteilung der Waren. Das wurde vor sechs Sitzungen so abgesprochen", meinte der alte Mann trocken.
"Liefern eigentlich alle Dörfer ihre Waren zu ihnen?", sprach der junge Mann neben Hitoshi.
"Nein, Akihiro. Da du erst die Führung übernommen hast, kannst du nicht alles wissen. Die Dörfer von Riku, Akira und Mikoto liefern direkt nach Sunagakure, da der Liederweg für sie so kürzer wären. Alle anderen liefern zu uns. Seitdem ist die Überfallrate deutlich gesunken", erklärte er sachlich und wirkte dabei sehr desinteressiert.
Diese Information fand ich allerdings interessant. Da dies der Wahrheit entsprach, könnte eines der anderen Dörfer ihre Waren unterschlagen und eines der anderen Dörfer angreifen.
Aber auch die anderen Mitglieder schienen einen ähnlichen Verdacht zu haben. Denn es begann eine hiesige Diskussion deswegen. Fast jeder mischte sich sein. Alle sprachen durcheinander. Wahrheiten und Lügen mischten sich zusammen, welche ich nicht mehr zuordnen konnte. Es wurde lauter, drückender und unerträglich. Es war zu viel für mich. Meine Atmung wurde schneller, während ich mich auf meinem Stuhl zusammenkauerte. Von meiner anfänglichen kühlen Haltung blieb nur noch ein Häufchen elend.
"Es reicht jetzt!", ertönte es laut. Sofort herrschte Ruhe. Es war der rothaarige, welches das Wort ergriff. Ich sah mit einem scheuen Blick die Mitmenschen an, die alle zu dem Mann sahen. Auch wenn meine Atmung immer noch schnell war, saß ich mich wieder richtig auf dem Stuhl hin. Dieser Moment der Stille beruhigte mich halbwegs.
"Fakt ist, seit dem letzten Gespräch läuft gar nichts mehr. Die Waren werden weniger und die Ausreden immer kreativer", meinte Nobusuke trocken. Die Empörung von einigen Leuten war deutlich zu hören.
"Kreativer? Ich glaube ich Spinne. Irgend ein wahnsinniger überfällt uns und du denkst, das sind Ausreden? Mein Dorf hatte immer reichlich Ressourcen und diese auch weitergegeben. Erst seitdem wir angegriffen werden, läuft es so schlecht. Akihiro, Nagi und Shota hatten auch immer pünktlich die waren geliefert. Nagi hatte zu mir sogar gesagt, dass sein Dorf ebenfalls überfallen wurde", Hitoshis Stimme klang ziemlich Feindseligkeit. Er warf Nobusuke einem bösen Blick zu. Nagi nickte zustimmend. Obwohl ich diesen Mann nicht leiden konnte, sprach er die Wahrheit. Sein Dorf wird angegriffen. Vielleicht war er deswegen so aggressiv zu mir. Er kannte mich nicht und ist der Meinung, dass ich es war. Nagis Dorf war ebenfalls betroffen, sowie das von Shota. Akihiro sprach nichts dazu.
"Oh, vielleicht willst du dich nur herausreden und in Wahrheit bist du dafür verantwortlich. Deine illegalen Geschäften von früher sind uns alle bekannt oder fast allen. Du organisiert die Raubzüge, unterschlägst diese und verkaufst diese auf dem Schwarzmarkt. Deine Schwarzmarkt Kontakte wirst du sicherlich noch haben", Sprach die Frau neben Hitoshi. Sie hatte eine ruhige und Recht angenehme Stimme. Trotzdem lag in dieser Ruhe die reine Provokation.
"Ich war es nicht! Du könntest es genauso sein sein, Mikoto, wie alle anderen auch!", giftete Hitoshi sie an.
"Sowas würde ich nie machen. Ich mache keine Raubzüge", sprach Mikoto wieder in ihrer ruhigen Stimme, doch dahinter versteckte sich die Lüge. Sie war kaum zu spüren, doch ich konnte die unruhigen Schwingungen spüren. Sie waren leicht, aber da. Mikoto war eine gute Lügnerin.
Nur stellte sich die Frage, wie ich das in der Gruppe beweisen kann. Ich hatte einen Stofffetzen, mit einem Scorpion. Allerdings kann ich den nicht auf den Tisch knallen und sie beschuldigen. Sie würde es leugnen.
Ich muss auf die passende Gelegenheit warten.

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