Ich wusste nicht, welcher Tag es war. Ich wusste nichts. Aber das war nicht schlimm. Jetzt zählten nur meine Schritte. Ein unsichtbarer Faden zog mich durch den dunklen Wald. Das Lager schlief in weiter Ferne. Und weit vor mir erkannte ich schon die gelben Lichtkegel der Straßenlaternen. Halte durch. Du hast es gleich geschafft. Ich war hungrig. Meine Hände zitterten. Gedulde dich! Gleich wird alles gut. In der Tat. Gleich würde die Stimme verstummen, die schlechten Gedanken verfliegen. Das wäre gut. Dafür kannst du auch die schlechte Seite in kaufnehmen. Ein aufgebrochener Asphaltweg führte bis kurz vor den Wald. Ich folgte ihm bis ich an eine unterirdische U-Bahn-Station kam. Das Schild mit der Aufschrift „Am Trubenhain (Endstation der Linie 364)" flackerte gespenstisch. Schon auf der Treppe hörte ich die Stimmen und roch den typischen bitter-salzigen Geruch. Diese Leute machten mir Angst. Doch sie halfen mir auch. Und solange ich noch keiner von ihnen sein musste, fand ich ihre Gegenwart in Ordnung. Ich trat selbstbestimmt in das Blickfeld der Anderen. Ihre wässrigen, leeren Augen, ihre weiten Pupillen starrten mir entgegen. Ihre von aufgeplatzten Lippen gesäumten Münder standen offen. „Hat jemand was?" Sie kramten in den großen Taschen ihrer Mäntel und händigten mir leere kleine Tütchen. Ich sammelte sie ein, schabte die Reste aus und gab ihnen die Tüten und alles Geld, was ich hatte zusammenkratzen können. Sie waren schon so weit unten, dass sie Anspruch auf benutzte Tütchen stellten. Ich verteilte die zusammengeschütteten Reste auf einem Stück Alufolie, welches während der letzten Woche mein treuer Begleiter geworden war. Nicht so gierig. Du hast dich nicht unter Kontrolle. Mit einem Feuerzeug erhitzte ich das Pulver auf der Folie bis es geschmolzen war und atmete die Dämpfe tief ein. Diese Technik hatte sich als Einfachste erwiesen. Es war ein Teufelsgift, etwas Gutes. Mein Blick verschwamm. Die Stimmen der Anderen wurden lauter. Selbst die staubigen Wände der U-Bahn-Station wurden bunt. Es gab von allem viel. Zeitlupe. „Er muss sich hinsetzten?!" Die Luft war schwer und hart. Die Bank auch. Dann schwarz. Schwarz, schwarz, schwarz.