Personen auf der Fahrbahn
Es war der Tag, an dem mich mal wieder das Grauen mit eiserner Hand packen würde. Rosa und ich liefen über den Seitenstreifen einer Autobahn, immer noch auf der Suche nach einer Stadt, in der wir untertauchen konnten. Wir erzählten uns Geschichten über unsere Familien. Keine Ahnung, ob Rosa Märchen erzählte, aber es war mir auch egal. Es war egal was wir sagten, es hatte keine Bedeutung, diente nur dazu, eines zu verdrängen: Wie lange es dauern würde, bis jemand uns einsammeln würde und was käme danach, nach was auch immer? Doch nur leere Worte lassen Platz für andere Gedanken und so gelang mir das Verdrängen nicht. Wir mussten schreien, um den Lärm zu übertönen. Mit der Hand berührte ich die einserne Leitplanke, an der wir entlangliefen. Ich erzählte gerade von meinem Vater, einem erfolgreichen Geschäftsmann, da hörte ich ein Brausen hinter uns. Ich drehte mich um. Panisch sprang ich über die Leitplanke und duckte mich zwischen ihr und der vedreckten Schallschutzmauer. Reflexartig klatschte ich meine Hände an die Mauer. In der nächsten Sekunde prallte das Auto, das gerade noch auf die Planke zugeschlittert war, an eben dieser ab. Und raste an mir vorbei. Funken sprühten. Mein gesamter Körper zitterte. Rosa war nicht schnell genug. Ich sah sie schreiend auf dem Boden liegen, ihre Beine blutig zermatscht. Ich wollte mich hier verstecken und warten, bis jemand helfen würde. Panik stieg in mir auf. Der Fahrer saß äußerlich scheinbar unversehrt in seinem von vorn komplett zerstörten Auto. Ab jetzt lief alles nur noch in Zeitlupe. Ich stand auf, sprang zum Auto, schlug gegen die Scheibe und schrie "Sitzen sie doch nicht einfach da! Helfen Sie! Tun Sie doch etwas!" "Ich klemme fest. Hier, nimm mein Handy." Ich nahm sein Smartphone und rief einen Krankenwagen. Sobald ich aufgelegt hatte ging ich zu Rosa. Das Telefon schmiss ich einfach auf den Boden, ungeachtet dessen Wert. "Nein! Geh! Renn um dein Leben! Wenigstens du sollst davonkommen! Ich will das nicht um sonst gemacht haben. Wenn nicht für dich ,dann für mich. LAUF!", schrie sie hysterisch. Ihre Stimme überschlug sich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Fahrer bewusstlos wurde. "Alles wird gut. Ich bleibe bei..." "NEIN! Eher sterbe ich. Die stecken dich nicht wieder in dieses Nonnengefängnis. Es wird schlimmer, viel schlimmer werden. Du hast geklaut, bist weggerannt. Renn. Sonst kriegen sie dich!" Ihre matschigen Beine ließen eine Blutlache auf dem Asphalt, rot. Ich rannte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top