Erschüttert
Es war der Tag, der mein Leben veränderte. Aber veränderte nicht jeder Tag mein Leben? Jeder Tag veränderte mich. Es war der Tag, an dem nichts mehr so war, wie es mal war. Ich wurde wach, zog meine Klamotten an. Wie viele Kinder hatten sie schon vor mir getragen? Auf dem Weg zur Schule sah ich verlassene Häuser. Warum? Wo wollten denn alle hin, hier waren sie doch sicher? Auch die Klasse war um einige Schüler geschrumpft. Keiner fragte mehr nach ihnen, auch ich hatte ihre Namen vergessen. Wir waren noch 14 Kinder im Klassenverband. Die Albernheiten hatten aufgehört, obwohl der Unterricht längst nicht mehr so hart wie früher war. Mit meiner Vier galt ich als normalguter Schüler. Der Ehrgeiz hatte uns verlassen. Kein Lehrer traute sich Sechsen zu verteilen. Wer braucht schon Arbeitslose im Krieg? Nach dem Unterricht ging ich nach Hause. Wir unterhielten uns. "In den Ferien fahren wir nach Malle. Ich freu mich schon.", erzählte Kim. Toll, wir fahren nicht weg. An der Weggabelung trennten sich unsere Wege. Ich lief allein weiter. Doch in unserer Straße fehlte etwas. Ich hatte unser Haus übersehen. Hier war schon das Nächste Haus. Ich drehte mich um. Nein, ich hatte nichts übersehen, weil es einfach nichts zu sehen gab. Mit Schrecken sah ich auf einen Haufen Trümmer, der mal unser Heim gewesen war, der Ort, an dem ich geboren worden war, großgezogen. "Nein! Nein!", ich stürzte auf den Berg zu, grub im Schutt. "Mutter! Antworte!" Ihr Gesicht war starr. Das war´s. Tränen liefen über meine Wangen. Mein Mund wollte schreien, doch meine Lungen hatten jede Kraft verloren. Ich war allein. Zum ersten Mal ganz allein. So fühlte es sich also an, ein Waise zu sein. Ein Streifenwagen bog um die Ecke. „Keine Verwandten. Nix zu machen.“ Sie nahmen mich mit.
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