Kapitel 8
Rob fuhr sein Motorrad hinter das Haus seines Onkels und entfernte erst einmal die Schneebrille, die er zum Schutz gegen die Kälte und den Schnee aufgezogen hatte. Es war verdächtig ruhig hier, obwohl man doch zu der Zeit das geschäftige Geschnatter der Elfen hören sollte. Er sah zum Beiwagen hinunter, den er sich besorgt hatte und betrachtete Lisa, die immer noch selig schlief. Es war einfach gewesen, sie in diesen Schlaf zu versetzten und obwohl er davon nicht allzu viel hielt, war es notwendig gewesen.
Lisa war wirklich kurz vor einem Nervenzusammenbruch gestanden und er war Schuld daran. Himmel, er hatte doch selbst nie im Traum daran gedacht, dass sein Vetter so leicht aufgab. Das allerdings machte Rob sehr nachdenklich. Eigentlich hätte er erwartet, dass Nicolas ihn den Marsch blasen würde, doch sein Vetter schien so ein schlechtes Gewissen gegenüber Lisa zu haben, dass er ohne Gegenwehr aufgab.
Das hatte Rob nicht gewollt. Nie hätte er Lisa mit sich genommen. Verdammt, Lisa war nicht einmal sein Typ. Sie passte wie die Faust aufs Auge zu Nicolas mit ihrer ruhigen Art und ihrer Zurückhaltung.
Nicht einmal vom Aussehen her reizte Lisa Rob. Sein Geschmack war eher üppiger Art und Lisa war ihm etwas zu dünn. Er mochte sie zwar, aber er brauchte eine Frau, die ihm ab und zu in den Arsch trat. So jemand war Lisa nicht.
Er stieg vom Motorrad und fluchte leise vor sich hin. Immer noch war es viel zu ruhig für einen Heiligen Abend. Das wusste sogar er, obwohl es bei ihm etwas anders ablief.
"Wenn du so weiter fluchst, kommst du auf die Unartigliste, Jack Junior!"
Rob drehte sich grinsend um. Nur ein Mann in der Familie nannte ihn Jack Junior und das war sein Onkel.
"Onkel Santa! Ich habe da was für deinen Sohn."
Nick Clause hob eine Augenbraue.
"Du hast etwas übertrieben, JJ. Wenn es nach Nicolas ginge, würde Weihnachten ausfallen. Er liegt im Stall und bläst Trübsal. Und so wie ich es gesehen habe, hatte genoss er die Gesellschaft eines guten schottischen Whisky."
Rob rieb sich den Nacken.
"Ich habe mit einer anderen Reaktion von ihm gerechnet. Ich habe nicht bedacht, dass er so schnell aufgeben würde."
Sein Onkel zuckte mit der Schulter.
"Nicolas ist nicht wie du. Ihr unterscheidet euch so sehr, wie dein Vater und ich es tun. Jack Senior ist auch eher der ruppige Typ, während ich als kleiner Saubermann gelte. Ich denke, dass muss auch so sein. Aber wir schweifen vom Thema ab. Ich denke, wir sollten Nicolas wieder auf die Spur helfen. Es ist auch notwendig, habe ich Recht?"
Rob nickte.
"Sie ist schwanger." Er hob sofort abwehrend beide Hände. "Nicht von mir!"
Nick lachte.
"Das weiß ich doch, Jack. Du bist zwar ein kleiner Höllenhund, aber so etwas würdest du nicht machen. Also, was ist dein Plan?"
Rob grinste.
"Ich nehme mal an, er hat dich gebeten die Tour heute zu übernehmen?"
Sein Onkel nickte und hob dann fragend eine Augenbraue.
"Fühlst du dich nicht irgendwie krank, Onkel Santa? Ich meine, so richtig mies?"
Erst machte Nick ein verblüfftes Gesicht, doch dann verzog er seine Lippen zu einem fiesen Grinsen.
"Du hast Recht, Jack. Himmel, geht es mir dreckig." Er hob sich seinen Bauch und stöhnte theatralisch auf.
Rob lachte.
"Gut. Dann brauchen wir noch deine Frau, die Nicolas davon in Kenntnis setzt, dass er seinen Hintern in den Schlitten setzt. Allerdings könnte es sein, dass er einen Beifahrer findet, mit dem er nicht gerechnet hat."
Onkel Nick schlug ihm auf die Schulter.
"Du warst schon immer mein Lieblingsneffe."
Rob schnaubte.
"Ich bin dein einziger Neffe."
"Steh auf, Nicolas! Sofort! Wir haben keine Zeit mehr!"
Ein Schwall Wasser traf ihn und holte Nicolas aus seiner Traumwelt, die er sich dank einer Menge Alkohol erschaffen hatte.
"Scheiße, Mum, was soll das?"
Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und verzog dann angewidert seinen Mund. Himmel, er stank ja widerlich.
Seine Mutter hatte noch den Eimer in der Hand und hob ihm nun ihren Zeigefinger unter die Nase.
"So sprichst du nicht zu mir, Nicolas Clause. Du kannst nie so alt werden, dass du so einen Ton mir gegenüber anschlagen kannst."
Nicolas hob eine Hand und ließ sich wieder in das jetzt nasse Stroh fallen.
"Entschuldige, aber ich bin jetzt wirklich nicht in der Lage mit dir zu streiten."
Sie nickte.
"Das sehe ich. Du hast dich ganz schön gehen lassen."
Er seufzte.
"Lisa ist weg! Wie soll es mir da gehen? Wahrscheinlich ist sie schon mit Rob in der Tundra."
Seine Mutter schnalzte mit der Zunge.
"Was mich nicht wundern würde, schließlich hast du sie doch einfach aufgegeben, oder?"
Er blinzelte, als ob sie ihm einen Schlag in die Magengrube gab.
"Was hätte ich den tun sollen? Rob hat Recht. Ich verdiene sie gar nicht. In den letzten zwei Jahre habe ich sie immer mehr vernachlässigt. Rob sieht auf seiner rauen Art sehr gut aus und ich bin mir sicher, dass er sie besser behandelt, als ich es je getan habe."
Seine Mutter fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht.
"Was du hättest tun sollen? Das ist eine verdammt dämliche Frage, Nicolas. Du solltest um sie kämpfen. Mach deinem Vetter klar, dass Lisa deine Frau ist. Aber das machst du erst, wenn du die Geschenke verteilt hast."
Nicolas blinzelte erneut.
"Was? Dad übernimmt das doch."
Sie schüttelte bedauernd den Kopf.
"Nein. Er ist krank und kann den Schlitten heute nicht lenken."
Ganz leise meldete sich eine Stimme in seinem Hinterkopf, dass das etwas seltsam war. Sein Vater war noch nie krank gewesen, warum sollte er es dann gerade jetzt sein?
Bevor er aber nachfragen konnte, packte seine Mutter ihm am Shirt und zerrte ihn hoch.
"Du gehst jetzt duschen und steigst dann in den Schlitten. Ich will keine Ausreden hören. Die Kinder warten auf ihre Geschenke und interessieren sich nicht dafür, dass du so ein dämlicher Kerl bist."
Ehe es sich Nicolas versah, hatte er geduscht und stand angezogen vor dem Schlitten. Es lief alles wie in einem Zeitraffer ab. Wie schon das letzte Mal weigerte er sich die roten Klamotten seines Vaters anzuziehen, sondern nahm nur die Mütze, die ihm Lisa bei ihren letzten gemeinsamen Geschenke Verteilen gegeben hatte und zog sich gerade die Lederhandschuhe an, mit denen er den Schlitten am Besten lenken konnte. Auch die hatte ihm Lisa geschenkt. Noch einmal richtete er die Mütze, die ihn so an sein erstes Weihnachten als Santa erinnerte.
Leise seufzte er, als er daran dachte.
Lisa.
Wenn er doch nur die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte...
Er nahm die Zügel und schnalzte mit der Zunge. Dann rief er jedes einzelne Rentier beim Namen und und wurde von den Elfen angespornt. Der Lärm, der wieder ein freudiges Kribbeln in ihm auslöste, verschwand, sobald er in der Luft war.
Erst jetzt bemerkte der den Deckenberg hinten im Schlitten, da er sich bewegte und eine leise Stimme darunter zu hören war.
"Was soll der Lärm? Wo bin ich überhaupt?"
Sein Atem stockte.
Lisa?
Träumte er?
Schnell befestigte er die Zügel und beugte sich hinunter, um die erste Deckenschicht zu entfernen, bis er ein verschlafenes Gesicht fand.
"Lisa!"
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