November 1981

Niemand hatte damit gerechnet, dass es ganz anders kommen würde.

Es waren nur vier Monate vergangen und Narzissa fand sich in einer Welt voller Chaos wider. Wer konnte auch ahnen, dass der Tag, an dem der Dunkle Lord auszog, um einen kleinen Jungen zu töten, der Tag sein würde, an dem all seine Macht in sich zusammenfiel.

Für die meisten in der Zaubererwelt war die Nachricht von Voldemorts Fall eine Erleichterung. Für Narzissa jedoch war dies ein Aufbruch ins Ungewisse. Die Todesser wurden verfolgt und verurteilt. Einige der loyalsten Diener sogar im Kampf getötet. Manche trieb es in den Wahnsinn und ein paar wenige konnten dem Zaubergamot glaubhaft versichern, sie seien Voldemort nicht freiwillig gefolgt und damit einen Freispruch erringen (schließlich hatten vielen Hexen und Zauberern, unter dem Imperius-Fluch gestanden).

Bellatrix und Rodulphus traf es besonders hart. Sie hatten nach Voldemorts Verschwinden eine kleine Gruppe Todesser angeführt, um ihren Herrn zu suchen und folterten dabei ein Aurorenpaar bis zur geistigen Verstümmelung. Sie alle wurden gestellt und gefasst und zusammen mit Barty Crouch junior erhielten sie eine lebenslange Haftstrafe im Zaubereigefängnis Askaban. Ihr Cousin Sirius landete sogar ohne Prozess in einer Zelle, weil er eine von Muggeln besuchte Straße in die Luft sprengte.

Die Schlagzeilen entstanden schneller, als sie gedruckt werden konnten und irgendwann verfolgte Narzissa sie nicht länger. Für viele ihrer Bekanntschaften änderte sich das Leben nun grundlegend, doch für die geborene Black zählte nur, wie es ihrer Familie erging. Lucius' diplomatisches und politisches Geschick zeichnete sich in eben jener Stunde aus. Er wusste die Situation zu nutzen, um seinen wirtschaftlichen Standpunkt und das Ansehen der Familie zu festigen. Dies war allein seiner Vorsicht und dem zurückhaltenden und klugen Verhalten zu verdanken.

Trotz allem änderte sich auch ihr Leben gravierend.

Während die britische Zaubererwelt allmählich wieder auf die Beine kam und sich normalisierte, wurde den ehemaligen Anhängern Voldemorts bewusst, dass ihr lang herbeigesehnter Traum einer reinen Welt gestorben war.

Der Fall des Dunklen Lords und die vielen Verluste während seiner Schreckensherrschaft hatten im Wesentlichen dazu beigetragen. Sie waren zwar von dem Druck, die der Dunkle Lord auf sie ausgeübt hatte, befreit worden, doch zu welchem Preis?

Narzissa schätzte sich glücklich, dass ihr Mann die Möglichkeit ergriff, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und die neue Ordnung zu seinem Vorteil zu nutzen. Der Name Malfoy blieb sowohl in der alten als auch in der neuen Welt ein Synonym für Ansehen, Macht und Reichtum.

Als sich der Tag des Falls des Dunklen Lords zum ersten Mal jährte, gab die Familie Malfoy einen großen Empfang. Jeder der Rang und Namen in der Gesellschaft besaß, war geladen und die Gäste erschienen zahlreich und in ausgelassener Stimmung. Narzissa genoss ihre Rolle als Gastgeberin und Patriarchin eines alten und noblen Hauses und auch Lucius trat mit einer Selbstsicherheit auf, die Narzissa faszinierte. Er sprach zu den Anwesenden mit einer Autorität, die er lange nicht gezeigt hatte, und verkündete seine Pläne für die Zukunft und die Unterstützung diverser gemeinnütziger Projekte.

Vor dem Servieren der Speisen erhob er sich mit einer königlichen Würde und begann seine Ansprache.

»Meine lieben Freunde und Verbündeten«, sprach er mit fester und klarer Stimme. »Heute jährt sich das Ende einer dunklen Ära und die Mühen des neuen Zeitalters für die Zaubererwelt tragen die ersten Früchte. Der Dunklen Lord wurde besiegt und seine Schreckensherrschaft beendet. Nun ist es an der Zeit, dass wir diese neue Ära des Friedens und des Wohlstands genießen.«

Narzissa verspürte eine tiefe Bewunderung für ihren Mann, als sie ihn dort stehen sah, umgeben von Respekt und Verehrung. Das vergangene Jahr hatte bewiesen, dass sie das Potenzial hatten die Zaubererwelt mitzugestalten und dass für sie und ihre Familie eine glorreiche Zukunft bevorstand.

Als Lucius seine Rede beendete, erhoben sich die Anwesenden und Narzissa stimmte in ihren Applaus mit ein. Sie wusste, dass die Malfoys weiterhin eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen würden und sie war bereit, alles zu tun, um sicherzustellen, dass ihre Familie den Platz in dieser neuen Welt verteidigte.

Am späten Abend brachte Narzissa ihren kleinen Sohn zu Bett. Die Gäste waren bereits gegangen und die Feierlichkeit zu Ende. Der Vollmond erhob sich über Malfoy Manor und als sich die Tür des Kinderzimmers öffnete, wusste Narzissa, dass es ihr Mann war, der eintrat.

Lucius trug noch seine adrette Festgarderobe und er sah darin einfach unverschämt gut aus. Er hob Draco auf die Arme und für die geborene Black konnte es keinen würdevolleren und schönen Anblick geben, als jener, der sich ihr gerade eröffnete.

Mit warmen Herzen und einem Lächeln auf den Lippen trat sie näher zu den beiden heran und Lucius schloss sie sogleich in die Arme. Draco quietschte protestierend, als seine Eltern sich zärtlich küssten.

Die dunklen Zeiten der Vergangenheit schienen weit entfernt und sie sahen nun einer aufblühenden Zukunft entgegen. Der Sturz des Dunklen Lords hatte nicht nur die Herrschaft des Bösen beendet, sondern auch die Chance für eine neue Ära des Friedens und der Reinheit geschaffen.

In den Augen der Zauberergemeinschaft waren die Malfoys sehr angesehen. Ihre Loyalität zum Ministerium und ihre Bemühungen um hatten ihr Ansehen bewahrt und ihren Platz in der Gesellschaft gesichert und inzwischen waren auch die Stimmen der Kritiker verstummt.

Die Malfoys triumphierten und erstrahlten im neuem Glanz.

Doch die Familie blieb das Wichtigste. Lucius und Narzissa hatten sich durch die Stürme und durch Herausforderungen gekämpft und waren stärker daraus hervorgegangen. Ihr Sohn Draco war das strahlende Symbol ihrer Liebe und Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Während die drei einen Moment lang so dastanden, umarmt und in Liebe vereint, da flüsterte Narzissa leise die Worte, die ihnen allen Mut gaben:

»Die Reinheit wird immer siegen.«