Wenn der Schmerz die Seele zerreißt - Teil 2

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Ich fahre nach dem Einkauf mit dem Auto nach Hause. Zweimal in der Woche fahre ich diese Strecke bereits seit über zehn Jahren. Ich kenne jeden Baum, der hier neu gepflanzt wurde, jedes Haus, das renoviert wurde, sogar einige der Anwohner in den Häusern. In dieser Straße leben einige Senioren, mit denen ich gemeinsam Scrabble spiele. Auch im Alter sollte man das Gedächtnis trainieren.

Seit Kurzem ist es eine Spielstraße geworden, manchmal vergesse ich das. Im Alter lernt man nicht mehr so schnell neue Verkehrssituationen. Aber es ist ja eine ruhige Straße, da ist noch nie etwas passiert.

Drüben im Vorgarten steht Ilse. Ich nehme eine Hand vom Steuer und winke ihr freundlich zu. Was Ilse noch nicht sehen kann, ist ihr Besucher. Sie schaut nämlich in meine Richtung. Weiter entfernt, zu ihrer anderen Seite, wird gleich Rudolf kommen und sie begrüßen.

Mit dem Auto bin ich so schnell unterwegs, dass ich rasch an Ilse vorbei bin und schon die Hand zum Gruß für Rudolf heben kann. Ich bin überrascht, weil er nicht zurückgrüßt. Ehe ich begreifen kann, weshalb er mich mit großen Augen anstarrt, höre ich einen Knall und spüre den dumpfen Schlag, der meinen Wagen trifft. Dabei habe ich nur wenige Sekunden mal nicht auf die Straße geschaut. Was war das? Mein Herz rast wie wahnsinnig, als ich nach vorne schaue. Die Autos im Gegenverkehr sind alle stehen geblieben.

Es hat geknallt, metallisch. Das war kein Tier. Das war kein Auto ...

Jetzt wird mir klar, dass ich bremsen muss. Mein Fuß drückt auf das Pedal, während meine Hände zitternd das Lenkrad umklammern. Nicht, dass ich noch eines der Fahrzeuge ramme. Ich muss auf meiner Spur bleiben. Bloß keinen Unfall verursachen.

Mein Mund ist ganz trocken und meine Hände zittern immer stärker. Eigentlich weiß ich längst, dass ich einen Unfall verursacht habe, aber meine Seele will es nicht wahrhaben. Es darf ganz einfach nicht sein. Denn wenn ich kein Tier angefahren habe, kein anderes Auto, was war es denn dann, was da mit solch einer Wucht meinen Wagen gerammt hat? Was klein genug ist, um nicht gesehen zu werden, dennoch groß genug, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer wie erstarrt stehen geblieben sind?

Als mein Auto stillsteht, nehme ich nur am Rande meines Bewusstseins viele Menschen wahr, die rund um mein Auto stehen, auf die Motorhaube schlagen, irgendetwas rufen. Meine Fahrertür wird aufgerissen. Sie reden mit mir, doch da ist nur ein endloses Rauschen in meinen Ohren. Eine Frau kommt kreischend herangestürmt und wirft sich vor meinen Wagen.

Es kann nicht sein. Es darf nicht sein. Doch mein Verstand sammelt Wortfetzen und bildet für mich eine entsetzliche Wahrheit: Ich habe ein Kind überfahren.

Das ist der Moment, wo meine Seele zerreißt.

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