Freundinnen

Das erste, was Sami wahrnahm als sie aufwachte war ein eindringlich-sanftes Klopfen von innerhalb ihrer Schläfen und der Schwimmhäuten und Kiemen. tok, Tok, TOK... Langsam schlug Samira ihre Augen auf und blinzelte. Als das Schwindelgefühl verschwunden war, das sich dabei in ihr ausgebreitet hatte, ließ sie sich langsam vom Wasser um sie herum aufrecht treiben und blickte sich um. Was war passiert? Krampfhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, was sie hier tat, und wo genau sie war. Lange brauchte sie nicht, denn schon nach ein paar Augenblicken sah sie ihr Delfinarmband an, das immer noch in einem grellen Pink leuchtete. Schattfa dachte sie und konzentrierte sich auf den Anhänger, der sie zu Ari's Gegenstück führen sollte. Den Ort wusste sie jetzt auch, sie war vor dem Haus von Timon, einem der drei Roix in der Stadt.
"Samira!" riss sie eine junge Männerstimme sie aus ihrer Konzentration. Es war die von Timon. "Geht es dir gut? Tuko hat mir erzählt, was passiert ist!" Eigentlich wollte Samira sofort weg von hier, und zu ihrer Freundin, doch als der Name Tuko fiel, war damit sofort Schluss.
"Tuko hat mich hergebracht? Der Tuko? Ariellas Bruder?" fragte Sami überrumpelt und riss dabei ihre Augen so weit auf, dass Timon lachen musste.
"Ääh, ja, Tuko. Ich kenne nur einen..." antwortete er, während Sami realisierte, dass sie rot geworden war, und verraten hatte, dass sie den Bruder ihrer besten Freundin toll fand. Aber soweit sie wusste, war so ziemlich jedes Mädchen aus der Stadt in den Wandererjungen verschossen, der sowieso nur höchstens dreimal im Jahr zu Besuch kam. Er sah aber auch wirklich gut aus, mit seinen schulterlangen, blonden Haaren, seinen algengrünen Augen und den Sommersprossen, die ihn ein wenig frech aussehen ließen. Nur leider war er - anders als seine Schwester - ein vollkommener Vollidiot.
Innerlich fluchend bemerkte Samira, dass sie mal wieder in Gedanken versunken war. Um von ihrer Verlegenheit abzulenken fragte sie den kleingewachsenen Roix, der vor ihr im Wasser schwebte: "Okay, darf ich jetzt gehen? Ich muss zu Ari!"
"Mhhm, meinetwegen, sie ist da drüben." antwortete er widerwillig und deutete auf sein rot gestrichenes Haus.

Ihre beste Freundin war hier? Damit hatte das Zaltimädchen nicht gerechnet. Mit ein paar vorsichtig-torkelnden Schwimmzügen war sie im Haus und sah sich um.
Es gab drei gleich große Räume im Haus, sie stand im mittleren, der wie sie wusste als Wohnzimmer und Küche benutzt wurde. In dem Raum gab es zwei rechteckige Öffnungen, ohne Vorhänge, die sonst immer in Meermenschen-Wohnungen hingen.
Im rechten Zimmer - dem Behandlungsraum - war Sami schon sehr oft gewesen, wenn sie sich mal wieder bei der Feldarbeit verletzt hatte. Seit einem Unfall mit dem Robbenpflug, an dem sie sehr viel geblutet hatte, band sie sich nach Timon's Rat immer ein Tuch um die Taille, damit sie sich schnell mit einem "Notverband" pflegen konnte, falls wieder so etwas vorkommen sollte.

"Ari?" sagte Samira fragend, als sie im Behandlungszimmer ankam.
An einer Wand des Zimmers, war ein gemütlich aussehendes Sofa befestigt, und die Wand darüber war gepolstert. War sie etwa dort? Nur schwerverletzte Patienten benutzten dieses "Bett", alle anderen schliefen normalerweise im Wasser treibend.
"Hallo, Samira." Eine emotionslose Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Blitzschnell drehte Sami sich um und blickte auf die andere Seite des Raumes, auf der sie sogleich einen blond-gelockten Jungen erblickte. Tuko!
"Was willst du denn hier?" fragte das Zalti-Mädchen genervt und vergaß für einen Augenblick, um wen es hier eigentlich ging.
"Ach Mira," begann Tuko mit seiner Antwort. "Du dachtest doch nicht ernsthaft, dass mein Schwesterherz  alleine hier ist, oder? Du könntest dich übrigens ruhig mal bei mir bedanken..."
Was? Bedanken? Für was denn bitte?! Samira starrte ihn entgeistert an. Kurz wollte sie ihm mal ordentlich ihre Meinung sagen, doch dann fiel ihr Ariella wieder ein. Empört kehrte sie Tuko den Rücken zu und näherte sich vorsichtig dem "Bett".

"Sami!" hörte sie eine klare Stimme, als sie vorsichtig hineinlugte. Grinsend hob Ariella, die scheinbar gerade aufgewacht war ihre Arme und legte sie auf Samiras Schultern. "Wieso guckst du denn so ernst?" fragte sie, nachdem sie dem Zalti-Mädchen einmal ordentlich in die Augen geblickt hatte. Doch dieses starrte nur auf Ari's linkes Schienbein, dass in einem sehr unnatürlichen Winkel von dem oberen Teil des Beines abstand. "Ach, halb so schlimm! Timon flickt das schon wieder..." meinte Ari mit strahlenden Augen. "Wie geht es dir denn so? Tuko hat mir schon erzählt, was passiert ist."
Tuko? Wieso musste er es nur allen erzählen? Selbst ich wusste ja nicht, was mit mir los war. Und dieser arrogante Heini plauderte es einfach so aus. Schattfa! Bei diesen Gedanken an Ariellas Bruder verzog Samira das Gesicht. Wieso musste sie nur die ganze Zeit an ihn denken, fragte sie sich, während sie unsicher antwortete: "Ääh, was ist denn passiert?"
"Im Ernst?! Du weißt es nicht mehr?" fragte Ariella Sami aufgebracht, die nur langsam und verwirrt den Kopf schüttelte. "Du bist geschwommen. Schneller als die schnellste Finde-Finja! Wir haben es alle gesehen. Tuko, unsere Eltern und ich. Und dann... Dann hast du plötzlich gestoppt und lagst reglos im Wasser. Nicht mal Timon kann sich einen Reim darauf machen. Und du weißt wirklich gar nichts mehr davon?"
Wieder schüttelte Samira den Kopf. "Aber du? Was ist mit dir? Was ist passiert?" fragte nun sie ihre Freundin erneut aus und guckte sie besorgt an.
"Ach, wie gesagt, das kriegt Timon schon wieder hin. Ich habe mal wieder eine der Kristallhöhlen besucht, du hast dir doch so sehr gewünscht, dass ich dir einen Regenbogenkristall mitbringe... Nun ja, ich habe halt nicht aufgepasst und ein Felsbrocken ist auf meinen Fuß gefallen. Poseidon sei Dank war Silvy bei mir, sie hat dann die anderen geholt, die mir dann letztendlich mithilfe der Schule aus dem Schlamassel geholfen haben. Aber den Stein habe ich!" antwortete Ariella und zog lächelnd einen kleinen, länglichen Kristall aus ihrer Flex-Bauchtasche.
Fast meinte Samira, Ari wirkte fröhlich, als sie ihr den Stein gab, doch diesen Gedanken schob Sami schnell fort. Niemand konnte so fröhlich sein, nachdem er eine so große Verletzung erlitten hatte. Der Kristall den Ari ihr gegeben hatte funkelte in allen Farben und spiegelte das wenige Licht, dass es hier unter Wasser gab so gut wieder, dass man fast meinen hätte können, dass er selbst eine Lichtquelle wäre.
"Danke, Ariana!" bedankte sich Samira bei ihrer Freundin, während ihr die Brosche einfiel. "Guck mal, ich hab auch was für dich." meinte sie, während sie Ariella die Brosche in die Hand drückte.
Auch Sami erhielt ein großes Lob für ihr Geschenk, bevor sich die beiden sich eine Weile lang über ihre Geschehnisse des letzten halben Jahres unterhielten.

Nach einer Viertelstunde kam plötzlich Timon ins Zimmer. "Samira, es will jemand mit dir sprechen." sagte er zu Samira, die ihm sofort neugierig folgte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top