Part 4

Vor dieser ersten Nacht auf Pandora graute mir tatsächlich ein wenig. Es war das erste Mal, dass ich nachts und als Avatar draußen im Dschungel war. Zum Glück war ich nicht ganz allein, ich hatte Neteyam bei mir. Aber dennoch war mir etwas mulmig. Ich dachte an all die Tiere die in der Dunkelheit lauerten. Ich hatte gehört, dass manche von ihnen sogar Na'vi gefährlich werden konnten.

Wir bahnten uns einen Weg durch das dicht bewachsene Unterholz. Die Nacht war gar nicht so still
Besonders meine Schritte waren laut. Wegen den schweren Schuhen hatte ich keinen leichten Tritt und überall wo ich lang ging knackten Zweige oder ich kickte Steinchen vor mir her. Neteyam drehte sich belustigt zu mir um. "Du machst Geräusche wie eine Herde Hammerköpfe", kicherte er.
"Ha ha" Nett, dass er mich mit diesen Nashorn-ähnlichen Tieren verglich. Ich unterdrückte ein Lachen. Aber er hatte Recht, ich war unendlich laut und ich versuchte von nun an leiser zu laufen. Doch nicht nur meine Schritte hallten durch die Nacht. Ich hörte Schnattern, Grunzen und Krächtzen, doch sehen konnte ich kein einziges Tier.

"Bleib mal stehen!", er packte mich am Arm. Mein Herz begann zu rasen. Was war los? "Was? Wildtiere!?" Raubtiere? Doch Neteyam schüttelte den Kop und streckte lautlos den Arm aus. Und da erkannte ich sie:
"Pa'li", flüsterte Neteyam. Eine Gruppe Direhorses. Sechsbeinige pferdeähnliche Wesen. Ich atmete erleichtert aus. Diese Tiere waren reine Pflanzenfresser, friedliche Wesen. Wir beobachteten eine Weile, wie sie mit ihren Zungen den Nektar fraßen oder einfach nur im Liegen dösten. Ich lächelte, es wirkte so friedlich.

Auf einer kleinen Lichtung hielten wir an. Neteyam zeigte auf eine unscheinbare Pflanze. Sie war hüfthoch und hatte kelchartige Blüten. Neteyam berührte sie sacht mit dein Fingern und eine violette Farbe breitete sich auf ihr aus. Ich staunte. Klar, ich hatte schonmal biolumineszente Pflanzen gesehen, aber noch nie in echt mitten in der Nacht. Es war unglaublich schön.
Das Violett der Blüte verteilte sich auf andere Pflanzen in der Umgebung und schon bald schimmerten die Gräser und Ranken an den Bäumen. Ich keuchte auf vor Ehrfurcht. Pandora war so ein wunderschöner Ort!
Ein süßlicher, frischer Geruch lag über der Lichtung und ich atmete die klare Nachtluft ein. Oben am dunklen Himmel schimmerten die Sterne und der Gasplanet warf ein Farbspektakel in den Horizont. Es war alles so hell erleuchtet, das man gar kein Licht brauchte. Überhaupt, mir war gar nicht aufgefallen, wie dunkel es wirklich war. Auch im Wald nicht, meine Na'vi Augen waren so gut an die Dunkelheit angepasst.

Ich sah zu Neteyam. Die weißen Punkte in seinem Gesicht, die jeder Navi trug, leuchteten im Dunkeln. Norm und die anderen Forscher nannten sie liebevoll 'Sommersprossen'. Sie waren bei keinem Na'vi gleich und waren so etwas wie ein genetischer Fingerabdruck. Ein Erkennungszeichen. Ich merkte gar nicht, dass ich Neteyams Gesicht verzaubert anstarrte, bis er anfing zu Grinsen. Ich musste Lachen. "Tut mir Leid, das ist nur alles so..." Ich machte eine undefinierbare Geste in die Umgebung. "Überwältigend?", beendete er meinen Satz.
"Jah", lachte ich.

Wir begannen unsere Arbeit damit, die Pflanzen zu fotografieren. Dann nahm ich eine Probe des Nektars und füllte sie in ein Reagenzglas und beschriftete es.
Während ich die Blüte und einen Teil des Stängels abschnitt, murmelte Neteyam Worte auf Na'vi, die ich nicht verstand. Plötzlich kam ich mir vor, wie ein Umweltsünder. Es war nicht richtig einfach Pflanzen abzuschneiden, schoss es mir durch den Kopf. Dabei machten Norm und seine Forscher das dauernd. Das Leuchten der Blüte erlosch, als ich sie abtrennte und in einem Plastikbeutel verstaute. Neteyam sagte kein Wort zu meiner Arbeit, sondern führte mich nur zu der nächsten Pflanzenart ganz in der Nähe. In dieser Nacht konnte ich noch drei weiter Proben nehmen.

...

Die Sonne schien durch das grüne Blätterdach und ich blinzelte. Verwirrt setzte ich mich auf und stöhnte. Mein Rücken schmerzte höllisch. Ich fasste mir an die brennende Stelle. Natürlich hatte ich nicht in den Hängematten oben im Baum geschlafen, ich war doch nicht lebensmüde. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wie ich da hochkommen sollte. Ich hatte am Fußende des Baumes zwischen den dicken Wurzeln auf dem Boden geschlafen. Und das rächte sich jetzt.
Ein junges Omatikaya Pärchen kam an mir vorbei und kicherte, als sie mich sahen. Ich unterdrückte einen Fluch. Das Laufen tat auch weh, aber die Bewegungen halfen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel. Irgendwann vormittags also.

Mein Magen knurrte. Was sollte ich hier eigentlich essen? Ich wusste, dass die Na'vi sich genauso ernährten wie wir Menschen: omnivorisch, Allesfresser. Aber wo sollte ich hier Essen her kriegen? Auf dem Weg zu Mo'ats Hütte pflückte ich eine Frucht, von der ich wusste, dass sie essbar war.
Mo'at war wach. Sie begrüßte mich und wirkte recht klar. Doch ihr Zustand hatte sich nicht verbessert, sie war immer noch fiebrig und hustete wie verrückt. Ich hab ihr etwas Wasser aus der Schale, die neben ihrem Nachtlager stand. Wir unterhielten uns etwas, doch es war nicht zu übersehen, dass es die alte Dame anstrengte und so verabschiedete ich mich.

Ich schaute noch bei einigen anderen Patienten vorbei, die Norm und ich in den letzten Tagen versorgt hatten. Keinem ging es wirklich besser und die Hoffnung, sie alle heilen zu können schwand mit jedem neuen Patienten. Ich seufzte und verließ den Teil des Waldes. Was jetzt? Ich sah mich etwas unschlüssig um.
Mo'at schlief bestimmt, die Proben konnte ich nur nachts nehmen. Was sollte ich jetzt den ganzen Tag lang machen? Ich setzte meinen Weg fort, als auf einmal jemand an meinem Schwanz zog. Ein wildes Geheul erschallte und ich schrak herum. Etwas kleines, flinkes zerrte an mir herum und ich erkannte Spider. Mein Herzschlag beruhigte sich.

"Spider!", rief ich erschrocken. Der Menschenjunge lachte nur. Er trug seine Atemmaske und sprang wild um mich herum. Er reichte mir gerade bis zu den Schultern. "Guten Morgen, na wie war die erste Nacht?"
Ich rollte mit den Augen. "Ich hab tierisch Rückenschmerzen, ich hab auf dem Boden geschlafen."
Spider machte große Augen und lachte. "Was, wieso das denn?"
"Ich will aus diesen Hängematten nicht runter fallen! Das ist doch selbstmord!"
Spider kriegte sich gar nicht wieder ein. "Da kannst du nicht rausfallen, die sind extra so konstruiert, ich schlaf da drin ständig!"
Seine lebhafte Energie steckte mich an. "Wo willst du überhaupt hin?", fragte ich ihn.
"Zu den Sullys. Kommst du mit?"
Ich dachte an Neteyam. "Ich weiß nicht" Durfte ich sie einfach so besuchen? Ich meine, ich sah zwar aus wie ein Na'vi, aber ich war immerhin noch ein Mensch. Und Jake war der Clanführer. Aber Spider besuchte sie ja auch dauernd. "Na gut okay!" Ich grinste und wir rannten los.

Die Hütte der Sullys lag auf einer kleinen Lichtung in der Mitte des Dorfes. Und es war auch weniger eine Hütte, eher ein Zelt aus Flechtwerken und Stoffen. Schon von weitem konnte ich das Lachen. Ich lächelte, als ich Tuk etwas schreien hörte.
Spider ging einfach so hinein, als ob er Teil der Familie wäre. Ich zögerte kurz und folgte ihm dann.

Nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich sie: Tuk und Kiri kagen auf dem Boden und wälzten sich lachen in den Decken. Sie standen auf als sie uns sahen und klopften sich den Staub von den Knien. "Spider! Eva!"
Tuk umarmte meine Taille und warf mich dabei fast um. Ich lachte überrascht und erwiderte die Umarmung. "Wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?", fragte Kiri.
Bevor ich antworten konnte platze Spider heraus: "Sie hat Rückenschmerzen, weil sie auf dem Boden geschlafen hat!"
Die drei lachten und nach kurzem gespieltem Schmollen musste ich mitlachen.

Jetzt sah ich auch die Einrichtung der Sullys: Sie schliefen in Hängematten. (War ja klar) Decken und Matten lagen auf dem Boden, um es gemütlicher zu haben. Kisten und geflochtene Körbe standen in den Ecken und auf einer Kiste lag ein Bogen.

"Wo sind die anderen?", fragte ich.
Kiri zuckte mit den Schultern. "Jagen, Patrouille. Das Übliche halt."
"Sie fliegen auf ihren Ikrans!", rief Tuk begeistert. "Ich will auch endlich einen eigenen Ikran!"
Kiri schmunzelte. "Das dauert noch ein wenig, Kleine"

Ich wollte gerade etwas fragen, da öffnete sich der Vorhang am Eingang der Hütte. Jake kam herein. Gefolgt von Neytiri und den Jungs. Toruk Makto runzelte die Stirn als er mich sah, und ich befürchtete, dass ich jetzt Ärger bekommen würde. Doch Jake legte mir eine Hand auf die Schulter. "Ich hab dich schon gesucht!", sagte er. "Norm ist erkrankt."

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