Vater-Kind-Beziehung

Kaum hatte ich mich beruhig, hörte ich wie die Haustür aufging und mein Herz fing sofort wieder an viel zu schnell zu schlagen und mir wurde schlecht. So schlecht wie gefühlt nie zuvor. Und ich setzte mich auf, mein Blick landete auf der Tür, ich würde es wahrscheinlich nicht schaffen bis zur Toilette zu kommen. Also ging ich langsam zu meinem Mülleimer und kippte ihn aus, dann entleerte ich meinen Magen hinein. Stress war nun wirklich nicht meins.
Gerade als ich meinen Kopf hob, hörte ich wie die Tür aufging und als ich zur Tür schaute, sah ich die Schwester in der Tür stehen und mich zwar besorgt aber auch angeekelt musternd. Great.
Ich stand vorsichtig auf und schaute auf den Boden, weil ich das Gefühl hatte, das mein Kopf explodieren würde, wenn ich mehr als nur die Eintönigkeit des Bodens sehen würde, dann torkelte ich vorsichtig zu meinem Bett und ließ mich darauf fallen. Die Schwester öffnete das Fenster und kickte den Mülleimer zu mir, der wackelte verdächtig als er zum stand kam, allerdings kippte er glücklicherweise nicht um. Ich hatte das Glück einen aus Hartplastik zu haben, die anderen hatten größtenteils einen aus Metall, mit löchern.
Die Schwester, die mich musterte, sagte nur: "Das hast du davon, wenn du Gott nicht besuchst". Ich verdrehte die Augen und setzt mich auf. "Ich werde um Vergebung beten", sagte ich schnell und die Schwester gab sich damit zufrieden und verließ mein Zimmer. Ich stand auf, denn mein Magen war leer, ich wusste, dass nichts mehr kommen würde, ich wartete bis ich keine Schritte auf dem Gang hören konnte und nahm den Eimer, den ich eine Armlänge von mir weghielt.
Mein Weg führe mich ins Bad wo ich gründlich den Mülleimer ausspülte und aus dem Fenster sah, das nicht verspiegelt war, weil das Badezimmer sich im dritten Stock befand. Ich dachte nach. Jack wollte das ich sowas öfter machte, aber heute hatte ich nur wenige Zettel verteilt und musste mich vor Nervosität übergeben, vielleicht könnte er mir ja eine andere Aufgabe geben oder so. Ich schnappte mir meinen Mülleimer und ging zurück in mein Zimmer, allerdings erstarrte ich als ich sah, wer in meinem Zimmer stand.
Mein Erzeuger und der Direktor, sie schauten mich abwartend an und ich betrat langsam mein Zimmer. Die beiden wussten nicht das sie gerade den einzigen Ort zerstörten, indem ich mich noch wohlfühlte. Der Direktor, der einen hässlichen grauen Pullunder anhatte und sich auf seinen Gehstock stützte, mit dem er auch die Schläge verteilte, die sich die Kinder angeblich verdient hatten. Er wirkte irgendwie krank. Nicht so Schnupfen mäßig, eher so als wäre er einfach viel zu alt um noch zu leben, ich stimmte zu, und mein Erzeuger trug einen schwarzen Anzug, an seinem linken Handgelenk war eine extrem teuer aussehende goldene Uhr. Die beiden schauten mich an als würden sie mich gleich zerfleischen. Allerdings fing der Direktor dann an zu sprechen und der klang viel sanfter als sonst beim Essen oder jedes andere mal, wenn ich ihn habe reden gehört: "Setz dich doch... Charlie" Er war angewidert davon mich so zu nennen, das merkte man, aber man konnte es als Fortschritt werten, oder nicht? Ich stellte misstrauisch den Mülleimer hin und setzt mich auf meinen Schreibtischstuhl. Ich ließ die beiden nicht aus den Augen und mein Erzeuger fing an zu reden, wenn mir bei seinem Anblick schon schlecht geworden war, dann wollte ich jetzt gleich noch einmal kotzen, allerdings hielt ich mich zurück meinen Ekel zu zeigen.
Da ich in meinen Gedanken vertieft war, hatte ich keine Ahnung was Robert, mein Erzeuger, gesagt hatte, ich schaute ihn an "Sorry, ich habe vergessen dir zuzuhören, war zu langweilig". Ein Grinsen zierte mein Gesicht, ich konnte sehen wie wütend ihn das machte und ich genoss es. Normalerweise mochte ich es nicht wirklich andere Menschen wütend zu machen, aber Ausnahmen bestätigten die Regel und er war die Ausnahme. Er war einfach niemand den ich respektieren konnte. "Wir sind hier um dich zu fragen ob es etwas gibt das man deiner Meinung an diesem Internat ändern könnte, um es besser zu machen" er zwang sich zu einem Lächeln während er das sagt und ich konnte nicht fassen was ich da gehört hatte, ich fand es nicht mal lustig. Einfach nur traurig. Ich schaute emotionslos zwischen den beiden Männern hinterher "Alles". Sie schauten sich gegenseitig kurz an und die Hand des Direktors, mit dem er seinen Stock hielt, zuckte, so wie er es immer tat, wenn er gleich zuschlagen würde.
"Charlie... Schatz-", fing Robert an, doch ich unterbrach ihn: "Hör auf so zu tun als würdest du mich mögen, nachdem du mich jahrelang hierhergeschickt hast nur, weil du ein inkompetentes Arschloch bist, das nicht mit den eigenen Gefühlen klarkommt". Ich lächelte als diese Worte meinen Mund verließen und er starrte mich an, so als hätte er eben erst realisiert was er getan hat, aber ich wusste das er sich wunderte wie ich mit ihm redete, obwohl ich doch hier war, damit mir so ein Verhalten ausgetrieben wurde. "LUCY ICH DULDE SO EIN VERHALTEN NICHT", schrie der Direktor und ich schaute ihn an, sie wollten etwas von mir sonst wären sie nicht so nett, also konnte ich ruhig ein wenig weitermachen, denn es wurde gerade erst lustig. "Ich heiße Charlie, wenn du das nicht in deinen hohlen Schädel bekommen kannst, dann ist das dein Problem Detlef". Der Arm des Direktors erhob sich zum Schlag, dann hielt er inne und verließ den Raum, für Robert hieß das wohl, dass er jetzt ungestört schleimen konnte und scheinbar wollte er auch nicht so schnell gehen, denn er setzte sich auf mein Bett.
"Charlie. Wir meinen das ernst. Wir wollen das Internat verbessern", seine Hand legte er auf meine Schulter, ich wollte eigentlich zurückweichen doch irgendetwas hielt mich davon ab. Sein Daumen streichelte über meine Schulter, so wie meine Mutter es immer getan hatte und für einen kurzen Moment sah ich sie dort sitzen. Mit ihrem warmen lächeln, das sie immer auf den Lippen hatte und ihren blauen Augen die immer so voller Liebe waren. Ihre braunen Haare, die mich immer gekitzelt hatten, wenn wir nebeneinander in meinem Bett lagen und ich ihr von meinem Tag erzählte. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte und teilweise war ich sehr froh ihr so ähnlich zu sehen, teilweise wünschte ich mir auch das ich weniger so aussah wie sie, weniger feminin, weniger als das perfekte Ziel für Rassismus, der in diesem Internat großgeschrieben wurde und vor allem weniger als die Person, die meinen Erzeuger so sehr verletzt hat. Denn bevor ich mir die Haare kurz geschnitten hatte und sie mithilfe von billigem Aufheller aus dem Supermarkt über den Zeitraum von drei Tagen zweimal aufgehellt hatte, um sie blau zu färben, war ich wie sie. Nur hatte ich leider weniger von ihrem Charakter geerbt als ich wollte. Ich war so stur wie Robert, viel zu schnell genervt und vor allem schaffte ich es nicht mich in die Emotionen anderer hinein zu versetzen. Sie wusste oft wie du dich fühlst noch bevor du es überhaupt selbst realisiert hattest, ich hingegen war schon immer schlecht darin gewesen Gefühle zu verstehen.
"Charlie, ist alles in Ordnung?" Mein Erzeuger klang tatsächlich besorgt und ich konnte spüren wie er mir über die Wange strich, aber das war nicht alles, was ich spürte, ich spürte auch etwas Nasses und als ich nach ein paar Sekunden realisiert, dass es Tränen waren, sprang ich auf und schaute den Mann, der auf meinem Bett saß, an, er war mir so Fremd wie jeder andere Mensch, an dem ich auf der Straßen vorbeilief, aber wiederum so vertraut wie es nur der eigene Vater sein konnte. Er stand auf und umarmte mich, ich wollte mich wehren aber meine Gefühle und diese Situation überforderten mich, also ließ ich zu das er mir mit der Hand durch die Haare fuhr, als er dann auch noch sagte ihm würde die Farbe gefallen war ich mir zwar sicher, dass er ein Alien sein musste, das hier war, um mich zu verschleppen, aber es war mir egal. Ich drückte mich gegen seinen Oberkörper und wirkte vermutlich wie ein Fisch auf dem Land, so verzweifelt nach der Überlebenswichtigen Existenz, die im Falle des Fisches zwar Wasser war, in meinem Fall aber die Zuneigung, die mir so viele Jahre verwehrt worden war. Ich ließ sogar meinen Tränen freien lauf und genoss die Hand meines Vaters, die durch meine Haare glitt wie ich es sonst nur aus Filmen kannte. Ich beruhigte mich schneller als gewöhnlich und meine Gedanken waren wie benebelt, aber das störte mich nicht weiter und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer als ich hörte was Robert sagte: "Es tut mir leid, ich hätte dich niemals so behandeln dürfen, es gibt keine Gründe, die mein Verhalten rechtfertigen würden. Aber ich hoffe inständig, dass du mir eine zweite Chance gibst, das du mir nicht verzeihen kannst, ist mir klar aber vielleicht schaffen wir es ja ein paar gute Erinnerungen zu der wahrscheinlich sehr großen Sammlung an schlechten hinzuzufügen."
Ich sagte nichts, seine Worte hallten in meinem Kopf wieder und ich war wie ausgeschalten, wir standen bestimmt 5 Minuten in vollkommener Stille in meinem Zimmer, bis ich es schaffte wieder etwas zu sagen, Worte, von denen ich niemals gedacht, hatte sie, würden meinen Mund wieder verlassen: "Danke Papa".


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