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Liebevoll nimmt mich Liam in den Arm, streichelt mir beruhigend über den Rücken und macht mir einen Tee. "Jetzt erzähl mir erstmal ganz in Ruhe, was los ist, Lou. Ich bin mir sicher, das kriegen wir wieder hin." Er hat sich mir gegenüber an den Küchentisch gesetzt und lächelt mir aufmuntert zu. Doch ich habe mich noch immer nicht beruhigen können, weshalb ich lediglich schluchzend vor mich hinstammle. "N-Nein, ich hab-.... ich hab ihm wehgetan, aber ich woll-wollte das nicht, es ist mir einfach so rausgerutscht, weil ich-... ich war so überfordert und ha-hab nicht nachgedacht und-... Liam, er denkt ich spe-spiele nur mit ihm, aber das würde ich n-niemals tun, i-ich-" Er greift nach meiner Hand und streichelt mir behutsam über den Handrücken. "Hey, beruhig dich erstmal, Louis, okay? Und dann erzählst du mir von vorne, was passiert ist und dann finden wir zusammen eine Lösung, hörst du?"

Ich bin ihm unendlich dankbar, wie aufmerksam und fürsorglich er sich Zeit für mich nimmt, obwohl wir uns erst ein paar Wochen kennen. Ich hoffe, er schmeißt mich nicht direkt raus, wenn ich ihm erzähle, wie weh ich einem seiner besten Freunde getan habe.

Nach ein paar Minuten schaffe ich es tatsächlich, meine Atmung zu kontrollieren und sammle mich kurz, um Liam zu erzählen, was vorgefallen ist. "Puh..." atme ich noch einmal tief durch, bevor ich beginne. "H-Harry und ich, wir... wir haben Plätzchen gebacken und alles war so harmonisch und schön..." Mein Blick wandert auf die Anrichte, auf denen die fertigen kleinen Meisterwerke stehen, sodass sich erneut Tränen in meinen Augen sammeln. Ich schlucke sie herunter und presse kurz meine Lippen aufeinander, bis ich fortfahre. "Und dann wollten wir eigentlich einen Film gucken, aber dann..." kurz stocke ich, doch dann fällt mir auf, dass ich mit Liam schon mehrmals offen über Sex geredet habe und mir vor ihm nicht unangenehm sein muss, zu erzählen, was passiert ist.

"...naja, wir haben rumgemacht und es ging plötzlich alles ziemlich schnell und dann... " ich fahre mir mit meiner Hand über die Stirn. "...ich war einfach überfordert, weil das alles so neu für mich ist und es auf einmal so schnell ging und ich wusste nicht, ob ich schon soweit bin, mit ihm-..." Seufzend schließe ich die Augen. "Du hast es abgebrochen?" fragt er ruhig. Ich nicke traurig. "Aber... hatte Harry kein Verständnis dafür, dass du noch etwas brauchst? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er deswegen sauer wäre, er ist doch sonst so... rücksichtsvoll." murmelt er nachdenklich. Ich ziehe die Nase hoch und zerrupfe das Taschentuch, dass er mir gegeben hat. "Es geht nicht darum, dass ich es abgebrochen habe, sondern wie..." Mit fragendem Blick legt er den Kopf schief.

"Ich habe nicht drüber nachgedacht, was ich sage und dann ist es mir so rausgerutscht..." murmle ich leise. "Was hast du gesagt?" fragt er mit nervösem Unterton in der Stimme. "Ich kann das nicht." zitiere ich mich kleinlaut und merke, wie mir eine Träne über die Wange kullert. Schnaubend schließt Liam die Augen und lässt den Kopf sinken. "Scheiße." sagt er und bestätigt mir damit, dass er direkt versteht, was los ist.

Einen Moment ist es ruhig, dann setze ich erneut an. "Aber Liam ich wollte ihm nicht wehtun, wirklich. Ich hab das nicht gesagt, weil er ein Mann ist und nicht mit ihm intim werden wollte, sondern weil..." Leise seufze ich. "...ich war einfach überfordert, ok? Es ging plötzlich alles so schnell und ich... hatte Angst, irgendwas falsch zu machen oder ihn zu enttäuschen, mir sind einfach so viele Sachen durch den Kopf gegangen und er hat es nicht verdient, dass ich mich dabei nicht zu 100% auf ihn konzentrieren kann, weißt du..." Er nickt verstehend und legt mir die Hand auf die Schulter. "Ich bin mir sicher, er versteht das, wenn du ihm das genauso erklärst, wie mir gerade." Ich nicke leicht. "Aber wie soll ich ihn dazu bringen, dass er mir überhaupt zuhört?" frage ich traurig.

"Das kriegen wir schon hin. Gib ihm einen Moment, sich zu beruhigen und dann fahr ich morgen mit dir hin. Mir macht er sicher dir Tür auf und wenn du einmal da bist, dann wird er dir zuhören, ich bin mir sicher." Leise seufzend sammle ich die Fusseln zusammen, die von dem Taschentuch übrig geblieben sind. "Ich will ihn nicht verlieren, Liam." flüstere ich. "Tust du nicht, glaub mir. Ich weiß es. Ich kenne Harry lang genug, er mag dich... sehr. Und wenn du ihm die Situation aus deiner Sichtweise erklärst, glaube ich, dass er dich versteht und dir verzeihen kann."

So gerne ich auf Liams Worte vertrauen würde, ich habe auch am nächsten Tag noch unglaublich viel Angst davor, dass er mich einfach wieder wegschickt. Ich weiß, dass Harry wieder bis 14 Uhr arbeitet und Liam hat mir versprochen, mit mir um 3 zu ihm fahren. Nervös trommle ich auf der Keksdose herum, in die ich die Plätzchen gestapelt habe. Wenn Liam Recht hat und Harry mir verzeihen kann, dann hoffe ich, die anschließend mit ihm zusammen vernichten zu können. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt...

Ich lese das Klingelschild, auf das Liam drückt und stutze. "Harry wohnt mit Niall zusammen?" frage ich überrascht. "Ja, die beiden kennen sich seit der Grundschule und sind zusammen hierher nach London gezogen." erklärt er mir, bevor die Gegensprechanlage knackt. "Ja?" Eine Gänsehaut durchfährt mich, als ich seine Stimme höre. "Hey, ich bin's. Ich wollte kurz Niall sein Spiel zurück bringen..." Tatsächlich waren Liams Worte nicht mal gelogen, denn er hatte wirklich eines der Playstationspiele seines Kumpels dabei. "Klar, komm hoch. Er ist noch unterwegs, aber sollte jede Minute wieder da sein." Sofort ertönt das Geräusch des Türöffners und ich atme noch einmal tief durch, bevor ich meinem Freund ins Treppenhaus folge.

Die Tür im ersten Stock steht offen, doch Harry scheint schon wieder ins Innere verschwunden zu sein. "Hey, komm ruhig durch." höre ich ihn rufen, als wir die Tür hinter uns schließen. Liam deutet auf eine Tür am Ende des Flurs, aus dem ein Lichtstrahl und leise Musik kommt. Ich folge ihm und sehe an einem Schreibtisch Harry sitzen, der lächelnd den Kopf hebt, als Liam die quietschende Tür ein Stück weiter öffnet. Das Lächeln fällt, sobald er mich erblickt. Seine Augen zucken wieder rüber zu Liam und er knurrt "Dein Ernst, Payne?" Die beiden haben gestern Abend noch miteinander geschrieben, weshalb ihm bewusst ist, dass Liam Bescheid weiß.

"Ja, mein Ernst, Harry. Bitte gib ihm die Chance, sich zu erklären und hör ihm zu. Glaub mir, weder ich noch er will dir wehtun." Tief atmet er durch, bevor er sich ergibt und auf dem Schreibtischstuhl umdreht. "Du hast 5 Minuten." sagt er trocken. Liam nickt, verschwindet dann aus dem Zimmer und schließt leise die Tür hinter mir. "I-Ich hab die Kekse mitgebracht..." sage ich mit schüchternem Lächeln und stelle sie vorsichtig neben seine Unterlagen. Er scheint mit der Buchhaltung der Bäckerei beschäftigt zu sein.

Ohne eine Regung im Gesicht blickt er von der Keksdose zurück zu mir. "Tu mir einen Gefallen und mache es kurz, okay? Ich hab das alles schon einmal hinter mir, ich ertrage das kein zweites Mal. Nutzt mich nicht aus, um deine Sexualität zu erkunden." Obwohl er versucht, emotionslos zu klingen, merke ich direkt, wie weh es ihm tut, das zu sagen. "Ich weiß." sage ich kleinlaut, weshalb er irritiert die Augenbrauen zusammen zieht. "Niall. Er hat mir am ersten Abend von... von Simon erzählt." Liam hat mir gestern den Namen des Jungen gesagt, der ihm damals so wehgetan hat. Die Verwirrung in Harrys Gesicht wandelt sich zu einem Blick, der von Wut getränkt ist. "Du wusstest davon und hast trotzdem-" zischt er, doch ich unterbreche ihn. "Lass mich ausreden, Harry. Bitte." Er rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her, verschränkt dann aber die Arme vor der Brust und blickt mich mit erwartungsvoller, aber versteinerter Miene an.

"Ja, ich wusste davon, dass dieses Arschloch mit dir gespielt hat und deshalb verstehe ich auch, warum dich meine Worte so verletzt haben. Aber Harry, ich bin nicht wie er, okay? Ich..." leise seufze ich aus. "Ich will ehrlich zu dir sein: Ja, ich war in den Moment komplett überfordert und hatte Angst. Aber nicht, weil ich Panik hatte, etwas mit einem Mann zu haben. Sondern weil du mein erster Mann bist und ich... verdammt Harry, ich wollte nichts falsch machen, dich nicht enttäuschen, es ging einfach plötzlich alles so schnell und mein Kopf war voller Gedanken, ich... konnte mich nicht auf das konzentrieren, was da gerade passiert. Und das hast du nicht verdient, Harry. Ich..." zittrig atme ich ein und wieder aus. "Ich will mit dir schlafen, glaub mir. Gott, ich wollte selten etwas mehr, ganz ehrlich!"

Ich bilde mir ein, dass sein Mundwinkel ein Stück nach oben zuckt, während er mich nachdenklich mustert. "Ich meine... " Kurz überlege ich, wie ich das Folgende ausdrücken soll, aber dann entscheide ich mich, es einfach exakt so zu sagen, wie es mir durch den Kopf geistert.

"Harry, du... du hast meine Welt komplett auf den Kopf gestellt, okay? In dem Moment, in dem ich dich das erste Mal gesehen habe, hat es mir den Boden unter den Fußen weggerissen, verdammt! Ernsthaft, ich habe sowas noch nie erlebt, ich-... Mein Herz beginnt zu rasen, wenn du nur neben mir stehst, mein Mund wird trocken, wenn du mir in die Augen siehst, ich kriege feuchte Hände, wenn du mich berührst und..." ich hole Luft, denn mein Puls rast gerade so sehr, dass ich kaum atmen kann. "...und wenn du mich küsst, dann..." Ich beginne dämlich zu grinsen, lege demonstrativ die Hände an meinen Kopf und lasse sie mit einem leisen "Boooom" nach oben schnellen, um bildlich darzustellen, was seine Lippen auf meinem mit mir machen.

Nun kann er das Lächeln nicht mehr verstecken, sodass er etwas verlegen auf seine Finger schaut. "Harry, du bist der interessanteste und gleichzeitig schönste Mensch, den ich je kennenlernen durfte und das letzte, was ich will, ist dir wehzutun, okay? Es... ist einfach alles so neu und... etwas aufregend für mich, weißt du? Es tut mir wirklich unfassbar Leid, dass ich dich verletzt habe, bitte glaub mir das. Und ich kann verstehen, wenn du Zeit brauchst, ich gebe dir alle Zeit der Welt, versprochen! Ich will nur, dass du glücklich bist und wenn-" Er ist aufgestanden und drückt mir die Hand auf den Mund, weshalb ich ihn von unten mit großen Augen ansehe.

"Wenn du willst das ich glücklich bin, dann halt verdammt nochmal endlich den Mund und küss mich, du Idiot!" Er grinst mich breit an, bevor er seine Hand von meinen Lippen nimmt und sie durch seinen Mund ersetzt. Ein leises glückliches Quieken kommt aus meinem Körper, weshalb er gegen meine Lippen schmunzelt.

"Ich bin so froh, dass mein Herz recht hatte..." murmelt er gegen meine Stirn, auf die er seine Lippen für einen Moment gedrückt hatte. Neugierig blicke ich zu ihm hoch. "Irgendwas in mir wollte daran glauben, dass du nicht so bist wie er." flüstert er und streichelt mir über die Wange.

Er zieht mich mit sich auf den Drehstuhl und öffnet mit einer Hand gierig die Keksdose. "Und die kann ich dann jetzt auch endlich essen, ohne mich schlecht zu fühlen." Er stopft sich einen ganzen Keks in den Mund und krümelt mir mein komplettes T-Shirt damit voll. "Fuldigun'..." murmelt er mit vollem Mund und wischt die Krümel von meiner Brust. Kopfschüttelnd sehe ihm dabei zu und kann mir das Lachen nicht verkneifen. "Schmeckt's?" frage ich belustigt. "Ja, mega! Hier probier' mal!" Er schiebt auch mir einen ganzen Kekse zwischen die Zähne und grinst mich erwartungsvoll an. "Haben wir echt gut hinbekommen, oder?" fragt er und strahlt mich an wie ein stolzer kleiner Junge, der seinem Papa ein grässliches Bild präsentiert.

"Du bist unfassbar." schmunzle ich, als ich das trockene Gekrümel in meinem Mund runtergewürgt habe. "Warum?" fragt er überrascht. "Weil du innerhalb von Sekunden von traurig über wütend zu 'ich knutsch dich nieder & freu mich wie ein kleines Kind über Kekse' switchen kannst." sage ich und küsse sanft seine Nasenspitze. Kichernd zieht er mich zu sich herunter und gibt mir einen langen, sehnsüchtigen Kuss. "Ich hab dich wieder, mehr brauch ich nicht, um glücklich zu sein."

"Ich auch nicht!" Niall, der mittlerweile offenbar nach Hause gekommen ist (und gelauscht zu haben scheint) platzt ins Zimmer und strahlt uns breit an. "Sorry, ich konnte ihn nicht davon abhalten, durch Schlüsselloch zu gucken..." murmelt Liam, der ihm langsam und mit den Augen rollend ins Zimmer folgt. "Schon okay, ich bin es nicht anders gewohnt, nicht wahr, mein Kleiner?" Harry wuschelt seinem Mitbewohner durch die Haare, weshalb dieser nach dessen Hand schlägt. "Lass mich! Es ging um Larry, da muss ich ja wohl mit fiebern." Irritiert sehe ich ihn an. "Larry?" Er nickt eifrig. "Ja, Larry. Jedes epische Paar hat einen Couplenamen, so wie... Brangelina." Harry beginnt zu lachen. "Du weißt aber schon, dass Angelina und Brad nicht mehr zusammen sind, oder?" Unbegeistert beißt der Ire sich von innen auf die Wange. "Ja, naja... okay, das Beispiel war scheiße, ich geb's zu."

Zusammen gehen wir ins Wohnzimmer um die Kekse gemeinsam zu vernichten, während wir Liam und Niall beim Fifa spielen zugucken. Bevor wir allerdings den Raum betreten, zieht Harry mich am Arm noch einmal ein Stück zurück. "Louis?" Überrascht sehe ich zu ihm hoch. "Ich will, dass du eins weißt."

"Egal, wie lange es dauert, bis du dich bereit fühlst, mit mir zu schlafen... Du bist es mir wert, zu warten."

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