2 ✧*。

Seufzend zwinge ich mich, meinen steifen Körper umzudrehen, damit mir die Sonne nicht mehr direkt ins Gesicht scheint. Es ist Dezember, was soll der Mist? Ich bin auf grau, dunkel und Schnee eingestellt...

Außerdem bin ich definitiv noch nicht bereit dazu, aufzustehen. Ganz langsam schleicht sich der Schmerz in meinen Kopf und ich kneife die Augen zusammen in der Hoffnung einfach wieder einzuschlafen.

Vergeblich.

Obwohl ich kaum in der Lage bin Energie in meinem Körper zu verteilen, greife ich nach meinem Handy um auf die Uhr zu sehen.

Wow, wir haben bereits halb 1 mittags.

Trotzdem lasse ich mein Smartphone wieder neben mich fallen und drücke mein Gesicht ins Kissen. Ein breites Grinsen macht sich darauf breit, als dieses seinen Duft nach Vanille, Kakao und Tabakblüten freigibt und sich den Weg in meine Nase bahnt. Als hätte er davon gewusst, vibriert in diesem Moment mein Handy und eine Nachricht von der Person mit dem hübschesten Profilbild meiner ganzen Kontaktliste leuchtet auf.

Das Erste, was ich bekomme ist ein blaues Herzchen, dann folgt eine Sprachnachricht. Sofort durchfährt mich eine Gänsehaut. Eine Sprachnachricht? Damit hatte ich nicht gerechnet. Etwas nervös drücke ich auf den Playbutton, der sich daraufhin von grün zu blau färbt. Die nächste Gänsehaut folgt sogleich, als ich seine tiefe, warme Stimme höre, die noch etwas rauer ist als gestern Abend. Ob er wohl auch gerade erst wach geworden ist?

"Guten Morgen, Sunshine..." er räuspert sich. "...wow, super Idee Styles, eine Sprachnachricht zu machen wenn du heute noch kein Wort gesagt und gestern gesoffen hast..." leise höre ich ihn verlegen lachen. "...anyway, ich wollte dir eigentlich nur kurz einen schönen Morgen - oder eher Tag? Warum schlafe ich so lange, oh Gott haha..." Sein Monolog lässt mich schmunzeln. Es folgt ein demonstratives Gähnen, das von Geräuschen begleitet wird, die mich darauf schließen lassen, dass er sich streckt. "... 'tschuldigung... ich wollte dir einen schönen Morgen wünschen und hoffe, dass deine Worte von gestern Abend noch gelten? Ich wäre heute zumindest noch frei und dachte, du hättest vielleicht Lust auf... ich weiß nicht, gebrannte Mandeln und nen Kakao mit Schuss?" Er unterbricht sich selbst mit einem Kichern. "... vielleicht nach gestern besser ohne Schuss, aber das überlasse ich dir. Ich würde dich auf jeden Fall gerne einladen, was auch immer du trinken magst..." Es folgt eine kurze Pause, in der ich seine Bettdecke rascheln höre. "...also wie sieht's aus, ne Runde über den besinnlichen Teil des Weihnachtsmarktes mit einem verkaterten Idioten, der zwar keine brauchbaren Sprachnachrichten machen kann, aber trotzdem irgendwie... nein, eigentlich bin ich auch so zu nichts zu gebrauchen hahaha..." sein raues Lachen zaubert mir die nächste Gänsehaut. "Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn du Lust hättest... und jetzt drücke ich meine Nase in dein T-Shirt und warte auf deine Antwort." Ein leises Kichern ist das letzte was ich höre, bevor das 'Pling' mir sagt, dass die Memo beendet ist.

Wie ein Idiot grinse ich mein Handy an und spüre mein Herz bis zum Hals schlagen.

Wie süß er ist... Hilfe.

Da ich viel zu nervös bin um ebenfalls eine Sprachnachricht zu machen, entscheide ich mich stattdessen dafür, in schriftlicher Form zu antworten.

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Harry, 12:35am

>•---------------------------1:02min

You, 12:41am

Hilfe, wie süß bist du denn bitte? :3

ich wünsche dir auch einen wunderschönen guten Morgen und hoffe dein Kater ist weniger schlimm als meiner (ich weiß warum ich das süße Zeug sonst immer verteufelt habe... ._.)

und ja, mein Wort gilt noch :> gebrannte Mandeln und Kakao klingt super und den Idioten nehme ich auch (:

gib mir nur die Möglichkeit, eben wieder lebendig zu werden haha

Harry, 12:42am

Ich muss auch erst wieder von den Toten auferstehen, mach dir keine Stress haha

Passt dir 3 Uhr? Früher machen die sowieso nicht auf (:

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Ich stimme ihm zu und schicke ein 'Ich freu mich!' hinterher, bevor ich mich traue, mich aus dem Bett zu erheben und vorsichtig in die Küche zu stolpern. Gottseidank ist mein Magen so nett, kein Problem mit dem süßen Zeug zu haben, sodass ich nur meine schmerzende Rübe in den Griff bekommen muss. "Morgen, Lovebird..." flötet Liam mir grinsend entgegen und setzt mit einer Augenbraue in der Höhe seine Kaffeetasse an. Ich wünschte, ich könnte ihn genervt angucken, aber das Grinsen verschwindet leider seit Harrys Nachricht nicht aus meinem Gesicht. Er schüttet mir ebenfalls eine Tasse Kaffee ein, mit der ich die zwei Schmerztabletten herunterspüle. Dann zeigt er auf den Stuhl vor sich und sagt "Hinsetzen."

Erschrocken blicke ich ihn an und tue, was er verlangt. "Warum wusste ich nicht, dass du auch auf Männer stehst?" grinst er. Ich nippe an meinem Kaffee und murmle "...weil ich das selbst nicht wusste?" Sein Grinsen fällt und weicht einem ernsteren Gesichtsausdruck. "Wie?" Verlegen kratze ich mich am Kopf. "Ich hatte vorher nie Interesse an einem Mann, das - oder viel mehr er - hat mich einfach so aus dem Nichts umgehauen gestern Abend..." Nachdenklich kaut er auf seiner Wange herum. "Okay..." Er leert seine Tasse und mustert mich durchdringlich. "Das heißt du willst dich einfach mal ein bisschen... ausprobieren?" Ich merke seiner Stimme an, dass ihm die Vorstellung gar nicht gefällt. Es ist der gleiche Tonfall, wie ihn gestern Abend Niall draufhatte.

Schnell schüttle ich den Kopf. "Ich benutze Harry nicht als Versuchsobjekt, keine Angst. Niall hat mir dazu gestern schon ein paar deutliche Worte gesagt." Er nickt langsam, scheint allerdings noch nicht so ganz überzeugt. "Im Ernst, Liam. Ich will ihn nicht ausnutzen und dann fallen lassen, wenn ich denke 'ne, Brüste sind mir doch lieber'. Klar ist das alles neu für mich, aber... ganz ehrlich, mich hat noch nie eine Person in den ersten paar Minuten so aus den Socken gehauen, wie Harry. Nur weil ich das bei einem Mann noch nie vorher hatte, heißt das ja nicht, dass ich es nicht ernst meine. Ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen, glaub mir. Ich hab ehrlich gesagt fast Angst, dass ich mir selbst jetzt schon zu viele Hoffnungen mache..."

Das Lächeln hat den Weg zurück auf sein Gesicht gefunden, als er mir versichert "Glaub mir, Louis. Wenn Harry jemanden gut findet, dann merkt die Person das. Und jeder andere in seinem Umkreis auch. Und Harry findet dich gut, mehr als gut." Meine Wangen erhitzen sich etwas. "Ich glaub' auch... er hat mich gerade auf gebrannte Mandeln und Kakao eingeladen." Seine Augen strahlen. "Uuuuuh, Ihr habt ein Date?" Ich zucke mit den Schultern. "...weiß nicht, ob das ein Date ist, vielleicht will-" "Das ist ein Date, Louis. Glaub mir." unterbricht er mich. "Bei Harry gibt es keine halben Sachen. Stell dich darauf ein, den ganzen Tag verwöhnt zu werden." Etwas unsicher hebe ich die Augenbraue. "Ich habe bisher einen Freund an Harrys Seite erlebt - der ihn nebenbei erwähnt bei weitem nicht verdient hatte - und glaub mir, wenn ich dir sage: Als Partner an Harrys Seite hast du den Jackpot."

Warum glaube ich ihm das sofort?

"Er ist der liebevollste Mensch den ich kenne, verständnisvoll, unfassbar höflich und zuvorkommend, gleichzeitig witzig und selbst ich muss zugeben, dass er atemberaubend attraktiv ist." Er bekommt sich gar nicht wieder ein, während er von seinem Kumpel schwärmt, dabei sollte ihm doch klar sein, dass er sich die Mühe sparen kann. Ich bin ihm sowieso schon viel zu sehr verfallen, wenn Liam mir noch weiter von all seinen Vorzügen erzählt, mach ich ihm nachher vermutlich direkt einen Antrag.

Nein, mache ich nicht, denn ich bin wahnsinnig aufgeregt. Nachdem ich gefrühstückt habe, stelle ich mich unter die Dusche und versuche etwas Entspannung in meinen nervösen Körper zu bringen. Ich weiß einfach nicht, wie das heute abläuft. Natürlich hatte ich schon Dates, aber da habe ich nicht schon vorher besoffen mit der Person rumgeknutscht. Machen wir da einfach weiter, oder lernen wir uns erstmal etwas besser kennen? Ich meine, ich hätte schon Lust, ihn nochmal zu küssen... und dann nochmal... und nochmal...

Aber ohne Alkohol ist das alles irgendwie etwas... aufregender. Ich kann nicht flirten, wenn ich nüchtern bin. Ich bin einfach nur komisch und unbeholfen im 'echten' Leben. So bescheuert das klingt, aber ich muss mir wirklich in der Regel 'Mut antrinken' um etwas aufzutauen.

Ich habe Angst, wirklich.

Im Grunde ist es ja nichts anderes, als ein Date mit einer Frau, aber... ja ich gebe zu, auch die Tatsache, dass er mein erster Mann ist, macht mich zusätzlich nervös. Ich weiß nicht mal wieso. Es ist einfach so... neu. Aber ich wollte nicht mehr alles zerdenken, sondern auf mein Bauchgefühl hören. Und in diesem tänzeln die Schmetterlinge verdächtig wild hin und her, je näher der Zeiger meiner Uhr der 3 kommt.

Auch wenn ich natürlich gerne wieder von Harry etwas geliehen bekommen würde, weil ich friere, entscheide ich mich heute dafür, die dicke Winterjacke und die gefütterten Doc Martens heraus zu kramen. Da wir vermutlich den ganzen Tag draußen bleiben, ist das sicherlich die bessere Wahl, denn ich hasse nichts mehr als kalte Füße. Obwohl die Sonne scheint haben wir Minusgrade. Und außerdem sind meine Vans von gestern immer noch nass.

Bereits mit den Schuhen an meinen Füßen sitze ich im Flur auf dem Höckerchen und starre auf meine Armbanduhr. Harry hatte versprochen, mich hier abzuholen und ich hoffe einfach, er ist pünktlich. Ich weiß nicht, wie lange mein Herz dieses viel zu hohe Tempo noch aushält.

Dann bleibt mir eben benanntes Herz allerdings fast stehen, als die Klingel ertönt.

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