15. Kapitel: „Ich könnte mich daran gewöhnen..."

15. Kapitel: „Ich könnte mich daran gewöhnen…“


Oh Gott war ihr schlecht. Sam saß mit den anderen zwanzig Jungs der Fußballmannschaft plus dem Trainer in einem Bus in Richtung Elbourne wo das Spiel gegen die dortige Collegemannschaft stattfinden würde. Eigentlich hatte sie sich ja mit allem eingedeckt, was man zum Busfahren brauchte, nur an eine Tüte hatte sie nicht gedacht. Doch genau diese bräuchte sie ganz dringend, denn sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Seit zwei Stunden saßen sie jetzt im Bus und Sam hatte kein Wort gesprochen. Seit zwei Stunden versuchte sie sich auf etwas anderes als die Übelkeit in ihrem Magen zu konzentrieren.

Sie hatte sich dummerweise einen Platz ziemlich weit hinten gesucht, naja wohl eher in der Mitte. Doch es wäre ihr zu peinlich jetzt aufzustehen und  sich nach vorne zu setzten, wo Kevin und Maver saßen und sie dann darum zu bitten Platz zu machen, weil ihr übel war.

„Hey Sam, alles in Ordnung mit dir?“ hörte sie eine tiefe Stimme fragen und zwang sich nach oben zu schauen. Neben ihrem freien Nachbarssitz stand Goalie und sah sie besorgt an.

„J…Ja, klar. Alles super!“ antwortete Sam und vermied es ihn zu lange anzusehen. Nur kleinen Kindern wurde schlecht in Bussen und Sam war kein kleines Kind mehr.

„Du siehst aber ziemlich blass aus!“ sagte Goalie weiterhin besorgt.

„Alles in Ordnung, echt!“ sagte Sam und hielt sich dann die Hand vor den Mund. Gleich wäre es soweit und sie würde sich erneut vor der gesamten Mannschaft blamieren.

„Coach, vielleicht sollten wir eine Pause machen? Sam geht’s nicht gut!“ rief Goalie nach vorne. Sam hätte im Erdboden versinken können, war Goalie jedoch gleichzeitig sehr dankbar für seine Hilfe.

„Was hat sie denn?“ rief der Coach nach hinten, tauchte jedoch einige Sekunden später selbst neben ihr auf. „Ihr ist wahrscheinlich schlecht, zumindest schaut sie so aus!“ sagte Goalie, als wäre Sam gar nicht da.

„Ok, wir steuern den nächsten Parkplatz an. Meinst du du hältst so lange durch, Sam?“ fragte der Coach besorgt. „Klar!“ sagte Sam, bewegte sich jedoch nicht unnötig.

„Hat jemand ne Kotztüte dabei, nur für den Fall?“ rief der Coach durch den gesamten Bus. „Ja ich…“ rief einer der Spieler den Sam nicht zuordnen konnte.

„Warte sie bekommt die hier! Simmons du brauchst die vermutlich noch selbst!“ hörte sie eine Stimme, die ihr wiederum sehr bekannt vor kam. ‚Oh bitte nicht…’ dachte sich Sam doch es war zu spät. Jetzt stand auch noch Kyle neben ihr und reichte ihr eine Tüte. Sie sah langsam nach oben und bemerkte, dass er anstatt eines amüsierten einen eher besorgten Blick hatte und so nahm sie die Tüte dankend entgegen. Ein Lächeln jedoch, schaffte sie nicht aufzubringen.

„Ich bleib hier neben ihr, bis wir beim Parkplatz ankommen!“ sagte Kyle plötzlich und offensichtlich bemerkten weder der Coach noch Goalie, Sams Kopfschütteln, denn sie entfernten sich nach ein paar weiteren Worten wieder.

„Kyle verschwinde. Ich meine es ernst! Das könnte echt eklig werden…“ sagte Sam schwach und versuchte ihren Drang, den Magen zu entleeren, zu widerstehen.

„Ach komm. Ich habe eine kleine Schwester, ich habe so was schon Tausende Male gesehen. Warum hast du denn nicht gesagt, dass es dir schlecht geht?“ fragte er sie und sie sah, dass er tatsächlich besorgt war und dass es ihm tatsächlich nichts auszumachen schien, wenn sie jeden Moment loskotzte. Statt auf seine Frage zu antworten, lehnte sie ihren Kopf hinten an und schloss die Augen. Ihr gesamter Körper drehte sich, zumindest kam es ihr so vor. Sie nahm neben sich eine Bewegung war und spürte kurze Zeit später, wie Kyle sie zu sich zog, damit sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte. Sie wollte es nicht zugeben und sie wollte auch nicht ruhiger werden, doch sie musste es. Denn diese Position war so viel bequemer und sofort schien es ihr ein wenig besser zu gehen. Sie ließ die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf ihren Atem und schon bald verfiel sie in einen Dämmerzustand, in welchem sie sich endlich besser fühlte.

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Dieses Mädchen war wirklich unglaublich! Seit Stunden quälte sie sich mit der Übelkeit herum und traute sich nicht, irgendwas zu sagen. Kyle wusste genau wie es ihr ging, denn auch er hatte Anfangs Probleme damit gehabt. Heute noch, hatten einige der Spieler dasselbe Leiden und so wusste der Coach eigentlich immer, dass mit Verzögerungen zu rechnen war. Eigentlich hatte Kyle geglaubt, dass das Verhältnis zwischen ihm und Sam besser geworden war und, dass sie an einem Punkt angelangt waren, bei welchem Sam ihm gesagt hätte, dass es ihr schlecht ging doch offenbar war er vollkommen daneben gelegen.

Als er in den Bus gestiegen war, hatte er sich einen Platz in der hinteren Hälfte des Busses gesucht. Sam hatte sich noch von ihrer Freundin verabschiedet, die beide hergebracht hatte und als sie eingestiegen war, hatte sie sich einige Reihen vor ihn gesetzt. Einerseits war er ja wirklich froh darüber, seine Ruhe zu haben während der Fahrt, doch andererseits, hatte es ihn ein wenig gewurmt, dass sie vor den anderen immer so tat, als würde sie ihn nicht kennen.

Er sah zur Seite auf das Häufchen Elend, dass an seiner Schulter schlief und lächelte. Er hatte sie mehr aus Instinkt heraus an sich gezogen, hatte jedoch eigentlich mit einem gezielten Schlag in die Rippen gerechnet. Stattdessen hatte sie ihre Augen geschlossen gelassen und war kurze Zeit später in eine Art Halbschlaf gefallen. Es fühlte sich irgendwie gut an eine Frau an seiner Schulter liegen zu haben, die mal nicht mit ihm im Bett gewesen und dann plötzlich auf Kuschelkurs war. Wirklich angenehm.

„Alter, wie geht’s ihr?“ fragte Goalie und setzte sich auf die Sitze gegenüber von Kyle und Sam.

„Keine Ahnung, ich glaube sie schläft jetzt…“ sagte Kyle und er fragte sich wie lange es dauern konnte, einen Parkplatz zu finden.

„Zumindest hat sie die Tüte nicht gebraucht!“ sagte Goalie lächelnd und sah Sam gleichzeitig an. Kyle hatte das seltsame Gefühl, dass Goalie vielleicht etwas von Sam wollen könnte, denn er bemühte sich, seitdem er sie kennengelernt hatte, sehr stark um sie. Er setzte sich für sie ein und begann regelmäßig Gespräche mit ihr. Doch Kyle hütete sich davor, irgendwas zu sagen.

„Frag mal den Coach bitte, wann wir endlich halten? Sie braucht frische Luft!“ sagte Kyle und machte eine Kopfbewegung nach vorne.

„Ich glaube, das was sie braucht hat sie im Moment!“ sagte Goalie und sah immer noch Sam an. Kyles Herzschlag setzte einen Moment aus. Was meinte Goalie damit?

„Der Schlaf wird ihr gut tun!“ fügte Goalie hinzu und Kyle entspannte sich wieder. Natürlich hatte Goalie den Schlaf gemeint und nicht Kyle. Wie kam er nur auf solche Schnappsideen?

„Ja da hast du vermutlich auch wieder Recht.“ Murmelte Kyle und sah jetzt ebenfalls zu Sam. Sie wirkte so friedlich wenn sie schlief, so als könne sie keinem Menschen etwas zu Leide tun. So als wäre sie die liebenswürdigste Person der Welt. Doch der Schein trügte, denn Kyle wusste genau was sich hinter dieser Maske befand. Er musste sich jedoch eingestehen, dass wenn er sie so an seine Schulter gelehnt sah, er gar nicht mehr genau wusste, weshalb er der festen Überzeugung war, er müsse sich vor ihr in Acht nehmen.

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„So jetzt setz dich am besten gleich hier vorne hin, ich räume dann mal meinen Platz!“ sagte der Coach einfühlsam. Der Mann war ja richtig nett, wenn er nicht gerade wütend auf seine Spieler war, das musste Sam zugeben. Sie hatte sich nach dem kleinen Nickerchen beinahe wie neu geboren gefühlt, doch der Coach wollte kein Risiko eingehen und hatte gesagt, sie solle sich nach der kleinen Pause lieber nach vorne setzen, so wie immer die kleinen Kinder, wenn ihnen übel wurde im Bus. Doch Sam war ihm äußerst dankbar und sagte „Danke, das ist wirklich nett!“

„Kein Problem Sam. Und versprich mit bitte, beim nächsten Mal etwas zu sagen!“ er legte ihr die Hand kurz auf die Schulter und lächelte sie an, bevor er seinen Blick im Bus umherschweifen ließ.

„Thompson, bleibst du bei Sam?“ rief der Coach und Sams Magen verzog sich wieder. Dass Kyle wegen ihr jetzt zurück stecken musste, war das letzte was sie wollte.

„Klar kein Problem!“ sagte Kyle und machte sich auf den Weg nach vorne.

„Ich kann mich auch zu ihr setzen, wenn du willst!“ sagte Goalie zu seinem Kumpel doch dieser erwiderte „Ich sagte doch, kein Problem!“ Goalie verzog keine Miene und sagte „Ok, alles klar!“ und wandte sich dann ab. Irgendwie erschien es Sam jedoch so, als wäre da eine leichte Spannung zwischen den beiden.

Als Kyle bei ihr vorne ankam sagte sie sofort „Du musst das nicht tun. Hier vorne geht’s bestimmt besser!“ doch Kyle schien ihr gar nicht zuzuhören sondern setzte sich neben sie auf den Platz und blickte nach vorne.

„Wieso glaubt nur jeder, wenn ich Kein Problem sage, dass ich es nicht so meine?“ fragte er ein klein wenig angepisst. Daraufhin entschloss sich Sam einfach ihren Mund zu halten.

Es war ihr schon ein wenig peinlich gewesen, als sie aufgewacht war und entdeckt hatte, dass sie an Kyles Schulter eingeschlafen war. Er hatte sie geweckt, weil sie einen Rastplatz gefunden hatten und so hatte sie sich bei ihm bedankt und sich dann schnell aus dem Staub gemacht. Wenn man es so betrachtete, war Kyle also eigentlich tatsächlich ganz in Ordnung. Es war auch wirklich nett von ihm gewesen die Pizza für beide zu bezahlen, obwohl sie ihn doch eigentlich reingelegt hatte und in ihre Wohnung gelockt hatte. Das Bier und die Pizza hätten als Dankeschön dienen sollen, doch da Kyle so sehr darauf bestanden hatte, hatte sie sich nicht weiter mit ihm streiten wollen.

Es war seltsamerweise so einfach seine Zeit mit diesem Schönling zu verbringen und das schockierte sie irgendwie, denn eigentlich hatte sie sich ja vor einigen Jahren geschworen diesen Typen aus dem Weg zu gehen.

„Geht’s dir besser?“ fragte Kyle sie nach einigen Minuten des Schweigens und blickte sie an.

„Ja, es geht tatsächlich besser!“ antwortete Sam. „Das kleine Nickerchen hat wirklich gut getan!“ sagte sie und lächelte ihn an.

„Das war übrigens eine Premiere!“ sagte Kyle und setzte dieses Lächeln auf, welches nichts gutes bedeutete.

„Was meinst du?“ fragte Sam ihn skeptisch.

„Du bist die erste die auf mir geschlafen hat, ohne vorher Bettspielchen mit mir zu spielen!“ sagte Kyle, sein Lächeln war noch breiter geworden. Das hätte sie sich doch gleich denken können, dass solch ein Spruch kam. Warum nur hatte sie nicht damit gerechnet?

„Nun ja, ich werde vermutlich auch die einzige bleiben betrachtet man deine Statistik!“ sagte sie schlagfertig und lächelte ebenfalls. Mit keinem Typen hatte sie vorher so gesprochen, es war also für beide irgendwie eine Premiere!

„Na mal sehen, ich könnte mich daran gewöhnen!“ konterte Kyle und sah sie verschmitzt an. Doch sie würde ihm nicht mehr in die Falle gehen und so entgegnete sie „Ob sich dafür jetzt noch jemand finden lässt, ist nur noch die Frage!“ Kyle lachte auf und antwortete „Da habe ich eigentlich keine Zweifel!“

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Es war so einfach sich mit Sam über irgendeinen Unsinn zu unterhalten. Zum einen, weil sie nicht sofort beleidigt davon zischte, zum anderen weil sie wirklich schlagfertige Antworten drauf hatte, die ihn zum lachen brachten. Eine ganze Stunde unterhielten sie sich über jeden Blödsinn und die Blässe in ihrem Gesicht verschwand mit jeder Minute mehr.

„Über was lacht ihr?“ hörte er jetzt Simmons hinter ihm sagen und er drehte sich um.

„Ach über dies und jenes!“ sagte Kyle, weil er nicht wollte, dass Simmons erfuhr, dass sie gerade über den Vorfall in der Umkleide gesprochen hatte, bei welchem Sam ihn niedergeschlagen hatte. Es war seltsam, dass zwischen heute und dem Tag nur ein paar Tage lagen. Es hatte sich definitiv einiges geändert. Als die Jungs merkten, dass irgendwie die Party jetzt ganz vorne stattfand gesellten sich nach und nach immer mehr Spieler zu ihnen und bald entbrannte eine heftige Diskussion, in welche Bar der Coach die Spieler am morgigen Tag wohl einladen würde und was für Frauen dort zu finden wären. Der Coach selber schlief im hinteren Teil des Busses und bekam nichts von den Plänen seiner Männer mit.

Kyle hörte seinen Freunden zu, gab jedoch selber keine Kommentare von sich, denn immer noch hatte er keine Lust, sich einfach mal auf einen One Night Stand einzulassen, der ja doch zu nichts führte.

Er blickte zu Sam hinüber, die sich so selbstverständlich in die Diskussion mit einbrachte, dass es ihn überraschte wie gut sie in diese Mannschaft passte. Gerade schmiedeten die Jungs mit ihr den Plan, sie als Lockvogel einzusetzen.

„Sorry Jungs, aber komme nicht sehr gut an bei Frauen. Auch nicht bei Männern, wenn ich darüber nachdenke…“ sie legte den Finger an ihre Lippe und schien nachzudenken. „Wenn ich es mir recht überlege, komme ich im Allgemeinen nicht sehr gut bei meinen Mitmenschen an …“ daraufhin entbrannte eine neue heiße Diskussion darüber was mit Sam nur nicht stimmte. Sie brachte bei dieser die besten Argumente, auch wenn Kyle nicht alle teilen konnte.

„Jetzt hast du ja uns…“ hörte er seinen Teamkollegen Maver sagen, der ziemlich begeistert von Sams spontanen Aussagen zu sein schien.

„Ja einen Haufen von Typen, die zu den begehrtesten des ganzen Colleges gehören. Damit weiß ich ehrlich gesagt nichts anzufangen!“ sagte Sam und lachte, während auch einige der Jungs mit einstimmten.

Noch niemals hatte es eine Frau, die offensichtlich nicht dem Beuteschema der Jungs entsprach, geschafft diese so sehr zu unterhalten und auf einer Wellenlänge zu sein. Dafür musste Kyle sie wirklich bewundern. Irgendwas hatte Sam, dass die Jungs dazu brachte ganz natürlich zu sein und sich nicht die ganze Zeit darauf zu konzentrieren, das Richtige zu sagen. Sam war einfach wie ein guter Kumpel, mit dem man Schwachsinn labern konnte ohne sich danach zu fragen, was sie jetzt von einem hielt. Nach so kurzer Zeit und trotz anfänglicher Schwierigkeiten, befand sie sich inmitten dieses Haufens, mit dem sie doch eigentlich nichts anfangen konnte, und hatte Spaß. Endlich war sie aus sich herausgekommen und endlich war sie lockerer denn jetzt konnte der Spaß endlich beginnen

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