10. Kapitel: „Spiel keine Spielchen mehr mit mir..."

10. Kapitel: „Spiel keine Spielchen mehr mit mir…“


Das Fußballspiel glich einer Katastrophe. Die Mannschaft des Staten Colleges wurde in der Luft zerrissen und so erlitten sie eine vernichtende Niederlage. Gegner 4 Tore, eigene Mannschaft 1. Während des gesamten Spiels war Jamie, Janines Bruder, neben ihr gesessen und hatte ihr die Regeln erklärt. Er versuchte zu erläutern, weshalb der Schiedsrichter abgepfiffen hatte, oder warum es jetzt einen Freistoß gab, hatte erklärt was ein Eckball war und wie Abseits zu Stande kam. Sam hatte sich leider nur einen kleinen Teil merken können, von dem was Jamie ihr erzählt hatte, da sie gleichzeitig dokumentieren musste, was in dem Spiel geschah. Zum Glück konnte ihr Jamie dabei äußerst behilflich sein und so hatte sie einige Informationen gesammelt um ihren ersten Fußballartikel zu verfassen.

Das alles hatte sie jedoch dennoch nicht daran gehindert die Spieler der eigenen Mannschaft zu bemitleiden. Sie hatte ja mittlerweile einige Trainingseinheiten beobachten können und hatte so eindeutig gewusst, dass die Spieler alle nicht auf dem Stand waren auf welchem sie sonst waren. Sie fragte sich nur weshalb? Der Coach hatte desöfteren ins Spielfeld gebrüllt oder sein Klemmbrett auf den Boden geschleudert. Einmal hätte ihn der Schiedsrichter sogar beinahe vom Platz gestellt, erst danach riss der Trainer sich ein klein wenig zusammen. Seltsamerweise jubelten sämtliche Zuschauer dennoch und riefen den Spielern, die lächelnd vom Platz gingen ermunternde Dinge zu, jedoch auch „Super!!“ oder „Wir schaffen es wieder!!“

Sam sah sich um und erkannte, dass keiner der Zuschauer deprimiert schien und sie fragte sich ernsthaft was mit diesen Leuten nicht stimmte.

Die Musik ertönte, wie nach jedem Spiel in diesem Turnier, so hatte es ihr Jamie erklärt, und die Cheerleader des Staten Colleges betraten den Platz und führten eine jedoch ziemlich simple Nummer vor. Die Mädels sahen ebenfalls nicht sonderlich fit aus.

Nachdem Sam und Kyle festgestellt hatten, dass sie im selben Gebäude lebten, hatte Sam ihn rausgeschmissen und gesagt er solle sich gefälligst für das Spiel fertig machen. Sie hatte ihn erst auf dem Platz wieder gesehen. Er hatte ihr einen seltsamen Blick zugeworfen und war dann blass auf seine Position gegangen.

„Ich geh dann mal runter zu ihnen, vielleicht haben die Jungs ja noch irgendwas zu sagen, was ich in meinem Artikel verwenden kann!“ sagte Sam zu dem Geschwisterpaar und verabschiedete sich von ihnen. Sie ging den Weg zu dem Gebäude wo sich die Umkleiden befanden äußerst langsam, denn scharf war sie nicht unbedingt darauf, jetzt die Jungs zu sehen, doch es blieb ihr nichts anderes übrig. Das war schließlich ihr Job.

Als sie in dem Gebäude ankam bewegte sie sich direkt zu den Kabinen und hörte, als sie in den Gang kam, schon das Geschrei des Trainers. Dennoch hielt sie weiter auf den Raum zu. Vor der geöffneten Tür blieb sie stehen und blickte in den Raum, wo die Spieler alle betreten auf den Boden sahen.

„ICH habe es SATT!! Diese bescheuerte Party vor dem Saisonstart, das kann doch nicht euer ernst sein. JEDES verfluchte Jahr das selbe!! Jedes Jahr kommt ihr aufs neue  vollkommen verkatert zu dem Spiel und BLAMIERT mich damit bis auf die Knochen!“ Sam hörte wie etwas mit voller Wucht gegen einen der Spinde geworfen wurde und vermutete, dass schon wieder das Klemmbrett, welches den Trainer stets begleitete, dran glauben musste. Sam betrat leise die Kabine und stellte sich zur Seite, damit sie nicht in den Angriffsradius des Coaches kam.

„Sollte das noch mal passieren, dann schwöre ich euch ich nehme einen nach dem anderen vom Platz. Ich werde mir doch nicht jedes Jahr aufs neue das Gelaber von allen anhören, dass ich euch nicht unter Kontrolle habe!! Morgen, Punkt neun auf dem Platz und wehe einer von euch kommt zu spät, der kann sich das nächste Spiel abschminken!!“ schrie der Coach weiter und trat mit dem Fuß gegen eine Bank, die in der Mitte des Raumes stand.

„Verfluchtes Pack…“ murmelte er weiter als er die Kabine verließ und Sam keines Blickes würdigte. Diese stand etwas verängstigt da und betrachtete die Spieler, die vom Boden hoch sahen um zu schauen ob der Trainer gegangen war. Einer von ihnen, Sam war sich ziemlich sicher, dass er Simmons hieß, stand auf und ging auf die Tür zu und blickte nach draußen.

Als er sich umdrehte entdeckte Sam ein Lächeln auf seinem Gesicht, dann schloss er die Tür und sagte „Er ist weg!“ und schon begannen die Spieler zu lachen und sich miteinander zu unterhalten.

„Was zum Teufel ist hier eigentlich los?“ fragte Sam Danny, den sie von der Redaktion her bereits kannte und stellte sich zu ihm.

„Das wirst du gleich sehen…“ sagte er lediglich und bedeutete ihr dann sich zu setzen.

Kurz darauf stellte sich Kyle auf die Bank, auf die der Trainer vor keinen zwei Minuten noch eingeschlagen hatte und räusperte sich, legte sich dann die Hand auf die Brust und sagte „Ruhe bitte!“

Die Gespräche verstummten und Sam sah sich irritiert im Raum um. Sie wusste, dass sie irgendwas noch nicht so ganz mitbekommen hatte, doch sie ließ sich jetzt einfach mal überraschen.

„Zunächst einmal will ich mich für die Party von gestern bedanken, die war der absolute HAMMER!“ sagte Kyle und lachte dabei während er sich im Raum umsah. Die Jungs stimmten johlend zu, doch als Kyle den rechten Arm hob und ihnen bedeutete leise zu sein, schwiegen sie wieder.

„Dann möchte ich mich bei denjenigen bedanken die meine Wohnung wieder auf Vordermann gebracht haben…ich war leider unpässlich!“ schon wieder zustimmendes Gejohle.

Sam zählte eins und eins zusammen und stellte für sich fest, dass wohl die gesamte Mannschaft sich gestern Nacht in Kyles Wohnung hatte zulaufen lassen.

„Was zum Teufel…“ murmelte sie und zog ihre Augenbrauen dabei zusammen.

Kyle sah sich suchend im Raum um und fand in Sam offenbar diejenige die er suchte.

„Als nächstes möchte ich mich bei meiner neuen Nachbarin bedanken, dass sie mir ein solch angenehmes Quartier zum schlafen gegeben hat!“ und da lächelte er wissentlich. Die Jungs johlten jetzt nicht mehr, sondern sahen fragend zwischen Kyle und Sam hin und her.

„Ich habe das Glück euch mitzuteilen, dass die wunderbare Reporterin die uns in der nächsten Zeit begleitet, gleichzeitig meine Nachbarin ist und sie hat sich wirklich gut um mich gekümmert!“ dann zwinkerte er Sam zu und sie erkannte was dieser Schuft vorhatte. Sie stand wütend auf und sagte

„Oh du Arsch…“ weiter kam sie jedoch nicht, denn Kyle sprang von der Bank und ging auf sie zu, wo er ihr einen Arm um die Schultern legte, so als wären sie schon ewig die besten Freunde.

„Die liebe Sam, hat mich in größter Not aufgenommen und dafür verdient sie einen Applaus Jungs!“ Kyle übertrieb maßlos, doch die Jungs schienen sich dabei nichts zu denken. Sie sahen zwar immer noch fragend zwischen den beiden hin und her doch applaudierten sie wie Kyle es ihnen gesagt hatte. Es war ganz eindeutig, was die Jungs in Kyles Aussagen hineininterpretierten, doch in dem Moment in welchem Sam etwas sagen wollte, nämlich die Sache richtig stellen wollte, legte Kyle ihr die Hand auf den Kopf und zog diesen an seine Schulter.

„Wie dem auch sei! Wir haben, wie vermutet, dieses Spiel verloren, jetzt kann die Saison also endlich beginnen!“ schrie er zum Schluss und brachte so Sams Ohren zum klingeln. Sam konnte im Moment nichts mehr sehen, da Kyle sie festhielt und selbst ihre Versuche sich aus seinem Griff zu befreien fruchteten nicht.

„Heute Abend im „Come In“ feiern wir dieses überragende Debüt, bis dahin…schlaft euren Kater aus, entspannt euch ein wenig, denn ab morgen…“ und jetzt wurde es leise in der Kabine. „werden wir alles geben um unseren Gegnern kräftig in den Arsch zu treten!“ damit hob er seinen Arm und die anderen jubelten ihm direkt zu.

Diese Fußballer waren ja vollkommen durchgedreht!

--------------

Kyle hatte Sams Blick gesehen und richtig gedeutet. Natürlich war ihm klar, was seine Teamkollegen jetzt dachten, doch er wollte es Sam heimzahlen, dass sie ihn so unmöglich behandelt hatte. Sie sollte auf keinen Fall denken, dass sie die Oberhand über ihn hatte und so spürte er zwar bei seinen letzten Worten, dass Sam sich gegen seinen Griff wehrte, doch er hielt so stark fest, dass sie keine Chance hatte zu entkommen. Für die Jungs hatte es vermutlich gar nicht so schlimm ausgesehen und als sie nach seinen letzten Worten losjubelten, war das Chaos sowieso perfekt und keiner von ihnen würde mitbekommen, was Sam ihm, und da war er sich so sicher wie das Amen in der Kirche stets kam, an den Kopf schmeißen würde.

Er lockerte seinen Griff und Sam riss sich los.

„Was um Himmels Willen stimmt nicht mit dir?“ fragte sie ihn zornig und er betrachtete sie amüsiert. Er liebte es jetzt schon sie auf die Palme zu bringen.

„Nicht hier, komm mit!“ sagte er und nahm ihren Arm in seine Hand, der äußerst zerbrechlich darin wirkte und zog sie hinter sich her in den nächsten Raum. Da die Jungs sowieso duschen gehen würden, würden sie nichts mitbekommen.

„Lass mich los!“ sagte sie äußerst wütend und riss ihren Arm los und rieb ihn sich anschließend.

„Du bist ganz ehrlich absolut irre!“ sagte sie und versuchte sich an ihm vorbei zu drücken, doch er versperrte ihr den Weg zur Tür.

Als sie dies bemerkte änderte sich ihr Gesichtsausdruck und sie sah zu ihm hinauf.

„Beantworte mir die Frage: Was stimmt nur nicht mit dir?“ fragte sie diesmal in ruhigerem Ton.

„Was soll denn bitte mit mir nicht stimmen?“ fragte Kyle, denn er wollte es aus ihrem Mund hören.

„Du weißt genau, was die Spieler jetzt denken. Wenn sie es dem Coach erzählen, dann wird der mich mit dem Arsch nicht mehr ansehen….“ Sie drehte sich um und legte sich, anscheinend zur Beruhigung, die flache Hand an die Stirn.

„Was denken denn die Spieler?“ fragte Kyle und musste sich stark zusammenreißen um nicht jeden Moment in Gelächter auszubrechen. Sam hielt still und drehte sich dann um.

„Das hast du geplant du Arsch! Was hab ich dir getan, dass du mir so dermaßen auf die Nerven gehen musst?“ fragte sie ihn und stand, wie heute schon mal, mit in die Hüften gestemmten Armen vor ihm. Diesesmal wirkte es nicht so bedrohlich weil er selber stand und sie so überragte. Er könnte ihr, wenn er wollte auf den Kopf spucken, nicht dass er so etwas jemals tun würde.

„Ich weiß immer noch nicht wovon du sprichst. Ich habe den Spielern nur erzählt, dass du ihren Captain davor bewahrt hast in diesem Zustand auf die Straße zu gehen!“ sagte Kyle unschuldig.

„ICH habe dich im Badezimmer auf dem Boden deinen Rausch ausschlafen lassen! Aus DEINEM Mund hat es sich so angehört, als hätten wir die Nacht in meinem Bett verbracht!!“ keifte sie ihn an und war dann ruhig. Als ihre Augen sich weiteten lächelte Kyle denn er wusste, dass es jetzt bei ihr Klick gemacht hatte.

„Du Schuft hast genau das beabsichtigt!!“ sie wollte ihn anfallen, ging einige Schritte auf ihn zu, doch Kyle hielt sie mit seinen Armen fest, die doch kräftiger waren als die ihren, dennoch versuchte sie ihn zumindest zu kratzen, so dass Kyle ihre Arme nach oben hielt und sie so dazu brachte ihn anzusehen.

„Ich wollte dir zeigen, dass du nicht der Stärkere in diesem Ring bist!“ sagte er und näherte ihr sein Gesicht.

„Hör auf deine Spielchen mit mir zu spielen!!“ flüsterte er ihr zu, doch sie sah ihn immer noch wütend an.

„Du tust mir weh…“ sagte sie und einen kurzen Moment überlegte Kyle ob er sie loslassen sollte, doch in ihren Augen sah er etwas das ihn daran hinderte.

„Du lügst schon wieder!“ antwortete er und ihr Blick verhärtete sich.

„Ich weiß nicht, was für ein Problem du mit mir hast, doch du musst es ehrlich überwinden Schätzchen, ansonsten wird das zwischen uns wirklich schwer werden die nächsten Monate über!“ sagte Kyle in leisem Ton.

„Lass mich los!“ sie betonte jedes Wort und sah ihm in die Augen.

„Nur wenn du Bitte sagst…“ entgegnete Kyle. Er wusste, dass er es übertrieb doch musste er ihr endlich zeigen, wer er war.

„Bitte!“ zischte sie aus zusammengebissenen Zähnen hervor und Kyle ließ sie los.

„Du hast wirklich ein psychisches Problem du Mistkerl. Wie ich schon sagte, wenn die Jungs jetzt zum Trainer gehen oder diese Sache weiter erzählen, dann heißt es im gesamten College ich hätte diese Sparte nur bekommen, weil ich mit dir geschlafen habe. Niemand wird mich mehr ernst nehmen, danke dafür!“ Jetzt erst erkannte Kyle, dass sie sich ernsthaft Sorgen machte und die Sache tat ihm ein klein wenig Leid. Doch er konnte sie zumindest in dieser Hinsicht beruhigen.

„Keine Sorge. Der Trainer hat uns angedroht, sollte auch nur einer von uns dich in sein Bett lotsen, dieser für den Rest der Saison von den Spielen verbannt wird. Das heißt im Klartext, keiner dieser Spieler da draußen würde mich verpfeifen denn ich bin das beste Pferd im Stall…“ wieder war er ihr gefährlich nahe gekommen und sie funkelte ihn an.

„Bin ich froh wenn ich diese scheiß Zeit endlich hinter mich gebracht habe…“ murmelte sie und drehte sich von ihm weg.

„Das einzige was ich wollte war Artikel zu schreiben und wo bin ich gelandet? Mit einem stinkenden und psychopathischen Arschloch in irgendeinem Verschlag!“ Also sie sich zu ihm umdrehte funkelte sie weiterhin an.

„Spiel keine Spielchen mehr mit mir Kyle Thompson!“ und dann versetzte sie ihm doch tatsächlich einen Kinnhaken und stürmte durch die Tür, bevor Kyle die Chance hatte sie aufzuhalten. 

„Oh Shit!!“ fluchte er und ließ sich an der Wand hinab auf den Boden sinken. Er fasste sich an sein Kinn und bemerkte, dass er blutete. Die Kleine konnte einem also tatsächlich den Arsch versohlen. Vielleicht hatte er ein klein wenig übertrieben, doch dass sie ihn die ganze Zeit als Arschloch beschimpfte und ihn Psychisch krank nannte, war auch nicht sonderlich nett.

Er hatte jetzt zwei Möglichkeiten, entweder er versuchte endlich mit ihr zurecht zu kommen, da sie ja zudem seine Nachbarin war, oder er trieb das Spiel noch weiter. Er musste nur noch überlegen, welche Möglichkeit die für ihn glimpflichere war.

Er hielt sich die Hand an sein schmerzendes Kinn fasste einen Entschluss.

„Autsch…“ flüsterte er in den leeren Raum hinein, lächelte jedoch aus irgendeinem Grund trotzdem.

-----------

„Alles klar bei dir Sam?“ fragte einer der Spieler Sam als sie wütend aus dem Raum gestürmt kam.

„Was soll denn auch nicht klar sein?“ zischte sie dem Spieler zu und drehte sich um. In diesem Moment tat es ihr leid, denn sie sah Goalie dastehen, der seltsam wissentlich zwischen ihr und der Tür hinter welcher Kyle immer noch war, hin und her schaute.

Sie fasste sich an den Kopf und schüttelte ihn ganz leicht.

„Sorry, ja bei mir ist alles klar!“ sagte sie und sah selbst auf die Tür. Sie hatte doch tatsächlich Kyle Thompson einen Kinnhaken verpasst. Die würden sie dafür einsperren oder die Mädchen würden sie lünchen, denn sie hatte das wunderschöne Gesicht des ach so tollen Kyle ruiniert.

„Kommst du heute Abend auch ins „Come In“? fragte Goalie sie und erlangte so wieder ihre Aufmerksamkeit. Sie schüttelte jedoch den Kopf und sah dann auf die Uhr. Es war bereits halb sechs und sie musste den Artikel vor zwölf abschicken damit er in die morgige Ausgabe kam.

„Ich muss den Artikel schreiben….aber ich wünsch euch viel Spaß!“ und dann sagte sie an alle anderen die sich noch im Raum befanden „Wir sehen uns!“ und verschwand ein wenig verstört.

Wenn Kyle und sie so weiter machten, würden sie sich eines Tages tatsächlich noch umbringen. Sam war eigentlich immer ein sehr gefasster Mensch. Niemals hatte sie irgendwelche Techniken des Kickboxens gegen unschuldige angewandt. Klar Kyle war nicht unbedingt als unschuldig zu betrachten, doch hatte er ihr im Grunde nichts getan. Er hatte sie weder verletzt, auch wenn sie versucht hatte ihm die weis zu machen, noch hatte er sie beleidigt. Er hatte ihr nur gesagt, sie solle aufhören damit ihn wie das größte Arschloch zu behandeln, doch irgendwie schaffte sie es nicht in Kyle etwas gutes zu sehen. Dennoch: Einen solchen Kinnhaken hatte er nicht verdient und sie musste sich wohl oder übel, früher oder später entschuldigen dafür.

Ihr kam sein Blick in den Sinn, als er sich ihr genähert hatte. Ihr Herz hatte wesentlich schneller geschlagen und sie hatte für kurze Zeit die Luft angehalten, denn diese grünen Augen hypnotisierten einen richtig. In diesem Moment war ihr bewusst geworden, weshalb Kyle immer solch einen Erfolg bei den Mädels hatte. Auch dies war mit ein Grund gewesen, dass sie ihn geschlagen hatte, denn sie wollte sich nie wieder von Äußerlichkeiten zum Narren halten lassen und dann in einer Gasse landen.

Sie vertrieb die Gedanken aus ihrem Kopf und lief schneller. Es war zum Glück nicht so kalt wie die letzten Tage und auch verschonte sie der liebe Gott damit, vollkommen durchnässt zuhause anzukommen. Als sie ihren Wohnblock erblickte, blieb sie kurz stehen. Hätte denn das Schicksal sie nicht verschonen können? Musste es dafür sorgen, dass Kyle Thompson direkt unter ihr lebte?

----------------

„Du hast WAS getan?“ rief Janine Sam durch den Hörer hindurch zu.

„Sag mal bist du noch ganz dicht? Was ist nur los mit dir?“ Sam hatte die Augen geschlossen und ließ die Schimpftirade ihrer Freundin über sich ergehen, das auch nur weil sie es absolut und ganz eindeutig verdient hatte.

„Ich weiß es nicht…“ jammerte Sam leise, doch dies stoppte ihre Freundin nicht.

„Ich weiß nicht was du für ein Problem mit dem armen Jungen hast Sam, aber du musst es dringend überwinden. Wie willst du denn mit ihm zusammenarbeiten, geschweige denn in einem Haus leben, wenn ihr euch ständig anfallt und du ihn sogar verprügelst?! Wenn er dich anzeigen sollte, dann steckst du in ernsthaften Schwierigkeiten Mädchen und das weißt du. Du darfst deine Techniken nicht einfach gegen Menschen einsetzen, die dir absolut nichts getan haben…“ und so ging das noch einige Minuten weiter. Sam setzte sich auf einen kleinen Sessel, der an der Fensterfront zu ihrem Balkon stand und sah hinaus. Eigentlich müsste sie an ihrem Artikel schreiben, doch der Streit mit Kyle hatte sie zu sehr eingenommen. Diesesmal war sie zu weit gegangen. Sie erhob sich wieder und lauschte weiter den Schimpftiraden ihrer Freundin. Währenddessen begab sie sich in die Küche, wo sie ziellos umherwanderte.

„Sam ich kenne dich so gar nicht…“ bei dieser Aussage sagte Sam „ja ich weiß“ und auch sonst fügte sie immer wieder zustimmende Worte in die Konversation ein. Was hätte sie auch anderes sagen sollen? Sie sah auf die Uhr und bemerkte, dass es bereits sieben Uhr war und sie hatte noch keinen einzigen Satz geschrieben. In diesem Moment klingelte es an der Tür und Sam sah verwirrt auf. Wer konnte denn das sein?

„Janine, warte mal kurz da ist jemand an der Tür!“ Sam nahm das Telefon vom Ohr weg und hielt es in der linken Hand, während sie mit der rechten die Tür öffnete und Kyle darin stehen sah. Ihr Herzschlag setzte einen Moment lang aus und sie stand einfach nur da.

„Sam? Sam bist du noch dran?“ ertönte Janines Stimme aus dem Hörer und Sam hielt ihn sich ans Ohr und sagte nur „Ich ruf dich später noch mal an.“ Sie hörte noch ein „Leg jetzt ja nicht auf…“ doch schon hatte sie auf den roten Knopf gedrückt und das Telefon weggelegt.

„Kyle…“ sagte sie und nickte ihm zu. Er stand vor ihrer Tür, mit noch nassen Haaren vom duschen und seinen Händen in den Hosentaschen. Er trug eine dunkle Jeans, dazu passend ein weißes T-Shirt und eine Beigefarbene Jacke darüber, bereit zum ausgehen ganz offensichtlich. Sie erkannte ganz genau die kleine Wunde an seinem Kinn und wurde ein klein wenig rot, denn die hatte sie ihm mit ihrem Schlag zugefügt.

„Hey.“ Sagte er lediglich und sah sie kurze Zeit an, bevor er fortfuhr.

„Darf ich kurz reinkommen?“

Sam nickte und trat von der Tür weg um ihm Platz zum eintreten zu lassen.

„Gehen wir ins Wohnzimmer.“ Sagte sie dann ruhig und schloss hinter sich die Tür, während Kyle bereits voraus ging. Kurze Zeit hielt sie sich mit beiden Händen am Türknauf fest und atmete einige Male tief ein und aus. Sie musste sich entschuldigen, doch sie war zu neugierig darauf, was Kyle von ihr wollte.

Sie schritt los und wurde sich dessen bewusst, wie schlimm sie mal wieder im Vergleich zu ihm aussah, denn sie trug wieder nur Shorts und ein labbriges T-Shirt, ihre Haare waren zerzaust. Sie sah in den Spiegel und richtete ihre Frisur notdürftig, doch es brachte ja doch nichts und so ließ sie resigniert die Hände fallen und ging ins Wohnzimmer.

„Kann ich dir was anbieten?“ fragte sie höflich und Kyle, der gerade einige Fotos betrachtete drehte sich zu ihr um.

„Nein danke.“ Dann stand er da, die Hände immer noch in den Hosentaschen. Ok, jetzt war es soweit. Sam legte sich ihre Worte zurecht und sprudelte damit heraus.

„Es tut mir leid…“ doch auch Kyle hatte gesprochen und so sahen sie sich gegenseitig an.

„Was tut dir denn bitte leid?“ fragte sie ihn überrascht und setzte sich anschließend aufs Sofa. Ganz leise noch lief die Musik die sie vorhin eingeschaltet hatte und so war die Stille, die zwischen den Sätzen lag nicht allzu drückend.

Auch Kyle bewegte sich auf die Couch zu, ließ sich jedoch in dem Sessel nieder in welchem er vor einigen Stunden bereits gesessen war.

„Ich war einfach unmöglich zu dir und es tut mir leid. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie schaffst du es immer wieder mich auf die Palme zu bringen…“ sagte er und entledigte sich anschließend seiner Jacke.

„Nein Kyle. Ich habe diesesmal vollkommen übertrieben. Du hattest Recht mit dem was du gesagt hast, ich muss mich dir gegenüber endlich anders verhalten.“ Sagte jetzt Sam und setzte sich auf.

„Ich weiß nicht worans liegt, ehrlich. Aber ich versuche mich zu bessern.“ Fügte sie kleinlaut hinzu.

Kyle stand wieder auf, er schien ein klein wenig unruhig zu sein.

„Ich hab dich ein paar mal provoziert, weil ach keine Ahnung warum. Ich wusste, dass es nicht richtig war.“ Dann drehte er sich zu ihr um.

„Wie wärs. Wir fangen von vorne an. Vergessen wir das, was bisher passiert ist. Vergessen wir den Zusammenstoß in dem Waschraum, den in der Bar, auf dem Fußballplatz und den in der Umkleidekabine. Alles geht auf Anfang.“ Sagte er und sah sie erwartungsvoll an. Doch Sam schüttelte den Kopf.

„Ich glaube das wird auch nichts bringen. Offenbar kommen wir zwei miteinander einfach nicht zurecht…“

„Na dann wird’s aber sehr schwierig für uns in der nächsten Zeit. Schließlich arbeiten wir nicht nur zusammen, sondern wir leben noch dazu im selben Haus!“ sagte Kyle ruhig und Sam musste ihm Recht geben.

Sie stand mit einem Ächzen ebenfalls auf und musste jetzt wohl oder übel eine Entscheidung treffen.

„Diese Wohnung werde ich nicht aufgeben. Aber ich werde zu Anthony gehen und ihm mitteilen, dass das mit den Sportartikeln nichts wird…“ Kyle sah sie vollkommen überrascht an, wollte etwas sagen doch Sam unterbrach ihn.

„Ich meine, ich kenne mich mit Fußball doch sowieso überhaupt nicht aus. Ich habe keine Ahnung, was ich in diesen bescheuerten Artikel reinschreiben soll. Ich habe noch niemals zu den Menschen gehört die scharf darauf waren 22 Typen dabei zuzusehen wie sie auf einem Rasen einem Ball hinterherjagen. Ich verstehe ja noch nicht einmal weshalb da so ein Hype um euch veranstaltet wird.“ Sagte sie und schmiss ihre Arme in die Luft um auszudrücken wie ratlos sie war. Schon wieder wollte Kyle etwas sagen, doch jetzt hatte Sam damit begonnen ihm ihr Herz auszuschütten. „Weißt du, von Anfang an hab ich in euch Jungs eine Bedrohung gesehen und ich weiß nicht einmal weshalb. Noch niemals habe ich mich von irgendwas oder irgendwem unterkriegen lassen und dann kommt ein Haufen Chaoten daher und platsch…“ sie klatschte mit den Händen aufeinander und Kyle sah verwirrt auf diese dann wieder in ihr Gesicht „ich bin vollkommen ratlos. Uns verbindet einfach nichts, deswegen muss ich es lassen. Ich werde es schon irgendwie anders schaffen, meinen Abschluss zu machen.“

----------

Sam wanderte nervös im Wohnzimmer auf und ab, während Kyle dastand und sie lediglich beobachtete. Hatte sie jetzt irgendwie einen Nervenzusammenbruch? Seltsamerweise hatte Kyle es immer gehasst, wenn ein Mädchen mehr als zehn Worte aneinanderreihte und ihn damit zulaberte, doch diesesmal fand er es eigentlich ganz interessant Sam dabei zuzusehen wie sie durch Zimmer wütete und nicht mehr damit aufhörte zu reden. Doch irgendwann, hielt er es doch für notwendig sie zu unterbrechen, denn jetzt fing sie an sich reinzusteigern. „Ich bin vollkommen unfähig. Meine Brüder hatten immer recht und ich hätte auf sie hören sollen…“ bei diesen Worten legte Kyle ihre seine Hände auf die Schultern und brachte sie zum stehenbleiben.

„Sam, jetzt beruhige dich doch endlich einmal. Ich bin hierhergekommen weil ich mich bei DIR entschuldigen wollte. Also halt jetzt endlich die Klappe!“ sagte er und versuchte ihr klar zu machen, dass er nicht wütend auf sie war und auch nicht von ihr verlangte ihr ganzes Leben umzukrempeln.

„Und jetzt komme ich zum eigentlich Grund warum ich da bin. Ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast uns in die Bar zu begleiten?“ fragte er ruhig und sah Sam dabei direkt an. Sie blinzelte einige Male und schüttelte schließlich den Kopf.

„Ich kann nicht. Ich muss doch diesen bekloppten Artikel fertig schreiben und ich verstehe doch gar nichts davon!“ sagte sie und nahm Kyles Hände von ihren Schultern um sich auf dem Sofa niederzulassen.

Kyle hatte diese Sache gut überlegt. Noch in dem Raum bei den Umkleidekabinen hatte er sich dazu entschlossen, sich bei Sam zu entschuldigen, denn egal welche Begründung er auch hatte: Es war nicht in Ordnung so mit einem Mädchen umzugehen. Er war noch niemals der Kerl gewesen, der Frauen herablassend behandelte und er hatte sich gefragt weshalb er dies dann bei Sam ständig tat. Sie würden wohl niemals Freunde werden, soviel war klar, doch sie konnten das Beste aus der Situation machen. Jetzt war ihm auch klar, weshalb Sam sich geweigert hatte ihm zu verraten, weshalb sie beim Training aufgetaucht war, denn sie hatte gewusst, dass Kyle diese Schwäche nutzen würde um sie erneut damit zu provozieren.

„Dann lass uns einen Kompromiss machen.“ Hörte er sich sagen. Er hatte eigentlich ganz eindeutig etwas besseres zu tun als das hier, doch würde dies vielleicht den Weg in eine etwas bessere Zukunft zwischen den beiden bereiten.

„Ich helfe dir mit dem Fußballzeug, meinetwegen auch bei diesem bekloppten Artikel wie du es so schön gesagt hast, dafür versuchst du mich nicht noch einmal zu schlagen, in Ordnung?“ fragte er und ging vor ihr in die Hocke wo sie ihn überrascht ansah. Sie wollte sich jedoch ihre Schwäche offenbar nicht eingestehen denn sie antwortete „Klärst du auch noch die Sache mit den Jungs. Ich meine, sagst du ihnen, dass niemals etwas zwischen uns gelaufen ist?“

Dies schien sie offenbar wirklich zu beschäftigen nur verstand Kyle nicht so ganz warum. Jedes andere Mädchen würde alles dafür tun Bestandteil von Gerüchten mit ihm zu sein und Sam? Sie sah aus, als wäre dies der pure Albtraum. Kyle schüttelte langsam den Kopf.

„Selbst wenn ich das zu den Jungs sagen sollte, Schätzchen, so werden sie mir ja doch nicht glauben.“

Sam ließ resigniert den Kopf hängen und sagte nach einigen Sekunden „In Ordnung. Dein Angebot möchte ich dennoch gerne annehmen. Auch wenn ich dich immer noch nicht leiden kann, so brauche ich doch dringend deine Hilfe!“

Und so war es beschlossene Sache und die beiden machten sich ans Werk, während die restlichen Spieler in der Bar auf die Ankunft ihres Captains warteten und sich zu Recht fragten, was der nur wieder trieb. 

-----------------

Kommentare und Votes sind erwünscht!!!:D

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top