5 - Du bist gar nicht so nett
[Louis]
Es waren etwa zwei Wochen vergangen, seit dem Vorfall in London und wir hatten eine kleine Tourpause eingelegt, die jetzt eine Woche andauern würde.
Harry hatte seitdem kein Wort mehr mit mir gewechselt außerhalb der dienstlichen Gespräche. Natürlich wich er mir nicht von der Seite, doch er ließ sich auf kein Gespräch ein, dass in irgendeiner Form privater Natur war.
Es frustrierte mich so sehr, dass meine Laune
fast durchgehend im Keller war.
Den heutigen Samstag Abend verbrachte ich mit Niall in meiner Wohnung in London. Ich hatte sie vor etwas einem Jahr gekauft, da mein Studio in London war und ich nicht immer von Doncaster nach London pendeln wollte.
Eine Wohnung in der Stadt ergab also Sinn.
Ich saß mit Niall auf der Couch und war völlig zugedröhnt. Es lief laut eine Rock Playlist von Spotify, die Gitarrenklänge beschallten die Wohnung und vermutlich auch die Nachbarschaft, so laut war es.
Doch ich bekam das kaum noch mit.
Ich war mir nicht mehr ganz sicher, was ich eingeworfen hatte, auf jeden Fall hatte ich eine Bong bestellt, die ich in den letzten Stunden geraucht hatte, sowie ein paar Pillen, die ich mir von Blake hatte liefern lassen. Auf dem Tisch lag noch eine Tüte Kokain, die ich nun nachdenklich beobachtete.
"Hey, Niall?"
Mein bester Freund brummte leise, ich nahm es als Zeichen, dass ich seine Aufmerksamkeit hatte.
"Sollten wir nicht aufhören, mit den Drogen?"
Niall sah nun zu mir, seine Augen waren blutunterlaufen und seine Pupillen riesig, auch er hatte an der Bong gezogen. Ich vermutete, dass es bei mir ähnlich aussah.
"Wieso?" fragte er mich.
Ich zuckte mit den Schultern und sah wieder zu dem Kokain. Ich hatte selbst keine Ahnung. Es war das einzige Mittel, meine Gedanken stumm zu schalten.
"Ist doch nicht gesund." sagte ich deshalb gedankenlos.
Niall lachte und trank aus der Bierflasche in seiner Hand.
"Das fällt dir früh ein. Ich hab dir schon mehrfach gesagt, dass du es übertreibst."
"Du bringst doch immer Koks mit."
"Immer? Es warn jetzt drei Mal, die restlichen Male hast du es nicht von mir bekommen."
Ich kaute auf meiner Lippe und sah ihn an. Er erwiderte meinen Blick und lächelte mich sanft an. "Es gibt andere Wege, sich zu helfen, Lou. So langsam mache ich mir wirklich Sorgen um dich." gab Niall zu.
Stirnrunzelnd schüttelte ich den Kopf. In den letzten zwei Wochen hatte ich noch mehr konsumiert als vorher, das Gras war härteren Drogen gewichen und des Öfteren hatte mich Harry erwischt, wie ich auf dem Klo eine Line zog.
Er hatte nichts gesagt, doch ich wusste, dass es ihn störte. Man sah es ihm deutlich an.
"Ich kenn keinen anderen Weg." sagte ich leise und schaltete die Musik aus, setzte mich auf und streute das Kokain auf den Wohnzimmertisch.
Ich bereitete alles vor, beugte mich dann vor und zog den Stoff durch die Nase.
Ich schniefte ein paar Mal, wischte mir über die Nase und atmete tief durch. "Letztes Mal." murmelte ich, doch mir war bewusst, dass es eine Lüge war, die ich mir selbst auftischte.
Langsam sank ich zurück in die Couch und schloss die Augen. Die Mischung aus den verschiedenen Substanzen ließ mich völlig benommen werden. Ich hatte plötzlich keinerlei Zeitgefühl mehr und starrte einfach in die Leere.
"Was läuft eigentlich mit Harry? Das Internet ist voll von ihm und dir." fragte Niall mich nach einer Weile, ich zuckte die Schultern.
"Es läuft nichts. Ich würd's mir ja wünschen, aber er redet nicht mehr mit mir."
"Und wieso?"
"Was weiß ich. Nachdem wir ziemlich heiß rumgemacht haben, ist er abgehauen und seitdem redet er mit mir nur noch das Nötigste." erklärte ich ihm.
Niall sah mich nun verwundert an. "Wann habt ihr denn rumgemacht?"
Ich erzählte ihm von dem Vorfall und als ich fertig war, seufzte ich deprimiert auf. "Wie der mich gepackt hat, Niall, sowas hab ich noch nicht erlebt. Von mir aus könnte er das sofort wieder tun. Ich hab mich richtig, keine Ahnung, lebendig und gewollt gefühlt."
"Gewollt?" hakte er nach.
"Ja. Keine Ahnung wie ich das beschreiben soll." Die Drogen schienen mich ehrlich werden zu lassen. Das war überhaupt nicht der Plan gewesen, stellte ich unzufrieden fest.
Niall gähnte und lachte dann.
"Da draußen wollen dich Millionen von Frauen und Kerlen, Louis. Die würden sich alle danach die Finger lecken, heiß mit dir rumzumachen!"
Ich verdrehte die Augen und warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
"Ich rede doch nicht von sowas, Mann." antwortete ich ihm. "Ich rede von Zuneigung. Dass ich irgendwem wichtig bin, sich jemand ernsthafte Gedanken um mich macht. Aber ich bin für sowas einfach nicht gemacht, schätze ich."
Jetzt reichte es mir. Ich wollte das alles überhaupt nicht aussprechen. Es ging niemanden etwas an. Ich sah schnell zu Niall, doch zu meiner Erleichterung war dieser neben mir eingeschlafen. Gott sei Dank.
Auf einmal kam mir meine Wohnung einfach winzig vor und ich bekam fast schon Platzangst. Daher beschloss ich, einen Spaziergang zu unternehmen. Ich musste mal an die frische Luft und wieder ein bisschen klar kommen.
Normalerweise müsste ich jetzt Harry anrufen, der heute Abend frei hatte, um ihn zu bitten herzukommen und mit mir auf einen Spaziergang zu gehen.
Jedoch klang das erstens nach einem riesigen Aufwand und zweitens wollte der Lockenkopf sowieso nicht mit mir spazieren gehen.
Also zog ich mir die Schuhe an und eine Jacke und verließ meine Wohnung.
Es war bereits nach 0 Uhr und die Straßen menschenleer, sodass ich einfach drauf los laufen wollte. Es regnete leicht, also zog ich den Kopf ein bisschen ein und fröstelte. Scheiß englisches Wetter, dachte ich mir und seufzte frustriert, die Kälte zog mir in die Knochen.
Mit einem Mal verschwamm meine Sicht und ich musste mich an der Backsteinmauer neben mir abstützen. Fuck, was war denn jetzt los?
Mir wurde schwindelig und ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, doch mein Herz raste und im nächsten Moment übergab ich mich ächzend.
Gott, wenn irgendjemand mich hier sehen würde, meine Karriere wäre vorbei.
Wackelig stellte ich mich wieder mehr auf und drehte mich um, um zurück in meine Wohnung zu gehen. Der Spaziergang war eine beschissene Idee gewesen.
Etwas stand mir im Weg und ich blickte nach oben genau in die Augen einer Person.
Grüne Augen.
Wahnsinnig groß aufgerissene, grüne Augen.
Fuck.
"Louis? Geht es dir gut?"
Das Mädchen mit der Maske im Gesicht stand wieder vor mir und ihre Augen, die ich mittlerweile überall erkennen würde, wanderten zwischen mir und der Pfütze meines Erbrochenen hin und her.
"Was willst du hier?" fragte ich sie verwirrt.
Sie musterte mich und dann schien sie zu lächeln, denn ihre Augen verkleinerten sich und Lachfalten bildeten sich.
"Ich freu mich so, dass du raus kommst, Louis. Ich warte hier schon, seit ihr reingegangen seid. Ich hab geklingelt, aber die Musik war so laut. Aber du wusstest, dass ich hier auf dich warte, oder?"
Ihre Worte bahnten sich ihren Weg durch den Drogennebel in mein Gehirn und plötzlich gingen bei mir alle Alarmglocken an. Scheiße, meine Stalkerin stand vor mir und ich war völlig zugedröhnt.
Mir wurde wieder schwindelig und alles begann sich zu drehen.
"Ist Niall schon am Schlafen?"
Woher wusste sie das alles? Ich versuchte nach meinem Handy zu greifen, doch ich fand es auf die Schnelle nicht.
Verdammte Scheiße.
"Er ist oben und wartet auf mich." presste ich hervor und sie sah mich verliebt an, was mir eine unangenehme Gänsehaut bereitete.
"Ich muss gehen." fügte ich hinzu und setzte mich in Bewegung, doch das Mädchen hielt mich am Oberarm fest. "Schon?"
Ich erstarrte förmlich und sah auf den Boden, traute mich nicht sie anzusehen.
"Ja. Das was du hier tust, das ist illegal. Also lass mich los und verschwinde." sagte ich zu ihr und wurde langsam wütend.
Erschrocken sah sie mich an, dann bildeten sich Tränen in ihren Augen.
"Du bist gar nicht so nett, wie du immer tust." hauchte sie und schien regelrecht schockiert zu sein.
"Ich bin sogar sehr nett, aber nicht wenn mir jemand auflauert!" sagte ich nun aufgebracht und sie zuckte zusammen.
Im nächsten Moment schubste sie mich und ich taumelte zurück und prallte gegen den Zaun.
"Denkst du nicht, wir Fans haben deine Zeit verdient? Du hast doch immer gesagt, wir sind das Wichtigste für dich!" schrie sie mich nun an.
Ich fand mein Handy endlich in meiner Jackentasche und zog es hinaus, wählte die Schnellwahl 1, auf der ich Harry gespeichert hatte für Notfälle.
Ich konnte gerade noch so auf Anruf drücken, da schlug sie mir das Handy aus der Hand.
"Das wirst du bereuen!" schrie sie wieder und ich sah sie schockiert an. Mir wurde wieder schlecht und ich begann zu zittern, die Situation überforderte mich und ich konnte nicht mehr klar denken.
Das Mädchen vor mir schubste mich wieder, dann rannte sie davon.
Diesmal hatte sie mich kalt erwischt, denn ich taumelte und konnte mich nicht mehr halten, fiel auf den harten Boden und jaulte auf vor Schmerz, als ich mit dem Kopf aufschlug.
Ich sah nur noch Sterne und übergab mich wieder, ehe ich zur Seite sackte und die Augen einen Moment schloss.
Scheiße, gerade jetzt war mein Rausch auf dem Höhepunkt , mir war viel zu schwindelig als dass ich wieder aufstehen konnte. Langsam fielen mir die Augen zu.
***
Das nächste, was ich wahrnahm, waren die Lichter meiner Wohnzimmerlampe, als ich die Augen aufmachte und blinzelte. Dann erschien vor meinen Augen Harry.
Verwirrt sah ich ihn an und musste mich erstmal orientieren.
"Du bist endlich wach." stellte er fest und ich nickte leicht und versuchte mich aufzusetzen.
"Was ist passiert?" murmelte ich, fiel zurück auf das Sofa. Mir brummte der Schädel und meine Kehle fühlte sich an wie Schleifpapier.
Harry drückte mir eine Wasserflasche in die Hand, sofort trank ich sie in einem Zug leer.
"Das würde ich zu gern von dir wissen."
Ich öffnete die Augen wieder und sah zu ihm. Er sah nicht ganz so adrett aus wie sonst, er trug ein weißes Shirt und schwarze Skinny Jeans, außerdem eine schwarze Beanie, aus der einige lockige Strähnen herausschauten.
"Ich, keine Ahnung." frustriert rieb ich mir über das Gesicht.
"Louis" sprach Harry nun ernst und setzte sich neben mich. "Du hast mich vorhin angerufen, aber hast nichts gesagt und die Geräusche hörten sich irgendwie nach einem Kampf an. Ich bin sofort los, als ich hier ankam lagst du auf dem Gehweg neben einer ziemlichen Menge Erbrochenem. Also sag mir jetzt gefälligst was los war!"
Ich sah ihn unsicher an und nun fiel mir alles wieder ein. Ächzend setzte ich mich auf und versuchte, den Schwindel zu ignorieren.
"Sie war da." murmelte ich.
Harry zog die Augenbrauen zusammen. "Meinst du das Mädchen aus Berlin?"
Ich nickte.
"Was? Nein!" Er sprang auf und griff nach seinem Handy, wählte eine Nummer und hob den Hörer an sein Ohr.
"Krisenbesprechung bei Louis, jetzt." bellte er in das Telefon, legte sofort auf und hockte sich vor mir hin, ergriff meine Hände und ich sah ihn überrascht und gleichzeitig verwirrt an.
"Erzähl mir, was passiert ist." bat er mich. "Ich muss alles ganz genau wissen."
Er sah mich ernst an, also begann ich zu erzählen. Ich konnte mich nicht an alle Einzelheiten erinnern, doch was ich noch wusste, berichtete ich ihm.
Dann sah ich mich um. "Wo ist Niall?"
"Ich habe ihn nach Hause geschickt."
Ich nickte leicht. Auf dem Tisch waren noch die Drogen verteilt und ich bedachte Harry kurz mit einem Seitenblick.
"Untersteh dich, jetzt auch nur daran zu denken, dir irgendwas rein zu pfeifen!" schnauzte er mich an. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Er schien völlig außer sich zu sein.
Seufzend löste ich meine Hände aus seinem Griff und ließ mich zurück in die Kissen fallen. "Daran hab ich nicht gedacht. Ich bin sowieso noch breit." murmelte ich und schaute nach oben an die Decke.
"Sie hat mich angegriffen." fügte ich noch leiser hinzu und verstand die Welt einfach nicht mehr. Noch nie war mir sowas passiert und ich war einfach schockiert darüber.
Ich hatte sie einfach nicht ernst genommen. Ich dachte, sie wäre nur ein enthusiastischer Fan, doch dass es eskalieren würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
Harry seufzte und setzte sich neben mich auf die Couch.
"Ich beobachtete das jetzt seit ich für dich arbeite, wie du dich selbst zerstörst, Louis. Das muss aufhören. Ich weiß, ich habe nicht das Recht, dir zu das zu sagen, aber so kann es doch nicht weitergehen."
Ich blickte weiter emotionslos an die Decke und schüttelte leicht den Kopf.
"Das geht dich nichts an. Du hast mich jetzt zwei Wochen die ganze Zeit ignoriert und nicht einmal ein Wort mit mir gewechselt, außerhalb der dienstlichen Besprechungen. Es geht dich einen Scheiß an, ob und wie oft ich Drogen nehme."
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