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[Jungkook]

„Das sieht ganz schön schlimm aus", meinte Namjoon seufzend, während er das Fenster betrachtete, dass erheblichen Schaden durch all den starken Regenfall genommen hatte. Man sah schon auf den ersten Blick, dass das nichts war, was man einfach so hätte wieder zusammenschrauben können, schließlich war es regelrecht aus dem Rahmen gebrochen und da man diese einzelnen Teile nicht einfach so ersetzen konnte, musste man das Fenster komplett austauschen. „Ich werde Henry anrufen und ihn fragen, ob er noch etwas auf Lager hat. Dies scheint nämlich kein besonderes Fenster zu sein und mit Glück könnten wir es heute noch austauschen. Bist du so nett und gehst derweil wieder nach oben und erzählst Herrn Kim davon?"

Herr Kim war sein Name also. Mit einem Doktortitel wurde er wohl nicht angesprochen, also hatte er vielleicht keinen. Ich war neugierig darüber, obwohl es etwas so unbedeutendes war, aber brannte dennoch darauf, es zu wissen. Ob ich den fremden Mann letztendlich wirklich fragen würde, war etwas anderes. Vielleicht hatte ich ja Glück und es würde mich einfach überkommen, aber ich bezweifelte es.

Manchmal dachte Namjoon nicht viel nach und gab mir eine Aufgabe, von der er wusste, dass ich sie nicht wirklich gut meistern würde und für gewöhnlich sträubte ich mich dann auch wie ein kleines Kind dagegen, sie zu machen, aber aus irgendeinem Grund fühlte ich mich heute danach, dem ganzen eine Chance zu geben, weshalb ich nichts weiter sagte und mich direkt auf den Weg nach oben machte, während mein Partner unten blieb und einen Anruf machte. Dabei fiel mir erst auf, wie groß das Haus eigentlich war und dass es nicht wirklich viele Möbel besaß, kaum persönliche Gegenstände zu sehen war und man dadurch behaupten konnte, dies sei ein Haus zur Ausstellung. Das Verstand ich nie, denn die Menschen, die in solchen Häusern lebten, hatten genügend Geld, um sich die schönsten Möbel zu kaufen, aber dennoch ließen sie neunzig Prozent ihrer Häuser leer stehen, weil es in ihren Augen besser aussehe.

„Herr Kim?", rief ich in einem leisen Ton durch den Flur, denn ehe ich durch die Räume stöbern wollte, hoffte ich, unser Kunde würde mich hören und selbst zu mir kommen. Natürlich passierte dies aber nicht.

Tief ein- und wieder ausatmend, nahm ich meinen Mut also zusammen und setzte nun nur einen einzelnen Schritt in Richtung der ersten Tür, die mir in den Blick fiel und es fühlte sich bereits an, als hätte man mir ein Gewicht von einer Tonne an die Knöchel gebunden, wodurch ich wie angewurzelt einfach dort stand und mich nicht mehr vom Fleck bewegte. Im Inneren kämpfte ich dabei wirklich mit mir selbst, denn endlich hatte ich mich mal aus eigener Hand dazu entschieden, in meinem Beruf nicht nur den passiven, sondern auch den aktiven Part zu übernehmen, auf einen Kunden zuzugehen und mit diesem zu sprechen, jetzt aber überkam mich wieder diese mir wirklich unerklärliche Angst vor dem Nichts.

Es war nicht so, dass ich Angst vor den Menschen hatte, auch nicht vor der Interaktion mit ihnen oder sie vor mir stehen zu haben. Es war einfach das Gefühl von Angst, welches dich in mir breit machte und mich von so vielem hinderte, mir so viele Möglichkeiten nahm und meinem Leben einen Felsen in den Weg legte.

„Ah? Haben Sie nach mir gerufen? Ich dachte etwas gehört zu haben", hörte ich aus dem Nichts die tiefe Stimme des Mannes hinter mir, weshalb ich regelrecht zusammenzuckte und mich wie aus einem Reflex innerhalb nur eines Wimpernschlags um hundertachtzig Grad drehte, um dadurch direkt in die dunkelbraunen Augen des Dunkelhaarigen Mannes zu schauen, der stets ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen trug, während er mit mir sprach. „Hallo? Haben Sie mir zugehört? Ich fragte Sie etwas", teilte er mir mit und lachte dann sogar, nachdem er mich aus meinen Gedanken holte mit einem vorsichtigen Winken vor meinem Gesicht.

„Ja stimmt! Ich habe Sie gerufen!", platzte es förmlich aus mir heraus, als hätte ich gerade etwas gestanden, wobei ich doch nur versuchte, Herrn Kim von unserer Arbeit zu berichten. Wenn man meinen inneren Kampf, den ich gerade hatte, bildlich darstellen wollte, müsste man ein Blatt Papier aufhängen an einem seidenen Faden und dann eine künstliche, dreißig Meter hohe Tsunamiwelle in dessen Richtung schicken. So fühlte es sich definitiv an, ich war mir ganz sicher.

„Wollen Sie mir denn auch mitteilen, wieso Sie mich gerufen haben?", fragte mich der offensichtlich ältere Mann und verschränkte die Arme vor der Brust. Obwohl seine Lippen noch immer zu einem Lächeln geformt waren und ich gelernt hatte, dass ein Lächeln etwas Gutes bedeutete, zeigten mir die verschränkten Arme, dass er gerade seine Geduld mit mir verlor und es nicht mehr lang dauern würde, bis die ersten Vorwürfe an meinen Kopf geworfen werden würden, dann die ersten Beleidigungen, getrieben von der Wut eines Menschen, der nicht mit meiner Art klar kam.

Instinktiv senkte ich daher meinen Blick und somit gleichzeitig auch meinen Kopf gen Boden, wobei der unser Blickkontakt brach und ich mich nun wie ein schwaches Kind zeigte, anstatt mich meines Aussehens anzupassen und wie ein starker Mann aufzutreten. Auch schon zu zittern begann mein Körper, als stünde ich auf der Spitze eines Berges, ganz weit unten im Süden im Land des Schnees, der Antarktis.

„A-Also...", fing ich stotternd an zu sagen und schluckte einmal laut. „Wir w-wollen guck-", sagte ich weiter, aber wurde durch einen lästig lauten Handyklingelton unterbrochen. Genervt davon war ich nicht, denn sofort überkam mich bereits eine Welle der Erleichterung, wie ein kaltes Bad am Strand im Sommer, nachdem man stundenlang in der Sonne gestanden hatte und bereits wie ein Kuchen bis auf die Knochen durchgebacken war. So konnte ich nun auch endlich wieder atmen, denn irgendwann hatte ich aus lauter Nervosität wohl damit aufgehört und drohte hier beinahe schon an Sauerstoff Mangel umzufallen wie es ein Baum tat, der abgesägt wurde.

Vielleicht wäre das lustig anzusehen, ganz sicher aber schmerzhaft und dazu auch noch ziemlich peinlich vor dem Mann vor mir, vor dem ich aus irgendeinem Grund gut aussehen wollte und daher sogar meine Schultern etwas nach hinten zog, um einen geraden Rücken zu haben.

Nun stand ich aber hier und wusste nicht, ob ich gehen sollte, während der Mann telefonierte oder ob ich weiterhin hier stehenbleiben sollte. Natürlich entschied ich mich dafür, ganz schnell einfach wieder zu Namjoon in den Keller zu laufen, aber ich musste nur den Anschein machen zu gehen und schon legte sich ein fester Griff an meinen Arm und dazu ein versichernder Blick, dass das Telefonat sehr bald enden würde und ich daher kurz warten sollte.

Während Herr Kim also kurz in einen anderen Raum ging, blieb ich so hier stehen, in meinem blauen Overall, die Hände in den Taschen und wartete einfach nur.

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Die Vorstellung von Jungkook, wie er in einem blauen Overall ganz brav so da steht und wartet ist sehr süß und ich bin gestorben. Rip an mich.

Und btw, weil manche vielleicht verwirrt waren, weshalb gestern kein Kapitel kam, obwohl ich ja tägliche Updates mache: Sonntags mache ich immer einen Tag Pause und es kommen keine Uploads :3

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