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[Jungkook]

„Und wie denkst du, wird es jetzt weitergehen? Heutzutage ist es ja nicht ganz so leicht, in Seoul so schnell noch einen Job zu finden, der genügend Geld einbringt, um davon auch allein leben zu können", meinte Taehyung, lehnte sich dabei zurück, stützte seinen Kopf an seiner Hand ab und schaute mich an. „Wonach suchst du denn überhaupt? Nach einem weiteren Beruf als Handwerker? In einem Supermarkt?"

„Ich weiß es noch nicht. Was mir am meisten Geld bringen würde, wenn ich weiterhin als Handwerker arbeite, aber ich besitze keine Werkstatt, habe keine Ausrüstung oder Werkzeuge und definitiv nicht das Geld dazu, das alles zu finanzieren. Wenn ich aber ehrlich bin, habe ich auf diesen Beruf keine Lust mehr und würde lieber etwas machen, das weniger körperliche Arbeit erfordert und nicht dafür sorgt, dass ich ständig irgendwelche Verletzungen habe, von blauen Flecken und irgendwelchen Wunden geprägt bin", erzählte ich Taehyung der sofort nachzudenken schien.

Im Idealfall und auch so wie es in den Filmen war, würde er mir jetzt anbieten, den Babysitter für seine Kinder zu spielen, aber wir wussten beide, dass ich keinesfalls in der Lage dazu war, auf Kinder aufzupassen, immerhin hatte ich keine Ahnung davon und wusste nicht einmal, wie man wirkliches Essen für Kinder zubereitete. Ich selbst ernährte mich ja meist sowieso von fertigem Essen, wie zum Beispiel Ramen oder einer Tiefkühlpizza.

„Wie dem auch sei, bei uns bist du immer willkommen", meinte Taehyung mit seinem charmanten Lächeln. „Wenn du mal nicht weiter weißt oder nicht alleine Essen willst, kannst du gern vorbeikommen. Die Kinder freuen sich darüber sicherlich sehr und auch mir würde das eine Freude bringen, da ich jemanden hätte, mit dem ich mich wirklich unterhalten könnte."

Über mehr sprachen wir dann auch nicht mehr, da der Mann bereits länger hier gewesen war, als er sich vorgenommen hatte, weshalb er ging und ich somit wieder alleine zurückblieb, in meiner kalten Wohnung, in der nicht einmal die Heizung richtig funktionierte. Ich brauchte schnellstens eine Lösung auf all den Mist, der sich in meinem Leben zu einem Misthaufen angehäuft hatte. Leider konnte ich nicht einfach eine Schaufel nehmen und diesen aus dem Weg räumen, sondern musste mich, so eklig es aus klang, da durchkämpfen.

Für mich war die heutige Lösung definitiv auszugehen. Noch hatte ich ein wenig was an erspartes, welches ich für meine Freizeit nutzte und auch wenn ich dieses Geld später sicherlich mal brauchen würde, nutzte ich es zu meinen egoistischen Zwecken. Nachdem ich unter die Dusche gegangen war und wieder mal mit kaltem Wasser duschte, um meiner Erregung entgegen zu wirken, die ich all die Zeit lang gehabt hatte, die Taehyung vor mir saß, weil ich meine Träume nicht aus dem Kopf bekam, solang ich ihn sah, zog ich mir keine feinste Kleidung an, die ich zum Feiern hatte und machte mich auch schon auf den Weg.

Für gewöhnlich kam ich nicht an solche Orte, aber weil ich in letzter Zeit so viel Kontakt zu anderen Menschen hatte, die nicht Namjoon waren, fühlte ich mich wie ein sozialer Schmetterling und traute es mir auch zu, in einen vollgepackten Club zu gehen, in dem sich die Menschen, großteils auch wirklich leicht bekleidet, beim Tanzen regelrecht aneinander rieben. Etwas Gutes hatte dies aber dennoch an sich, denn es waren keine Frauen hier, sondern nur Männer, da ich in einen Club für ausschließlich homosexuelle und bisexuelle Männer gegangen war.

Anfangs schien es auch nicht allzu schlimm hier zu sein, denn ich hielt mich eher abseits und schaute nur in die Menge hinein, als ein wirklicher Teil davon zu sein. Dumm wie ich war, hatte ich aber ein oder zwei, vielleicht waren es aber auch drei oder vier, möglicherweise auch fünf oder sechs Cocktails zu viel, wodurch ich in einer Kurzschlussreaktion meines Gehirns die Entscheidung traf, mitten hinein in den Tumult zu gehen und mitzutanzen. Überall an meinem Körper spürte ich die Hände fremder Menschen, hörte ihren Gesang zu den Lieder und sah auch, wie manche sich küssten, weil sie so viel Spaß hatten.

Inmitten all dieser sozialen Interaktionen befand sich der Liebe Jeon Jungkook, der sowas noch nie zuvor getan hatte und schnell zur Realisation kam, dass dies eine wirklich schreckliche Entscheidung gewesen war, daher den Club so schnell wie möglich verlassen wollte, aber die Cocktails setzten jetzt erst so richtig ein, wodurch kaum noch in der Lage dazu war, wirklich in einer geraden Linie zu gehen.

Ehrlich gesagt hasste ich mich selbst gerade mehr dafür, dass ich mich hier so gehen ließ, als dass ich Namjoon für sein kindisches Verhalten hasste.

„Ich muss da durch", lallte ich und versuchte mich an einer kleinen Gruppe aus vier Männern vorbeizuschlängeln, die nahe des Ausgangs standen. Ich sah, wie sie mich grinsend anschauten und hörte schon, wie sie versuchten, mich zu überreden, hier zu bleiben, mit ihren Händen an meinen Hüften, an meinem Bauch oder auch meiner Brust. Aber das wollte ich nicht und betrunken wie ich war, überkamen mich meine Emotionen und die Tränen schossen aus meinen Augen heraus, wie ein Tsunami eine Küste nach einem Erdbeben traf.

Auch wenn ich nicht stolz darauf war, in der Öffentlichkeit so zu weinen, sorgte das dafür, dass die Typen ihren Abstand zu mir hielten und ich somit ungehindert den Club verlassen konnte. Ich hatte gar nicht wahrgenommen gehabt, wie warm es drinnen eigentlich gewesen war, sodass ich mich beinahe zu Tode fror, als ich draußen war, wo die Temperaturen in der Nacht sich mittlerweile nur knapp unter zehn Grad hielten. Das würde mich definitiv krank machen.

Für einen Augenblick lehnte ich mich auch an die sehr kalte Betonwand des Clubs, da ich das Gefühl hatte, die Welt um mich herum würde sich drehen. Ich brauchte diese Standfestigkeit, um nicht hinzufallen, was dann aber doch passierte, sobald ich wieder allein stehen wollte, ohne eine stützte. Zwar trug ich eine lange Hose, jedoch hatte diese große Löcher an den Knien, wodurch die Haut an meinen Knie aufschürfte und ich unter brennenden Schmerzen, laut zischend, anfing zu bluten.

Das machte mich zu einem humpelnden Betrunkenen, der mit Blut an den Knien und den Händen durch die Straßen von Seoul ging, in der Hoffnung noch rechtzeitig den letzten Bus zu bekommen, der in Richtung seiner Wohnung fahren würde. Mein Schicksal spielte mir jedoch in die Karten, sodass ich mich wenig später schon auf der Bank an der Bushaltestelle wiederfand, verzweifelt und noch immer mit Tränen in den Augen, da ich natürlich den Bus verpasst. Diese wäre auch nie gekommen, da ich bereits zwei Stunden über der Zeit der letzten Fahrt war, das aber erst realisiert hatte, nachdem ich hier angekommen war.

Ich befand mich in einem völlig fremden Stadtteil, welcher weit entfernt war von dem, in dem ich wohnte, sodass ein Taxi dorthin mich mehr kosten würde, als ich besaß. Aus diesem Grund sah ich keinen Ausweg, als den ganzen, weiten Weg Nachhause zu humpeln, auch wenn es mich sicherlich Stunden dauerte würde, einfach weil Seoul so riesig war.

Natürlich merkte ich schnell, dass das nichts werden würde, weshalb ich entschied, ebenfalls in einer Kurzschlussreaktion meines Gehirns, Taehyung anzurufen. Er ging beinahe sofort ran, aber klang dennoch, als hätte er geschlafen, so rau und müde wie seine Stimme war. Ich lallte nur irgendwelche Worte in das Mikrofon, an die ich mich gar nicht wirklich erinnerte, aber sie sorgte wohl dafür, dass der ältere Mann nur wenig später schon seit Auto direkt vor mir parkte, ehe er ausstieg und sich mit einem besorgten Blick dicht an mich heran stellte.

Zwar hatten wir uns schonmal umarmt gehabt, jetzt aber spürte ich seinen wirklich festen Griff an meinem Körper, als er mich stützte, damit ich nicht alleine zum Auto laufen müsste. Das hätte ich sowieso nicht hinbekommen.

Was danach noch passiert war, hatte ich nicht mehr wirklich in Erinnerung, als ich am nächsten Morgen durch die Sonne aufwachte, die direkt in mein Gesicht schien. So dachte ich jedenfalls, denn es war nicht die Sonne, die gerade dafür sorgte, dass ich Kopfschmerzen bekam, als ich die Augen öffnete.

„Hey! Lasst das!", hörte ich dann auch noch die tiefe Stimme von Taehyung dazu, weshalb ich noch dachte, ich sei weiterhin in einem Traum. Irgendwann wurde dieses blendende Licht aber endlich von meinen Augen genommen, sodass ich wieder etwas sehen konnte und erkannte, dass Mirae und Duri mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet hatten. „Jetzt habt ihr ihn geweckt, wenn er doch schlafen sollte. Geht auf eure Zimmer!"

Es war das erste Mal, dass ich sah, wie ernst der Vater mit seinen Kindern sprechen konnte, ohne sie dabei aber anzuschreien. Zwar schmollten sie, aber sie weigerten sich nicht und verschwanden relativ aus dem Schlafzimmer, in dem ich gerade lag. Je genauer ich mich umschaute, desto mehr Dinge fielen mir wieder in den Sinn, die mir bekannt vorkamen, sodass ich die Augen weit aufriss und die Luft scharf einzog, als ich herausfand, dass dies das Schlafzimmer von Taehyung war und ich wohl in seinem Bett geschlafen hatte.

„Wenn du dich im Bad frisch gemacht hast, komm dann nach unten in die Küche. Ich habe dir eine Suppe gemacht, die dir gegen den Kater helfen wird", meinte er und wuschelte mir lachend durch die Haare. „Du hast dich gestern wirklich gehen lassen! Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, aus Angst du würdest dich im Schlaf übergeben und daran ersticken oder so."

„Es tut mir leid", murmelte ich nur leise vor mich hin und war so beschämt, dass ich es nicht mehr wagte, dem Älteren in die Augen zu schauen. Dieser setzte sich zu mir auf das Bett und schaute mich an, das konnte ich spüren. „Ist doch nichts bei! Wir haben in letzter Zeit viel miteinander unternommen, ich gehe einfach mal davon aus, dass das gestern der letzte Schritt in unsere Freundschaft war."

„Freundschaft?", fragte ich sofort nach und schaute nun doch auf. „Wir sind Freunde?", fragte ich ein weiteres Mal, weil ich mir nicht sicher war, ob ich auch richtig hören konnte, aber Taehyung nickte ganz sicher. Und somit war das wohl auch entschieden, dass wir beide nun Freunde waren.

Das nahm mir einen großen Teil des schlechten Gefühls, das ich aufgrund meines Betrunkenen Verhaltens hatte und so konnte ich ohne bedenken ins Bad gehen, wo ich duschen wollte. Erst als ich mich ausziehen wollte, fiel mir auf, dass ich bis auf meiner boxershorts nichts trug und somit wohl die ganze Nacht so neben Taehyung gelegen hatte und er also wieder einmal meinen beinahe völlig nackten Körper gesehen hatte. Im Spiegel sah ich, dass meine Wangen knallrot waren, wobei nicht einmal eine kalte Dusche dabei half und ich noch immer mit hochrotem Kopf in Taehyungs Kleidung, die locker an meinem Körper lag, nach unten in die Küche kam, wo die kleine Familie bereits am Esstisch saß und wohl auf mich wartete.

„Ahjussi!! Du bist endlich da!", sagte Duri und fing sofort schon zu essen, als ich mich ebenfalls an den Tisch setzte. Tae unterhielt sich mit seinen Kindern über alles mögliche, vor allem aber darüber, dass sie in diesem jungen Alter schon einen Lehrer hatten, der täglich zu ihnen kam, ihnen Schreiben, Lesen und Rechnen beibrachte, damit sie bereit für die Grundschule sein würden. „Herr Lee ist blöd! Er ist so fies zu mir!", antwortete Duri darauf und der Vater wurde ganz Ohr.

„Genau! Er ist immer so laut und wenn wir was falsch machen, ist er ganz fies zu uns! Ich will einen neuen Lehrer!", setzte nun auch Mirae ein und brachte ihren Vater somit in Verzweiflung. Es war wohl nicht leicht für ihn, schließlich zog er sie allein groß und nun erfuhr er auch noch, vor einiger Zeit durch mich, dass die Nanny, die er bezahlte, eine grauenhafte Person war und der Lehrer, den er engagiert hatte, nun ebenfalls kein guter Mensch zu seinen Kindern war.

„Und in der Betreuung? Sind die Erzieher da nett zu euch?", fragte der Mann daher, aber auch dieses Mal musste er erfahren, dass die Kinder es wohl nicht allzu leicht hatten, es aber bis heute für sich behalten hatten. „Also gut, dann werde ich versuchen, schnell jemanden zu finden, der rund um die Uhr hier bei euch ist, wenn ich arbeite und euch auch Sachen beibringt, um nicht so viele Leute zu haben, die schlecht zu euch sind."

Und da kam mir dann die perfekte Idee in den Sinn.

„Bis du jemanden gefunden hast, der wirklich qualifiziert dafür ist, kann ich das doch machen", meinte ich nur und realisierte, dass es sich ausgesprochen dummer anhörte, als in meinen Gedanken, schließlich klang ich wie ein geldgieriger Mensch. Taehyung sah das wohl nicht so, denn er lächelte und freute sich auch über die Reaktion seiner Kinder.

„Bleibst du nach dem Essen dann noch hier, damit wir darüber sprechen können? Ich würde dich dann unter Vertrag nehmen, weil ich es so lieber hab. So können wir auch selbst entscheiden, was ich dir gebe für die Dinge die du machst", sagte Taehyung und ich nickte eifrig. Es fühlte sich gut an, mal so selbstbewusst zu sein oder vorgeben zu sein, aber gleichzeitig machte es mir irgendwie auch Angst.

Diese Angst verschwand aber schnell wieder, wenn ich den Mann vor mir anschaute, der mich noch immer mit einem so wunderschönen, liebevollen Lächeln anschaute, welches das Eis um mein Herz zum Schmelzen brachte.

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Irgendwelche Theorien, wie es weitergehen könnte? Es klingt gerade nämlich alles wie ein Klischee, aber ihr befindet euch hier in einer Geschichte von Bxbybxy, also solltet ihr wissen, dass ich immer aus dem Nichts mit Dingen komme, die niemand ahnt 🌚

Und heute mal ein etwas längeres Kapitel, weil ich so im Flow war 🥰

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