~Kapitel 86~

„Ich weiß das ist so plötzlich und.. vielleicht wissen wir auch Beide nicht was Liebe ist aber wenn ich dich ansehe glaube ich zu wissen, was es ist. Das muss etwas bedeuten", flüsterte er weiter und damit war es um mich geschehen. Ich konnte das Schluchzen nicht mehr zurück halten und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.

„Ich liebe dich", antwortete ich ehrlich.
Es war verrückt, das wusste ich selbst und vermutlich würde nie Jemand verstehen können, was das zwischen Shawn und mir war. Wie denn auch? Ich könnte es niemals erklären, es war viel zu besonders, um es in Worte zu fassen.

„Ich liebe dich", wiederholte er.

„Ich liebe dich", wiederholte ich.

Erneut küssten wir uns leidenschaftlich und legten unser ganzes Herz in den Kuss.
Er streichelte meinen Hals, während meine Hände noch immer auf seinen Wangen lagen.

Nur langsam konnten wir uns wieder voneinander lösen und als wir uns erneut in die Augen sahen, konnte ich sehen, dass sich etwas zwischen uns geändert hatte. Was auch kommen wollte, das zwischen Shawn und mir war echt. So echt, dass es Niemand zerstören könnte. Mein Herz gehörte ihm und seines gehörte mir, was auch geschehen mag.
Dieses magische Band, dass uns zu Einem machte, konnte durch Nichts durchbrochen werden.

„Du und ich, was auch passiert", flüsterte ich und seine Augen leuchteten auf.

„Du und ich, für immer?", lächelte er sanft.

„Ich gehe nicht", lächelte nun auch ich.

„Ich lasse dich nicht gehen. Niemand kann dich von mir trennen", lachte er leise, auch ich musste plötzlich lachen und kuschelte mich an ihn heran, denn das war der einzige Platz, an den ich je gehört hatte. Der Platz an den ich immer gehören würde.

„Okay, gib mir den Brief", forderte Shawn und ich lächelte noch breiter. Ich gab ihm den Brief in die Hände und zittrig öffnete er das Papier, das sich darin befand.

„Kannst du es vielleicht erst lesen?", bat er nun und ich nickte eifrig, bevor er mir den Brief in die Hand drückte.

„Soll ich es dir vorlesen?", fragte ich.

„Ja bitte"

Zaghaft faltete ich den Brief auf, als wäre es etwas höchst wertvolles, denn das musste es auch sein. Ich atmete tief durch, bevor ich begann, den Brief vorzulesen.

„Hey Shawni", begann ich vorzulesen und musste sofort leicht lächeln, aufgrund des süßen Spitznamens, Shawn hingegen gab jetzt schon einen gequälten Laut von sich.
Verunsichert sah ich zu ihm und erkannte seinen leidenden Blick. Ich wünschte, ich könnte es ihm irgendwie abnehmen.

„Ich hab keine Ahnung, wie man einen Brief schreibt aber ich wusste nicht, wie ich dich sonst erreichen sollte. Es hat eine Ewigkeit gedauert rauszufinden, wo du steckst. Mum und mir geht es gut und ich hoffe sehr, dass bei dir auch alles in Ordnung ist. Du fehlst mir", las ich vor und Shawn brummte neben mir, legte erneut sein Gesicht in seine Hände. Vorsichtig legte ich die linke Hand auf seinen Rücken und strich sanft darüber.

„Vielleicht denkst du das, aber ich hab nie aufgehört nach dir zu suchen. Meine Optionen waren eingeschränkt aber ich habe dich nicht vergessen. Und ich glaube dir, das habe ich schon immer. Für Mum und mich bist du unschuldig, wir wissen, dass du keiner Fliege etwas zu leide tun könntest", sprach ich weiter.

„Früher vielleicht. Jetzt sieh mich an", murmelte er verzweifelt und musterte seine bemalten Arme, als wären sie ihm fremd.

„Hör auf damit Shawn, wir wissen Beide, dass du kein schlechter Mensch bist. Und deine Schwester weiß das auch", widersprach ich mit fester Stimme und sah ihm entgegen.

„Zum Glück hat sie mich nicht gesehen, sie hätte mich sicher nicht erkannt", lachte er humorlos und spannte den Kiefer an, bevor er den Blick abwendete.

„Ich lese weiter, okay?", fragte ich, ohne weiter auf seine Worte einzugehen. Er nickte stumm.

„Mum hat sich von Joseph getrennt, schon vor einem Jahr. Erst nach deren Trennung konnten wir richtig nach dir suchen, er hat es uns davor verboten, sonst hätte ich dich sicher früher gefunden. Beinahe sechs Jahre sind eine viel zu lange Zeit für Geschwister, um getrennt zu sein.
Ich weiß jetzt, wieso du nicht mit Joseph klar gekommen bist, zumindest habe ich eine naheliegende Vermutung. Er hat dich geschlagen, habe ich recht? Kurze Zeit, bevor Mum sich von ihm getrennt hat, hat er das Selbe mit uns gemacht aber sie hat ihn verlassen, bevor es schlimmer werden konnte", ich unterbrach mich selbst, nachdem ich es vorgelesen hatte.
Nur schwammig konnte ich mir vorstellen, wie es nach diesem Satz in Shawn aussehen musste.

„Es.. es ist nicht deine Schuld", brach es sofort aus mir heraus, schließlich kannte ich ihn gut genug.
Doch ihm schien das nicht zu reichen, denn er stand von der Bank auf und ging schnellen Schrittes auf einen der Bäume zu, um mit voller Wucht seine Faust dagegen zu schlagen. Erschrocken schrie ich auf, bevor ich das ganze Blut über seine Hand laufen sah.

„Was tust du denn?", fragte ich aufgebracht und überwindete den Abstand zwischen uns, um mich zwischen ihn und den Baum zu stellen.
Nicht dass er auf die Idee kam, nochmal danach zu schlagen. Ich nahm seine Hand in meine und sah mir die aufgeplatzte Haut an.
Es blutete übel und musste höllisch weh tun, doch Shawn verzog keine Miene.

„Ich hätte nie gehen dürfen", murmelte er irgendwann und ich erkannte, wie seine Augen glasig wurden. Mein Herz zog sich unangenehm zusammen.
Nicht, dass ich der Meinung war, Männer dürften nicht weinen, absolut nicht, jedoch tat es weh einen Menschen wie Shawn so nahe am Abgrund zu sehen.

„Es war damals deine einzige Lösung. Du hast selbst gesagt, dass er sie damals ganz gut behandelt hat. Wie hättest du wissen sollen, dass sowas passiert?
Außerdem hast du doch gehört, dass sich deine Mum direkt danach von ihm getrennt hat. Bitte lass das jetzt nicht zu sehr an dich ran", bat ich aufgebracht und spürte, wie mir selbst schon wieder die Tränen in die Augen stiegen.

„Wie sollte ich das nicht an mich ranlassen, huh? Ich hätte das auf mich nehmen müssen, es war einfach nur feige von dort zu verschwinden. Wie konnte ich nur denken, er würde die Beiden in Ruhe lassen? Wie konnte ich so fucking dumm sein? Er hat meine Familie verletzt und ich war nicht da, um sie zu beschützen", gab er wütend zurück und entfernte sich wieder von mir, weshalb ich erneut auf ihn zu ging und nach seinem Arm griff, um zu verhindern, dass er erneut flüchtete.

„Du bist durch die Hölle gegangen, Shawn. Vielleicht hast nicht alles richtig gemacht aber es war die einzige Option die du hattest. Du hättest dort nicht bleiben können und das weißt du auch", widersprach ich und versuchte ihn verzweifelt davon zu überzeugen, dass das Alles nicht seine Schuld war.
Er hatte zu viel durchgemacht, um sich nun sowas vorwerfen zu müssen.

„Ich hätte ihm hinterher springen sollen", gab er kühl von sich und in mir zog sich alles zusammen.
Allein bei dem Gedanken, Shawn könnte heute nicht mehr hier sein wurde mir unglaublich schlecht.

„Sag das nie wieder. Hast du mich verstanden? Nie, nie wieder will ich sowas hören. Du.. bitte.. setz mir sowas nicht mal ins Ohr, ich könnte nicht leben ohne dich", gab ich panisch von mir, aus Angst er könnte irgendwas Dummes tun.
Ich wollte gar nicht erst daran denken, doch so aufgelöst wie Shawn heute war, hatte ich ihn nie zuvor erlebt.

+++
Wie geht es weiter? Wir nähern uns dem Ende von Sinners meine Freunde. Da muss doch noch irgendwas passieren oder?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top