~Kapitel 61~

Die Nacht kam mir viel zu kurz vor, als ich durch eine Bewegung neben mir aus meinem Schlaf schrak. Verwirrt blickte ich in Shawn's Gesicht, der neben mir auf dem Bett saß und mich beobachtete.

"Was ist los?" wollte ich sofort wissen, denn er sah aus, als hätte er etwas auf dem Herzen. Ich sah auf meinen Nachttisch und erkannte, dass wir bereits 10:30 Uhr hatten.
Wobei dafür, dass wir erst so gegen 6 Uhr in unseren Betten lagen, war das gar nicht so spät. Im Gegenteil, wieso ist Shawn schon wach? Er hatte wohl mehr als genug getrunken.

"Nichts, ich wollte nach dir sehen" antwortete er ruhig und sah auf seine Hände, die auf seinen Beinen lagen. Ich setzte mich nun richtig auf und musterte ihn.
Leichte Bartstoppeln zeichneten sich an seinem Kinn ab und seine Augen schimmerten glasig vom Alkohol.

"Hast du nicht geschlafen?" wollte ich wissen, denn genau so sah er aus. Er zuckte mit den Schultern und sah sich in meinem Zimmer um, obwohl das alles Andere als interessant war.

"Ich weiß nicht, ein bisschen vielleicht? Hab's zumindest versucht" antwortete er und ich spürte, dass er noch immer nicht nüchtern war.
Kein Wunder bei der Menge Alkohol die letzte Nacht geflossen ist.
Er war nicht mehr komplett betrunken, der Alkohol baute ab, doch er schien mir noch immer keinen klaren Kopf zu haben.

"Tut mir leid" gab ich schüchtern von mir, denn das stimmte.

Niemand wusste besser als ich, wie man sich fühlte wenn man zu wenig oder nur schlechten Schlaf bekam, deshalb fühlte ich mit. Vor allem da er noch immer betrunken war.

"Soll ich dir was zu essen machen? Oder einen Kaffe?" fragte ich und war dabei die Decke zur Seite zu schlagen und aufzustehen, doch mit einem Arm hielt Shawn mich davon ab, weshalb ich sitzen blieb.

"Du bist nicht meine Angestellte, Angel. Ich kann das auch selbst machen" brummte er und ich konnte nicht identifizieren, ob er genervt oder wirklich nur müde war.

"Okay.. I-Ich mach das aber gerne.. w-wirklich" stotterte ich nervös, denn ich wollte es ihm erstens nicht noch schwerer machen und zweitens wurde ich unsicher. Er nickte nur und biss sich auf die Unterlippe.

"Ich wollte dich eigentlich fragen, wieso.." begann er, hörte dann jedoch auf zu sprechen und fuhr sich durch die Haare.
Er atmete tief aus und blickte sich erneut nervös um.
Was ist nur los mit ihm? So betrunken konnte er wohl nicht mehr sein.

"Ja?" harkte ich nach und legte den Kopf schräg.

"Naja wieso bist du hier?" fragte er und zuckte mit den Schultern. Verwirrt kniff ich die Augenbrauen zusammen.
Er musste doch noch betrunken sein, denn genau diese Frage stellte ich ihm seit.. wie lang war ich nun schon hier?
Ich hatte absolut jegliches Zeitgefühl verloren. Es wurde mittlerweile wieder warm. An dem Abend, an dem ich die Jungs kennengelernt hatte, war es noch eisig kalt draußen. Letzte Nacht konnte ich ohne Jacke nach Hause laufen.

"Das.. das weiß ich doch auch nicht. Du hast mich.. hierher gebracht" antwortete ich schlicht und spürte wie mir das Herz bis in den Hals klopfte.
Was wollte er mit diesem Gespräch bezwecken, wollte er mich nun doch loswerden? Gerade jetzt, wo wir endlich miteinander umgehen konnten?

"Nein. Das mein ich doch gar nicht, meine Güte, wieso ist das denn so schwer?" knurrte er und ich musterte ihn mit leicht geöffnetem Mund. Wovon zum Teufel sprach er?

"Ich meinte damit wieso du verdammt nochmal letzte Nacht hier warst und nicht bei.." zischte er weiter, doch mitten in seinem Satz wurde die Tür aufgerissen und Laura taumelte in mein Zimmer, hielt sich am Türgriff fest.
Tränen liefen ihr über die Wangen und ihr Gesicht glich der Farbe der weißen Wand hinter ihr.

"Laura?" stieß ich erschrocken aus, weil der Anblick mich schockierte. Das Mädchen, das ich gestern noch für ihre Ausstrahlung bewundert hatte, sah nun so hilflos aus. Ich stieg aus dem Bett, lief auf sie zu und legte ihr meine Hand auf den Rücken, um sie leicht zu stützen.

"Tut mir leid.. ich wollte ins Bad aber mir ist so schwindelig, ich hab nichts mehr gesehen" gab sie schwach von sich und ich sah hilfesuchend zu Shawn, der nur wie angewurzelt da saß.

"Mir ist so schlecht.." jammerte sie weinerlich und hielt sich eine Hand vor den Mund.

"Musst du dich übergeben?" wollte ich hektisch wissen und als sie nickte, zog ich sie vorsichtig aber bestimmt mit mir, um sie ins Badezimmer zu bringen. Keine Sekunde später saß sie vor der Toilette und übergab sich.

"Geh raus.. ich komm klar.." weinte sie, nachdem sie sich zweimal übergeben hatte.
Ich schloss die Badezimmertür, jedoch von innen.
Was wäre ich für ein Mensch, sie nun alleine zu lassen? Wie oft hatte ich mir Jemanden bei mir gewünscht, wenn es mir schlecht ging?

Sie lehnte sich wieder über die Toilette, weshalb ich schnell ihre Haare nach hinten über ihre Schultern legte und ihr dabei über den Rücken strich.

"Es tut mir so leid.." schluchzte sie und übergab sich wieder.

Mir war eigentlich gestern schon bewusst, dass sie für ein Mädchen ihrer Statur ziemlich viel getrunken hatte und es schwer sein würde, das wieder abzubauen, doch sie wollte unbedingt mit den Jungs mithalten und ich sah mich nicht in der Position, es ihr auszureden.

"Sshh.. es wird Alles gut" antwortete ich nur und wartete, bis es vorbei war. Sie sank gegen die kühlen Fließen der Wand im Badezimmer und schloss erschöpft die Augen.
Ich nahm ein kleines Handtuch aus dem Schrank, machte es nass und legte es ihr auf die Stirn.

"Denkst du, das wars?" wollte ich wissen und wartete auf ihre Reaktion.

"Ich glaub schon" antwortete sie heißer und öffnete die Augen wieder. Ich nickte.

"Okay, dann komm, leg dich wieder hin und ich geh und mach dir einen Tee, ja?" fragte ich und sie nickte zur Antwort.

Vorsichtig half ich ihr beim Aufstehen und führte sie in das Zimmer, von dem ich bisher gedacht hatte, es sei Shawn's. Ich öffnete das Fenster, wartete bis Laura sich mit dem kühlen Tuch auf dem Kopf ins Bett gelegt hatte und verließ das Zimmer dann wieder, um in die Küche zu gehen.

Ich nahm eine kleine Kanne aus einem der Schränke und stellte Wasser auf.
Dann nahm ich 3 Beutel Kamillentee, gab sie in die Kanne und schüttete schließlich das heiße Wasser drüber. Während ich wartete, bis der Tee durchgezogen hatte, lehnte ich mich gegen die Arbeitsfläche und schloss einen Moment die Augen.
Selbst ich hatte Kopfschmerzen, obwohl ich gar nichts getrunken hatte. Was für ein Start in den Tag.

Plötzlich betrat Shawn die Küche und musterte mich mit angespanntem Kiefer.

Was ist denn nun schon wieder los? Konnte er seine Stimmungsschwankungen nicht einfach mal unter Kontrolle haben? Sein Blick fuhr auf und ab an mir, weshalb ich das Selbe tat.
Ich trug nur ein großes Shirt, das ich zum Schlafen anhatte, weil Alles so schnell ging, dass ich gar nicht daran gedacht hatte, mir etwas anzuziehen. Echt unangenehm, aber kein Grund mich so aggressiv anzusehen.

"Wenn du nochmal so durchs Haus rennst, werde ich dich genau hier, auf dem Küchentisch.." erneut wurde sein Satz unterbrochen, weil Connor in die Küche stürmte und dabei beinahe über seine eigenen Füße fiel. Wow, ausnüchternd ist diese Wohngemeinschaft ja noch seltsamer als ohne Alkohol.

"Freunde, wo sind Kopfschmerztabletten? Ich find Keine!" gab Connor empört von sich und bekam noch nicht einmal die Augen ganz auf.

Shawn stieß ein aggressives Knurren aus, bevor er sich umdrehte und an Connor vorbei rauschte. Kurz darauf hörte man, wie die Haustür zufiel und ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare, bevor ich Connor half Tabletten zu suchen und Laura ihren Tee brachte.

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