~Kapitel 49~
"Nein, kann ich nicht. Du machst dich noch kaputt, wenn du weiter machst." erklärte ich ruhig und versuchte ihn damit etwas runter zu bringen. Er machte mir jedoch nicht den Anschein, als würde er sich beruhigen.
Er begann ironisch zu lachen und breitete die Arme zu den Seiten aus.
"Ich mache mich kaputt? Sieh mich doch verdammt nochmal an, Nova! Ich bin doch längst kaputt!
Denkst du wirklich irgendwas hieran ist echt? Das ist doch Alles nur eine Hülle. Verstehst du das nicht?
Die Leute denken, ich sei gefährlich und böse und fuck das bin ich auch. Aber sollte man deshalb zu mir aufsehen? Scheiße, nein. Ich bin nichts weiter als ein fucking wrack. Ein beschissener Verlierer!" entgegnete er laut und ich schreckte etwas zurück.
Mein Herz zog sich bei seinen Worten schmerzhaft zusammen.
Wie konnte er sowas von sich denken? Er hatte mir oft genug bewiesen, dass er ein guter Mensch ist, dass er absolut kein Verlierer ist.
"Sogar du denkst das, okay? Fuck ich gebe so viel Geld aus, um dich aus dieser Hölle zu holen und du denkst noch immer, dass ich ein Monster bin. Aber weißt du was? Vielleicht bin ich das ja!
Vielleicht sollte ich genau das Monster sein, das Jeder in mir sieht. Vielleicht sollte ich dich genau hier an der Wand ficken solange ich will und dich danach an meine Jungs weitergeben.
Dich in deinem Zimmer einsperren, dir nichts zu essen geben und dich verprügeln wie dein Hurensohn Chef. Ist es das, was du willst?
Genau das siehst du doch in mir! Das ist, was die ganze beschissene Welt in mir sieht!" schrie er und ich konnte nicht leugnen, dass seine Worte etwas Panik in mir auslösten, doch ich wusste, naiv wie ich nun mal war, dass er mir nicht weh tun würde. Zumindest nicht auf diese Weise.
Das konnte doch nicht alles hochgekommen sein, durch diesen Kampf. Da musste mehr dahinter stecken, so kannte ich Shawn nicht.
Und auch wenn ich nicht behaupten konnte, ihn gut zu kennen, wusste ich, dass dieses Verhalten mehr als komisch war.
"Das stimmt nicht. So denke ich nicht." widersprach ich ihm, doch er schüttelte schnaubend den Kopf.
"Was macht dich so sicher, hm?" wollte er wissen und lief bedrohlich auf mich zu.
Ich wusste genau was er vorhatte. Er wollte mich einschüchtern und mir Angst machen, nur um seine total bescheuerte Theorie zu bestätigen, doch da spielte ich sicher nicht mit.
"Ich hab keine Angst vor dir." gab ich mehr oder weniger standhaft von mir und er zog eine Augenbraue hoch. Die Augenbraue, die nicht blutete.
"Das solltest du aber, Angel." zischte er noch immer aggressiv, doch auf eine ruhige Art und Weise. Er schrie nicht mehr, es war anders.
"Nein. Du wirst mir nichts tun." entgegnete ich und musste mich beherrschen, mir nicht die Hand auf mein rasendes Herz zu legen.
Ich hatte keine Angst, wirklich nicht.
Trotzdem raste mein Puls und mein Herz schlug fest gegen meine Brust. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft und ich konnte sie absolut nicht erklären.
"Was macht dich da so sicher?" wollte er wissen, klang nun wirklich etwas ruhiger.
"Ich weiß nicht, ich vertrau dir einfach." antwortete ich ehrlich und noch immer, hielten wir beide den Blickkontakt miteinander.
Ich biss mir nervös auf die Lippe und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, jedoch nicht aus Angst.
"Wenn du keine Angst hast.." begann er und legte plötzlich seine Hand auf meine Wange, fuhr mit dem Daumen über meine Lippe und verhinderte somit, wie sooft, dass ich mir auf die Lippe beißen konnte.
"..wieso weinst du dann?" fragte er schließlich und ich konnte den Schmerz in seinen Augen entdecken.
"Weil es weh tut zu hören, wie du über dich denkst." gab ich zu und er sah mich einen Moment mit offenem Mund an.
Er sah plötzlich aus, wie ein kleiner Junge. So verletzlich und unschuldig. Er sah mir tief in die Augen, als versuchte er zu sehen, dass ich lüge, doch es war die Wahrheit.
Es tat weh zu hören, was er von sich hielt. Er ist besser, als er denkt.
Langsam lies er die Hände sinken und musterte sie schließlich verwirrt, als wüsste er nicht mehr, dass er vor wenigen Minuten noch wie ein Verrückter geboxt hatte.
"Also.. lässt du mich das jetzt sauber machen?" fragte ich, um die Situation irgendwie zu entschärfen.
Er ging wortlos zu einer Hantelbank und setzte sich mit einem Bein rechts, dem anderen links von der Bank darauf, sah abwartend zu mir auf.
In seinen Augen lag Trauer und das schmerzte in meiner Brust.
Nur zu gerne würde ich wissen, wieso er so von sich dachte. Ich konnte mir vorstellen, dass es etwas mit seiner Familie zu tun hatte, doch ich traute mich nicht, ihn danach zu fragen. Nicht weil ich angst hatte, sondern weil ich nicht wollte, dass er noch trauriger wurde.
"Gut.." murmelte ich und kniete mich vor die Hantelbank.
"Willst du's also doch machen?" fragte er und ich hörte den ironischen Ton in seiner Stimme.
Als ich zu ihm aufsah, schmunzelte er mich wie ein Teenie an und ich kniff verwirrt die Augenbrauen zusammen.
"Wovon sprichst du?" wollte ich überfordert wissen, doch er schüttelte nur den Kopf und lächelte sanft.
"Du bist so Unschuldig." sprach er und hielt mir dann die blutigen Hände entgegen, sodass ich sie mit einem Desinfektionsspray sauber machen konnte, um sie danach mit je einem dünnen, weißen Verband einbinden zu können. Auf seine Anmerkung ging ich nicht weiter ein, sondern machte auch die Verletzung über seiner Augenbraue sauber.
Er zuckte hier und da kurz, doch hielt sonst still und beobachtete jede meiner Bewegungen.
"Ich versteh das nicht.." murmelte er irgendwann, als ich fast fertig war. Ich hielt inne und sah ihm fragend in die Augen.
"Was denn?"
"Ich behandel dich immer wie das größte Arschloch auf dieser Welt. Erst heute wollte ich wieder sagen, dass du mein Eigentum bist. Wieso also.. hilfst du mir?" wollte er wissen und ich klebte zwei kleine weiße Tapes über seine Verletzung an der Augenbraue, sodass die Wunde besser zuwachsen konnte.
Er sah mich aus seinen großen, braunen Augen an und ich spiegelte mich leicht in ihnen wieder.
"Ich weiß es nicht.." hauchte ich und realisierte, wie nah wir uns mal wieder waren.
Unsere Gesichter berührten sich beinahe und ich hatte das Bedürfnis meinen Kopf weg zu ziehen. Stattdessen lies ich mich seitlich vor ihm auf die Hantelbank fallen.
Er hob die linke Hand und strich mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht, welches er hinterher musterte, als gäbe es unglaublich viel zu entdecken.
Seine rechte Hand hingegen legte sich auf meinen Oberschenkel, über den er sanft strich.
Ich weiß nicht, wie lange wir uns einfach nur gegenüber saßen und ansahen, bevor aufstand und mir seine Hand entgegen hielt.
Fragend sah ich zu ihm auf.
"Du.. musst morgen in die Schule. Du solltest noch ein bisschen Schlaf abbekommen." murmelte er überfordert.
Ich ergriff seine Hand und wir schlichen gemeinsam durch das Haus, ohne uns loszulassen.
Vor meinem Zimmer strich er noch einige Male mit dem Daumen über meinen Handrücken, dann lies er mich los und wartete, bis ich in meinem Zimmer verschwunden bin.
Wie gern ich ihn gebeten hätte, bei mir zu bleiben. Doch das wäre unangebracht gewesen.
Also legte ich mich alleine in mein Bett und versuchte noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor der Wecker am nächsten Morgen wieder klingelte.
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Nein, tatsächlich wieder kein Kuss 🙊 was denkt ihr, werden sie sich irgendwann küssen? Wenn ja, wann wäre ein guter Zeitpunkt? Und wie könnte es weitergehen? Wird es so ruhig bleiben? 😏
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