~Kapitel 43~
"Wie lang ging das?" fragte er und ich hob meinen Blick wieder, wich seinem jedoch trotzdem aus. Die Wände des Raumes sahen plötzlich viel interessanter aus, als sonst.
"Eine Weile." antwortete ich unsicher. Immerhin ging das eigentlich schon mein Leben lang so. Einerseits könnte ich nun auch zugeben, dass er mein Vater war doch irgendwas blockierte mich innerlich. Ich schämte mich zu sehr dafür.
"Du bist 17 oder?" wollte Cameron nun wissen und wieder nickte ich.
Das Gespräch war unangenehm, doch andererseits war es mir bewusst, dass sie früher oder später Fragen stellen würden. Es war nur eine Frage der Zeit.
Auf kurz oder lang betrachtet würde ich sowieso nicht darum rum kommen, immerhin würde ich wahrscheinlich eine lange Zeit mit ihnen zusammen verbringen.
"Und wie lang bist du da schon?" fragte Cameron weiter und ich begann darüber nachzudenken. So genau konnte ich das gar nicht beantworten. Klar ist nur, dass ich damals zu jung war und es noch immer bin.
Über 2 Jahre tanzte ich bestimmt schon im Sinners. Ich zuckte lediglich unwissend mit den Schultern, denn so genau wollte ich es nicht sagen.
"Was ist hier los?" ertönte plötzlich Shawn's Stimme hinter mir, weshalb sich sofort eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitete und mein Körper sich gleichzeitig versteifte.
Jack und Cameron sahen auf, wie zwei Frettchen, bevor sie von den Stühlen sprangen und an mir vorbei gingen.
"Dein Superhirn ist nur am Lernen!" behauptete Cameron und ich grinste kurz, bis sie den Raum verlassen hatten.
Ich beschloss mich wieder auf die Aufgaben zu konzentrieren und wollte meinen Block wieder zu mir ziehen, als Shawn neben dem Tisch zum Stehen kam und seine Hand auf meine legte. Er schob sie beiseite und sah sich ebenfalls meine Mathe Rechnungen an.
"Wow, das sieht kompliziert aus." merkte er an und ich lachte kurz auf.
"Nicht du auch noch." bat ich und griff nach meinem Block, den er zu meinem Glück losließ.
"Was wollten sie von dir? Ich hab gesagt, sie sollen nett zu dir sein." harkte er nach und ich sah ihm kurz in die Augen, bevor ich mein Blick schmunzelnd auf meinen Block senkte.
"Sie waren nett, wir haben nur geredet." antwortete ich ehrlich. Natürlich war das Thema nicht mein Liebstes, doch sie waren nicht unhöflich oder gemein und mehr wollte ich gar nicht.
"Und wie geht's dir so? Wegen gestern meine ich.." begann er vorsichtig und ich sah unsicher zu ihm auf. Nach dem heftigen Albtraum konnte ich eigentlich nur noch daran denken und nicht mehr an das, was gestern im Restaurant passiert war.
"Ich weiß nicht.." murmelte ich, merkte jedoch schnell, dass die Antwort ziemlich dumm war. Was sollte er nun damit anfangen?
"Ähm.. es geht wieder, danke" hängte ich hektisch hintendran und hoffte inständig, dass er nicht weiter nachharken würde.
"Danke nochmal.." sprach ich leise und wich seinem Blick aus, weil es mir nun irgendwie peinlich war, wie ich heulend vor ihm auf dem Boden saß und beinahe an den Tränen erstickt war. Doch er schien nicht weiter darauf eingehen zu wollen.
"Okay. Es stimmt übrigens, du bist ein Superhirn. Also ich meine du bist schlau und ziemlich ehrgeizig.. und sowas.." er begann normal zu sprechen, schien während des Satzes jedoch zu merken, dass sich das Ganze zu einem Kompliment entwickelte und versuchte gegen Ende ziemlich gleichgültig zu klingen.
Ich hingegen lächelte ihn ehrlich an und dankte ihm, weshalb er einige Male blinzelte und den Raum verließ.
Der Rest des Wochenendes war nicht sonderlich nennenswert. Sonntagabend nahm ich ein Bad und versuchte mich zu entspannen, hatte jedoch andauernd das Gefühl es würde gleich Jemand ins Badezimmer stürmen, obwohl ich die Tür abgeschlossen hatte.
Verrückt, ich weiß aber das ist ja kaum etwas Neues.
Danach war ich noch in Connor's Zimmer und wir unterhielten uns über die verschiedensten Dinge. Es war wahrlich faszinierend, dass wir uns unterhalten konnten wie die längsten Freunde obwohl wir uns erstens erst einige Wochen kannten und zweitens, wir absolut nichts über die Vergangenheit des jeweils Anderen wussten.
Ich nahm mir fest vor, ihn irgendwann darauf anzusprechen, denn ich war mir beinahe sicher, er würde es nicht einfach so von sich erzählen.
Connor war eher der passive Mensch, er erzählt dir Etwas, wenn du danach fragst aber es schien nicht so sein Ding zu sein grundlos mit Informationen über sich umher zu werfen. Was ich ehrlich gesagt ziemlich gut verstehen kann, mir ging es genauso.
So ziemlich Jeder in diesem Haus hatte diese in sich gekehrte Seite, egal wie laut die Jungs nach außen hin wirken konnten.
Ich war mir beinahe sicher, dass Connor mit mir über seine Vergangenheit sprechen würde, wenn ich ihn darum beten würde, doch ich spürte, dass er noch nicht bereit war. So wie ich es eben auch nicht war.
Und gleichzeitig dachte ich, es ginge ihn nichts an, während meine Gedanken ebenso davon überzeugt waren, dass er es rausfinden musste, weil ich womöglich für immer hier sein würde.
Aber würde ich das?
Konnte es wirklich für immer so weiter gehen? Vermutlich nicht.
Im Moment sind wir jung und die Jungs haben diesen bescheuerten Job aber das würde doch nicht für immer so bleiben. Irgendwann würde sie die Vernunft packen und sie würden sich ordentliche Jobs suchen, vielleicht eine Frau finden.
Und was passiert mit mir, wenn Shawn sich irgendwann in ein Mädchen verliebt? Er wirkt mir zwar nicht wie ein Typ, der vorrangig Beziehungen führt aber irgendwann bestimmt. Und sie wird sicher nicht davon begeistert sein, wenn er einfach ein gekauftes Mädchen bei sich hat.
Also wird er mich auf die Straße setzen und dann bin ich alleine.
Obwohl das Alles ist, was ich mir die letzten Jahre gewünscht hatte, versetzte mich der Gedanke im Moment in leichte Panik. Doch es legte sich schnell wieder.
Der Plan steht, wie er immer war. Ein guter Abschluss, von hier weg kommen und irgendwo an einem College studieren, Karriere machen.
Mein Leben nicht so verschwenden, wie meine Eltern es getan und mir beigebracht hatten. Koste es, was es wolle.
Aber für jetzt bin ich ziemlich zufrieden mit der Situation, so seltsam das auch klingen mag.
Am Montag wurde ich mitten in der Nacht dadurch geweckt, dass meine Zimmertür aufgerissen wurde.
Sofort saß ich kerzengerade in meinem Bett und bereitete eine Entschuldigung vor, obwohl ich noch nicht wusste, was ich überhaupt verbrochen hatte. Unsicher und unglaublich verschlafen sah ich Shawn entgegen der im Türrahmen stand.
+++
Also gut, was will Shawn schon wieder, weil er wie ein Irrer im Türrahmen auftaucht?
Ist ein bisschen so ein Zwischenkapitel, ich weiß. Aber selbst ich kann nicht 24/7 nur Drama schreiben (:
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