~Kapitel 42~

"Achja?"

"Jap, kein Schimmer." antwortete er und schlug wieder zu, doch dieses Mal hielt ich den Boxsack fest, sodass er mich nicht durch das Training ignorieren konnte.

"Was soll das? Lass mich weiter trainieren." forderte er nun und das Lächeln wich ihm aus dem Gesicht.
Ich zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte den Kopf, woraufhin er genervt den Kopf in den Nacken legte. Ich musste kurz grinsen, doch er sah mich wieder an, weshalb ich eine gleichgültige Miene aufsetzte.

"Dann musst du mich wohl hier raus tragen." gab ich von mir und versuchte meinen besten Herausforderungsblick aufzusetzen. Er lachte kurz humorlos auf und stemmte die Hände in die Hüften.

"Ich suche mir ebenwürdige Gegner, Angel." grinste er ironisch und drehte sich um, um davon zu laufen, doch das wollte ich nicht zulassen.
Er verhielt sich kindisch, alles abzustreiten, also konnte ich mich ebenso kindisch aufführen.

Ich stellte mich provokant vor ihn, woraufhin er mich genervt musterte und laut ausatmete.

"Vielleicht bin ich das. Ich habe viel gelernt von Connor. Außerdem will ich weiterhin mitmachen, du weißt schon, bei eurem Training. Ich will das auch können." forderte ich nun mutig und sah standhaft zu ihm auf. Die Belustigung war ihm ins Gesicht geschrieben.

"Das ist nichts für kleine Mädchen, wie du eines bist." gab er überheblich zurück, doch ich war entschlossen ihm das Gegenteil zu beweisen.

"Bist du sicher? Ich kann nämlich diesen Trick hier." sagte ich entschlossen und ging noch einen Schritt auf ihn zu, versuchte beim besten Willen den Griff anzuwenden, den Connor mir vor einigen Tagen beigebracht hatte.
Doch Shawn reagierte schneller als gedacht, griff nach meiner Hüfte und verfrachtete mich geradewegs auf die Matte, sodass ich mit dem Rücken auf dem Boden lag und er nun über mir lehnte.
Stumm sahen wir uns in die Augen.
Ich war zu überrascht, um zu reagieren, beobachtete jedoch sowieso lieber das Feuer, dass in Shawn's Augen loderte.
Mit der linken Hand drückte er mich gegen den Boden, während er sich mit der rechten Hand neben mir abstützte.
Wir waren uns so unglaublich nah und wenn ich ehrlich bin, ist es genau das was ich wollte. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut und es machte mir keine Angst, ich wollte mehr.
Sein Gesicht kam meinem immer näher, bis er mit seinen Lippen meine Wange berührte und sanft darüber fuhr.
Auf meiner Haut breitete sich sofort eine Gänsehaut aus und mein Atem ging flach. Er wanderte weiter zu meinem Ohr.

"Regel Nummer eins: Erzähl deinem Gegner nicht, was du vor hast." hauchte er in mein Ohr, weshalb sich meine Nackenhärchen aufstellten.

"Heißt das..?" begann ich hoffnungsvoll, jedoch mit ziemlich dünner Stimme.

"Von mir aus." stimmte er schließlich zu, stand plötzlich auf und hielt mir seine Hand entgegen, um mich vom Boden herauf zu ziehen.

"Aber denk nicht, ich werde dich im Vergleich zu den Jungs schonen." stellte er als Bedingung, woraufhin ich breit grinsend nickte.

"Nein natürlich, du kannst mich genauso hart ran nehmen!" sprach ich schneller als ich denken konnte.

Als ich realisierte, was ich gerade von mir gegeben hatte, wurde ich sofort rot. Das kann nicht wahr sein.
Das habe ich nicht wirklich gesagt, oder?
Shawn hob belustigt die Augenbraue, leckte sich über die Unterlippe und grinste dann diabolisch, bevor er sich wegdrehte und mich wie einen Idioten allein hier stehen ließ.

Das Grinsen konnte mir heute Keiner mehr aus dem Gesicht wischen. Trotzdem musste ich mich noch auf die kommende Schulwoche vorbereiten, weshalb ich mich am Nachmittag mit dem ganzen Zeug für die Schule an den Esstisch setzte und mich an meine Mathe Hausaufgaben machte.

Es nahm nicht sonderlich viel Zeit in Anspruch, weil ich mich relativ gut mit Zahlen verstand, wir waren Freunde.

"Hey Ginger, was machst du?" ertönte plötzlich die Stimme von Jack neben mir und noch bevor ich mich umsehen konnte, wuschelte er mir über die Haare und ich verdrehte die Augen.

Er und Cameron setzten sich mir gegenüber an den Tisch und beobachteten mich, weshalb ich inne hielt und sie verwirrt musterte.

"Was?" wollte ich wissen.

"Was machst du?" wiederholte Jack sich und ich zog eine Augenbraue in die Höhe. Als ob es sie wirklich interessieren würde, was ich hier tat.

"Ich..mache Hausaufgaben?" antwortete ich, jedoch mit fragendem Unterton.
Cameron nahm mir meinen Block weg und sah sich die Aufgaben an, woraufhin er das Gesicht angeekelt verzog. Ich musste schmunzeln.

"Was ist das denn?" wollte er überfordert wissen.

"Naja.. Mathe." antwortete ich schlicht und wusste nicht ob ich Lachen sollte oder ob ihre plötzliche Neugier mir Angst einjagen sollte.

Nervös tippte ich mit dem Kugelschreiber auf dem Tisch herum und wartete noch immer darauf, was als Nächstes kommen könnte.

"Das versteht doch Niemand." erwiderte Cameron und ich lachte kurz auf.
Er wusste schließlich nicht, dass ich schon viel Zeit in meinem Leben hatte, um zu lernen. Auch Jack sah sich die Aufgaben an und reagierte ebenso wie Cameron.

"Das sieht echt kompliziert aus. Ich hab Mathe nie verstanden in der Schule." erzählte Jack und ich nickte nur, aus Angst etwas Falsches zu sagen.
Obwohl Jack mir bisher nie den Eindruck gemacht hatte, dass man bei ihm aufpassen musste, was man sagte.

"Oh es ist eigentlich nicht so schwer. Aber ich weiß, dass Viele ein Problem mit dem mathematischen Verständnis haben. Hatte ich auch, bevor ich gelernt habe zu programmieren. Seitdem versteh ich Zahlen." erzählte ich und zuckte mit den Schultern, woraufhin ich wieder verwirrt angesehen wurde.

Sie schienen absolut keine Ahnung zu haben, wovon ich da sprach, also half ich ihnen auf die Sprünge.

"Programmieren? Ihr wisst schon... Computer Programme schreiben? Ein großes Fenster, in das man Zahlen eingibt und hofft es tut hinterher, was man will? Binärcodes?" fragte ich weiter, doch sie sahen mich noch immer wie Autos an.

"Du willst mir erzählen du kannst sowas? Du bist ein Mädchen." gab Cameron von sich, weshalb Jack ihm mit dem Ellbogen in die Rippen stieß. Ich schüttelte lächelnd den Kopf.

"War mal so ein Kurs in der Schule." erklärte ich und Jack nickte interessiert.

"Sowas muss man mittlerweile in der Schule lernen?" harkte Cameron weiter nach und wieder musste ich leise lachen.

"Es war freiwillig." antwortete ich und konnte mir bereits denken, wie seine Reaktion ausfallen würde.
Er schien mir nicht wie Einer, der irgendwas in der Schule freiwillig getan hatte.

"Du bist echt ein Streber, oder?" wollte er letztlich wissen und ich zerknüllte ein Blatt Papier vor mir, auf dem ich mich verrechnet hatte, um ihn damit abzuwerfen.
Mit offenem Mund starrte er mich an und versuchte zu realisieren, was ich gerade getan hatte.

"Hat dein Chef dir echt so schlimme Dinge angetan?" platzte es plötzlich aus Jack heraus und zumindest wusste ich jetzt, wieso sie sich überhaupt mit mir unterhalten wollten.

Und trotzdem dachte ich Jack wäre ein bisschen einfühlsamer, was Zwischenmenschliches angeht. Da hatte ich mich wohl geirrt.
Das Lächeln fuhr mir aus dem Gesicht undich sah auf die Tischplatte vor mir, bevor ich zögerlich nickte.

+++
Wird es gut gehen, dass Shawn mit Nova trainiert?
Und wo wird das Gespräch der Jungs mit Nova noch hinführen?
Sollte sie endlich allen die Wahrheit sagen?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top