~Kapitel 40~

"But I don't have a clue where to go from here
'Cause I'm almost breaking, can't you tell?I don't even understand why I'm still here"
~Let you Know - Sody~

Zuhause angekommen stieg ich hektisch aus dem Wagen, musste mich jedoch sofort am Auto festhalten, weil meine Beine nach wie vor so stabil waren, wie Wackelpudding.
Shawn lief um das Auto herum und sah mich skeptisch an.

"Soll ich dir helfen?" wollte er wissen, doch ich schüttelte den Kopf, atmete nochmal tief durch und folgte ihm dann ins Haus.

Er lief die Treppen nach oben, weshalb ich ihm folgte und unbeholfen im Flur stehen blieb.

"Es tut mir leid." krächzte ich mitgenommen und konnte beobachten, wie er direkt inne hielt und sich verwirrt zu mir drehte.
Ich wendete den Blick ab und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die schon wieder aufkeimten.

"Es tut mir so leid.." flüsterte ich und fuhr mir durch die Haare.

Shawn's Füße tauchten auf dem Boden vor mir auf, weshalb ich den Kopf wieder anhob und tief durchatmete.

"Muss es nicht." antwortete er schlicht und ich konnte endlich Emotionen in seinem Blick sehen, die ich so oft darin gesucht hatte.
Natürlich konnte ich sie nicht deuten, denn dieser junge Mann ist und bleibt ein Geheimnis für mich.
Doch allein zu sehen, dass diese Augen etwas Anderes als Kälte und Leere ausstrahlen konnten, reichte für mich.

"Ich hab den Abend versaut. Noch dazu sitzen die Jungs jetzt alleine dort. Du konntest nichts essen. Das ist alles meine Schuld." murmelte ich nervös und wollte beinahe, dass er wie immer wütend wurde.

Wäre er sauer und würde mich anschreien, hätte ich sowas wie meine Strafe dafür, den Abend für Alle zerstört zu haben.
Das ist, was ich die letzten 17 Jahre gelernt hatte. Auf falsches Verhalten folgte eine Strafe.
Das war der Lauf der Dinge und heute war es definitiv meine Schuld.

Wieso also blieb er so ruhig, obwohl er doch sonst bei jeder Kleinigkeit an die Decke ging?

"Na los, schrei mich an. Sag mir, was ich falsch gemacht habe. Droh mir, mich zurück zu bringen." forderte ich und spürte, wie die Tränen über meine Wangen liefen.

Er zog die Augenbrauen verwirrt zusammen und sein Mund öffnete sich leicht, doch er sagte nichts, beobachtete mich lediglich.

Ich kam mir so bescheuert vor. Was hatte ich mir da überhaupt wieder erlaubt?
Ich konnte doch nicht einfach so eine Szene machen, vor all diesen Menschen im Restaurant?
Sie hatten mich mitgenommen, mich wie eine von ihnen behandelt und ich hatte Alles kaputt gemacht.

Wieso mussten meine Eltern auch dort auftauchen? Sie waren seit Jahren nicht gemeinsam aus. Vielleicht lag es an mir, vielleicht geht es ihnen jetzt besser, wo ich nicht mehr da bin.

"Ich bring dich nicht zurück. Und ich werde dich auch nicht anschreien." gab er ruhig von sich, während ich mal wieder vor mich hin schluchzte.
Konnte man es Shawn wirklich verübeln, dass er von meiner Sensibilität genervt war?
Immerhin heulte ich in einer Tour, seit er mich kennt.

"Wieso nicht? Das habe ich doch verdient." rutschte es mir nach, bevor ich nachdenken konnte. Wieder senkte ich den Blick.

"Das hat Niemand verdient. Du solltest dich ausruhen. Willst du noch was essen?" fragte er, ohne weiter auf meine Worte einzugehen und ich schüttelte lediglich mit dem Kopf.

Der Appetit war mir deutlich vergangen und nach diesem ganzen Chaos in meinem Kopf würde ich keinen Bissen runter bekommen.

"Okay, dann leg dich hin." Er nahm einen Schritt Abstand, weshalb ich stumm nickte und an ihm vorbei lief, um in mein Zimmer zu gehen.
Wie mir aufgetragen, zog ich mich aus, nur ein großes Shirt wieder an und kuschelte mich dann in mein Bett.

Ich atmete hörbar aus und warf mich immer wieder von der einen auf die Seite, weil ich einfach nicht zur Ruhe kommen konnte.

Meine Gedanken kreisten zu sehr um Alles, was heute passiert war.
Wie schön der Nachmittag mit Connor gewesen ist, die Begegnung mit Shawn in der Küche, der Moment in dem ich dachte er würde mich gleich küssen, wie mein Bauch gekribbelt hatte und es noch immer tut, wenn ich nur daran dachte. Meine Eltern wieder zu sehen und das Gefühl gleich zu ersticken.

Das unglaubliche Gefühl, dass Shawn es geschafft hatte, mich da raus zu holen.
Wie ruhig er mir gegenüber getreten war, obwohl ich eine derartige Szene abgeliefert hatte.

Ich drehte mich wieder auf den Rücken und legte mir verzweifelt die Hand aufs Herz, das stark gegen meine Brust schlug.
"Wieso?" flüsterte ich in die Dunkelheit und biss mir auf die Lippe.
Wie konnte mich ein Mensch, den ich doch verabscheuen sollte für Alles was er zu mir gesagt hatte, dennoch so berühren?
Wieso flimmerte mein Herz beim Gedanken an ihn?
Wieso wurde mir so viel wärmer? Wieso wollte ich, dass diese Lippen mich küssen?
Wieso wollte ich seine Hände auf meiner Haut spüren? Was stimmt nur nicht mit mir?

Es gab genug Gründe wieso mir Nähe, vor allem körperliche Nähe Angst machen sollte, wieso es mich in Panik versetzen sollte. Doch seine Nähe war so anders. Gut anders.

Was er wohl gerade tat? Ob er auch schon in seinem Bett lag? Ob er an mich dachte, wie ich an ihn dachte? Wie wäre es, würde er neben mir liegen?
Der Blick in seinen Augen, er hatte etwas empfunden. Ich wollte ihm wieder in die Augen sehen. Die ganze Zeit.
Verdammt, was ist das nur?
Ich schloss die Augen und stellte mir vor, dass er da war. Dass er hier war und mich beschützte.

Mit dem Gedanken an den Mann, der mich vor einigen Wochen noch in Angst versetzte, schlief ich heute beruhigt ein.

"Wach auf Schlampe." hallte eine dunkle Stimme durch meinen Kopf und mit pochendem Kopf öffnete ich die Augen langsam.
Das Licht flackerte, weshalb meine Augen kleine Stromschläge an mein Gehirn weitergaben und mich zusammenzucken ließen.
Ich richtete mich auf, spürte den harten Boden unter mir.

Vorsichtig fasste ich mir an den schmerzenden Kopf und erschrak, als ich eine Menge Blut an meiner Hand kleben sah.

"Schön, dich wieder zu sehen November." ertönte die Stimme erneut und mein Kopf flog auf die andere Seite des Raumes, den ich mittlerweile als mein Zimmer identifizieren konnte.

Vor der weißen Zimmertür stand mein Vater. Ein belustigtes Grinsen lag in seinem Gesicht und er rieb sich seine blutverschmierten Hände.

Mit großen Schritten kam er auf mich zu, packte mich an meinen Schultern und zog mich vom Boden rauf, weshalb die Welt vor meinen Augen verschwamm.

Mit einem kräftigen Stoß knallte er mich gegen die Wand und lächelte mich von oben herab an.
Mein Kopf war so schwer, dass er von allein nach vorne flog, woraufhin er ihn an meinen Haaren wieder nach oben zog und ich gezwungen war, ihn anzusehen.

"Denkst du, das ist was ich mir vorgestellt habe? Dass du von Irgendjemandem akzeptiert wirst? Denkst du ich hätte dich an diesen Jungen verkauft, hätte ich gewusst, dass du es gut dort hast?
Ich habe gehofft, dass er dich fickt, bis du nicht mehr aufstehst und endlich daran verreckst.
Merkst du nicht, dass du es nicht verdient hast zu leben? Dass du es nicht verdient hast glücklich zu werden?" spuckte er mir entgegen und ich rang mit den Tränen.

"Wieso?" hauchte ich schwach und versuchte unter Schmerzen in der Brust weiter zu atmen.

"Du hast unser Leben zerstört. Wir hätten so viel erreichen können ohne dich. Wieso musstest du das Alles kaputt machen?" schrie er mir ins Gesicht und schlug meinen Kopf mehrere Male gegen die Wand hinter mir. Ich spürte das Blut meinen Nacken entlang laufen.

"Es tut mir leid.. es tut.. mir so leid.." wimmerte ich und rutschte an der Wand herunter, weil meine Beine die Last nicht mehr tragen konnten.

Dad griff nach meinem Bein und zog meinen auf dem Boden liegenden Körper in die Mitte des Raumes. Erschöpft drehte ich mich auf den Bauch und versuchte aufzustehen, doch ein starker Tritt auf den Rücken, lies mich wieder auf den Boden sinken.

"Ich werde nicht zulassen, dass du glücklich wirst. Ich werde dich holen." lachte er und es hallte laut in meinen Ohren, weshalb ich mich auf dem Boden zusammen rollte und die Hände auf meine Ohren drückte.

"Nova.. Nova.. Shhh.." drang eine Stimme an mein Ohr und mit einem Mal wurde ich aus dem Traum gerissen.

+++
Was denkt ihr, wer das ist? Und wird ihr Dad sie wirklich holen?

Hab heute ne ganze Reihe live Vorlesungen, also schien ich das Kapitel mal schnell dazwischen, hoffe es gefällt euch ❤️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top