~Kapitel 23~

"'Cause it makes me that much stronger
Makes me work a little bit harder
It makes me that much wiser
So thanks for making me a fighter"
~Fighter - Christina Aguilera~

"Wie konnte er sich das leisten?" fragte ich schließlich und sah in Connor's blau-grüne Augen, die sich zu einem verwirrten Blick verengten.

"Was genau meinst du?"

"Auch wenn ich nicht sein Liebling war, musste mein Chef eine Menge Geld verlangt haben. Woher hat Shawn das Geld dazu?" konkretisierte ich meine Frage und Connor biss sich auf die Lippe, wendete den Blick ab und steckte die Hände in die Hosentaschen.

"Ich weiß nicht, ob ich dir das sagen kann." entgegnete er und ich verdrehte laut ausatmend die Augen.

"Denkst du nicht, ich finde es früher oder später sowieso raus? Es scheint mir nicht so, als hätte Shawn vor mich in nächster Zeit gehen zu lassen." murmelte ich.

"Ich schätze das wird dir nicht sonderlich gefallen.." begann er zögerlich und wich meinem Blick aus, woraufhin ich dieses Mal verwirrt die Augenbrauen zusammen zog.

"Bitte komm mir jetzt nicht mit irgendeiner illegalen Scheiße an. Sag mir nicht, er hat mich von dreckigem Drogengeld gekauft." bat ich verzweifelt und zog eine Art Schmollmund.

"Es ist kein Drogengeld und es ist auch nicht dreckig. Vielleicht ist es ein bisschen dreckig. Jedenfalls verkaufen wir weder Drogen, noch Waffen, noch rauben wir Banken aus." sprach er skeptisch und ich sah ihn erschrocken an.

"Was bedeutet wir? Steckst du da mit drinnen? Arbeitet ihr alle Zusammen? Oh ja natürlich, wie konnte ich so blind sein? Mir war wohl von Anfang an bewusst, dass ihr keinesfalls eine normale Studenten-WG darstellt." plapperte ich vor mich hin und wurde daraufhin leicht belustigt beäugt.

"Es stimmt, wir arbeiten zusammen." antwortete er und mein Puls begann zu rasen.
Der Gedanke, dass Connor, der süße, liebe Connor in irgendetwas Illegales verwickelt war, klang viel zu absurd in meinem Kopf.

"Bitte sag mir, dass du nichts Illegales tust, Connor." murmelte ich daraufhin und sah ihm flehend in die Augen.
Er wich meinem Blick aus und räusperte sich zwei Mal, bevor er wieder sprach.

"Es ist nicht so schlimm, es gibt Illegaleres." Fest davon überzeugt, dass es keine plausible Steigerung von illegal gab, verabschiedete ich mich von dem Gedanken, Connor könnte einer von den Guten sein.

"Was bedeutet das?"

"Also naja.. wir nehmen an Wettkämpfen teil. Shawn trainiert uns. Man verdient nicht wirklich schlecht, wenn man gut ist und das ist er. Jeder behält das Geld, das er sich verdient. Und Shawn zahlt das Haus, damit wir drin wohnen können." erklärte er und ich versuchte seinen Worten irgendwie zu folgen.

"Oh wow, das ist ja super. Von den drei Top-Klischees die mir einfallen würden, hab ich doch tatsächlich das Falsche geraten." gab ich ungläubig von mir und fuhr mir durch die Haare.
Das kann nicht wahr sein.

Wer denkt sich sowas aus? In welcher verdammten Geschichte stecke ich hier nur fest?
Shawn, gutaussehend, trainiert und scheinbar stinkreich kauft das abgefuckte Mädchen aus einem Stripclub von dem Geld, dass er sich bei seinen illegalen Fights verdient hat?
Das ist viel zu abgedreht um wahr zu sein.

"Was wäre denn das andere Klischee gewesen?" wollte er wissen, als würden meine Gedanken gerade nicht verrückt spielen.

"Ist das denn wichtig?" stellte ich als rhetorische Gegenfrage. Erneut raufte ich mir die Haare.

"Und wieso um Alles in der Welt macht ihr sowas? Wieso prügelt ihr euch, anstatt einen anständigen Job zu suchen? Wieso nimmt er euch bei sich auf, ich verstehe das Alles nicht." gab ich zu. Connor lächelte sanft.

"Shawn hat Jeden von uns in dem Moment gefunden, in dem wir bereit waren aufzugeben, in dem wir dachten verloren zu haben.
Vielleicht ist das was wir tun nicht der absolut richtige Weg aber er hat uns beigebracht, dass wir gewinnen können, wenn wir nur hart genug dafür arbeiten.
Es verlangt sehr viel von einem ab, Jemandem gegenüber zu stehen, der genauso sehr gewinnen will wie du. Durch Shawn's Training habe ich gelernt, wie ich gewinne, obwohl Andere das auch wollen. Du trainierst deinen Körper, um stärker zu sein als dein Gegner, trainierst dein Geist, um schneller zu sein als dein Gegner, du trainierst dein Selbstbewusstsein, um resistenter zu sein als dein Gegner.
Und auch wenn es im Moment nur ein Gegner ist, der mir im Ring gegenüber steht, so kann ich das auf mein komplettes Leben übertragen. Wer weiß, vielleicht bin ich irgendwann ein erfolgreicher Geschäftsmann, vielleicht mache ich mein eigenes Restaurant auf.
Egal was es ist, durch ihn hab ich gelernt, dass Gewinnen und Verlieren in unserem Leben Optionen sind. Und wir sind Diejenigen, die sich entscheiden, ob sie gewinnen oder verlieren.
Er verlangt echt Alles von einem ab, das Training ist die Hölle. Doch am Ende das Tages bist du ein Gewinner." erzählte er, lachte gegen Ende und ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren.
Es war, als würden wir von zwei komplett unterschiedlichen Menschen sprechen.

"Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Shawn Jemandem einfach so aus Gutherzigkeit helfen würde." murmelte ich gedankenverloren.

Connor's Worte hatten mich berührt. Und auch wenn ich die Neugier verspürte, wissen zu wollen, was bei ihm der Moment war, in dem er aufgeben wollte, hielt ich mich zurück.
Er würde es mir erzählen, wenn er bereit dazu ist, wenn er es überhaupt erzählen wollte.

"Bist du dir da sicher? Denk doch mal nach, Nova. Ich bringe dich bis auf die Knochen verletzt zu uns nach Hause und einige Tage später bringt ein fremder Kerl genug Geld auf, um dich frei zu kaufen? Kann das wirklich ein so schlechter Mensch sein? Gib dir einen Ruck und versuche darauf zu vertrauen, dass er gute Seiten hat." bat Connor mich und eine Gänsehaut überzog meine Arme.

Kann es sein, dass er recht hat? Gab es vielleicht wirklich keinen bösen Hintergedanken dabei, mich zu kaufen? Wollte er mir helfen, mich dort rausholen?
Verdammt, er hatte all das Geld gezahlt und wollte überhaupt nichts von mir im Gegenzug. Er hat mich gar nicht gekauft.

Er hat mich in dem Moment gefunden, in dem ich bereit war aufzugeben. In dem Moment in dem ich dachte verloren zu haben.
Weil Dad mir immer nur beigebracht hat zu verlieren.

Doch was ist, wenn jetzt meine Zeit gekommen war zu lernen, dass ich auch gewinnen kann?
Wenn Shawn mir genau das beibringen will und nur zu stolz ist zuzugeben, dass er ein guter Mensch war?

"Du.. du meinst er .. hat das getan, um mir zu..helfen?" harkte ich leise nach.

"Hat er dir denn in irgendeiner Weise weh getan?" stellte Connor mir als Gegenfrage. Ich schluckte hart und atmete tief durch.
Im Gegenteil. Er lies mich zur Schule gehen, hatte mir nicht weh getan, mich zu Nichts gezwungen, ging mir aus dem Weg und ist sogar mit mir auf einen Berg gefahren, um mit mir Burger zu essen.

Beschämt schüttelte ich den Kopf und sah unsicher zu Connor auf, der sanft lächelte.
Er zuckte mit den Schultern und wir gingen einfach weiter, als hätte dieses Gespräch gerade nicht stattgefunden.

Vielleicht hatte Connor recht. Es fühlte sich komisch an, bei ihnen zu wohnen und kaum Freiheiten zu haben.
Doch es gab Nichts, was darauf hinwies, dass mir einer von ihnen etwas Böses wollte.
Möglicherweise würde ich mich an die Situation gewöhnen können, würde Shawn von einer anderen, von einer netten Seite kennenlernen.

Ich musste Dad nicht mehr sehen, war seinen Schlägen nicht mehr ausgesetzt und musste nicht mehr für fremde Männer tanzen. Nichts davon war ansatzweise schlimm.
Nun tat mir Shawn beinahe leid.
Nach wie vor war ich der Meinung, dass er sich wie das größte Arschloch dieses Planeten aufführte, doch er hatte Etwas für mich getan, obwohl ich ihn weder darum gebeten hatte, noch einen Vorteil für ihn bedeutete.
Und ich strafte ihn dafür mit Angst und Vorwürfen.

+++
Ist Shawn eigentlich wirklich ein guter Mensch? Und was sagt ihr zu dessen Jobs?

Wie geht's euch so Leute?

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