~Kapitel 21~
"Nothings ever what we expect
But they keep asking where we go next"
~Sun goes down - Jasmine Thompson~
"Hast du Hunger?" wollte er nun wissen und mein Kopf flog wieder in seine Richtung.
Unfähig etwas zu sagen starrte ich ihn lediglich mit leicht geöffnetem Mund an.
Er ignorierte mein Schweigen und fuhr auf den Drive In einer Burgerkette zu.
"Also was willst du essen? Besser gesagt, was isst du alles nicht? Fleisch? Kohlehydrate? Irgendwelche erfundenen Intoleranz?" fragte er spöttisch und ich schüttelte nur den Kopf.
Ich schloss kurz die Augen, nahm meinen Mut zusammen und antwortete, dass ich keine Präferenzen hatte.
"Was? Ein Mädchen das Burger isst? Scheint als wärst du der Jackpot." lachte er und natürlich könnte man das nun als Kompliment auffassen, doch seine Stimme triefte nur so vor Ironie.
Ob es an mir lag? Wieso konnte er ausgerechnet mich nicht leiden? Nicht, dass es mir wichtig wäre, doch was wollte er dann von mir?
"Ich habe .. äh.. naja keine Ahnung wie ein Burger schmeckt." stammelte ich und er sah mich völlig überfordert von der Seite an. Ich wich seinem Blick aus.
"Wieso?" harkte er skeptisch nach.
"Meine.. Meine Eltern.. haben Wert auf gesunde Ernährung gelegt." log ich und wunderte mich immer wieder darüber, wie leicht mir die Lügen über die Jahre von den Lippen kamen.
"Dann ist heute wohl dein Glückstag." sagte er schlicht, fuhr an den Schalter und bestellte eine Menge Zeug, das uns kurze Zeit später durch das nächste Fenster ins Auto gereicht wurden.
Shawn zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und gab dem Typen mit der lächerlichen Cap auf dem Kopf einen der vielen Geldscheine, die er darin aufbewahrte.
Shawn gab mir die Papiertüten mit dem Essen und ich hielt es fest, während er weiterfuhr.
Das Essen wärmte meine Beine und ich konnte erkennen, dass wir schon wieder in eine andere Richtung fuhren, doch diesmal fragte ich erst gar nicht nach.
Ich sah einige Bäume an denen wir vorbei rauschten. Sie wurden immer dichter und so langsam begann ich kribbelnde Hände zu bekommen. Mein Puls beschleunigte sich und mein Kopfkino spielte die verrücktesten Filme ab.
Er würde mir nicht zuerst etwas zu Essen kaufen, um mich umzubringen und im Wald zu vergraben.
Oder?
Wir fuhren einen leichten Berg nach oben, immer weiter, bis er das Auto wendete und wir nun die Stadt durch die Windschutzscheibe von oben beobachten konnten.
Sie erleuchtete in sanftem Rosa durch die wenigen Sonnenstrahlen, die sich noch durch die Wolken kämpften. Nicht mehr lang, dann würde die Sonne untergehen, der perfekte Zeitpunkt mich verschwinden zu lassen.
Der perfekte Mord.
Niemand würde mich vermissen oder suchen, sie würden meine Leiche nie finden und Shawn würde nicht bestraft werden.
Wo kein Kläger, da kein Richter. Ich hatte mich schon oft von meinem Leben verabschiedet, doch genau jetzt bekam ich Angst davor zu sterben.
Wie würde er es tun? Wieso würde er es tun?
Hatte Dad entgegen meiner Erwartung tatsächlich Shawn das Geld gegeben um mich verschwinden zu lassen?
Das Geld, mit dem er das Essen gezahlt hatte?
Heilige Scheiße.
"Was ist los?" wollte er wissen und ich schreckte zusammen, sah ihn mit glasigen Augen an und schluckte, bevor ich zu einem Satz ansetzte.
"Wirst du.. mich jetzt.. naja umbringen?" fragte ich mit zittriger Stimme.
"Oh das kommt ganz darauf an, ob du das tust, worum ich dich jetzt bete." sagte er fest und meine Arme wurden von einer Gänsehaut überzogen, keiner angenehmen, einer schmerzenden.
"Und..was ist das?" wollte ich wissen, obwohl ich es mir denken konnte.
Er wollte, was die Männer immer wollten. Und ich würde es verweigern. Dann würde er seine Hände an meinen Hals legen und solange zudrücken, bis ich blau anlief und mein Leben zuende war.
"Wenn du mir mein Essen gibst, lass ich dich am Leben." schmunzelte er in meine Richtung und ich sah ihn mit offenem Mund an, unsicher ob er mich verarschen wollte, oder die Wahrheit sagte.
Ich traute mich, ihm eine Weile in die Augen zu sehen. Aus der Nähe waren sie nicht mehr schwarz. Sie hatten ein schönes Braun in der Mitte, verliefen sich bernsteinfarben in einen grünen Rand.
Hätte man mich gefragt, hätte ich braune Augen als langweilig deklariert.
Doch seine Augen..
"Also?" harkte er nach und zeigte mit dem Kinn auf die Papiertüten. Ich lächelte sanft und gab ihm das Essen.
Er sortierte die Kartons darin und hielt mir einen davon entgegen. Ich nahm ihn, öffnete ihn und ein Burger erschien.
"Hier sind noch Pommes und dein Getränk." sprach er und lies seinen Sitz nach hinten, um seine Beine neben dem Lenkrad auf das Amaturenbrett zu legen.
Er biss genüsslich in seinen Burger, stellte das Radio etwas lauter und sah auf die Stadt hinunter. Ich sollte aufhören ihn andauernd zu beobachten.
Stattdessen nahm ich mein Burger in die Hand, biss davon ab und hatte Schwierigkeiten ein wohliges Seufzen zu unterdrücken.
"Und?" harkte er nach und mein Blick flog wieder zu ihm.
Es war nicht zu leugnen, dass er gut aussah, sehr faszinierend, aber einschüchternd mit all den Tattoos. Es gab so viel zu entdecken an ihm.
"Ist.. ganz okay, ja." antwortete ich und biss wieder ab, genoss beinahe seine Anwesenheit.
Ich weiß, wir sprachen von Shawn, doch es war immerhin besser als alleine in meinem Zimmer zu essen, wie ich es die letzten Jahre hatte tun müssen.
"Ganz okay? Du würdigst meinen guten Burger nicht?" fragte er schockiert und ich riss sofort die Augen auf, fiel etwas in mir zusammen und drückte mich unbewusst gegen die Tür, um Abstand zwischen uns zu bringen.
"Es tut mir leid, ich wollte nicht.." begann ich, wurde jedoch durch sein raues Lachen unterbrochen.
Ich schluckte die Worte herunter und starrte ihn verwirrt an.
Was war nun so lustig?
"Kennst du keine Ironie?" wollte er nun wissen und ich schüttelte beschämt den Kopf, wendete den Blick jedoch nicht ab. Er sah mir einen Moment in die Augen, entspannte seine Gesichtszüge.
"Ich tue dir nicht weh, entschuldige dich nicht immer für Alles, okay?" stellte er klar und sein kalter Gesichtsausdruck war wieder zurück.
Ich nickte, unfähig Etwas zu sagen. Ich schämte mich, gleichzeitig wusste ich nicht, ob ich seinen Worten Glauben schenken konnte.
Wir schwiegen eine Weile, aßen unsere Burger und die Pommes, sahen dabei auf die Stadt hinunter und beobachteten, wie die Sonne immer weiter nach unten wanderte.
"Haben all deine Tattoo's eine Bedeutung?" wollte ich wissen, traute mich jedoch nicht zu ihm rüber zu sehen.
Auf seinen Armen gab es kaum einen Fleck, der nicht bemalt war und ich war mir beinahe sicher, dass es unter seiner Kleidung nicht anders aussieht. Woher ich den plötzlichen Mut nahm ihn anzusprechen konnte ich nicht erklären.
Die Angst vor ihm war nach wie vor in meiner Brust, doch ich wollte die Chance nutzen, wenn er schon Mal normal mit mir sprach.
"Sie bedeuten mir alle viel, haben aber nicht Alle eine einzelne Bedeutung." gab er von sich und trank aus dem Becher mit der Cola, die er aus dem Getränkehalter genommen hatte.
"Das verstehe ich nicht." gab ich zu und beobachtete den Sonnenuntergang.
"Manche sollen verstecken was darunter ist, Andere sollen mich einfach schützen, wie eine Rüstung, kapiert?" sagte er nun gereizt und ich nickte.
"Was sollen sie verstecken?" harkte ich weiter nach.
Wieso ich mich auf so dünnes Eis begab war mir auch unerklärlich. Irgendwie wollte ich wissen, wie weit ich gehen konnte, wie weit er mich gehen ließ.
"Du bist ganz schön neugierig." merkte er an.
"Neugier ist auch nur ein anderes Wort für Interesse." entgegnete ich schneller, als ich nachdenken konnte. So weit hätte ich nie gehen dürfen. Er würde wütend werden.
Sein Arm schoss in meine Richtung und ich bereitete mich auf einen Schlag vor, kniff die Augen zusammen und verkrampfte mich.
+++
Was hat es mit den Tattoos auf sich? Und wird er sie wirklich schlagen?
Meine Freunde sind gemein zu mir. Also seid ihr bitte nett zu mir, okay? Danke 😂
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