~Kapitel 20~

"I don't like her clothes. I don't have a ring in my nose.
I know what you like but daisies don't compare to a rose."
~I don't look like her - Daisy Clark~

Der Wagen hielt vor einem Hochhaus und Shawn stieg aus. Kurze Zeit später klopfte es an meiner Fensterscheibe, weshalb ich aufschreckte und ihn verwirrt ansah.

"Kommst du?" wollte er durch die Scheibe gedämpft wissen.
Oh ich sollte mit ihm kommen? Das war neu.
Ich hatte vermutet hier auf ihn warten zu müssen, schließlich würde er sich nicht mit mir blicken lassen wollen.

Schnell schnallte ich mich ab und stieg aus dem Wagen, um ihm zu folgen.
Wir gingen auf das Hochhaus zu, Shawn klingelte und kurz darauf öffnete sich die Tür. Wir liefen etliche Stufen nach oben, bis wir vor einer Wohnung ankamen, in deren Tür eine junge Frau stand.

Sie strahlte breit, als sie Shawn sah und lehnte sich gegen den Türrahmen.
Sie war einer dieser Frauen, deren Ausstrahlung mich bereits bis auf die Knochen blamierte.
Wieso konnte ich nicht so sein? Wenn die Menschen mich sahen, würden sie nie denken, wie schön ich war, welch schöne Ausstrahlung ich hatte.

Sie sprühte vor Sicherheit, Selbstbewusstsein und das ganz und gar nicht unberechtigt.
Sie sah ein wenig künstlich aus mit ihren langen Nägeln und den aufgeklebten Wimpern, doch nichts desto trotz sah sie unglaublich gut aus.

"Schön dich zu sehen, Shawn." sprach sie direkt und verschränkte die Arme vor der Brust.
Unweigerlich sah ich auf ihr Dekolleté. Nicht etwa weil ich es wollte, sondern weil es einem regelrecht entgegen sprang. Die Spitze ihres BH's zeichnete sich unter dem dünnen weißen Top ab, das sie trug.
Mit zusammengezogenen Augenbrauen wendete ich den Blick ab und begutachtete die Wand des Treppenhauses.

"Hey Josie, ich wollte zu deinem Bruder." antwortete Shawn und wirkte plötzlich wie ausgewechselt.
Ist das sein verdammter Ernst?
Wieso kann er mich nicht behandeln, als wäre ich ein normaler Mensch?
Schien also doch keine allgemeine Ablehnung gegenüber Menschen zu sein, sondern eine ganz speziell auf mich abgestellte Ablehnung.
Und der Hauptgewinn des Lebens geht an mich. Mal wieder.

"Er ist leider nicht da, aber vielleicht kann ich dir ja weiterhelfen." schlug das Mädchen mit gesenkter Stimme vor und verengte die Augen ein wenig, schmunzelte dabei.
Sie biss sich auf die Lippe und sah vielsagend zu Shawn auf.

Die Beiden waren heftig am Flirten, das erkannte selbst ich und ich hatte gar keine Ahnung von sowas. Vermutlich wollte ich gar nicht wissen, in welcher Relation die Beiden zueinander standen.

"Ich bin mir sicher, dass du das kannst. Ich weiß nur nicht, ob du mir hierbei helfen kannst." antwortete Shawn.
Oh Gott, wieso musste ich nochmal mitkommen?
"Dein Bruder hat nen USB-Stick für mich, den ich abholen sollte." erzählte er weiter und Josie nickte.

"Dann komm doch erstmal rein." schlug sie vor, Shawn nickte und trat dann an ihr vorbei.

Erst jetzt musterte sie mich skeptisch und ihre ganze Mimik veränderte sich. Hat sie mich vorher wirklich nicht gesehen oder war sie so von Shawn abgelenkt? Schweigend starrte ich sie mit großen Augen an. Sie schüchterte mich ein.
War das denn eine so große Überraschung?

"Und du bist?" warf sie mir nun entgegen, weshalb ich die Augen noch mehr aufriss und sie unsicher anstarrte.

"Äh.. Ich.." stammelte ich und sah hilfesuchend zu Shawn, immerhin wusste ich nicht was ich sagen sollte. Besser gesagt, was ich sagen durfte. Und wie üblich stellte ich mich als zu blöd zum Reden raus.

"Doch nicht etwa deine Freundin?" fragte Josie schockiert.

Wow danke, mit dieser Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Aber wo sie recht hatte, schließlich würde sich ein Mann wie Shawn im Leben nicht für mich interessieren.
Er hatte es selbst gesagt, ich war nicht einmal sein Typ und es gab etliche Mädchen, die ihn "wollten".
Josie offensichtlich mit eingeschlossen.

"Sei nicht albern, sie wohnt nur bei uns." gab Shawn schlicht von sich und ich nickte untermauernd.
Ich würde vermutlich besser bei ihr davon kommen, wenn sie mich gar nicht erst als Konkurrenz wahrnahm. Doch das sah sie sicher auch allein.

Was hatte ich schon zu bieten, von leeren Augen, einem entstellten Körper und abgefuckten Gedanken abgesehen?

"Na dann, komm rein." sagte sie noch, ließ einen abwertenden Blick über mich fahren und verschwand dann mit Shawn in der Wohnung.
Ich trat ebenfalls ein, schloss die Tür hinter mir und lief durch die fremde Wohnung, bis ich wieder auf die Beiden traf, die sich förmlich mit den Augen auszuziehen schienen.

Unglaublich angenehme Situation.
Meine Miene verhärtete sich von Sekunde zu Sekunde mehr. Meine Augenbrauen mussten sich wohl demnächst treffen, wenn ich nicht aufhörte sie verstört zusammen zu ziehen.

Was hatte ich hier nur zu suchen?

"Und wie läuft es bei euch so?" wollte Josie wissen und setzte wieder diese schrecklich laszive Stimme auf.
Sie blinzelte auffällig schnell und sah Shawn dauerhaft aus großen, unschuldigen Augen an.

Und auf sowas steht er, ja? Künstliche Tussen, die ihn anhimmelten? Kein Wunder, dass ich nicht sein Typ war.

"Momentan nicht sonderlich gut, deshalb brauche ich den USB Stick." antwortete Shawn schlicht und ich begann mich zu fragen, was sich auf dem Stick befand. Und was schlecht lief.

So langsam war ich mir beinahe sicher, dass diese Jungs WG nicht ganz sauber zu sein schien, trotzdem wusste ich nicht, was es damit auf sich hat.
Und vielleicht sollte und wollte ich es auch gar nicht wissen.

Je weiter ich mich von potentiellen Problemen fernhielt, desto besser. Ich war ein wandelndes potentielles Problem, das genügt für mindestens drei Leben.

"Ich seh schon, dass du ziemlich angespannt bist, ich such den Stick für dich. Du kannst mir ja helfen, wenn du willst, geht bestimmt schneller." grinste Josie und griff nach Shawn's Lederjacke, um ihn daran mit ihr in einen Raum zu ziehen.
Während sie den Stick suchten, sah ich mich in dem Wohnzimmer um, bevor ich mich auf dem Sofa niederlies und begann mich zu fragen, was da so lang dauern konnte.

Die Zeit zog sich wie Kaugummi, denn ich saß lediglich hier rum und starrte die Wand an.
Keine Bilder an den Wänden, die ich anschauen konnte, keine Neuigkeiten auf meinem Handy, keine Geräusche, nur die Stille und ich.

Als die Tür schließlich wieder aufging und die Beiden ins Wohnzimmer liefen, hatte dieses Mädchen schon wieder dieses undefinierbare, teuflische Grinsen im Gesicht. Irgendwas stimmt mit ihr nicht, soviel ist sicher.

"Okay, wir können weiter." sagte Shawn an mich gerichtet, weshalb ich aufstand und ihm mehr als dankbar aus der Wohnung folgte. Shawn lief direkt die Treppen nach unten, ohne sich nochmal umzudrehen.

"Ruf mich an, wenn ich dir nochmal helfen kann!" rief Josie uns hinterher und ich zog genervt die Wohnungstür hinter mir zu, als ich den Hausgang erreicht hatte.
Ich schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.
Sind Mädchen so? Ich meine.. bin ich das Problem?

"Das werde ich ganz sicher nicht." murmelte Shawn vor sich hin.
Nun begann ich diabolisch zu Grinsen. Die Hoffnung dieses Mädchen so schnell nicht wieder sehen zu müssen stieg.

Ich folgte Shawn die Treppen nach unten und joggte dann beinahe zu seinem Auto. Er lief immer so unglaublich schnell.
Die Treppen war er nahezu hinunter gerannt und ich hatte Probleme gehabt hinterher zu kommen.

Als wir im Auto saßen startete er den Motor und fuhr los, schnallte sich danach während des Fahrens erst an, als das Auto eine Warnmeldung gab.
Ich erwischte mich, wie ich ihn von der Seite anstarrte, was auch ihm leider nicht entgangen war.

"Was?" fragte er.

"Was?" wiederholte ich ertappt und wendete den Blick ab.
Beschämt lehnte ich mich an die Autotür und starrte aus dem Fenster.

+++
Was ist auf dem USB Stick den die beiden solange.. Gesucht haben? 😂

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